Nur die Verbindung zu den Wählern kann Europas populistische Flut stoppen – POLITICO

Auch wenn all dies Faktoren in unterschiedlichem Ausmaß sein können, sind sie doch alle Teil von etwas, das wohl viel größer und elementarer ist: Eine Gegenreaktion, die in allgemeiner Verzweiflung wurzelt und durch die Wahrnehmung vieler Wähler verstärkt wird – insbesondere in ländlichen Kerngebieten und Kleinstädten – dass ihre Beschwerden achselzuckend abgetan werden. Darüber hinaus werden sie, wenn sie die Kühnheit haben, sie zur Sprache zu bringen, von angesehenen Politikern bevormundet, die desinteressiert über Instrumente, Kompetenzen und Triloge reden, was die Diskrepanz noch verstärkt.

Diese Wähler fühlen sich nur dann ernst genommen, wenn sie in ausreichender Zahl auf die Straße gehen und ihr Anliegen durchsetzen, indem sie Autobahnen verstopfen und Hauptstädte und Innenstädte ersticken. Erst dann beginnen die amtierenden Politiker verängstigt davonzulaufen – wie bei der Gelbwesten-Agitation in Frankreich.

Nehmen wir zum Beispiel die Bauernproteste, die sich in den letzten Wochen wie ein Lauffeuer über den Kontinent ausgebreitet haben. Landwirte in Polen blockierten die Einfuhr von billigerem Getreide aus der benachbarten Ukraine, ihre Kollegen in Deutschland blockierten eine Woche lang Autobahnen, um gegen Netto-Null-Kürzungen der Subventionen für Diesel zu protestieren, und französische Landwirte belagerten Paris, um sich gegen billige Lebensmittelimporte und den Dschungel an Vorschriften, der sie ausmacht, Luft zu machen gezwungen zu navigieren. Ähnliche Unruhen erlebten unter anderem Italien, Spanien und Rumänien.

„Man muss so viel laufen, wie man kann, um an der gleichen Stelle zu bleiben“, sagt die Rote Königin in Lewis Carrolls „Through the Looking-Glass“ zu Alice. Und tatsächlich haben viele Landwirte das Gefühl, durch den Spiegel geschoben zu werden. Tatsächlich scheinen die europäischen Landwirte umso schneller zurückzufallen, je schneller sie laufen.

Während die meisten Sektoren zwischen 2022 und 2023 starke Lohnerhöhungen verzeichneten, war dies in der Landwirtschaft nicht der Fall. Laut dem deutschen multinationalen Finanzdienstleistungsunternehmen Allianz sank das Durchschnittseinkommen europäischer Kleinbauern vielmehr um 12 bis 22 Prozent. „Die Verhandlungsmacht der Landwirte reicht nicht aus. Gleichzeitig sind sie mit zunehmender Regulierung und steigenden Kosten für Energie, Düngemittel, Transport, Biodiversität, Wasserqualität, Klima und Landarbeiter konfrontiert“, bemerkte Johan Geeroms von der Allianz.

Hinzu kommt, dass von den Landwirten verlangt wird, das Unmögliche in Einklang zu bringen: „Einerseits die Ökologisierung und andererseits die Öffnung gegenüber einer globalisierten Welt, in der nicht überall die gleichen strengen Umweltregeln gelten“, sagte Geeroms.


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