Das „Geisterteilchen“-Experiment begrenzt die Neutrinomasse mit beispielloser Präzision

Neutrinos sind leichter als 0,8 Elektronenvolt

Neuer Weltrekord: KATRIN-Experiment begrenzt Neutrinomasse mit bisher unerreichter Präzision.

Neutrinos sind wohl die faszinierendsten Elementarteilchen in unserem Universum. In der Kosmologie spielen sie eine wichtige Rolle bei der Bildung großräumiger Strukturen, während sie in der Teilchenphysik durch ihre winzige, aber von Null verschiedene Masse hervorstechen und auf neue physikalische Phänomene jenseits unserer derzeitigen Theorien hinweisen. Ohne eine Messung der Massenskala von Neutrinos bleibt unser Verständnis des Universums unvollständig.

Wissenschaftler bezeichnen das Neutrino oft als ​„Geisterteilchen“, weil es so gut wie nie mit anderer Materie wechselwirkt.

Das ist die internationale Herausforderung KAruhe TRItium nDas Experiment eutrino (KATRIN) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit Partnern aus sechs Ländern hat sich als weltweit empfindlichste Waage für Neutrinos etabliert. Es nutzt den Beta-Zerfall von Tritium, einem instabilen Wasserstoffisotop, um über die Energieverteilung der beim Zerfall freigesetzten Elektronen die Masse des Neutrinos zu bestimmen. Das erfordert einen großen technologischen Aufwand: Das 70 Meter lange Experiment beherbergt die weltweit intensivste Tritiumquelle sowie ein riesiges Spektrometer, um die Energie von Zerfallselektronen mit bisher unerreichter Präzision zu messen.

KATRIN Hauptspektrometer

Montage von Elektroden im Hauptspektrometer des KATRIN-Experiments. Bildnachweis: Joachim Wolf/KIT

Die hohe Qualität der Daten nach Beginn der wissenschaftlichen Messungen im Jahr 2019 wurde in den letzten zwei Jahren kontinuierlich verbessert. „KATRIN ist ein Experiment mit höchsten technologischen Anforderungen und läuft jetzt wie ein perfektes Uhrwerk“, freut sich Guido Drexlin (KIT), Projektleiter und einer der beiden Co-Sprecher des Experiments. Christian Weinheimer ([{” attribute=””>University of Münster), the other co-spokesperson, adds that “the increase of the signal rate and the reduction of background rate were decisive for the new result.”

Data analysis

The in-depth analysis of this data was demanding everything from the international analysis team led by its two coordinators, Susanne Mertens (Max Planck Institute for Physics and TU Munich) and Magnus Schlösser (KIT). Each and every effect, no matter how small, had to be investigated in detail. “Only by this laborious and intricate method we were able to exclude a systematic bias of our result due to distorting processes. We are particularly proud of our analysis team which successfully took up this huge challenge with great commitment,” the two analysis coordinators are pleased to report.

KATRIN Experiment Setup

The 70 meter long KATRIN experiment with its main components tritium source, main spectrometer and detector. Credit: Leonard Köllenberger/KATRIN Collaboration

The experimental data from the first year of measurements and the modeling based on a vanishingly small neutrino mass match perfectly: from this, a new upper limit on the neutrino mass of 0.8 eV can be determined (Nature Physics, July 2021). This is the first time that a direct neutrino mass experiment has entered the cosmologically and particle-physically important sub-eV mass range, where the fundamental mass scale of neutrinos is suspected to be. “The particle physics community is excited that the 1-eV-barrier has been broken by KATRIN,” comments neutrino expert John Wilkerson (University of North Carolina, Chair of the Executive Board).

Susanne Mertens explains the path to the new record: “Our team at the MPP in Munich has developed a new analysis method for KATRIN that is specially optimized for the requirements of this high-precision measurement. This strategy has been successfully used for past and current results. My group is highly motivated: We will continue to meet the future challenges of KATRIN analysis with new creative ideas and meticulous accuracy.”

Weitere Messungen sollten die Empfindlichkeit verbessern

Die Co-Sprecher und Analysekoordinatoren von KATRIN blicken sehr optimistisch in die Zukunft: „Weitere Messungen der Neutrinomasse werden bis Ende 2024 fortgesetzt. Um das volle Potenzial dieses einzigartigen Experiments auszuschöpfen, werden wir nicht nur die Statistik stetig erhöhen Signalereignisse entwickeln und installieren wir kontinuierlich Verbesserungen, um die Hintergrundrate weiter zu senken.“

Eine besondere Rolle spielt dabei die Entwicklung eines neuen Detektorsystems (TRISTAN), mit dem sich KATRIN ab 2025 auf die Suche nach „sterilen“ Neutrinos mit Massen im Kiloelektronenvoltbereich begeben kann, einem Kandidaten für die mysteriöse Dunkle Materie im Kosmos die sich bereits in vielen astrophysikalischen und kosmologischen Beobachtungen manifestiert hat, deren teilchenphysikalische Natur aber noch unbekannt ist.

Referenz: „Direkte Neutrinomassenmessung mit Sub-eV-Empfindlichkeit“ 14. Februar 2022, Naturphysik.
DOI: 10.1038/s41567-021-01463-1


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