Rechtsgutachten zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschlands Koalitionsverhandlungen – EURACTIV.com

Die Ablehnung der grundlosen Vorratsdatenspeicherung durch den EU-Generalanwalt erhöht den Druck auf die SPD, die derzeit im Rahmen der laufenden Koalitionsverhandlungen mit dem Thema befasst ist. Das neue Urteil könnte dazu führen, dass sie ihre Haltung einbüßen. EURACTIV Deutschland berichtet.

Die Vorratsdatenspeicherung ist Insidern zufolge einer der Knackpunkte in den Koalitionsgesprächen zwischen SPD, Grünen und der wirtschaftsfreundlichen liberalen FDP.

Gespannt blicken die Verhandlungsführer nach Brüssel, wo Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona am Donnerstag (18. November) erklärt hat, dass die im Telekommunikationsgesetz verankerten deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung nicht mit EU-Recht vereinbar seien.

Während die Sozialdemokraten die Vorratsdatenspeicherung stark befürworten, lehnen Grüne und FDP diese strikt ab und wollen eine endgültige Abkehr von der ungerechtfertigten Speicherung personenbezogener Daten.

Das Rechtsgutachten ist jedoch, obwohl nicht bindend, sehr einflussreich und nimmt oft das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vorweg. Das Ergebnis könnte da sein, könnte ausreichen, um die SPD zum Einlenken zu bewegen.

„Die heute vom Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs veröffentlichte Bewertung zur Vorratsdatenspeicherung wurde von den Verhandlungsführern einer möglichen ‚Ampel‘-Koalition mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen [between SPD, Greens and FDP]“, sagte Falko Mohrs, der für die SPD im Arbeitskreis Digitale Innovation mitverhandelt, gegenüber EURACTIV.

Mohrs sagte, die SPD werde die Einschätzungen des Generalanwalts “sorgfältig prüfen” und in die Diskussionen der Koalitionsverhandlungen zur Vorratsdatenspeicherung einbringen.

Das Urteil spielt vor allem den Grünen und der FDP in die Hände, die sich konsequent gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen haben.

Der technologiepolitische Sprecher der FDP, Mario Brandenburg, betonte gegenüber EURACTIV, dass die Speicherung personenbezogener Daten „endlich ein Ende haben muss“.

„Deshalb begrüße ich ausdrücklich den heute vorgelegten Bericht von Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona“, so Brandenburg weiter.

Kritik kam auch von den Grünen.

„Die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung laufen immer wieder mit den Köpfen gegen dieselbe verfassungsrechtliche Mauer“, sagte Konstantin von Notz, der bei den Koalitionsverhandlungen den Arbeitskreis Innere Sicherheit der Grünen leitete, gegenüber EURACTIV.

Debatte zur Vorratsdatenspeicherung

Das Gutachten des Generalanwalts befasst sich mit dem Rechtsstreit zwischen der Bundesnetzagentur und dem Internetanbieter SpaceNet und der Telekom. Letztere hatte rechtliche Schritte gegen die Verordnung eingeleitet, die sie verpflichtet hätte, bestimmte Daten zu speichern und den Behörden zur Verfügung zu stellen.

Der EuGH hat bereits in mehreren Fällen eine unbegründete Vorratsdatenspeicherung für unzulässig erklärt.

Obwohl die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung aufgrund eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts Münster seit 2017 auf Eis gelegt wurden, bestand die SPD bislang weiterhin darauf, dass sie das geeignete Mittel zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität sei.

Damit stehen die Sozialdemokraten nicht allein, denn auch die Europäische Kommission plant die Wiedereinführung und den Ausbau der Vorratsdatenspeicherung.

Die bisherige Regierung, die bis zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen für die neue Regierung derzeit nur als Verwalter fungiert, unterstützte die Pläne der EU-Kommission. Nach internen Informationen von Der Spiegel, befürwortet Berlin die Wiedereinführung dieser Maßnahmen und die Ausweitung ihres Anwendungsbereichs.

Da das Positionspapier der Bundesregierung, das die offizielle Position Deutschlands zu diesem Thema darstellt, bereits bei der EU-Kommission liegt, könnte die derzeitige Übergangsregierung noch Einfluss auf die Verhandlungen nehmen, wovor insbesondere die FDP warnt.

„Man kann die Übergangsregierung daher nur eindringlich davor warnen, in den aktuellen Gesprächen auf EU-Ebene aktiv zu werden und damit die künftige Regierung daran zu binden“, betonte der stellvertretende FDP-Fraktionschef Stephan Thomae in einer Stellungnahme.

Auch zivilgesellschaftliche Organisationen warnen vor der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung.

„Die neue deutsche Koalition sollte illegalen Praktiken im deutschen Recht ein Ende setzen“, sagte Tom Jennissen von der Digitalen Gesellschaft eV gegenüber EURACTIV.

Zudem müsse die kommende Bundesregierung endlich von den Positionen ihres Vorgängers abweichen und die Einführung von Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung verhindern, fügte Jennissen hinzu.

[Edited by Luca Bertuzzi/ Alice Taylor]


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