Deutschlands Habeck will, dass die Marktmacht der Lebensmittelindustrie unter die Lupe genommen wird – Euractiv

Angesichts der anhaltenden bundesweiten Bauernproteste will die Bundesregierung die Marktmacht von Supermärkten und der Lebensmittelindustrie auf den Prüfstand stellen und macht deren Preissetzungsmacht für die schlechte wirtschaftliche Lage vieler Betriebe verantwortlich.

Lesen Sie hier den deutschen Originalartikel.

Geplante Subventionskürzungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge und Kraftstoff lösten im Dezember und Januar landesweite Proteste aus. Während sich die Bundesregierung weiterhin für den Abbau der Subventionen für Agrartreibstoffe einsetzt, versucht sie, andere Wege zu finden, um die wirtschaftliche Situation der Landwirte zu verbessern.

„Wir haben die Monopolkommission gebeten, die Strukturen des Marktes zu untersuchen“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch (24. Januar) bei einem Besuch der Agrarmesse „Grüne Woche“ in Berlin.

Die Monopolkommission ist ein Beratungsgremium bestehend aus Ökonomen, Unternehmern und Rechtsexperten. Es berät die Regierung und die Wettbewerbsbehörden in Fragen des reibungslosen Funktionierens des Wettbewerbs.

Ein funktionierender Markt würde günstige Preise für Verbraucher und gleichzeitig faire Bedingungen für alle Marktteilnehmer schaffen, so der deutsche Wirtschaftsminister. „Und deshalb wird die Monopolkommission gefragt: Sind die Marktbedingungen für alle fair, in diesem Fall insbesondere für die Landwirte?“ sagte Habeck.

„Wenn sich herausstellt, dass sie gerechter gestaltet werden können, wäre das auch ein Beitrag zur Debatte, um dann in den Gesetzen oder Verordnungen oder auf europäischer Ebene dafür zu sorgen, dass Landwirte ihre Produktionskosten auch als Preise am Markt weitergeben können.“ auf eine selbstbestimmtere Art und Weise“, fügte er hinzu.

Marc Bataille, Generalsekretär der Monopolkommission, bestätigte gegenüber Euractiv die Forderung des Wirtschaftsministeriums nach einer Untersuchung der Lebensmittelindustrie.

Die Monopolkommission plant in den kommenden Wochen eine erste Analyse, ein sogenanntes „Policy Briefing“, um mögliche rechtliche Schritte zu prüfen. Auch ein ausführlicherer Bericht zum Thema soll möglichst bis zum Ende der deutschen Legislaturperiode im Herbst 2025 erstellt werden.

Allerdings sagte der Wettbewerbsökonom Justus Haucap, ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission, gegenüber Euractiv, dass die Diskussion über die Marktmacht der Lebensmittelindustrie eine „offensichtliche Ablenkung“ seitens der Politik sei.

Er wies darauf hin, dass ein großer Teil der Lebensmittel exportiert werde und die Preise daher nicht allein zwischen deutschen Landwirten und Kunden bestimmt würden.

Landwirtschaftsminister will Sonderregelungen anwenden

Neben dem klassischen Wettbewerbsrecht, etwa zur Verhinderung von Preisabsprachen und Kartellbildung, sind auch andere Regelungen im Lebensmittelbereich bereits gezielt darauf ausgerichtet, Marktgerechtigkeit für Landwirte sicherzustellen.

Dazu gehört die Gemeinsame Marktorganisation der EU, die vielfältige Möglichkeiten für Markteingriffe bietet, aber auch ein Verbot „unlauterer“ Handelspraktiken wie kurzfristige Stornierungen.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kündigte an, dass diese Sonderregelungen künftig verstärkt zur Unterstützung der Landwirte genutzt werden sollen.

Auf der Grünen Woche dankte er Habeck, „weil es uns natürlich sehr hilft, dass der Bundeswirtschaftsminister dieses Thema priorisiert“.

„Wir haben auch Gespräche mit den Milcherzeugern geführt“, fügte Özdemir hinzu. „Jetzt kommt die entsprechende Umsetzung […]wo wir sicherstellen wollen, dass die Milcherzeuger den Preis im Voraus kennen.“

Um dies zu erreichen, will die Regierung den Artikel 148 der Verordnung über die Gemeinsame Marktorganisation der EU nutzen. Damit könnte die Regierung festlegen, dass alle Verträge schriftlich erfolgen müssen und „insbesondere Regelungen zu Preis, Menge und Laufzeit enthalten müssen“, wie der Branchenverband MEG Milch Board feststellt.

„Keiner von uns wird einen Job annehmen, bei dem wir nicht wissen, wie viel wir am Ende verdienen werden“, sagte Özdemir auf der Agrarmesse.

„Es soll aber normal sein, dass Milcherzeuger Milch liefern, ohne zu wissen, wie viel Geld sie dafür bekommen“, fuhr er fort und kündigte an, dass er „dieses Thema jetzt endlich angehen“ werde.

„Unwirksam“ aufgrund von Ausnahmen

Allerdings warnte Frank Lenz, Vorstandsvorsitzender der MEG Milch Board, bereits davor, dass ein großer Teil der Milch durch Ausnahmeregelungen für Genossenschaften nicht betroffen sei.

„Die Einführung verbindlicher Verträge mit bestimmten Mengen, Preisen, Qualitäten und Konditionen, die nur für private Molkereien gelten würden, wäre wirkungslos, wenn nicht rund 70 % der verarbeiteten Milch betroffen wären“, heißt es in einer Pressemitteilung.

„Eine kooperative Liefervereinbarung mit nachträglicher Preisfestsetzung ist kein Milchkaufvertrag mit vereinbartem Preis“, sagte Lenz.

Peter Mandelfeld, Sprecher der Genossenschaftlichen Interessengemeinschaft Milchwirtschaft (IGM), begrüßte die Ausnahme hingegen.

„Die Vertreter der Genossenschaften und Mitglieder der IGM haben […] „Wir haben deutlich gemacht, dass sie Eingriffe von außen in die Selbstverwaltung der Landwirte in den Molkereigenossenschaften strikt ablehnen“, sagte Mandelfeld im September letzten Jahres.

[Edited by Nathalie Weatherald]

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