Neue deutsche Koalition plant verpflichtendes Tierschutzlabel, Umstrukturierung der Agrarsubventionen – EURACTIV.com

Deutschlands nächste Regierung wird eine Kennzeichnungspflicht für Nutztiere einführen und die Verteilung der EU-Agrarsubventionen überarbeiten, so der Koalitionsvertrag, auf den sich die drei Parteien am Mittwoch (24. November) geeinigt haben. EURACTIV Deutschland berichtet.

Im Koalitionsvertrag versprechen sich Sozialdemokraten (SPD), Grüne und die liberale wirtschaftsfreundliche FDP, sich für eine nachhaltige Landwirtschaft einzusetzen, die „den Interessen der Landwirtschaft, des Tierschutzes und der Natur zugleich“ dient. Das Landwirtschafts- und Ernährungsministerium, das an die Grünen geht, bleibt in seiner jetzigen Form bestehen und wird nicht mit dem Umweltministerium verschmolzen.

Der Deal verspricht zudem die Einführung eines verbindlichen Tierschutzlabels ab 2022. Es informiert über Transport und Schlachtung und wird von einer Aufklärungs- und Informationskampagne begleitet.

Das Artensterben und das Aussterben landwirtschaftlicher Betriebe seien zentrale Herausforderungen, betonte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Robert Habeck bei der Präsentation des Papiers. Er sprach sich für eine Änderung der Agrarpolitik aus.

Umstrukturierung der Tierhaltung

Koalitionspartner wollen auch die Umstrukturierung der Nutztierhaltung unterstützen, um das Tierwohl zu verbessern und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Diese soll nach ihrer Vereinbarung über ein „von Marktteilnehmern getragenes System“ finanziert werden.

Pläne, in der Vorgängerregierung ein freiwilliges Kennzeichnungssystem einzuführen, schlug die SPD zunichte und favorisierte eine verpflichtende.

Diesmal wollen die drei Parteien der neuen „Ampel“-Koalition die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU „unverzüglich“ national verabschieden und sie dabei an die Ziele „Umweltschutz sowie Einkommenssicherheit“ anpassen.

Der Bundestag hat im Sommer ein Gesetz zur Umsetzung der GAP-Reform verabschiedet, aber bestimmte Themen wie die individuelle Prämienhöhe für Umweltleistungen werden durch Verordnungen geregelt.

Die Übergangsregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bereits am Mittwoch auf eine davon geeinigt. Die „Ampel“-Koalition will diese jedoch bald revidieren, wenn Deutschland Ende Dezember seinen nationalen GAP-Umsetzungsplan der Kommission vorlegen muss.

Langfristig will die neue Regierung auch ein Konzept für den Ausbau der EU-Agrarsubventionen nach Ablauf der aktuellen Förderperiode 2027 vorlegen, einschließlich der Ablösung von GAP-Direktzahlungen durch „belohnende Klima- und Umweltleistungen“. Diese Position kommt den Wahlkampfforderungen der Grünen nahe, obwohl die FDP sich für eine Liberalisierung des Agrarsektors und eine „Unabhängigkeit von Agrarzahlungen“ ausgesprochen hatte.

Kompromiss bei neuen Gen-Editing-Techniken

In der Landwirtschaft wollen die drei Parteien Pflanzenschutzmittel reduzieren und damit den Artenschutz verbessern. „Der Verlust der Biodiversität ist eine (…) ökologische Krise“, heißt es im Koalitionspapier.

Deutschland wird den Verkauf des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat ab Ende 2023 verbieten und den ökologischen Landbau stärker fördern.

Bis 2030 sollen 30 % der Fläche für den ökologischen Landbau genutzt werden, eine Steigerung gegenüber dem bisherigen Ziel von 20 %. Damit könnte Deutschland das EU-Ziel von 25 % der Leitstrategie Farm-to-Fork übertreffen.

Die Koalition will auch dazu beitragen, hochpräzise Techniken zum Ausbringen von Pestiziden zu fördern, um die ausgebrachte Menge zu reduzieren.

Allerdings bleibt der Koalitionsvertrag in der umstrittenen Frage der Zulassung neuer Gen-Editing-Techniken für die Pflanzenzüchtung vage. In dem Papier heißt es, dass die neue Regierung „Transparenz über Züchtungsmethoden“ schaffen und die Risiko- und Erkennungsforschung stärken wird.

Die Koalitionspartner scheinen sich damit eindeutig für eine Kennzeichnung von Produkten aus der neuen Gen-Editing-Technik einzusetzen, lehnten aber den Einsatz neuer Züchtungstechniken, die Grüne und SPD im Wahlkampf gefordert hatten, nicht explizit ab.

Alle müssen mitmachen

Der schnelle Abschluss der Koalitionsverhandlungen wurde vom Deutschen Bauernverband (DBV) begrüßt. Es bleiben jedoch „weitere enorme Herausforderungen für die Landwirtschaft“, hieß es weiter.

„Die deutsche Landwirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden und schwierigen Transformationsprozess“, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied. Dies kann nur gelingen, wenn die Transformation „als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden wird und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit sicherstellt“, fügte er hinzu.

Ihm zufolge müsse die neue Regierung bei der Entwicklung der Landwirtschaft zu mehr Umwelt- und Klimaschutz darauf achten, „die heimische Landwirtschaft zu sichern und Strukturbrüche zu verhindern“.

Auch der Arbeitskreis der Landwirte AbL begrüßte den Koalitionsvertrag grundsätzlich. Sie adressiert «richtige und wichtige Herausforderungen für die Landwirtschaft», so der Vorsitzende Martin Schulz. Das Papier bleibe jedoch „an manchen Stellen unspezifisch“, fügte er hinzu.

Umweltschützer begrüßten den agrarpolitischen Inhalt des Abkommens weitgehend.

„Die Ampelkoalition hat einen ambitionierten Startschuss für den Umbau der Tierhaltung gegeben“, sagte Olaf Bandt, Präsident der Umweltorganisation BUND.

Auch Jörg-Andreas Krüge, Präsident des Naturschutzbundes des Landes (NABU), bewertete „weite Teile der landwirtschaftlichen Sektion positiv“.

[Edited by Alice Taylor]


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