Wie wird Europa die Solarproduktion zurückbringen? – POLITISCH

Industriepolitik ist der Neuling in der Schule. Wenn man sich die wirre Debatte in Brüssel um den EU Net Zero Industry Act (NZIA) ansieht, wird deutlich, dass es eine Lernkurve gibt. Einige verwechseln Industriepolitik mit der Dekarbonisierung von Industrien, andere sehen eine Wiederholung der EU-Nachhaltigkeitstaxonomie, viele möchten sich auf die berühmte „Technologieneutralität“ der EU berufen – was den Fokus verwässert und die Tür zu jeder Technologie öffnet. Wachstumsschmerzen.

Die Solarbranche ist sich schmerzlich darüber im Klaren, was Industriepolitik ist. Die Erfahrungen der 2010er Jahre sind in die DNA der Branche eingeprägt. Europa begann das Jahrzehnt als Solar-PV-Kraftwerk. Dann reagierte die EU auf die verschärfte chinesische Industriepolitik mit Einfuhrzöllen auf Solarmodule. Es hat den europäischen Solarherstellern nicht geholfen und zu einem starken Rückgang des europäischen Solareinsatzes beigetragen. Chinas Strategie, seine Solarlieferketten auszubauen, war alles andere als technologieneutral. Europas defensive Reaktion war bestenfalls wirkungslos, schlimmstenfalls kontraproduktiv. Lektion gelernt.

Die Solarbranche ist sich schmerzlich darüber im Klaren, was Industriepolitik ist. Die Erfahrungen der 2010er Jahre sind in die DNA der Branche eingeprägt.

Die 2020er Jahre sind eine neue Ära des Solarwachstums. Die Rekorde bei der Installation und Erzeugung von Solarenergie steigen von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2022 wurden über 40 GW neue Solarenergie installiert – doppelt so viel wie im Jahr 2020. Nach dem russischen Krieg gegen die Ukraine wandte sich die EU der Solarenergie zu – und die Solarenergie verstärkte sich. Im Sommer 2022, so berichtet Ember, konnte Europa durch Solarenergie 29 Milliarden Euro an fossilen Gasimporten einsparen. Bis zum Ende des Jahrzehnts erwartet Europa jährlich über 100 GW neue Solarenergie. Früher unvorstellbar, heute weithin akzeptiert, hängen die europäischen Energiesicherheits- und Klimaziele stark von der Solarenergie ab.

Auf dem REPowerEU-Banner des Hauptsitzes der Europäischen Kommission sind Sonnenkollektoren prominent zu sehen. Im Mai 2022 ernannte die EU-Solarstrategie Solar zum „Kingpin“ von REPowerEU – dem Bemühen des Kontinents, vom russischen Gas auszusteigen | © Europäische Union 2022. über SolarPower Europe

Damit erhält Europa eine seltene zweite Chance auf eine solarindustrielle Basis. Der Kontinent kann den Nachfrageboom nutzen, um Solarenergie „made in Europe“ wieder zu etablieren. Angesichts der geopolitischen Lage ist es eine Chance, die sich Europa nicht entgehen lassen darf. Nach den Ereignissen vom Februar 2022 wissen wir, wie anfällig wir für die Waffenisierung von Handel und Energie sind. Und machen wir nicht den gleichen Fehler wie in den 2010er Jahren – eine wirksame Reaktion besteht darin, die Widerstandsfähigkeit zu stärken, die Lieferketten zu diversifizieren und das Risiko zu verringern. Dieser Geist spiegelt sich gut im Ziel der European Solar PV Industry Alliance – und im NZIA-Vorschlag – wider, bis 2030 mindestens 30 GW Solarproduktion wieder anzusiedeln.

Europa verfügt immer noch über die Voraussetzungen für den Aufbau einer Solarproduktionsbasis. Wir verfügen über das Wissen, das Unternehmertum, die Finanzen, die Fähigkeiten und die dauerhaften Komponenten entlang der gesamten Lieferkette. Die entscheidende Zutat, die uns fehlt, ist Größe. Untersuchungen zeigen, dass europäische Fabriken im globalen Wettbewerb bestehen können, wenn sie eine große Produktion im Gigawatt-Maßstab erreichen können.

Als die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, im Januar 2023 einen EU-Green-Deal-Industrieplan (GDIP) ankündigte, jubelte die Solarbranche. Hier war endlich die Antwort auf unsere jahrelange Frage: Europa braucht den Solarsektor, der Solarsektor muss sich diversifizieren, bitte helfen Sie uns, dorthin zu gelangen.

Die Solar-Lieferkette reicht vom Rohstoff – wie Polysilizium – bis hin zur Basistechnologie wie Wechselrichtern | © SolarPower Europa. über SolarPower Europe

Vielleicht haben wir zu früh gefeiert. Den Ankündigungen zur GDIP-Politik mangelt es bisher an angemessener finanzieller Unterstützung.

Die NZIA legt nicht preisbezogene Kriterien für öffentliche Auktionen von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien fest. Wenn ein Staat also eine Ausschreibung für die Erzeugung erneuerbarer Energien eröffnet, muss er mehr als nur die Kosten berücksichtigen. Nachhaltigkeit ist ein Kriterium. Wo die ausgeschriebene Solaranlage hergestellt wird, ist eine andere. Der aktuelle Vorschlag macht es für Technologien, die stark von einem Lieferland abhängig sind, schwieriger, Ausschreibungen zu gewinnen, trägt aber gleichzeitig nicht dazu bei, neue Fabriken in Europa in Betrieb zu nehmen. Dieser „Peitsche, aber kein Zuckerbrot“-Ansatz birgt die Gefahr, die schnelle und kostengünstige Einführung von Solarenergie zu gefährden. Der Kontinent muss zunächst eine angemessene Lieferkette aufbauen, bevor nicht preisliche Kriterien die Nachfrage nach europäischer Solarenergie ankurbeln können. Das bedeutet gezielte Finanzierung.

über SolarPower Europe

Im März 2023 aktualisierte die EU ihre Regeln für staatliche Beihilfen – das sogenannte Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) –, um EU-Ländern die Subventionierung des Baus von Solarfabriken zu ermöglichen. Scheinbar gute Nachrichten, aber es bleibt eine Herausforderung. Wie sorgen Sie dafür, dass Ihre Fabrik nach dem Bau am Laufen bleibt, bevor sie maßstabsgetreu ist? Europäische Solarhersteller müssen mit Energiekosten rechnen, die doppelt so hoch sind wie in China und dreimal so hoch wie in den USA

Die staatliche Unterstützung muss über die Vorabinvestitionen (Capex) hinausgehen und die laufenden Kosten (Opex) decken. Der Solarsektor bekräftigte im Mai diese klare Bitte an die Staats- und Regierungschefs der EU.

Europäische Solarhersteller müssen mit Energiekosten rechnen, die doppelt so hoch sind wie in China und dreimal so hoch wie in den USA

Europa hat wichtige Elemente der Lieferkette, wie Polysilizium und Wechselrichter, behalten, aber energieintensive Zellen, Ingots und Wafer erweisen sich als schwierig bei der Rückgewinnung | © SolarPower Europa. über SolarPower Europe

Im vergangenen Monat reichte Deutschland den ersten Antrag im Rahmen des neuen TCTF „Hochlauf der deutschen Solarindustrie“ ein. Es ist eine Chance für die europäischen Wettbewerbsbehörden, ein Modell für andere Länder zu erstellen und den Weg für mehr nationale Förderprogramme für die Solarproduktion zu ebnen.

Aber wir sollten nicht vergessen: Nicht alle EU-Länder verfügen über so tiefe Taschen wie Deutschland. Im Interesse des Binnenmarktes ist auf EU-Ebene mehr erforderlich: ein spezielles europäisches Finanzierungsinstrument für die Solarproduktion. Wir haben bereits ein – eindeutig nicht technologieneutral – Wasserstoffbank im Entstehen. Es handelt sich um einen Auktionsdienst im Rahmen des Innovationsfonds. Eine Solarbank, die die gleichen Differenzkontrakte und doppelseitigen Auktionen auf europäische Solarenergie anwendet, könnte der europäischen Lieferkette den nötigen Startschuss geben. Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Strategic Technologies Europe Platform sieht zwar nicht gerade den von uns geforderten Souveränitätsfonds vor, sieht aber zusätzliche 5 Milliarden Euro für den Innovationsfonds vor. Mit diesem Rahmen könnte der Sektor eine wettbewerbsfähige Größe erreichen. Dann, und nur nach einer gezielten Finanzierung, können nicht preisliche Kriterien in Ausschreibungen die weitere Nachfrage nach Solarenergie „made in Europe“ ankurbeln.

Das Schöne an einer Solarbank ist, dass sie die günstigsten europäischen Solarproduktionsprojekte mit der höchsten Zahlungsbereitschaft der Solarentwickler zusammenbringt, abgesichert durch einen Differenzvertrag mit dem Staat.

Heute ist die Realität der Energiesicherheit unausweichlich und die Auswirkungen der Klimakrise liegen in der Luft. In diesen Momenten stehen Führungskräfte auf.

Die Geschichte der europäischen Solarproduktion im letzten Jahrzehnt war eine traurige Geschichte. Es ist geprägt von Machtkämpfen, einem industriellen Zusammenbruch und der Verschwendung wertvoller Jahre durch den grünen Wandel. Heute ist die Realität der Energiesicherheit unausweichlich und die Auswirkungen der Klimakrise liegen in der Luft. In diesen Momenten stehen Führungskräfte auf. Politische Entscheidungsträger, Solarhersteller und Solarentwickler müssen einen neuen Weg nach vorne finden. Wir sind uns einig in dem Wissen, dass Solar-PV für die strategische Widerstandsfähigkeit Europas von entscheidender Bedeutung ist. Wir haben ausgewogene, maßvolle Lösungen. Jetzt müssen wir diese Lösungen ergreifen – gemeinsam.


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