Tag: französisches Kino
Das Problem der zu ehrlichen Frau
„Anatomy of a Fall“, der bemerkenswerte neue Film der französischen Regisseurin Justine Triet, beginnt mit einem Interview. Eine Frau kommt in einem Chalet in den französischen Alpen an, um mit Sandra Voyter (gespielt von Sandra Hüller) zu sprechen, einer Romanautorin, die mit ihrem Ehemann Samuel (Samuel Theis) und ihrem jugendlichen Sohn Daniel (Milo Machado Graner) zusammenlebt. Es ist Winter, aber die Stimmung drinnen ist warm; Sandra ist entspannt, charmant und hinterlistig ausweichend. Dann endet das Interview plötzlich, als Samuel in
„Anatomy of a Fall“ ist Prestige-Kino als Flughafenroman
Je mehr ich über „Anatomy of a Fall“ nachdenke, das neue französische Gerichtsdrama von Justine Triet, das am Freitag startet, desto mehr liebe ich „France“. Nicht Frankreich ist das Land (obwohl es so etwas wie ein zweites Zuhause ist), sondern „Frankreich“ der Film, Bruno Dumonts frenetische Satire aus dem Jahr 2021 über einen Fernsehjournalisten, dessen ehrgeizige und unerschrockene Berichte mit ihrem standardisierten Format und ihrer unangefochtenen Einstellung zu Sensationen geworden sind der Medienlandschaft. „Anatomy of a Fall“ ist so etwas
„Full Time“ im Test: Ein hektischer Thriller des Alltags
Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals einen Film gesehen habe, der den Nahverkehr so ernst nimmt wie „Full Time“, ein Drama, das in und um Paris spielt und von dem kanadischen Regisseur Éric Gravel gespielt wird. Es ist die Geschichte eines Hotelzimmermädchens namens Julie Roy (Laure Calamy), die mit dem Zug zwischen ihrer Arbeit in Paris und ihrem Zuhause in einer namenlosen Kleinstadt in unbestimmter Entfernung von der Stadt pendelt. Selbst unter den besten Umständen ist Julies Leben
Ein visionärer französischer Filmkritiker kommt endlich auf Englisch an
1977 präsentierte der große Kritiker Serge Daney unter der Ägide des nach wie vor einflussreichen Filmmagazins eine Woche lang neue Filme im inzwischen aufgelösten Bleecker Street Cinema Cahiers du Cinema, dessen Mitherausgeber er war. Die Reihe umfasste Spielfilme (hauptsächlich französische) von Regisseuren wie Jean-Luc Godard, Jean-Marie Straub und Danièle Huillet sowie Chantal Akerman, und obwohl sie kaum in den Nachrichten war, war sie enorm einflussreich. Mehr als neue Filme und sogar neue Filmemacher vorzustellen, stellte es ein neues vor
Drei Highlights aus Rendez-Vous mit dem französischen Kino
Es ist immer eine große Neuigkeit, wenn ein neuer Film von Claire Denis an diesen Ufern landet, und ihr neuester Film „Fire“ eröffnet die diesjährige Ausgabe von Rendez-Vous with French Cinema, die vom 3. bis 13. März im Film at Lincoln Center läuft. Denis ist einer der größten Regisseure der Gegenwart und auch einer der variabelsten aller großen Regisseure, eine, deren leidenschaftlich aufmerksame Kunstfertigkeit in großem Maße von ihrer Themenwahl und ihrer Besetzung entfacht wird. Wenn der Funke überspringt, wie
„Simply Black“, rezensiert: Ein dringender Mockumentary über die Rassenpolitik in Frankreich
Frankreichs Slogan ist „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, aber anstatt es als Ideal zu betrachten, nimmt es das Land als gegeben an. Als Beweis für seine angebliche Gleichheit behandelt das Land beispielsweise alle Franzosen als gleichberechtigte Franzosen und verbietet meist die Erhebung von Statistiken über Rasse, Religion und ethnische Zugehörigkeit. Diese Politik ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Frankreich ernsthafte Probleme der Rassenungleichheit und -diskriminierung hat, Probleme, die in „Simply Black“, einem metafiktionalen Mockumentary unter der Regie von Jean-Pascal Zadi und