Droht die deutsche Industrie bei der Digitalisierung ins Hintertreffen zu geraten? – EURACTIV.com


Die deutsche Wirtschaft droht bei Industrie 4.0 ins Hintertreffen zu geraten, warnte der Digitalverband Bitkom in einem seiner am Donnerstag (26. August) veröffentlichten Positionspapiere. Das Papier warnt davor, dass eine fehlende Digitalisierung der Branche schwerwiegende Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung haben könnte. EURACTIV Deutschland berichtet.

Während die deutschen Behörden versuchen, die Unternehmen beim Strukturwandel hin zu Industrie 4.0 zu unterstützen, fordern Bitkom und DMB, der Bundesverband des Mittelstands, die nächste Bundesregierung auf, mehr Engagement zu zeigen.

Damit KMU die Herausforderungen der Digitalisierung besser bewältigen können, fordern diese Verbände einen besseren Finanzrahmen und ein besseres Entlastungssystem.

Der Digitalisierungsgrad variiert stark je nach Unternehmensgröße. Während die größeren Mittelständler und Tier-1-Zulieferer, die den Strukturwandel zu Industrie 4.0 frühzeitig eingeleitet haben, mittlerweile gut aufgestellt seien, hinken kleinere Unternehmen hinterher, sagte Matthias Bianchi von DMB gegenüber EURACTV.

„Gerade kleine und mittelständische Unternehmen stehen unserer Erfahrung nach oft vor größeren Herausforderungen. Corona hat diese Kluft noch verschärft“, warnte Bianchi.

Laut einer Umfrage des Bitkom sehen sich 66 % aller deutschen Unternehmen im Wandel hin zu Industrie 4.0 im Rückstand oder wurden bereits abgehängt.

Doch die intelligente Vernetzung von Maschinen und Prozessen, die den Kern von Industrie 4.0 bilden, birgt enorme Potenziale, darunter Produktivitätssteigerungen, neue Arbeitsformen und zukunftsweisende innovative Geschäftsmodelle.

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Forderungen an die kommende Bundesregierung

Als größte Hemmnisse für den Einsatz von Industrie 4.0 sehen die vom Bitkom befragten Unternehmen die fehlenden finanziellen Mittel (77%), die hohen Datenschutzanforderungen (61%) und die IT-Sicherheitsanforderungen (57%).

Die nächste Bundesregierung, die nach der Wahl am 26. September ihr Amt antreten soll, sollte daher dafür zuständig sein, bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, um den Unternehmen mehr Vertrauen und Planungssicherheit zu geben, so der Bitkom.

Die gleiche Meinung wurde von Bianchi von DMB geteilt, der sagte, dass die nächste Legislaturperiode “einen Dreiklang aus Vereinfachung, Entlastung und Unterstützung für KMU” brauche.

Die beiden Verbände fordern daher die Schaffung verbesserter steuerlicher Rahmenbedingungen und Abschreibungsmöglichkeiten, um Unternehmen Investitionen in Innovationen zu erleichtern und zu entlasten.

Ein weiterer wichtiger Baustein zur Förderung von KMU ist die Verbesserung von Förderprogrammen.

Es besteht laut Bianchi die Notwendigkeit, den Antragsprozess und die Förderbedingungen massiv zu vereinfachen sowie Gutscheine für Beratungskosten an Unternehmen auszustellen, zumal vielen bisher das notwendige Know-how für den Strukturwandel fehlt.

Auch der BVMW, ein weiterer deutscher Mittelstandsverband, weist auf die Zersplitterung der Förderprogramme zwischen den verschiedenen Ministerien und die schlechten Rahmenbedingungen als negative Auswirkungen auf den Übergang zu Industrie 4.0 hin.

„Es fühlt sich an, als ob jedes Ministerium seine eigenen Projekte oder Initiativen zu den gleichen Themen hat. Es fehlt an Austausch und Verknüpfung zwischen ihnen. Hier muss in der nächsten Wahlperiode dringend etwas getan werden“, sagte Diana Scholl vom BVMW gegenüber EURACTIV.

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Die bisherigen Initiativen der Bundesregierung

Bereits in dieser Legislaturperiode hat die Bundesregierung eine Reihe von Initiativen auf den Weg gebracht, um den Wandel hin zu Industrie 4.0 sicherzustellen.

Als Leuchtturmprojekte gelten die 250-Millionen-Euro-Förderinitiative für den Mittelstand „Digital Jetzt“ und der Aufbau von 26 sogenannten Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren. Die Regierung erhofft sich vor allem von den Kompetenzzentren die Wende.

Das Hauptziel dieser Kompetenzzentren ist es, KMU für die Potenziale und Chancen der Digitalisierung zu sensibilisieren.

Die Zentren bilden damit den „Ankerpunkt für Digitalisierungsvorhaben von Unternehmen und unterstützen sie dabei, die Potenziale der Digitalisierung zu erfassen und zu nutzen“, sagte der Leiter des Kompetenzzentrums in Berlin, Max Kettner, gegenüber EURACTIV.

Diese Kompetenzzentren führen verschiedene Workshops, Digitalisierungsprojekte und Unternehmensgespräche durch, um den Mittelstand „fit für die digitale Zukunft“ zu machen, sagte Michael Rehe, Leiter des Kompetenzzentrums in Hannover.

Schwierigkeiten ergeben sich jedoch insbesondere aus dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der Unternehmen. „Einige der Zentren müssen zum Beispiel bei den Unternehmen mit den Grundlagen der Digitalisierung beginnen“, sagt Scholl vom BVMW.

Bianchi von der DMB sagte, die Bundesregierung habe in der letzten Legislaturperiode gute Akzente für Industrie 4.0 gesetzt, es fehle aber „eine kohärente Strategie, um den Strukturwandel auf breiter Front voranzutreiben“.

[Edited by Luca Bertuzzi/Zoran Radosavljevic]





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