Ukraine-Krieg: Selenskyj will Kriegsrecht um 90 Tage verlängern

Finnland und Schweden beantragen offiziell Nato-Mitgliedschaft +++ Erster Kriegsverbrecherprozess in Ukraine +++ Merz: Waffenlieferungen werden bewusst verschleppt +++ Die Entwicklungen im Ukraine-Krieg im stern-Ticker.

Tag 84 der russischen Invasion in der Ukraine: Nachdem die ersten ukrainischen Soldaten aus dem lange umkämpften Asow-Stahlwerk evakuiert wurden, stellt sich nun die Frage nach ihrem Schicksal. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij drängt auf einen Gefangenenaustausch. Doch dem stehen nun Stimmen aus Moskau entgegen. Auch das Schicksal der noch im Stahlwerk befindlichen Soldaten ist vorerst unklar. Derweil sind die Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien ein weiteres Mal gescheitert. Die Gespräche zur Beendigung des Krieges zwischen Moskau und Kiew sollen nur bei konkreten Vorschlägen wieder aufgenommen werden, so Kiews Unterhändler Mychajlo Podoljak. Keine guten Aussichten. Im Süden der Ukraine sollen sich die russischen Truppen inzwischen regelrecht “eingraben”. Im Osten des Landes halten die Kämpfe unvermindert an. Finnland und Schweden haben nun offiziell die Aufnahme in das Nato-Bündnis beantragt.

Die Meldungen zum Krieg in der Ukraine von Mittwoch, den 18. Mai:  

20.51 Uhr: Russische Truppen beschießen Orte im Nordosten der Ukraine

Russische Truppen haben nach Kiewer Angaben von russischem Staatsgebiet aus die nordostukrainischen Gebiete Sumy und Tschernihiw beschossen. Der ukrainische Grenzschutz berichtete von sieben Angriffen mit schweren Maschinengewehren, automatischen Granatwerfern, Rohr- und Raketenartillerie. Das grenznahe Dorf Schostka im Gebiet Sumy sei über eine Stunde lang mit Mörsern beschossen worden. Opfer habe es aber nicht gegeben. Die Berichte waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

20.06 Uhr: Ukrainische Armee verkündet weiteren Gebietsgewinn bei Charkiw

Die ukrainische Armee hat eigenen Angaben nach einen weiteren Gebietsgewinn bei der ostukrainischen Metropole Charkiw gemacht. Aufgrund eines Vorstoßes sei nördlich der Millionenstadt die Ortschaft Dementijiwka befreit worden, teilte der Generalstab bei Facebook mit. Das Dorf liegt etwa acht Kilometer von der russischen Grenze entfernt. In den letzten Wochen hatte die ukrainische Armee die russischen Truppen im Norden und Nordosten Charkiws immer weiter zurückgedrängt. Allerdings soll das russische Militär bei Ternowa nordöstlich von Charkiw einen Gegenangriff versuchen.

An der Grenze zum Donezker Gebiet in der Ostukraine würde zudem um die Ortschaft Dowhenke etwa 25 Kilometer vor Slowjansk gekämpft. Schwere Kämpfe gebe es dazu weiter bei Lyman, Bachmut, Awdijiwka und bei Sjewjerodonezk im benachbarten Luhansker Gebiet. Die russischen Truppen würden durch schwere Bombardements der Luftwaffe an verschiedenen Abschnitten unterstützt. Gebietsgewinne hätten diese jedoch nicht erzielt.

19.50 Uhr: US-Botschaft in Kiew nimmt Betrieb wieder auf

Die wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine geschlossene US-Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nimmt ihren Betrieb wieder auf. Man habe zusätzliche Maßnahmen für die Sicherheit der nach Kiew zurückkehrenden Kolleginnen und Kollegen ergriffen, teilte das US-Außenministerium mit. Die US-Flagge auf dem Gebäude sei gehisst worden.

18.32 Uhr: Selenskyj will Kriegsrecht um 90 Tage verlängern

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will das wegen der russischen Invasion verhängte Kriegsrecht und die angeordnete Mobilmachung um drei Monate verlängern lassen. Die entsprechenden Gesetzentwürfe wurden am Mittwoch veröffentlicht. Nach der als sicher geltenden Bestätigung durch die Abgeordneten gilt der Kriegszustand damit bis zum 23. August. Einen Tag später feiert die Ukraine traditionell ihren Unabhängigkeitstag.

17.36 Uhr: Separatisten: Noch über tausend ukrainische Soldaten in Stahlwerk in Mariupol

Im belagerten Stahlwerk der ukrainischen Hafenstadt Mariupol halten sich nach Angaben pro-russischer Separatisten noch gut tausend ukrainische Soldaten auf, darunter auch deren Kommandeure. Anfangs seien mehr als 2000 Kämpfer auf dem Gelände des Asow-Stahlwerks gewesen, sagte der Separatistenführer Denis Puschilin aus der selbsternannten Volksrepublik Donezk im Mariupol. Da sich seit Montag mehr als 900 ukrainische Soldaten ergeben hätten, seien nun noch “etwas mehr als die Hälfte” in dem Werk.

“Kommandeure und ranghohe Kämpfer des Asow-Regiments sind bisher nicht herausgekommen”, sagte der Separatistenführer, der bei einer vom russischen Verteidigungsministerium organisierten Pressereise nach Mariupol mit Journalisten sprach.

17.19 Uhr: Russland weist 24 italienische Diplomaten aus

Als Reaktion auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus Rom hat Russland 24 italienische Botschafts- und Konsulatsangehörige zu “unerwünschten Personen” erklärt. Die Betroffenen müssten Russland innerhalb von acht Tagen verlassen, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Am 5. April waren 30 Mitarbeiter der russischen Botschaft in Rom ausgewiesen worden. Seitdem rechnete man in Italien mit einer entsprechenden Gegenmaßnahme.

16.28 Uhr: Tschechien rechnet mit Leopard-2-Panzern aus Deutschland

Tschechien rechnet damit, vom Nato-Partner Deutschland im Rahmen eines nachträglichen Ringtauschs 15 Leopard-2-Panzer als Geschenk zu erhalten. Darauf habe sie sich mit ihrer Kollegin Christine Lambrecht geeinigt, teilte Verteidigungsministerin Jana Cernochova in Prag mit. Es handele sich um das ältere Modell Leopard 2 A4. Ein entsprechender Vertrag werde im Laufe des Sommers unterzeichnet.

Eingeschlossen seien auch Ersatzteile und Munition, hieß es. Zugleich würden Verhandlungen über den möglichen Kauf von bis zu 50 neuen Panzern der modernen Variante Leopard 2 A7+ durch Tschechien aufgenommen. “Deutschland ist seit langem unser wirtschaftlicher Schlüsselpartner – im Bereich der Verteidigung galt das bisher nicht, und das wollen wir ändern”, sagte Cernochova.

16.20 Uhr: Russland räumt Schwierigkeiten und Fehler im Krieg ein

Russland hat in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine Schwierigkeiten und Fehler eingeräumt, aber eine Fortsetzung der Kämpfe angekündigt. “Trotz aller Schwierigkeiten wird die militärische Spezialoperation bis zum Ende fortgeführt”, sagte der stellvertretende Sekretär des nationalen Sicherheitsrates, Raschid Nurgalijew. Trotz der Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine laufe die Operation weiter. Es würden alle “Aufgaben – darunter die Entmilitarisierung und die Entnazifizierung sowie der Schutz der Donezker und Luhansker Volksrepubliken – komplett umgesetzt”, sagte der frühere Innenminister.

Der Chef der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus, Ramsan Kadyrow, sprach sogar von “Fehlern” zum Start des am 24. Februar begonnen Krieges gegen die Ukraine. “Am Anfang gab es Fehler, einige Unzulänglichkeiten gab es, aber jetzt läuft alles hundertprozentig nach Plan”, sagte Kadyrow auf einem politischen Forum. Die von Präsident Wladimir Putin gestellten Aufgaben würden in vollem Umfang erfüllt.

15.31 Uhr: EU-Parlament will Sanktionen gegen Gerhard Schröder fordern

Wegen der fortgesetzten Tätigkeit von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) für russische Energiekonzerne will das Europaparlament mögliche Sanktionen gegen ihn fordern. Das geht aus dem Entwurf einer parteiübergreifenden Entschließung hervor, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Auf die Sanktionsliste der EU sollen demnach “europäische Mitglieder der Vorstände großer russischer Unternehmen und Politiker, die weiterhin russische Gelder erhalten”.

Schröder wird in dem Text namentlich genannt und “nachdrücklich aufgefordert”, seine Posten bei russischen Staatskonzernen aufzugeben – nach dem Vorbild des früheren französischen Regierungschefs François Fillon und anderer Politiker, die ihre Ämter wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine aufgegeben hatten.

15.16 Uhr: Gouverneur von russischer Grenzregion wirft Ukraine Beschuss vor

Der Gouverneur der westrussischen Region Belgorod hat der Ukraine erneut den Beschuss einer Ortschaft unweit der Grenze vorgeworfen. Dabei sei ein junger Mann verletzt worden, teilte Wjatscheslaw Gladkow via Telegram mit. Der Mann werde medizinisch behandelt, sei aber nicht in Lebensgefahr. Gladkows Aussagen zufolge wurden zudem sechs Wohnhäuser, ein Auto und eine Starkstromleitung beschädigt.

Der Ort Solochi liegt etwa zehn Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. In der vergangenen Woche wurde Solochi nach russischen Angaben schon einmal beschossen. Damals kam bei dem Angriff demnach ein 18-jähriger Mann ums Leben, sieben weitere Menschen wurden verletzt.

14.48 Uhr: Türkei blockiert Nato-Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden

Die Türkei hat in der Nato den Beginn der Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden zunächst blockiert. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Bündniskreisen erfuhr, war es am Vormittag im Nato-Rat nicht wie ursprünglich geplant möglich, den für den Start des Aufnahmeprozesses notwendigen Beschluss zu fassen. Ein Sprecher des Bündnisses wollte sich nicht zu den Gesprächen im Nato-Rat äußern. Er betonte lediglich, dass Generalsekretär Jens Stoltenberg entschlossen sei, zu einer schnellen Lösung für Finnland und Schweden zu kommen. “Beide Länder sind unsere engsten Partner, und ihr Beitritt zur Nato würde die euroatlantische Sicherheit stärken”, sagte er.

14.14 Uhr: Human Rights Watch hält russische Kriegsverbrechen in der Ukraine für erwiesen

Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sieht es als erwiesen an, dass russische Truppen in der Nordostukraine Kriegsverbrechen begangen haben. Die Menschenrechtler fanden nach eigenen Angaben an 17 Orten Belege für Tötungen, rechtswidrige Haft unter unmenschlichen Verhältnissen, Folter und Vermisstenfälle. “Die zahlreichen Gräueltaten der russischen Truppen, die zu Beginn des Krieges Teile der Nordostukraine besetzten, sind abscheulich, rechtswidrig und grausam”, so der für Europa und Zentralasien zuständige Direktor der Organisation, Giorgi Gogia, laut einer Mitteilung anlässlich der Veröffentlichung eines neuen Berichts. Er fordert sofortige Untersuchungen und Gerichtsverfahren.

14.00 Uhr: Russland weist auch spanische und italienische Diplomaten aus

Neben französischen hat Russland auch 27 spanische und 24 italienische Diplomaten ausgewiesen. Wie das russische Außenministerium mitteilt, wurden die 27 Mitarbeiter der spanischen Botschaft in Moskau und des spanischen Generalkonsulats in St. Petersburg zu “unerwünschten Personen” erklärt. Laut der Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, werden zudem 24 italienischen Diplomaten ausgewiesen, wie russische Nachrichtenagenturen berichten.

Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi hat die Entscheidung verurteilt und spricht von einem “feindseligen Akt”. Es handele sich aber auch um eine “Reaktion” auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus Italien, so Draghi bei einem Treffen mit der finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin in Rom. Er mahnt trotz allem an, die diplomatischen Kanäle unbedingt offen zu halten, um auch weiterhin über Frieden in der Ukraine verhandeln zu können.

13.14 Uhr: Von der Leyen stellt Ukraine bis zu neun Milliarden Euro Soforthilfe in Aussicht

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine eine Soforthilfe von bis zu neun Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Sie schlage eine “neue einmalige Makrofinanzhilfe für die Ukraine von bis zu neun Milliarden Euro” in diesem Jahr vor, sagte von der Leyen in Brüssel. Die Mittel sollen dazu beitragen, den akuten Finanzbedarf des Landes im russischen Angriffskrieg zu decken.

12.55 Uhr: Erdogan knüpft Zustimmung für Nato-Beitritt an Sicherheitsfragen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands von einem Zugehen auf sein Land in Sicherheitsfragen abhängig gemacht. Die Nato-Erweiterung gehe für die Türkei einher mit dem Respekt, den man ihren Empfindsamkeiten entgegenbringe, sagte Erdogan bei einer Rede vor seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara. Schweden und Finnland wollten weitermachen mit der Unterstützung von “Terrororganisationen”, aber gleichzeitig die Zustimmung der Türkei für eine Nato-Mitgliedschaft, bemängelte Erdogan. “Das ist milde ausgedrückt ein Widerspruch.”

12.40 Uhr: Kreml wirft Ukraine mangelnden Willen zur Fortsetzung von Verhandlungen vor

Russland hat die Ukraine für den Stillstand der Verhandlungen über eine Beilegung des K1onfliktes verantwortlich gemacht. “Die Gespräche kommen in der Tat nicht voran, und wir stellen fest, dass es den ukrainischen Unterhändlern völlig am Willen mangelt, diesen Prozess fortzusetzen”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau.

Die Ukraine hatte am Dienstag erklärt, die Gespräche seien wegen der Haltung Russlands ausgesetzt worden. Moskau mangele es am Verständnis für “das, was derzeit in der Welt geschieht, und für seine extrem negative Rolle”, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak.

12.25 Uhr: Russland weist 34 französische Diplomaten aus

Russland hat die Ausweisung von 34 französischen Diplomaten angeordnet. Dem französischen Botschafter wurde eine Note überreicht, mit der 34 Mitarbeiter der französischen Auslandsvertretung zu unerwünschten Personen erklärt wurden, wie das Außenministerium in Moskau mitteilte. Im April hatte Frankreich angesichts des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine 41 russische Diplomaten des Landes verwiesen.

12 Uhr: Kabinett stimmt Nato-Beitritt von Finnland und Schweden zu

Die Bundesregierung hat direkt nach der Abgabe der Nato-Beitrittsanträge durch Schweden und Finnland beschlossen, der Aufnahme beider Länder in das Verteidigungsbündnis zuzustimmen. Damit könnte der deutsche Nato-Botschafter Rüdiger König nach Abschluss des Nato-internen Aufnahmeprozesses die beiden Beitrittsprotokolle unterzeichnen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte bereits vorab eine entsprechende Unterzeichnungsvollmacht erteilt. 

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte für Deutschland sehr schnelle Abläufe im Nato-Aufnahmeprozess für Schweden und Finnland angekündigt. In Deutschland ist für die Ratifizierung allerdings eine Zustimmung des Bundestags notwendig. Baerbock hatte am Wochenende gesagt, die Bundesregierung habe dazu bereits mit allen demokratischen Parteien im Parlament gesprochen.

10.49 Uhr: Ukraine bekommt weiteren KfW-Kredit über 150 Millionen Euro

Die Ukraine erhält einen weiteren Kredit der staatlichen Förderbank KfW über 150 Millionen Euro. Das Geld solle zur Unterstützung der Bürger und den Wiederaufbau der Infrastruktur eingesetzt werden, so der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal nach einer Regierungssitzung. Zuvor hatte die Ukraine von der KfW Anfang April ebenfalls 150 Millionen Euro als letzte Tranche einen Kredits der Bundesregierung von insgesamt 500 Millionen Euro aus dem Jahr 2015 bekommen.

Der neue Kredit habe eine Laufzeit von 15 Jahren, und die Rückzahlungen müssten erst nach 5 Jahren beginnen, sagte Schmyhal. Insgesamt habe die Ukraine seit der russischen Invasion am 24. Februar finanzielle Unterstützung von mehr als fünf Milliarden Dollar (aktuell rund 4,8 Mrd Euro) erhalten.

10.03 Uhr: 959 ukrainische Soldaten haben sich seit Montag in Asow-Stahlwerk ergeben

Seit der ersten Evakuierung am vergangenen Montag haben sich 959 ukrainische Soldaten, die sich im belagerten Asovstal-Stahlwerk in Mariupol verbarrikadiert hatten, ergeben. Das teilte das russische Verteidigungsministerium laut Agentur Interfax mit. Darunter sollen sich 80 Verletzte befinden. Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung für diese Zahl. Wolodymyr Selenskyj drängt darauf, die die Männer, die über viele Wochen Widerstand geleistet haben, durch einen Gefangenenaustausch in Sicherheit zu bringen. Aus Russland kommen aber Stimmen, die eine Verurteilung der ukrainischen Gefangenen fordern.

9.13 Uhr: Britischer Geheimdienst: Russland hat erhebliche Ressourcen- und Nachschub-Probleme

Die russischen Streitkräfte haben britischen Erkenntnissen zufolge bei ihrem Krieg gegen die Ukraine erhebliche Probleme beim Nachschub und der Truppenverstärkung. So müsse Russland viele Hilfstruppen einsetzen, um den ukrainischen Widerstand zu brechen, darunter Tausende Kämpfer aus der autonomen Teilrepublik Tschetschenien, teilt das Verteidigungsministerium in London mit. “Der Kampfeinsatz so unterschiedlichen Personals zeigt die erheblichen Ressourcenprobleme Russlands in der Ukraine und trägt wahrscheinlich zu einem uneinheitlichen Kommando bei, das die russischen Operationen weiterhin behindert.” Obwohl russische Truppen die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol mehr als zehn Wochen eingekreist hatten, habe heftiger ukrainischer Widerstand eine vollständige russische Kontrolle verhindert. Dies habe zu Frust und hohen Verlusten der russischen Streitkräfte geführt, hieß es unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.

8.51 Uhr: Merz wirft Bundesregierung bewusstes Verschleppen von Waffenlieferungen vor

CDU-Chef Friedrich Merz hat der Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeworfen, Waffenlieferungen an die Ukraine bewusst zu verschleppen. “Es gibt ganz offensichtlich in der Bundesregierung Verzögerungsstrategien, zumindest eine Verzögerungstaktik”, so Merz in der Sendung “RTL Direkt”. Er verwies auf öffentliche Beschwerden von Rüstungsunternehmen, dass ihnen keine Ausfuhrgenehmigungen für Panzer erteilt würden. “Hier wird nicht mit offenen Karten gespielt”, kritisierte Merz. “Es kann Gründe geben, nicht alles zu sagen, aber dann soll der Bundeskanzler das auch zum Ausdruck bringen.” Dessen “Herumschwurbeln um die Themen” sei der Sache nicht angemessen.

8.09 Uhr: Schweden und Finnland beantragen Aufnahme in die Nato

Schweden und Finnland haben offiziell die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Botschafter der beiden Länder übergaben Generalsekretär Jens Stoltenberg am Morgen in der Brüsseler Bündniszentrale die entsprechenden Dokumente.

6.53 Uhr: Lwiw unter ständigem Raketenbeschuss

In der Westukraine an der Grenze zu Polen hat der Bürgermeister von Lwiw (Lemberg), Andrij Sadowyj, einen ständigen Beschuss mit russischen Raketen beklagt. In der Stadt gebe es sehr viele internationale Organisationen, die dadurch verunsichert werden sollten, sagte Sadowyj im ukrainischen Fernsehen, meldet die Agentur Unian. Russland habe es nicht nur auf die militärische Infrastruktur abgesehen, sondern wolle durch den Beschuss permanente Anspannung auslösen. “Aber wenn man rechtzeitig auf den Luftalarm reagiert und in den Schutzbunker geht, dann ist es ungefährlich.” Die Altstadt von Lwiw gehört zum Welterbe der Unesco.

Die Menschen hätten am Stadtrand die Raketen sehen und sehr laute Explosionen hören können, so Sadowyj weiter. Schäden in Lwiw selbst habe es aber nicht gegeben. Die Menschen hätten aber praktisch die ganze Nacht zum Dienstag in Luftschutzbunkern verbringen müssen. Im Gebiet Jaworiw in der Nähe von Lwiw sei ein Stück Bahninfrastruktur durch Raketentrümmer beschädigt worden. Der Bürgermeister sagte, dies alles passiere nur wenige Kilometer von der Grenze zum EU-Land Polen entfernt.

4.45 Uhr: USA starten Online-Plattform zu russischen Kriegsverbrechen

Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben die USA eine Konfliktbeobachtungsstelle gestartet. Das neue Conflict Observatory soll sicherstellen, “dass von Russlands Truppen begangene Verbrechen dokumentiert und die Täter zur Verantwortung gezogen werden”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Washington. Das Programm werde unter anderem Informationen und Beweise für “Gräueltaten, Menschenrechtsverletzungen und die Beschädigung der zivilen Infrastruktur” erfassen, analysieren und veröffentlichen. Berichte würden künftig auf der Webseite ConflictObservatory.org gepostet.

Bei der Beobachtungsstelle handelt es sich demnach um eine Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und dem Privaten Sektor. Ziel sei es, das Streben nach Gerechtigkeit zu unterstützen und langfristig zur Strafverfolgung der Verantwortlichen an Gerichten in der Ukraine, in den USA und anderswo beizutragen. Zudem sollen die Informationen helfen, Russlands Desinformationskampagnen entgegenzuwirken.

4.30 Uhr: Strack-Zimmermann fordert Koordinator für Waffenhilfe

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat Forderungen nach einem Chef-Manager für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine bekräftigt. Sie plädiere dafür, dass schnell ein Sonderkoordinator im Kanzleramt alle Beteiligten aus Politik, Wirtschaft und Militär an einen Tisch bringe, sagte Strack-Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur.

Bisher habe die ukrainische Regierung ihre Anfragen an den unterschiedlichsten Stellen platziert. “Das führte auch zu unglücklichen Missverständnissen, die wir in dieser Situation nicht verantworten können und wollen”, sagte Strack-Zimmermann. “All das ist nicht nur ärgerlich für alle Beteiligten und sorgt für Handlungsunsicherheit aufgrund noch unklarer Regularien und Abläufe, es verlangsamt auch die dringend benötigten Hilfsleistungen an die Ukraine”, sagte sie. Genehmigungsprozesse, die Instandsetzung und die Beschaffung von Ersatzteilen und Munition seien zeitaufwendig.

4.01 Uhr: Erster Kriegsverbrecherprozess in der Ukraine

In der Ukraine beginnt heute (13.00 Uhr MESZ) der erste Kriegsverbrecherprozess gegen einen russischen Soldaten seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar. Verhandelt wird vor dem Bezirksgericht Solomjansky in der Hauptstadt Kiew gegen den 21-jährigen Wadim Schischimarin. Ihm wird vorgeworfen, am 28. Februar im nordukrainischen Dorf Tschupachiwka aus einem gestohlenen Auto heraus einen unbewaffneten Zivilisten erschossen zu haben. 

Schischimarin droht eine lebenslange Haftstrafe wegen Kriegsverbrechen und vorsätzlichen Mordes. Nach Angaben seines Anwalts gab er die Tötung des 62-Jährigen zu. Die Ukraine wirft der russischen Armee vor, seit Kriegsbeginn zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Wegen mutmaßlicher Völkerrechtsverbrechen im Ukraine-Krieg ermittelt auch der Internationale Strafgerichtshof (IStGH).

4.00 Uhr: Unabhängigkeit von russischem Gas und Öl: EU legt Energieplan vor

Die Europäische Kommission stellt heute ihre weiteren Pläne zur Unabhängigkeit der EU von russischem Gas und Öl vor. Neben einem größeren Fokus auf erneuerbare Energien wird ein Ausbau der Beziehungen mit anderen Öllieferanten wie den Golfstaaten erwartet. Zudem könnte es um die Forderung Ungarns gehen, Milliardenhilfen für den Neubau einer Pipeline zur Verfügung zu stellen und somit unabhängig von der Druschba-Pipeline aus Russland zu werden. Ungarn blockiert derzeit eine Einigung der Mitgliedstaaten auf einen Importstopp für russisches Öl. Das Land sieht seine Energieversorgung als gefährdet an.

2.01 Uhr: Europas Gasversorger nennen Weg für Bezahlung russischen Gases

Mehrere europäische Gasversorger sind zuversichtlich, einen sowohl für die EU als auch Moskau akzeptablen Zahlungsmechanismus für russisches Gas gefunden zu haben. Der italienische Energiekonzern Eni erklärte, das Unternehmen werde “in den kommenden Tagen” bei der Gazprombank ein Konto in Euro und eines in Rubel eröffnen. So könne Eni in Euro zahlen, die russische Bank nehme dann die Umrechnung in Rubel vor. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte angeordnet, dass die Bezahlung von Gas-Lieferungen in Rubel erfolgen soll. Die Europäer sehen darin eine nachträgliche Veränderung der geltenden Verträge und lehnen dies ab. Unternehmen, die den russischen Forderungen nachkommen, riskieren, wegen Verstößen gegen EU-Sanktionen belangt zu werden.

1.41 Uhr: Selenskij nennt Gespräch mit Scholz “recht produktiv”

Nach Spannungen im Verhältnis zwischen Kiew und Berlin hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sein Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als “recht produktiv” bezeichnet. Man habe unter anderem über militärische Unterstützung für die Ukraine gesprochen, teilte Selenskyj in der Nacht zum Mittwoch in seiner täglichen Videoansprache mit. Er habe Scholz über die aktuelle militärische Lage und ihre mögliche künftige Entwicklung informiert, sagte der Präsident.

Etwas andere Worte wählte Selenskyj, um sein Gespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu beschreiben. Diese Unterhaltung sei “substanziell und lang” gewesen, sagte er. Es sei unter anderem um die nächste Runde der europäischen Sanktionen gegen Russland sowie die Pläne der Ukraine für einen raschen Beitritt zur Europäischen Union gegangen. Dem Élyséepalast zufolge stellte Macron in Aussicht, dass die Waffenlieferungen aus Frankreich weitergehen und intensiver würden. Er habe auch bestätigt, dass über den ukrainischen EU-Beitritt im Juni beraten werden solle.

1.02 Uhr: Resnikow: “Russland gräbt sich im Süden ein”

Dem ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow zufolge graben sich die russischen Streitkräfte im Süden und Osten seines Landes ein. “Russland bereitet sich auf eine längerfristige Militäroperation vor”, sagte er vor den Verteidigungsministern der Europäischen Union (EU) und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Demnach verstärken die russischen Truppen derzeit ihre Positionen in den von ihnen besetzten Gebieten in den Regionen Saporischschja und Cherson, um “bei Bedarf in den Defensivmodus zu wechseln”. Resnikow bekräftigte, dass Moskau “einen Landkorridor zwischen Russland und der Krim” schaffen und “den gesamten Süden der Ukraine” besetzen will. Russland hatte die Krim-Halbinsel 2014 annektiert. Der Minister forderte die westlichen Verbündeten zu mehr Koordination bei den Waffenlieferungen an Kiew auf, “um unsere Gebiete so schnell wie möglich zu befreien”. Russland zeigt sich unterdessen entschlossen, das besetzte Gebiet Cherson in der Südukraine an sich zu binden. Die Region um die Hafenstadt werde einen “würdigen Platz in unserer russischen Familie” einnehmen, sagte Russlands Vize-Regierungschef Marat Chusnullin bei einem Besuch in Cherson am Dienstag. Man werde künftig zusammenleben und -arbeiten, zitierte ihn die russische Staatsagentur Ria Nowosti.

0.00 Uhr: Deutsche Bahn hilft bei Getreideausfuhren aus der Ukraine

Zur Unterstützung von Getreideausfuhren aus der Ukraine haben nach Angaben von Bundesverkehrsminister Volker Wissing Transporte auf der Schiene mit Hilfe der Deutschen Bahn begonnen. Die Gütertochter DB Cargo sei dabei, eine “Schienenbrücke” dahingehend zu befähigen, künftig große Mengen an Agrarprodukten zu Häfen an der Nordsee und der Adria zu transportieren, sagte der FDP-Politiker am Dienstag in Berlin. Die Hilfe habe begonnen, DB Cargo fahre bereits im Auftrag privater Getreideexporteure aus der Ukraine. Bahnchef Richard Lutz sprach von zwei bis drei Zügen pro Tag aus der Ukraine heraus über Polen und entsprechende Terminals nach Westeuropa. Hintergrund ist, dass der Export von Getreide über die Seehäfen der Ukraine wegen des russischen Krieges gegen das Land zum Erliegen gekommen ist. Dies bedroht Lieferungen vor allem nach Nordafrika und Asien, befürchtet werden Probleme bei der Lebensmittelversorgung bis hin zu Hungersnöten.

0.00 Uhr: Lage der verbliebenen Kämpfer im Asow-Stahlwerk unklar

Nach der Evakuierung von gut 260 ukrainischen Soldaten aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol bleibt die Lage der verbliebenen Verteidiger der Stadt in der riesigen Industrieanlage unklar. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in der Nacht zum Mittwoch, in die Anstrengungen zu ihrer Rettung seien einflussreiche internationale Vermittler eingeschaltet. Die gut 260 Soldaten, die das Azovstal-Werk in der Nacht zum Dienstag verließen, begaben sich dabei in russische Gefangenschaft. Kiew hofft auf einen späteren Austausch gegen russische Kriegsgefangene, Russlands Militär ließ einen solchen Schritt zunächst offen. Moskau veröffentlichte ein Video, das die Gefangennahme der Ukrainer, medizinische Behandlung sowie den Abtransport von Verletzten zeigen soll. Gut 50 der Soldaten sollen schwer verwundet sein.

dho / les / rw
DPA
AFP

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