Deutschland kritisiert China wegen der Menschenrechte, schreckt aber vor wirtschaftlichen Beschränkungen zurück – POLITICO

BERLIN – Deutschland hat am Donnerstag seine erste China-Strategie veröffentlicht, in der es Peking „schwere Menschenrechtsverletzungen“ vorwirft, bei wirtschaftlichen Maßnahmen wie Investitionsverboten jedoch eine sanftere Linie einschlägt.

Das 64-seitige Dokument, das hier auf Deutsch und hier in einer etwas kürzeren Version auf Englisch gelesen werden kann, nennt China einen unverzichtbaren Partner, aber zunehmend auch einen Rivalen und Konkurrenten.

„Ohne China wird es uns weder gelingen, die Klimakrise einzudämmen, noch mehr gerechten Wohlstand in der Welt zu erreichen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock bei der Vorstellung der Strategie beim Think Tank MERICS China in Berlin.

Allerdings betonte Baerbock auch die Notwendigkeit, „unsere europäische Wirtschaft vor unlauterem Wettbewerb“ aus China zu schützen, und verwies dabei indirekt auf Pekings Industriestrategie „Made in China 2025“ und massive staatliche Subventionen für Schlüsselsektoren wie Elektrofahrzeuge.

In der Strategie werden solche unfairen Praktiken als „Bedrohung“ für die „Sicherheit, Souveränität und den Wohlstand“ Deutschlands bezeichnet. Konkret heißt es in dem Dokument: „China ist bestrebt, wirtschaftliche und technologische Abhängigkeiten zu schaffen, um diese dann zur Durchsetzung politischer Ziele und Interessen zu nutzen.“

Ebenso wie die im vergangenen Monat veröffentlichte Nationale Sicherheitsstrategie Deutschlands wird darin auch darauf hingewiesen, dass „China immer aggressiver vorgeht, wenn es darum geht, regionale Vormachtstellung zu beanspruchen“ und „Grundsätze des Völkerrechts in Frage stellt“.

Das Dokument wurde von Politikern und Unternehmen in ganz Europa und darüber hinaus mit Spannung erwartet, um zu sehen, wie sich die größte Volkswirtschaft der EU im Verhältnis zum wirtschaftlich wichtigen, aber immer selbstbewusster werdenden China neu positioniert.

Während Baerbocks restriktives Außenministerium Ende letzten Jahres eine streng formulierte erste Version ausarbeitete, wurde die endgültige Version abgeschwächt – insbesondere in Bezug auf Investitionen deutscher Unternehmen in China – was die gemäßigtere Linie des sozialdemokratischen Kanzlers Olaf Scholz gegenüber Peking widerspiegelt.

Risikoabbau auf deutsche Art

Scholz forderte Deutschland auf, seine wirtschaftliche Abhängigkeit von China – seinem größten Handelspartner – zu „verringern“, argumentierte jedoch, dass dies in erster Linie eine Aufgabe der Unternehmen sei. Damit steht er im Widerspruch zur strengeren Linie der Europäischen Kommission in einer vorgeschlagenen EU-Strategie für wirtschaftliche Sicherheit, die Eingriffe wie das Verbot von Unternehmen, sensible Technologien in China herzustellen, vorsieht.

Insbesondere enthält die Strategie frühere Vorschläge zur Einführung einer „Meldepflicht“ und „Stresstests“ für Unternehmen, die besonders China ausgesetzt sind, nicht mehr. Stattdessen heißt es im Abschlussdokument, dass die Regierung versuchen werde, „das Bewusstsein zu schärfen“ und „den Austausch zu intensivieren“, „erwartet jedoch“, dass die Unternehmen das Risiko selbst verwalten.

Ob die Mehrheit der deutschen Unternehmen, die im vergangenen Jahr eine neue Rekordsumme von 11,5 Milliarden Euro in China investierten, dies wirklich aus eigener Kraft schaffen wird, ist allerdings fraglich.

Zum geplanten EU-Investitionsstopp heißt es in der Strategie lediglich, dass eine solche Maßnahme „wichtig sein könnte“ und Berlin „sich konstruktiv in diesen EU-Prozess einbringen wird“.

Scholz hat Deutschland aufgefordert, seine wirtschaftliche Abhängigkeit von China „zu verringern“, argumentierte jedoch, dass dies in erster Linie eine Aufgabe der Unternehmen sei | Patrik Stollarz/AFP über Getty Images

Die Strategie sei jedoch klar, dass ein EU-Investitionsabkommen mit China, das von Altkanzlerin Angela Merkel vorangetrieben, aber seit zwei Jahren auf Eis gelegt worden sei, „aus verschiedenen Gründen derzeit nicht zustande kommen kann“.

Zu Taiwan betont der Text, dass „jede Änderung des Status quo in der Taiwanstraße nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen kann“.

Am härtesten geht es bei der Strategie um die Menschenrechte, indem sie Peking wegen der „schwerwiegenden“ Verletzungen der Rechte der Uiguren in Xinjiang sowie der Situation in Tibet und Hongkong kritisiert und „die Situation ethnischer und religiöser Gemeinschaften sowie die erheblich verschlechterte Situation von China“ hervorhebt Menschenrechtsverteidiger.“

In dem Dokument hieß es, Deutschland wolle seine China-Politik mit der EU abstimmen und befürworte die Anwendung von EU-Sanktionen gegen Peking „im Falle schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen“.


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