Deutschlands neue Cybersicherheitsstrategie dürfte nach Wahlen keine Wirkung zeigen – EURACTIV.com


In der Schlussphase vor der Bundestagswahl verabschiedete das Kabinett eine Cyber-Sicherheitsstrategie. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass seine Ziele und Maßnahmen von der nächsten Regierung umgesetzt werden. EURACTIV Deutschland berichtet.

„Das Bedrohungsniveau im Cyberspace ist sehr hoch. Der Staat muss gemeinsam mit Wirtschaft und Gesellschaft dafür sorgen, dass die neuen Technologien sicher, frei und selbstbestimmt genutzt werden können“, sagte Innenminister Horst Seehofer am Mittwoch (8 Konsultation mit Stakeholdern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sowie der EU-Agentur für Cybersicherheit (ENISA).

Durch die Beschleunigung der Digitalisierung während der Pandemie haben sich die Bedrohungslagen seit 2020 massiv verschärft. Laut Bundeslagebericht Cyberkriminalität ist bereits jedes vierte bis fünfte deutsche Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern Opfer von Ransomware-Angriffen.

„Nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Bedrohung ist schnelles und entschlossenes Handeln gefragt, um die Digitalisierung für alle sicher zu machen“, sagte der Präsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW), Matthias Wahl, gegenüber EURACTV. Darauf baut die Strategie auf.

Allerdings könnte die Strategie, deren Maßnahmen und Ziele unverbindlich sind, wenig bis gar keine Auswirkungen auf die nächste Regierung haben.

Eine Strategie ohne Wirkung?

Die Cybersicherheitsstrategie wurde bereits im Vorfeld ihrer Verabschiedung massiv kritisiert.

In einem im Juni veröffentlichten offenen Brief forderten knapp 40 Verbände sowie eine Vielzahl von Vertretern aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft die Bundesregierung auf, die Verabschiedung der Strategie auf die nächste Legislaturperiode zu verschieben.

Die Strategie versucht, die wesentlichen Handlungsfelder für die Cybersicherheit in Deutschland in den nächsten fünf Jahren zu definieren und Ziele zu formulieren, und deckt damit nahezu die gesamte nächste Legislaturperiode ab.

Doch angesichts der anstehenden Bundestagswahlen mit einer voraussichtlich neuen Regierungskonstellation erscheint die Umsetzbarkeit dieser Ziele fraglich.

So sagte beispielsweise das Büro von Falko Mohrs (SPD), Mitglied des Ausschusses für digitale Agenda im Bundestag, auf eine Anfrage von EURACTIV, die Strategie sei lediglich eine Diskussionsgrundlage, weil „keine der möglichen künftigen Regierungen es sehen wird“. an diese Entscheidung gebunden.“

Ob die Verabschiedung eines so wesentlichen Dokuments für die Cybersicherheit auf den letzten Schritten der Bundesregierung vor den anstehenden Wahlen „sinnvoll“ ist, sieht auch der Digitalverband Bitkom kritisch.

Fraglich sei, „inwieweit eine Verabschiedung der Strategie vor der Bundestagswahl überhaupt sinnvoll ist und ob eine Entscheidung mit konkreter Budgetierung und Maßnahmenverteilung mit der neuen Bundesregierung nicht zu einer effizienteren Umsetzung führen würde“, Susanne Dehmel vom Digitalverband Bitkom sagte gegenüber EURACTIV.

Deutschland nicht ausreichend auf Ransomware-Bedrohungen vorbereitet

Die Erpressung von Unternehmen durch Ransomware-Angriffe hat weltweit ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht, insbesondere während der Pandemie, aber Deutschlands Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sind nicht ausreichend auf solche Bedrohungen vorbereitet, die Existenzen und Volkswirtschaften gefährden können. EURACTIV Deutschland berichtet.

Starke Kritik

Es ist daher ungewiss, ob die Ziele der Strategie überhaupt eine Chance auf Umsetzung haben – zumal die Opposition viele Maßnahmen der Strategie massiv kritisiert hat.

Die liberale FDP – wohl der Königsmacher in den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl – hat die Strategie vehement kritisiert, insbesondere den Ausbau der Geheimdienstkompetenzen auf Kosten der Verschlüsselung sowie das Offenhalten von Sicherheitslücken für Überwachungszwecke.

Der digitalpolitische Sprecher der FDP, Manuel Höferlin, sagte in einer Stellungnahme, die Cyber-Sicherheitsstrategie bestätige den Ruf der Bundesregierung „als Deutschlands größtes Sicherheitsrisiko“.

Mario Brandenburg (FDP), Vorsitzender des Bundestagsausschusses Digitale Agenda, nannte einige der in der Strategie anvisierten Maßnahmen sogar „pseudohilfreiche Digital-Polemik“.

Harte Kritik an der Strategie kam auch von den Grünen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Partei, Konstantin von Notz, nannte die Cyber-Sicherheitsstrategie eine „Unsicherheitsstrategie“ und forderte in einer Stellungnahme ein stärkeres „Verwundbarkeitsmanagement“.

Auch der Internetverband eco kritisierte die Strategie, insbesondere die Ziele und Initiativen im Bereich der Strafverfolgungs- und Nachrichtenpolitik.

„Beide Kritikpunkte sollten dringend noch einmal geprüft und spätestens von der nächsten Bundesregierung korrigiert werden“, sagte Öko-Vorstand Norbert Pohlmann gegenüber EURACTIV.

Doch angesichts der verschärften Bedrohungslage müsse die nächste Regierung der Cybersicherheit Priorität einräumen, „denn die Sicherheit der Informationstechnologien ist entscheidend für den Erfolg, die Strahlkraft und die digitale Souveränität des Wirtschaftsstandorts Deutschland“, sagte auch Bitkom-Chef Dehmel.





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