Ukraine-Krieg: Kiew während Besuch von Guterres unter Raketenbeschuss

Während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres in Kiew ist die ukrainische Hauptstadt erstmals seit rund zwei Wochen wieder mit Raketen beschossen worden. Bürgermeister Vitali Klitschko sprach am Donnerstagabend im Online-Dienst Telegram von zwei russischen Angriffen im Stadtzentrum. AFP-Reporter vor Ort hörten eine Detonation und sahen einen Brand in einem Gebäude und zahlreiche zerstörte Fensterscheiben.

„Am Abend feuerte der Feind auf Kiew. Zwei Angriffe im Bezirk Schewschenkowsky“, erklärte Klitschko. Nach Angaben des ukrainischen Katastrophenschutzes wurde dabei ein Wohnhaus getroffen. Es gebe mehrere Verletzte, sagte Behördensprecherin Switlana Wodolaga dem Fernsehsender Hromadske. Nach vorläufigen Angaben wurden sechs Personen verletzt.

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„Raketeneinschläge im Zentrum von Kiew während des offiziellen Besuchs von António Guterres“, schrieb der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, auf Twitter. „Gestern saß er noch an einem langen Tisch im Kreml und heute Explosionen über seinem Kopf“, fügte er mit Blick auf den UN-Generalsekretär hinzu.

Guterres hatte am Dienstag Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau getroffen. Anschließend reiste er weiter in die Ukraine, wo er am Donnerstag zunächst mehrere Vororte von Kiew besuchte, wo russische Soldaten nach ukrainischen Angaben Kriegsverbrechen begangen haben. Am Abend trat er gemeinsam mit Selenskyj in Kiew vor die Presse.

Vor den Reportern beklagte der UN-Chef das Unvermögen des UN-Sicherheitsrates, den Ukraine-Krieg zu beenden. „Der Sicherheitsrat hat es versäumt, das in seiner Macht Stehende zu tun, um diesen Krieg zu verhindern und zu beenden“, sagte Guterres. Für ihn sei dies „Quelle großer Enttäuschung, Frustration und Wut“.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat geflohene Einwohner erneut aufgefordert, vorerst nicht in die ukrainische Hauptstadt zurückzukehren. Zwar täten die ukrainischen Soldaten alles, um russische Raketen abzuschießen, sagte Klitschko am Donnerstag. Aber: „Kiew ist weiterhin keine sichere Stadt. Es ist kein Geheimnis, dass Kiew ein Ziel der Angreifer war und ist“, betonte das Stadtoberhaupt.

Er könne den Menschen die Rückkehr nicht verbieten, aber empfehle dringend, weiterhin fernzubleiben. Auch in den Vororten sei es gefährlich, weil dort noch nicht alle Minen geräumt seien. Es seien bereits Menschen getötet worden.

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Explosionen und Tränengaseinsatz im belagerten Cherson

Mehrere Explosionen haben Medienberichten zufolge die Gegend nahe dem Fernsehturm der südukrainischen Stadt Cherson erschüttert. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete, Raketen seien auf die von Russland belagerte Stadt Cherson abgefeuert worden, die aus der Richtung gekommen seien, in der sich die ukrainischen Soldaten im Nordwesten befänden.

Die ukrainische Online-Zeitung „Ukrajinska Prawda“ berichtete, durch die Raketenangriffe sei der Betrieb russischer Fernsehsender unterbrochen worden. Ria Nowosti zufolge wurde die Ausstrahlung des Programms später wieder aufgenommen. Demnach berichten russische Sender seit vergangener Woche aus Cherson.

Die russischen Truppen wollen ihre Kontrolle über Cherson ausbauen. Örtliche Bewohner protestierten auf den Straßen jedoch weiter gegen die Belagerung. Nach ukrainischen Angaben ist eine Demonstration in der südukrainischen Stadt gewaltsam aufgelöst worden. Wie die ukrainischen Streitkräfte am Mittwoch mitteilten, setzten die „Besatzer Tränengasgranaten gegen ukrainische Demonstranten ein“. Mehrere der Protestteilnehmer wurden demnach „verletzt und festgenommen“. Cherson war die erste größere Stadt, die russische Truppen zu Beginn der Invasion Ende Februar eingenommen hatten.

Demonstranten in Cherson Anfang März (Archivbild)

Demonstranten in Cherson Anfang März (Archivbild)

Quelle: AP/Olexandr Chornyi

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj würdigte die proukrainische Protestkundgebung. „Ich bin allen dankbar, die nicht aufgegeben haben, die protestieren, die die Besatzer ignorieren und den wenigen Menschen, die zu Kollaborateuren geworden sind, zeigen, dass es für sie keine Zukunft gibt“, sagte Selenskyj.

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Quelle: Infografik WELT

Kiew beobachtet Lage in Transnistrien aufmerksam

Nach Berichten über Explosionen in Transnistrien beobachtet die ukrainische Regierung auch die Lage in dem prorussischen Separatistengebiet in Moldau aufmerksam. „Wir haben Transnistrien immer als Brückenkopf betrachtet, von dem gewisse Risiken für uns ausgehen können“, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak nach Angaben der Agentur Unian am Mittwochabend in Kiew.

WELT-Recherche aus Transnistrien

In Tiraspol, der Hauptstadt der von Moldawien abgespaltenen Separatistenrepublik Transnistrien

Die ukrainische Führung sei sich der von Transnistrien ausgehenden Gefahren bewusst, weshalb in den ukrainischen Regionen Odessa und Winnyzja „unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung alles gut durchdacht“ sei.

Ukraine-Krieg - Moldau

Das vom Pressezentrum vom Innenministeriums der Pridnestrowischen Moldauischen Republik veröffentlichten Foto zeigt zwei zerstörte Radioantennen

Quelle: Uncredited/Press Center of the Ministry of Internal Affairs of the Pridnestrovian Moldavian Republic/AP/dpa

Podoljak schätzte die Zahl der von Russland kommandierten Soldaten in Transnistrien auf 1500 bis 2000. „Von ihnen sind 500 bis 600 Russen und der Rest Einheimische.“ Die jüngsten Explosionen bezeichnete der Präsidentenberater als Versuch der Provokation. „Es ist alles so, wie es die Russische Föderation immer macht“, meinte Podoljak.

Charkiw: Tote durch Beschuss

Durch Beschuss sind in der Region Charkiw ukrainischen Angaben zufolge mindestens drei Menschen getötet und sechs verletzt worden, darunter ein 14 Jahre altes Kind. Die örtliche Verwaltung machte Russland in der Nacht zu Donnerstag für die zivilen Opfer verantwortlich.

Zwei der sechs Verwundeten seien schwer verletzt, teilte der regionale Militärchef Oleg Synegubow mit. Das russische Militär habe Artillerie und Mörser eingesetzt. Die ukrainische Armee halte die Stellung und füge dem „Feind“ Verluste zu. Mehrere Russen seien gefangen genommen worden. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden.

Ein ukrainischer Soldat geht inmitten der Trümmer eines Gebäudes, das durch mehrfachen russischen Beschuss in der Nähe einer Frontlinie schwer beschädigt wurde

Ein ukrainischer Soldat geht inmitten der Trümmer eines Gebäudes, das durch mehrfachen russischen Beschuss in der Nähe einer Frontlinie schwer beschädigt wurde

Quelle: dpa/Felipe Dana

Ukraine-Krieg - Charkiw

Ein durch mehrfachen russischen Beschuss schwer beschädigtes Gebäude der Nähe der Frontlinie in Charkiw

Quelle: dpa/Felipe Dana

Rettungskräfte mit der Leiche eines Mannes, der während eines russischen Bombardements in Charkiw getötet wurde

Rettungskräfte mit der Leiche eines Mannes, der während eines russischen Bombardements in Charkiw getötet wurde

Quelle: dpa/Felipe Dana

Laut dem ukrainischen Präsidentenberater Oleksij Arestowitsch „konzentrieren sich die Bemühungen der russischen Invasoren zudem weiter auf Slawjansk, Kramatorsk und Mariupol“. In der eingekesselten Hafenstadt Mariupol „bombardiert der Feind massiv“, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. Der Kommandeur der 36. ukrainischen Marinebrigade in Mariupol, Sergej Wolyna, rief erneut per Telegram um Hilfe und wies darauf hin, dass er 600 verwundete Soldaten und Hunderte Zivilisten bei sich in den belagerten Industrieanlagen von Asow-Stahl habe.

Arestowitsch versprach, es würden Anstrengungen unternommen, um den russischen Präsidenten „Wladimir Putin zu zwingen, sie freizulassen“. „Die Zivilisten zuerst, aber wir arbeiten auch daran, unsere Soldaten zu evakuieren“, betonte er.

Putin lehnt den Abzug ukrainischer Soldaten aus dem Stahlwerk allerdings ab. Putin habe deutlich gesagt, dass Zivilisten Asowstal verlassen könnten, sagt sein Sprecher. Die Kämpfer müssten die Waffen niederlegen. Dies sei unverhandelbar. Derzeit bemüht sich UN-Generalsekretär Antonio Guterres um die Evakuierung der Menschen aus dem von russischen Truppen eingeschlossenen Werksgelände.

Asow-Regiment bittet Regierung mit Appell um Beistand

Das in dem Stahlwerk eingeschlossene Asow-Regiment bat die Regierung in Kiew mit einem dramatischen Appell um Hilfe. „Ich rufe die militärisch-politische Führung auf, entscheidende Schritte zu unternehmen, um die Blockade zu durchbrechen oder alle zu evakuieren, die auf ihr Vaterland hoffen und daran glauben“, sagte Vizekommandeur Swjatoslaw Palamar in einer am Donnerstag veröffentlichten Videobotschaft. Palamar sagte, die Kämpfer fragten sich zunehmend, warum Kiew Versprechen nicht halte. „Wer kann das beantworten: Warum stehen wir alleine gegen Artillerie, Schiffe und Flugzeuge?“

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Rauchbildung über dem belagerten Stahlwerk in Mariupol auf einer Aufnahme von Ende April

In den Bunkeranlagen des Werks sollen sich außer zahlreichen Kämpfern noch etwa 1000 Zivilisten aufhalten. Kremlchef Wladimir Putin hatte angeordnet, das Gelände abzuriegeln. Russland wirft dem von Nationalisten dominierten Asow-Regiment Kriegsverbrechen vor. Beweise legte Moskau bisher nicht vor.

Ein schwerer russischer Angriff auf das eingekesselte Stahlwerk hat nach ukrainischen Angaben weitere Menschen das Leben gekostet. Das Asow-Regiment der ukrainischen Nationalgarde veröffentlichte am Donnerstag Videoaufnahmen aus dem Stahlwerk Azovstal, in denen zu sehen war, wie Menschen nach dem Angriff die Trümmer nach Opfern durchsuchten.

Bei dem Angriff wurde nach Angaben des Asow-Regiments eine improvisierte Krankenstation im Keller getroffen. Eine nicht näher bezeichnete Zahl von Menschen sei getötet und verletzt worden. Die Videoaufnahmen konnten nicht auf ihre Echtheit überprüft werden. Die russischen Streitkräfte beschießen das Werkgelände an der Küste aus der Luft und mit Artillerie. Die Verteidiger haben sich in einem 24 Kilometer langen Labyrinth aus unterirdischen Tunneln, Gängen und Bunkern verschanzt.

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Quelle: Infografik WELT/Jörn Baumgarten

Russische Truppen erzielen erneuten Geländegewinn

In der Region Sumy berichtete die lokale Verwaltung über mehr als 50 Einschüssen von Mörsern. Von Opfern sei nichts bekannt, sagte ein Behördensprecher. Auch aus Mykolajiw wurden Angriffe gemeldet. In der Nähe von Odessa schoss die Luftabwehr eine russische Spionagedrohne über dem Schwarzen Meer ab, wie die ukrainische Armee mitteilte.

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Zudem erzielten russische Truppen bei ihrer Offensive in der ukrainischen Donbass-Region offenbar Geländegewinne. Die Angreifer hätten Dank nahezu ständigem Beschuss kleinere Fortschritte in Richtung Rubischne erzielt, sagte der ukrainische Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Haidai. Ukrainische Truppen wehrten sich und zögen sich nur zurück, wenn es nichts mehr zu verteidigen gebe, weil alles zerbombt sei.

Vertreter westlicher Regierungen erklärten unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, russische Truppen kämen langsam voran und hätten einige Dörfer und Kleinstädte südlich von Isjum und im Umfeld von Rubischne erobert.

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