Niger: Afrikanische Gemeinschaft stellt Putschisten ein Ultimatum

Nach dem Militärputsch im Niger
Afrikanische Gemeinschaft stellt Putschisten ein Ultimatum – und Frankreich streicht Finanzhilfen


Sehen Sie im Video: Brennende Autos, Plünderungen und russische Flaggen: In Niger regiert das Chaos.

STORY: Chaos und Plünderungen nach dem Staatsstreich in Niger. Hunderte Menschen zogen durch die Hauptstadt Niamey, zündeten Autos an und plünderten das Parteibüro des abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum. Die Armee hatte sich dem Putsch der Präsidentengarde gegen Präsident Bazoum am Donnerstag angeschlossen. Bazoum selbst hatte in sozialen Medien dazu aufgerufen, die hart erkämpften Errungenschaften der Demokratie zu retten. Offen blieb zunächst, wer seine Aufgaben übernehmen wird. Unterstützer des Putsches versammelten sich vor der Nationalversammlung in der Hauptstadt, schwenkten russische Flaggen und skandierten antifranzösische Slogans. Als Zeichen des Missfallens gegenüber der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Die UN und europäische Staaten bekräftigten ihre Kritik am Vorgehen der Militärs. Antonio Gueterres, UN-Generalsekretär: “Lassen Sie es mich klar sagen: Die Vereinten Nationen verurteilen den Angriff auf die demokratisch gewählte Regierung aufs Schärfste und unterstützen die Bemühungen der ECOWAS und der Afrikanischen Union um die Wiederherstellung der Demokratie. Gestern habe ich mit Präsident Bazoum gesprochen, um ihm unsere volle Solidarität zu bekunden. Jetzt möchte ich mich direkt an diejenigen wenden, die ihn festhalten: Lassen Sie Präsident Bazoum unverzüglich und bedingungslos frei. Hören Sie auf, die demokratische Staatsführung des Landes zu behindern und respektieren sie die Rechtsstaatlichkeit.” Am Mittwochabend hatte ein hoher Luftwaffen-Offizier im staatlichen Fernsehen im Namen der Putschisten erklärt, der Präsident sei abgesetzt. Die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte hätten beschlossen, dem Regime ein Ende zu setzen. Die Landesgrenzen seien geschlossen, eine Ausgangssperre verhängt und alle Institutionen der Republik suspendiert worden.


Auf den Militärputsch im Niger folgen internationale Konsequenzen: Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft droht mit Gewalt. Und die Ex-Kolonialmacht Frankreich streicht dem Niger Hilfsgelder.

Nach dem Staatsstreich im Niger hat die internationale Gemeinschaft den Putschisten mit einem Eingreifen gedroht. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) stellte den selbsterklärten Machthabern am Sonntag ein Ultimatum und drohte mit dem “Einsatz von Gewalt”. Die frühere Kolonialmacht Frankreich wiederum kündigte angesichts von tausenden Demonstranten vor ihrer Botschaft in Niamey eine “sofortige und unerbittliche” Reaktion an, sollte es zu Angriffen auf französische Staatsbürger und Einrichtungen in dem westafrikanischen Land kommen.

Nach einem Spitzentreffen in Nigerias Hauptstadt Abuja forderten die Ecowas-Staaten die putschenden Militärs im Niger in einer Erklärung ultimativ auf, die Macht innerhalb einer Woche an die legitimen Institutionen zurückzugeben. Die regionale Organisation verlangte insbesondere die “sofortige Freilassung” des von den Putschisten festgesetzten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum, sowie die “vollständige Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung”.

Wenn diesen Forderungen “nicht innerhalb einer Woche entsprochen” werde, werde die Ecowas “alle notwendigen Maßnahmen ergreifen”, hieß es in der Erklärung. “Diese Maßnahmen könnten auch den Einsatz von Gewalt einschließen.”

Afrikanische Wirtschaftsgemeinschaft verhängt Sanktionen

Zugleich beschloss die Wirtschaftsgemeinschaft Sanktionen gegen die selbsterklärten neuen Machthaber in dem westafrikanischen Land. So verkündeten die Ecowas-Staaten die Aussetzung “aller Handels- und Finanztransaktionen mit dem Niger” sowie das Einfrieren von “Vermögenswerten von Militärbeamten, die an dem Putschversuch beteiligt waren”.

An der Krisensitzung nahm auch der Chef der im Nachbarland Tschad regierenden Militärjunta teil. Anschließend reiste er nach Angaben seiner Regierung auf eigene Initiative in die nigrische Hauptstadt weiter. General Mahamat Idriss Déby Itno sei nach Niamey gereist, “um zu sehen, was er zur Lösung der Krise beitragen kann”, sagte ein Regierungssprecher und fügte hinzu, dass er kein Mandat von den Ecowas-Staaten erhalten habe. Der Tschad gehört der Ecowas nicht an.

Auch Bazoums Vorgänger, der frühere nigrische Präsident Mahamadou Issoufou, bot sich als Vermittler an. Er bemühe sich um eine Verhandlungslösung, um Bazoum “zu befreien und ihn wieder einzusetzen”, schrieb Issoufou im Onlinedienst Twitter, der in X umbenannt wurde. 

Vor der Krisensitzung der Ecowas-Staaten hatten die Putschisten ihrerseits der Wirtschaftsgemeinschaft vorgeworfen, eine Militärintervention in dem Land zu planen. Ziel des Ecowas-Gipfels sei “die Verabschiedung eines Aggressionsplans gegen den Niger in Form einer drohenden militärischen Intervention in Niamey”, erklärte die Junta am Samstagabend. Auch westliche Nationen seien an dem Plan beteiligt.

Frankreich setzt Entwicklungshilfen für Niger aus

Der französische Präsident Emmanuel Macron warnte, er werde “keinen Angriff gegen Frankreich und seine Interessen dulden”. Jeder, der französische Staatsangehörige angreife, müsse “mit einer sofortigen und unerbittlichen Reaktion Frankreichs” rechnen. Frankreich unterstütze “alle regionalen Initiativen”, die auf die “Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung” in dem westafrikanischen Land und die Rückkehr des festgesetzten Präsidenten Bazoum abzielten. 

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hatte am Samstag die Entwicklungs- und Finanzhilfen für den Niger ausgesetzt. Am Sonntag versammelten sich dann tausende Pro-Junta-Demonstranten vor der französischen Botschaft in Niamey und versuchten teilweise, in das Gebäude einzudringen, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ein Schild mit der Aufschrift “Botschaft Frankreichs in Niger” wurde abgerissen und durch nigrische und russische Flaggen ersetzt. Einige Demonstranten riefen “Lang lebe Russland”, “Lang lebe Putin” und “Nieder mit Frankreich”.

Nigrische Militärs hatten am Mittwoch den seit 2021 amtierenden Bazoum festgesetzt. Am Freitag erklärte sich dann der Chef der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tiani, zum neuen Machthaber. Bazoum war der erste Staatschef des seit dem Ende der französischen Kolonialherrschaft im Jahr 1960 unabhängigen Niger, der durch eine friedliche Machtübergabe auf den Posten gelangt war. In dem westafrikanischen Land sind neben anderen ausländischen Soldaten auch etwa hundert Bundeswehrsoldaten stationiert.

cl
AFP

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