Die nächste Europäische Kommission muss sich mit der Informationsmacht befassen – Euractiv

Im Vorfeld einer neuen Europäischen Kommission nach den Europawahlen im Juni skizziert Mark Dempsey von ARTICLE 19 eine Vision für eine Europäische Union, in der das Informationsumfeld gut ist offen, dezentral, fair, vielfältig und inklusiv.

Mark Dempsey ist leitender EU-Advocacy-Beauftragter bei der Organisation für freie Meinungsäußerung ARTICLE 19, die Interessenvertretung, Forschung, Kampagnenarbeit und modernste Rechtsanalysen kombiniert, um das Recht der Menschen auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen zu stärken.

Das übergeordnete Thema der Empfehlungen von ARTIKEL 19 für die Europäische Kommission 2024–2029 ist die Informationsintegrität. Angesichts der Wahlen in über 50 Ländern in diesem Jahr ist es nicht überraschend, dass Informationsintegrität zum Tagesthema in Politik und politischen Kreisen geworden ist, sowohl innerhalb der engen Grenzen der sogenannten Brüsseler Blase als auch darüber hinaus.

Unser Manifest folgt auf die Veröffentlichung von sieben wichtigen vorrangigen Aufrufen für Online-Plattformen bei Wahlen; Wir halten es für unerlässlich, dass Plattformen ihrer Verantwortung nachkommen, die freie Meinungsäußerung und die Integrität von Wahlen und den breiteren demokratischen Prozess zu schützen.

Für die neue Amtszeit fordern wir die neue Kommission auf, ihre Energie auf die wirksame Umsetzung und Durchsetzung bestehender Gesetze zu konzentrieren, die für die digitale Kommunikationsumgebung gelten, insbesondere des Digital Markets Act (DMA), des Artificial Intelligence Act (AI Act) und der Digital Services Act (DSA), dem European Media Freedom Act (EMFA) und der Anti-SLAPPs-Richtlinie.

Der Umgang mit der Informationsmacht ist für die Demokratie von entscheidender Bedeutung

Das Problem der Machtkonzentration ist auf Social-Media-Märkten besonders extrem und hat Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit, hohe Eintrittsbarrieren und Gatekeeping.

Eine wirksame Umsetzung des DMA wird nicht nur dazu beitragen, dieser Konzentration entgegenzuwirken, sondern könnte soziale Netzwerke auch für den plattforminternen Wettbewerb öffnen.

Den Menschen eine Wahlmöglichkeit auf verschiedenen digitalen Märkten zu bieten, kann endlich den Würgegriff der Gatekeeper brechen, die so lange sowohl Innovations- als auch Qualitätsstandards, einschließlich der Grundrechte, bestimmt haben. Die Menschen müssen tragfähige Alternativen haben und eine gewisse Verhandlungsmacht gegenüber der Angebotsseite des Marktes zurückgewinnen.

Ebenso ist die wirksame und konsequente Durchsetzung des DSA ein weiteres, wichtiges Mittel, um den demokratischen Prozess in diesem Superwahljahr unter Kontrolle zu halten.

Klarheit über die Risiken für Demokratie, Gesellschaft und Einzelpersonen sowie die Bestimmungen, die den Zugang von Forschern zu Daten vorsehen, sind wichtige Rechenschaftsmechanismen, an denen sich die DSA messen lassen wird, wenn sie ihr Versprechen einer sinnvollen Plattformtransparenz einlösen will.

Was das KI-Gesetz betrifft, haben wir gemeinsam mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft unsere Kritik geäußert, dass das Gesetz keinen Goldstandard für den Schutz der Menschenrechte setzt.

Wir drängen darauf, dass die Kommission in der nächsten Legislaturperiode die Umsetzung und Durchsetzung von auf Rechten basierenden Garantien und roten Linien unterstützt, einschließlich des Verbots von Technologien, die grundsätzlich nicht mit internationalen Menschenrechtsstandards vereinbar sind, wie etwa der Emotionserkennung.

Zusammenspiel von Internet-Infrastruktur und Menschenrechten

Der zunehmende Besitz der Internet-Infrastruktur durch Big Tech verstärkt ihren Würgegriff in der gesamten Gesellschaft.

Eine neue Kommission sollte die menschenrechtlichen Auswirkungen von Infrastrukturtechnologien (unter anderem IoT, Cloud-Dienste, CDNs, Datensicherheit, DNS) berücksichtigen, wenn sie die Umsetzung und Durchsetzung regulatorischer Rahmenbedingungen für Infrastrukturanbieter überwacht.

Ein entscheidender Moment für die Medienfreiheit und den Schutz von Journalisten

Selten waren Journalisten einer so großen Gefahr ausgesetzt wie heute, sei es durch die zunehmende Zahl getöteter Menschen in Konfliktumgebungen oder durch die zunehmende Zahl von SLAPP-Klagen gegen sie. Und das alles in einem Markt mit zunehmender Medienkonzentration und der wachsenden Macht einiger weniger digitaler Plattformen.

Die Verabschiedung des EMFA und der Anti-SLAPPs-Richtlinie sind wichtige Schritte, um den Schutz der Medienunabhängigkeit, des Pluralismus und der Journalisten in der gesamten EU zu verbessern. Der EMFA geht nicht so weit, wie wir es uns gewünscht hätten (z. B. keine Verpflichtung für große Social-Media-Plattformen, Hosting und Inhaltskuration zu entbündeln).

Wir freuen uns darauf, dem neu gegründeten Europäischen Gremium für Mediendienste technische rechtliche Unterstützung zu leisten und insbesondere bei der Erstellung von Leitlinien für die Umsetzung von Artikel 21 („Medienpluralismustest“) zu helfen.

Was die Anti-SLAPPs-Richtlinie, ARTIKEL 19, betrifft, so begrüßte die enge Zusammenarbeit mit vielen Organisationen unter der Schirmherrschaft der Coalition Against SLAPPs in Europe (CASE) die Richtlinie als Festlegung eines Mindeststandards.

Nun liegt es an den Mitgliedstaaten, wirksame Rechtsvorschriften auszuarbeiten, die unter anderem robuste Garantien im Hinblick auf den Mechanismus für vorzeitige Entlassungen enthalten, um SLAPPs herauszufiltern. Wir fordern die Europäische Kommission außerdem auf, die Ausbildung von Richtern, Anwälten und Journalisten in den Mitgliedstaaten zu unterstützen.

Eine transparentere Kommission mit stärkerer Beteiligung der Zivilgesellschaft

Innerhalb der undurchsichtigen Grenzen der Abschlussverhandlungen (Trilog) Bei Gesetzgebungsvorschlägen zwischen den EU-Institutionen hat der Rat die Gesetzestexte des Europäischen Parlaments erneut deutlich abgeschwächt, was den harten Kampf um einen ausreichenden Schutz der Grundrechte widerspiegelt.

Eine neue Kommission muss mehr sein transparent der Öffentlichkeit durch einen verbesserten Zugang zu Informationen und eine breitere Demonstration von Transparenz.

Erhöhte Transparenz kann sich auch in der Ausweitung der Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der Umsetzung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften widerspiegeln und dort, wo umfangreiche Ressourcen vorhanden sind, die, wenn sie je nach Fachwissen im Einzelfall eingesetzt werden, eine erhebliche Lücke schließen können der Kommission und ergänzen die internen Kapazitäten.

Als globale Organisation fordern wir schließlich eine neue Kommission auf, eine zentrale Rolle über die EU hinaus in multilateralen und Multi-Stakeholder-Foren zu spielen, um weltweit ein offenes, dezentralisiertes, faires, pluralistisches, vielfältiges, belastbares und integratives Informationsumfeld zu fördern.


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