Liveblog: ++ Putin droht Polen wegen Truppenverlegung ++


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Stand: 21.07.2023 17:39 Uhr

Wegen einer angekündigten polnischen Truppenverlegung hat Russlands Präsident Putin Polen gedroht. Bis zu 20.000 als Wagner-Söldner rekrutierte Strafgefangene sollen getötet worden sein. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Nach Russlands Aufkündigung des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer haben die Vereinten Nationen vor der Verschärfung weltweiter Hungersnöte gewarnt. Für die 362 Millionen Menschen in 69 Ländern, die auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen seien, sei die Entscheidung “eine Bedrohung für ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Kinder und ihrer Familien”, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York. “Sie sind nicht traurig, sie sind wütend. Sie haben Angst, sie sind besorgt. Einige werden hungern, andere werden verhungern. Viele könnten an den Folgen dieser Entscheidungen sterben.”

Die Zahl der für Getreidetransporte vorgesehenen Schiffe im Schwarzen Meer ist binnen Wochenfrist um 35 Prozent gesunken. Das geht aus Zahlen der Schiffs- und Rohstoffplattform Shipfix hervor. Russland hatte nach seiner Blockade gegen eine Verlängerung des Getreideabkommens mit dem Beschuss sämtlicher Schiffe gedroht, die sich der ukrainischen Küste nähern. Die Ukraine hatte daraufhin eine ähnliche Drohung für Schiffe von und nach Russland ausgesprochen. Analyst Omar Nokta von der Investmentbank Jefferies verwies darauf, dass die aggressive Rhetorik nicht nur Schiffseigner unmittelbar abschrecke, sondern auch die Versicherung trotzdem verkehrender Schiffe erheblich erschwere.

Bei russischen Beschuss eines Dorfes in der Ostukraine sind nach Behördenangaben ein zehnjähriger Junge und seine 16-jährige Schwester getötet worden. Die beiden Geschwister hätten sich im Hof ihres Hauses im Dorf Druschba in der Region Donezk aufgehalten, als dort eine Granate eingeschlagen sei, teilt Regionalgouverneur Pawlo Kyrylenko auf Telegram mit. Eine ältere Frau sei verletzt und in ein Krankenhaus gebracht worden.

Tschechien will mindestens 77 moderne deutsche Leopard-2-Panzer kaufen. Ein Vorvertrag im Rahmen der Verhandlungen sei bereits unterzeichnet worden, nun erfolge eine Präzisierung, sagte die tschechische Verteidigungsministerin Jana Cernochova bei einer Pressekonferenz mit Bundesverteidigungsminister Pistorius. Dabei geht es um Panzer des Typs A8, die modernste Version des Leopard 2.

Pistorius sprach von einem “sehr richtigen Schritt”. Dieser erhöhe die “Fähigkeit, miteinander zu arbeiten und gegebenenfalls eben auch sich miteinander verteidigen zu können”. Neben Tschechien hätten auch andere Länder Interesse an einer Beschaffung von Leopard-2-Panzern, sagte der Bundesverteidigungsminister. Er wollte jedoch keine Angaben dazu machen, solange dies noch “nicht spruchreif” sei.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat Polen die Bereitschaft Deutschlands und der NATO zur Verteidigung seiner Ostgrenze versichert. “Da wo die polnischen Partner Unterstützung brauchen, werden sie sie bekommen”, sagt Pistorius bei einer Pressekonferenz mit seiner tschechischen Amtskollegin Jana Cernochova in Prag. “Sie sind NATO-Partner und verlässliche NATO-Verbündete, von daher kann man hier getrost sagen, wir sind vorbereitet.”

Zuvor hatte Polen angekündigt, Truppen in Richtung des Nachbarlandes Belarus zu verlegen. Grund sind russische Wagner-Söldner, die sich in Belarus aufhalten und dort belarusische Spezialkräfte ausbilden sollen. Der russische Präsident Putin drohte Polen daraufhin, dass ein Angriff auf Belarus als Angriff auf Russland betrachtet werde.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat eine im russischen Fernsehen übertragene Sitzung des nationalen Sicherheitsrates genutzt, um Polen zu drohen. Warschau hatte angekündigt, Soldaten in Richtung des Nachbarlandes Belarus zu verlegen, weil dort mittlerweile Wagner-Söldner stationiert wurden. Putin erklärte nun, “die Entfesselung einer Aggression gegen Belarus würde eine Aggression gegen die Russische Föderation bedeuten. Darauf werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren”.

Ohne Belege zu nennen, behauptete Putin zudem, Polen plane die militärische Besetzung der Westukraine. Es gebe auch Pläne für eine polnisch-litauisch-ukrainische Militäreinheit, die in der Westukraine eingesetzt werden solle. Auch hierfür nannte Putin keine Belege. Die russische Propaganda behauptet immer wieder, Polen hege Besatzungsabsichten in der Ukraine.

Der Ex-Geheimdienstoffizier und Ultranationalist Igor Girkin ist seiner Ehefrau zufolge in Moskau festgenommen worden. Ihm werde Extremismus vorgeworfen, teilte Miroslawa Reginskaja auf Girkins Telegram-Kanal mit. Beamte des Ermittlungskomitees hätten ihn abgeführt. Über seinen Aufenthaltsort sei ihr nichts bekannt.

Girkin, der auch unter dem Pseudonym Igor Strelkow bekannt ist, leitete 2014 den Aufstand der vom Kreml gelenkten Separatisten im ukrainischen Donbass-Gebiet. Gegen ihn liegt ein internationaler Haftbefehl wegen seiner Beteiligung am Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 im Jahr 2014 über dem Donbass vor.

Girkin gilt zwar als klarer Befürworter des russischen Kriegs gegen die Ukraine, er kritisierte aber zunehmend scharf die Kriegsführung Russlands. So warf er der militärischen Führung in Moskau Inkompetenz und Korruption vor. Er forderte außerdem ein noch härteres und rücksichtsloseres Vorgehen in der Ukraine. Zuletzt richteten sich seine Vorwürfe auch zunehmend gegen Präsident Wladimir Putin, dem er Untätigkeit vorwarf.

Von den durch die russischen Wagner-Söldner in Gefängnissen rekrutierten Kämpfern sind nach Einschätzung britischer Militärexperten bis zu 20.000 getötet worden. Das geht aus dem Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London hervor.

Demnach wurden bei dem als “Projekt K” bezeichneten Anwerbe-Programm mindestens 40.000 Mann rekrutiert. Die Ex-Häftlinge haben nach Einschätzung der Briten die Eroberung der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut ermöglicht. Angesichts der hohen Verlustrate handle es sich um “eine der blutigsten Episoden der modernen Militärgeschichte”, so die Mitteilung weiter.

Mitten im Krieg gegen die Ukraine will Russland das Höchstalter für den Einzug von Wehrpflichtigen um drei Jahre anheben. Künftig sollten Männer bis 30 Jahre in die Armee eingezogen werden können, kündigte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Duma, Andrej Kartapolow, an. Bislang liegt das Höchstalter bei 27 Jahren. Das Mindestalter soll hingegen bei 18 Jahren bleiben, wie die staatliche Agentur Interfax unter Berufung auf Kartapolow berichtete. Zwischenzeitlich war angekündigt worden, dass es auf 21 Jahre erhöht werden soll.

Medienberichten zufolge soll die neue Regelung vom nächsten Frühjahr an gelten. Das Parlament muss noch zustimmen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte bereits Ende vergangenen Jahres Änderungen in Aussicht gestellt. Beobachter erklärten dies mit der geplanten Aufstockung der Streitkräfte von derzeit 1,15 auf 1,5 Millionen Soldaten.

Zugleich wiesen unabhängige Medien darauf hin, dass die Neuregelung der Armee Hunderttausende zusätzliche Wehrpflichtige bringen könnte. Das Höchstalter für die Einberufung von Reservisten wurde kürzlich erst von 50 auf 55 Jahre angehoben.

Kurz nach einer kritischen Äußerung über Präsident Wolodymr Selenskyj ist der ukrainische Botschafter in Großbritannien, Wadym Prystajko, von seinem Posten abberufen worden. Selenskyj ließ das entsprechende Dekret ohne nähere Erläuterungen in Kiew auf seiner Website veröffentlichen.

Vor knapp einer Woche hatte der Botschafter seinem Staatschef im britischen Fernsehen “ungesunden Sarkasmus” vorgehalten. Prystajko war drei Jahre lang auf Posten in London. Davor war er Vizeregierungschef und Außenminister. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace hatte Kiew zuvor zu mehr Dankbarkeit für bisher gewährte Hilfe im Krieg gegen Russland aufgefordert. Selenskyj fragte daraufhin auf einer Pressekonferenz, was der britische Minister genau wolle. “Soll er mir schreiben. Wir können jeden Morgen dem Minister persönlich nach dem Aufwachen danken”, sagte er. Prystajko hatte diesen Schlagabtausch als kontraproduktiv kritisiert. Großbritannien ist eines der wichtigsten Partnerländer der Ukraine.

Das russische Militär hat erneut Getreideterminals in den Häfen der südukrainischen Oblast Odessa angegriffen. Zwei Menschen seien verletzt worden, teilte der Regionalgouverneur Oleh Kiper auf Telegram mit. “Leider wurden die Getreideterminals eines landwirtschaftlichen Unternehmens in der Region Odessa getroffen. Der Feind zerstörte 100 Tonnen Erbsen und 20 Tonnen Gerste.”

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Nach Auslaufen des Ukraine-Getreideabkommens hat die russische Schwarzmeerflotte nach Angaben Moskaus im Schwarzen Meer eine Übung mit scharfer Munition abgehalten. Dabei sei im Nordwesten des Schwarzen Meers ein Zielschiff mit Antischiffraketen beschossen und zerstört worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium im Online-Dienst Telegram.

Russland hatte zuvor angekündigt, Schiffe im Schwarzen Meer mit dem Ziel Ukraine ab Donnerstag als Schiffe einzustufen, “die potenziell militärische Ladung transportieren”. Bei der nun abgehaltenen Übung hätten die beteiligten Schiffe und Marineflugzeuge zudem Maßnahmen zur “Abriegelung des vorübergehend für die Schifffahrt gesperrten Gebiets” ergriffen und das Festhalten eines angreifenden Schiffs erprobt.

Polen verlegt Truppen aus dem Westen in den Osten, wo das Land an Belarus grenzt. Das habe der Sicherheitsausschuss beschlossen, sagte dessen Sekretär, Zbigniew Hoffmann, der polnischen Nachrichtenagentur PAP zufolge. Der Beschluss sei vor dem Hintergrund gefasst worden, dass es eine mögliche Bedrohung durch russische Wagner-Söldner geben könne, die sich in Belarus aufhalten.

Am Mittwoch war ein Video veröffentlicht worden, das Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin bei der Begrüßung seiner Söldner in Belarus zeigt. Einen Tag später erklärte das dortige Verteidigungsministerium, Wagner-Söldner hätten mit der Ausbildung von Spezialkommandos des Militärs begonnen, die auf einem Militärgelände nahe der Grenze zu Polen stattfinde. “Die Ausbildung oder gemeinsame Übung der belarusischen Armee und der Wagner-Gruppe ist zweifellos eine Provokation”, sagte Hoffmann. “Der Ausschuss analysierte mögliche Bedrohungen, wie zum Beispiel die Verlegung von Einheiten der Wagner-Gruppe. Daher beschloss der Minister für Nationale Verteidigung und Vorsitzende des Ausschusses, Mariusz Blaszczak, unsere Militärformationen vom Westen in den Osten Polens zu verlegen.”

Der ukrainische Präsident fordert seine Regierung auf, die Ausgaben in Kriegszeiten zu begrenzen. “In einer Kriegszeit wie dieser sollte das Maximum an staatlicher Aufmerksamkeit und damit an staatlichen Ressourcen in die Verteidigung fließen”, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Er drängt, alternative Finanzierungsmöglichkeiten für wirklich notwendige Projekte zu finden. “Dies gilt für verschiedene Bereiche, auch für die Kultur. Museen, Kulturzentren, Fernsehserien sind wichtig, aber wir haben andere Prioritäten”.

Nach Unmut über den Umgang mit staatlichen Geldern hat der ukrainische Kulturminister Olexander Tkatschenko seinen Rücktritt eingereicht. Es habe “eine Welle von Missverständnissen über die Bedeutung der Kultur in Kriegszeiten” gegeben, führte Tkatschenko am späten Abend bei Telegram als Erklärung für seinen Schritt an.

Danach habe ihn eine Aussage des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu diesem Thema überrascht. Selenskyj hatte in seiner abendlichen Videoansprache gesagt, er habe Regierungschef Denys Schmyhal gebeten, eine Ersetzung Tkatschenkos in Betracht zu ziehen. Zuvor hatten ukrainische Medien darüber berichtet, der Kulturminister wolle 500 Millionen Hrywnja (rund 12 Millionen Euro) für die Fertigstellung eines nationalen Museums ausgeben, das an die ukrainischen Opfer des Genozids Holodomor in den 1930er-Jahren erinnern soll.

IAEA-Experten wollen die Dächer des von Russland besetzten AKW Saporischschja auf Minen untersuchen – erhalten aber weiterhin keinen Zutritt. UN-Generalsekretär Guterres hat die russischen Angriffe auf Odessa verurteilt. Die Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.

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