Deutsche Autohersteller haben wegen Halbleiterknappheit teilweise geschlossen – EURACTIV.com


Die deutsche Automobilindustrie kämpft weiterhin mit einer gravierenden Angebotsknappheit bei Halbleitern, während nationale und europäische Behörden versuchen, die lokalen Produktionskapazitäten zu erhöhen. EURACTIV Deutschland berichtet.

Die Lieferknappheit zwinge Daimler, an mehreren Standorten im ganzen Land Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken, teilte der Autobauer am Dienstag (27. Juli) mit. Der Mangel an Halbleitern hat auch den Autoriesen Volkswagen getroffen, der große Absatzeinbußen hinnehmen musste.

Allein im ersten Quartal 2021 konnten wegen der Engpässe rund 100.000 Fahrzeuge nicht produziert werden, was zu einem Umsatzverlust von 2,5 Milliarden Euro führte.

Halbleiter sind für die Automobilindustrie unverzichtbar, denn „fast alle Funktionen im Fahrzeug basieren auf der elektronischen Steuerung durch Halbleiter“, sagte Joachim Damasky, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Automobilindustrie VDA, gegenüber EURACTIV.

Mit der Umstellung auf E-Mobilität könnte sich das Problem noch verschärfen, denn „die Nachfrage wird in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen“, so Damasky. Aber auch andere Branchen sind betroffen, wie eine Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt, sind 94 % der deutschen Unternehmen von diversen Digitalimporten abhängig.

Die Mikroelektronik bildet die Grundlage für den digitalen Wandel der Wirtschaft und den Wandel hin zu Industrie 4.0. „Die Mikroelektronik ist die Basis für zukünftige Innovationen in nahezu allen Anwendungsbereichen der deutschen Kernindustrien“, erklärte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.

Es sei daher „entscheidend, die Kapazitäten in Deutschland und Europa auszubauen“, um „die digitale Souveränität und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken“, fuhr sie fort.

Europas erstes digitalisiertes Chipwerk in Dresden eröffnet

Das deutsche Maschinenbau- und Technologieunternehmen Bosch hat am Montag (7. Juni) in Dresden eine neue, vollständig mit 5G-Mobilfunktechnologie vernetzte Halbleiterfabrik eröffnet. Die Produktionsanlage wurde im Rahmen eines europäischen Verbundprojekts mit 140 Millionen Euro gefördert.

Europas „digitale Souveränität“

Über die Notwendigkeit, die Abhängigkeit von amerikanischen und asiatischen Produzenten zu verringern, besteht in Deutschland und in der EU weitgehend Einigkeit.

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton bekräftigte am Dienstag (27. Juli) die Notwendigkeit, die Souveränität der EU im Bereich Halbleiter stärker zu stärken.

Europa ist bei der Herstellung von Halbleitern weit zurückgefallen. In den letzten 30 Jahren ist der Anteil der EU an der Weltproduktion um 35 % zurückgegangen und stagniert derzeit bei 9 %, hauptsächlich aufgrund des Wettbewerbs in Asien, wo die Produktion 30-40 % billiger ist.

Um diese „gefährliche Abhängigkeit“ von einzelnen Lieferanten zu beenden und die „strategische Souveränität“ der EU zu stärken, fordert Wolfgang Niedermark vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Rückgewinnung der „verlorenen“ Kapazitäten und Kompetenzen mit staatlicher Unterstützung.

Wie die Halbleiterproduktion zurückgebracht werden soll

Sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene wurden bereits Förderpakete geschnürt und Initiativen gestartet, um die Halbleiterproduktion „zurück nach Europa“ zu bringen.

Anfang Juli hat die Europäische Kommission eine Allianz für Prozessoren und Halbleitertechnologien ins Leben gerufen, um die Produktionskapazitäten in Europa zu stärken und dem im Digitalkompass verankerten Ziel einer Verdoppelung des europäischen Marktanteils in der Halbleiterproduktion näher zu kommen.

Darüber hinaus hat Deutschland im Rahmen der wichtigen Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) im Bereich Mikroelektronik bis 2023 eine Milliarde Euro für Investitionen und Innovationen in der Halbleiterproduktion bereitgestellt.

Neue Halbleiteranlagen

Europäische und deutsche Bemühungen scheinen bereits Früchte zu tragen.

Im Juni eröffnete das deutsche Unternehmen Bosch die erste vollständig digitalisierte Halbleiterfabrik in Dresden, die oft als „Silicon Saxony“ bezeichnet wird.

Darüber hinaus gab der weltweit führende Mikrochip-Hersteller, das taiwanesische Unternehmen TSMC, auf seiner Jahreshauptversammlung am Montag in Taipeh bekannt, dass derzeit Investitionen in eine neue Halbleiterfabrik in Deutschland „ernsthaft geprüft“ werden.

Auch in der EU denkt Intel derzeit über milliardenschwere Investitionen nach. Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande zählen zu den heißen Anwärtern auf die 20-Milliarden-Euro-Produktionsanlage.

Doch Biktom-CEO Bernhard Rohleder hält die Idee, die Produktion in Europa zu erhöhen, um das Versorgungsproblem zu lösen, für einen „Mißverständnis“. Halbleiterhersteller können sich nicht einfach „auf Abruf einheimischer Kunden“ von ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen, sagte Rohleder gegenüber EURACTIV.

Die neue europäische Allianz müsse sich seiner Meinung nach auf die Diversifizierung der Lieferkette konzentrieren, um „künftig weniger erpressbar zu sein und die enormen Chancen der globalen Halbleitermärkte von Deutschland und Europa aus zu erschließen“.

[Edited by Luca Bertuzzi/Zoran Radosavljevic]





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