In der Ukraine wird nach Angaben britischer Geheimdienstexperten weiterhin an mehreren Frontabschnitten heftig gekämpft. Die Ukrainer behielten dabei in den meisten Gebieten die Initiative, hieß es am Donnerstag im täglichen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine des Verteidigungsministeriums in London. Die russischen Truppen seien wahrscheinlich angewiesen, so bald wie möglich zum Angriff überzugehen. So hätten tschetschenische Einheiten einen erfolglosen Versuch gemacht, den Ort Marjiwka nahe der Stadt Donezk einzunehmen.
Die Wasserstände seien nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine am Mittwoch weiter gestiegen, dürften aber im Laufe des Donnerstags zurückgehen, so die Mitteilung der Briten weiter. Beschuss habe die Evakuierung von Zivilisten in den Überschwemmungsgebieten erschwert.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.
Aktuelle Entwicklungen im Liveticker:
10:48 Uhr – Am Atomkraftwerk Saporischschja wird Kühlwasser aus Stausee gepumpt
Am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja wird mit Hochdruck am Auffüllen der Kühlwasserreserven gearbeitet. Das sei nötig, falls infolge der Zerstörung des Kachowka-Staudamms und des Ablaufens riesiger Wassermengen bald kein Wasser mehr aus dem dahinter liegenden Reservoir gepumpt werden könne, teilte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, mit. Das von Russland besetzte Kraftwerk liegt am nördlichen Ende des Stausees.
Das Absenken des Pegelstands hatte sich nach seinen Angaben am Mittwoch leicht verlangsamt. Wenn der Pegel unter 12,7 Meter sinke, könne kein Wasser mehr auf das Gelände des Kraftwerks gepumpt werden. Grossi schloss nicht aus, dass der Pegel innerhalb von wenigen Tagen unter diese Marke sinken könnte. Deshalb werde, solange es noch möglich sei, kontinuierlich Wasser aus dem Stausee in Auffangbecken auf dem Gelände gepumpt. Wenn diese Becken voll seien, reiche das Wasser zur Kühlung der sechs Reaktoren für mehrere Monate. Zwar seien die Reaktoren abgeschaltet, aber sie brauchten trotzdem Kühlwasser.
10:34 Uhr – Nach Staudamm-Zerstörung: Selenskyj besucht Flutgebiet in Südukraine
Wenige Tage nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine ist Wolodymyr Selenskyj in die Hochwasserregion gereist. Im Gebiet Cherson habe er sich unter anderem ein Bild von den laufenden Evakuierungen gemacht, teilte Selenskyj über seinen offiziellen Telegram-Kanal mit.
10:10 Uhr – Behörden: Fünf Tote nach Bruch des Kachowka-Staudamms
Nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms in der Südukraine sind in der nahe gelegenen Stadt Nowa Kachowka Behördenangaben zufolge fünf Menschen ums Leben gekommen. Das berichtet die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf den Bürgermeister der Stadt, die von Russland kontrolliert wird.
09:46 Uhr – Die aktuelle Lage der überfluteten Gebiete
09:24 Uhr – Südafrikas Präsident bespricht mit Putin afrikanische Friedensinitiative
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa hat Wladimir Putin in einem Telefonat über einen geplanten Friedensvorstoß afrikanischer Staats- und Regierungschefs informiert. Putin habe die Initiative begrüßt und seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, die Delegation aus Afrika zu empfangen, teilt das südafrikanische Präsidialamt mit.
Ein Sprecher Ramaphosas hatte gesagt, dass für den Besuch noch kein Datum festgesetzt worden sei. Im Mai hatte er der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, es werde damit gerechnet, dass die Delegation noch im Juni in die Ukraine und nach Russland reisen werde, um zu versuchen beide Seiten zur Einstellung der Feindseligkeiten zu bewegen. Ende Juli ist zudem ein Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg geplant. Auch darüber sprachen Ramaphosa und Putin in ihrem Telefonat, wie es in der Erklärung des südafrikanischen Präsidialamts heißt.
08:22 Uhr – Tass: Mehr als 14.000 Häuser überschwemmt – Tausende evakuiert
Nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms sind russischen Angaben zufolge bislang fast 4300 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Mehr als 14.000 Häuser seien überschwemmt worden, meldet die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf russische Sicherheitsdienste. Der Damm am Fluss Dnipro am Frontverlauf zwischen ukrainisch und russisch kontrolliertem Gebiet war am Dienstag gebrochen.
08:18 Uhr – Die aktuelle Lage in der Ukraine
08:14 Uhr – Rotes Kreuz warnt vor Minengefahr nach Teilzerstörung Staudamms
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat nach der teilweisen Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine auf die katastrophalen Auswirkungen auf die Lokalisierung von Landminen hingewiesen. „Wir wussten, wo die Gefahren waren“, sagte Erik Tollefsen, Leiter der Abteilung für Waffen-Belastung beim IKRK, am Mittwoch. „Nun wissen wir es nicht mehr. Alles, was wir wissen, ist, dass sie irgendwo flussabwärts sind.“
Dies sei sehr beunruhigend sowohl für die betroffene Bevölkerung als auch „für all diejenigen, die kommen, um zu helfen“. Tollefsen äußerte sich anlässlich der Präsentation einer mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelten Drohne. Diese kann Minen und Sprengstoffreste wegen der davon ausgehenden Wärme lokalisieren. Eines Tages könnte sie in der Ukraine eingesetzt werden.
Das IKRK habe mehrere Monate bei Minenräumarbeiten in der Ukraine geholfen, Minenfelder kartiert und markiert sowie Training und Ausrüstung bereitgestellt. „Nun wurde all das hinweggespült“, sagte er. Antipersonenminen und Antipanzerminen wie die TM-57 seien nun an unbekannten Orten verteilt.
Der in russisch besetztem Gebiet liegende Kachowka-Staudamm am Dnipro war durch eine Explosion in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört worden. Große Mengen Wasser traten aus und überfluteten weite Gebiete der Südukraine.
Die Vereinten Nationen hatten bereits am Dienstag vor den Risiken durch die vielen Minen gewarnt. Das IKRK wies nun darauf hin, dass die Minen durch die Wassermassen nicht beschädigt oder deaktiviert werden. Vielmehr könnten sie jahrzehntelang eine Gefahr darstellen.
07:57 Uhr – Gouverneur: 600 Quadratkilometer der Region Cherson unter Wasser
Nach der Staudamm-Explosion stehen nach Angaben der Behörden rund 600 Quadratkilometer der Region Cherson unter Wasser. 68 Prozent davon lägen auf dem von Russland besetzten Ufer des Dnipro, teilt Regionalgouverneur Olexandr Prokudin über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Der durchschnittliche Wasserstand habe am Morgen bei 5,61 Metern gelegen.
06:02 Uhr – EU-Agentur fordert langfristige Perspektiven für Ukraine-Flüchtlinge
EU-Staaten sollten sich laut der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) auf eine dauerhafte Integration von Geflüchteten aus der Ukraine einstellen. Bestehende Hilfsmaßnahmen sollten besser auf Frauen und Kinder ausgerichtet werden, die den überwiegenden Teil der Flüchtlinge ausmachen, forderte die Agentur in Wien in ihrem Jahresbericht.
Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 rund 8,3 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Davon genießen etwa 5,1 Millionen in der EU, in der Schweiz und in Norwegen unter Sonderregelungen vorübergehenden Schutz, ohne dass sie Asyl beantragen müssen.
05:58 Uhr – Zehntausende nach Staudamm-Explosion ohne Trinkwasser
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms wächst die Sorge um die Folgen für die Bevölkerung in der Südukraine. Die ukrainischen Behörden schickten Helfer zur Rettung Hunderter Menschen, die auf Dächern festsaßen, und zur Versorgung der überschwemmten Gebiete mit Trinkwasser. Wolodymyr Selenskyj traf sich mit Beamten, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Er warnte vor einer zu erwartenden Umweltkatastrophe. In einem auf YouTube veröffentlichten Video sagte Selenskyj, es sei unmöglich vorherzusagen, wie viele der in den überfluteten Gebieten gelagerten Chemikalien und Ölprodukte in die Flüsse und das Meer gelangen würden.
Der Kachowka-Damm und der Stausee waren für die Frischwasser- und Bewässerungsversorgung der Südukraine von entscheidender Bedeutung. Schon jetzt ist klar, dass Zehntausende Menschen kein Trinkwasser mehr haben, die Ernten ruiniert und die Weichen für einen langfristigen Strommangel gestellt sind. Die Zerstörung werde „zu dauerhaften Schäden in der Landwirtschaft und bei der Trinkwasserversorgung führen“ und „ganze Gemeinden auslöschen“, sagte der Analyst Michael Kofman vom Center for Naval Analyses, einer US-Forschungsgruppe, gegenüber „PBS NewsHour“.
04:46 Uhr – Pence würde die Ukraine gegen Russland unterstützen
Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence würde die Ukraine als Präsident der Vereinigten Staaten eigenen Worten zufolge weiterhin militärisch gegen Russland unterstützen. „Wir müssen den Menschen in der Ukraine die Fähigkeit geben, zu kämpfen“, sagte Pence bei einer Fragestunde mit Bürgern im TV-Sender CNN. Pence hatte zuvor mit einem Video seine Bewerbung für die republikanische Präsidentschaftskandidatur öffentlich gemacht.
04:17 Uhr – Nato-Generalsekretär leitet Ukraine-Krisensitzung zu Kachowka-Staudamm
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat für diesen Donnerstag eine Dringlichkeitssitzung mit der Ukraine wegen der teilweisen Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine angesetzt. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba soll per Videoschalte an dem Treffen der Nato-Ukraine-Kommission teilnehmen. Kuleba zufolge findet die Sitzung auf seine Bitte hin statt.
01:11 Uhr – Weltbank verspricht Schnellbewertung der Schäden
Die Weltbank will eigenen Angaben zufolge die Ukraine mit einer zügigen Einschätzung der durch die Fluten ausgelösten Schäden und des Bedarfs unter die Arme greifen. Die Zerstörung des Staudamms habe „viele sehr ernste Folgen für die Erbringung grundlegender Dienstleistungen und die Umwelt im Allgemeinen“, schrieb Anna Bjerde, Geschäftsführerin Betrieb bei der Weltbank, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal erklärte ebenfalls auf Twitter, Bjerde habe ihm versichert, dass die Weltbank eine rasche Bewertung der Schäden und des Bedarfs vornehmen werde.
23:21 Uhr – Selenskyj kritisiert Hilfsorganisationen für Passivität bei Flut
Wolodymyr Selenskyj hat die internationalen Hilfsorganisationen wegen ihrer angeblichen Passivität nach der durch eine Staudammexplosion hervorgerufenen Flutkatastrophe kritisiert. „Jeder tote Mensch ist ein Urteil für die bestehende internationale Architektur, für internationale Organisationen, die vergessen haben, wie man Leben rettet“, sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Er machte keine Angaben, wie viele Ukrainer durch das Hochwasser ums Leben kamen.
Stattdessen sprach er von 2000 Menschen, die im ukrainischen Teil des vom Hochwasser besonders betroffenen Gebiets Cherson gerettet worden seien. Schwer sei die Lage allerdings im russisch besetzten Teil des Gebiets. Selenskyj warf den russischen Truppen vor, die Menschen dort im Stich zu lassen – und ukrainische Rettungsversuche zu torpedieren. In dem Zusammenhang kritisierte er internationale Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz, das seiner Ansicht nach in dieser Region aktiver sein müsste.
Allerdings bedankte er sich für bilaterale Hilfszusagen aus dem Ausland. Er habe mit Emmanuel Macron und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan telefoniert und konkrete Hilfsangebote besprochen, sagte er.
22:31 Uhr – Fast 6000 Menschen nach Staudammbruch auf beiden Seiten des Dnipro evakuiert
Nach der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine sind nach Angaben russischer und ukrainischer Behörden knapp 6000 Menschen auf beiden Seiten des Flusses Dnipro in Sicherheit gebracht worden. „Unsere Rettungskräfte, Polizisten und Freiwilligen haben bereits 1894 Bürger evakuiert“, sagte der ukrainische Innenminister Igor Klymenko. Der von Moskau eingesetzte Regionalgouverneur Wladimir Saldo berichtete im Onlinedienst Telegram von „mehr als 4000“ evakuierten Menschen in dem von Russland besetzten Teil der Region Cherson.
21:01 Uhr – Macron sagt Ukraine nach Dammbruch Hilfe zu
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Angriff auf das Bauwerk verurteilt und der Ukraine schnelle Hilfe zugesichert. „Wir werden in den allernächsten Stunden Hilfe schicken, um den unmittelbaren Bedarf zu decken“, sagte Macron nach einem Telefonat mit Wolodymyr Selenskyj. „Ich konnte Präsident Selenskyj meine Solidarität mit seinem Volk nach dem Angriff auf den Kachowka-Staudamm bekunden. Frankreich verurteilt diese abscheuliche Tat, die die Bevölkerung in Gefahr bringt.“
20:02 Uhr – Selenskyj strebt internationale Untersuchung des Dammbruchs an
Wolodymyr Selenskyj strebt eine internationale Untersuchung des Dammbruchs an. Wenn die Ukraine die Kontrolle des Staudamms zurückerobert habe, werde sie internationale Experten einladen, den Vorfall zu untersuchen, sagt der Präsident im Interview mit WELT, „Bild“ und „Politico“. Seiner Ansicht nach sei die Verantwortung Russlands für die Katastrophe erwiesen. „Das passierte in einem besetzten Gebiet.“ Er habe bereits vor einem Jahr darauf hingewiesen, dass der Damm vermint werde und das Risiko einer Sprengung hoch sei.
Durch Beschuss hätte der Bruch nicht herbeigeführt werden können. Er gehe davon aus, dass Russland seine Aktion unterschätzt habe. „Sie haben nicht daran gedacht, dass sie auch ihre besetzten Gebiete fluten.“ Der Vorfall habe auch Auswirkungen auf die Gegenoffensive. „Das, was gerade passiert, ist eine Tragödie. Eine Umweltkatastrophe und eine menschliche Katastrophe. Das hilft uns nicht mit der Gegenoffensive, das erleichtert die Gegenoffensive nicht.“
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