Ukraine-Krieg im Liveblog: Scholz warnte Putin vor Einsatz chemischer Kampfstoffe

Ukraine-Krieg
Scholz warnte Putin in Telefongespräch vor Einsatz chemischer Kampfstoffe – Russland akzeptiert für Gas-Lieferungen nur noch Rubel

Kanzler Olaf Scholz befürchtet offenbar den Einsatz chemischer Kampfstoffe im Ukraine-Krieg durch Russland

© Michele Tantussi / DPA

Bald vier Wochen tobt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Zahl der zivilen Opfer wächst; in Kiew werden immer mehr Gebäude zerstört. Verfolgen Sie die wichtigsten Entwicklungen im stern-Liveblog.

Der Ukraine-Krieg geht in seinen 28. Tag. Auch in der Nacht haben die russischen Truppen ihre Bombardements von ukrainischen Städten fortgesetzt. Berichtet wird von schweren Beschuss in Riwne, Charkiw und Isjum. Laut Kremlsprecher Dmitri Peskow verläuft der russische Einsatz “streng nach Plan”. Er entspreche den im Vorhinein festgelegten Zielen, sagt Peskow auf Englisch in einem Interview mit dem TV-Sender CNN.

Darin äußert er sich auch zu dem möglichen Einsatz von russischen Atomwaffen. Peskow verwies auf die russische Sicherheitsstrategie, die einen Einsatz solcher Waffen bei einer “existenziellen Bedrohung” vorsehe. Auf die Frage, was Präsident Wladimir Putin in der Ukraine bislang erreicht habe, sagte Peskow, das die Ziele “noch nicht” erreicht seien. Als Ziele nannte er unter anderem das Dezimieren des ukrainischen Militärs sowie die Einsicht Kiews, dass die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim nun ein “unverrückbarer Teil Russlands” sei. Zudem müsse die Ukraine anerkennen, dass die Separatistenregionen im Osten nun “unabhängige Staaten” seien.

Die wichtigsten Meldungen des Tages in Kürze:

  • Scholz rechtfertigt im Bundestag Energielieferungen aus Russland
  • Ukrainische Truppen halten laut Generalstab ihre Stellung
  • Heftige Kämpfe bei Charkiw – Schwierige Lage in Isjum
  • Selenskyj über Friedensbemühungen: “Schwierig und manchmal skandalös”

Die neusten Entwicklungen in unserem Liveblog.

Tag 28 im Ukraine-Krieg

  • Volker Königkrämer

    Russland will offenbar für Gas-Lieferungen nach Europa nur noch Rubel akzeptieren. Das meldet die Nachrichtenagentur AFP und beruft sich dabei auf eine Aussage von Präsident Wladimir Putin.

  • Volker Königkrämer

    Der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland hat den westlichen Staaten vorgeworfen, Russland gedemütigt zu haben. “Man soll niemals eine Großmacht demütigen”, sagt Gauland im Bundestag in der Generaldebatte über den Haushalt des Kanzleramts. Der Versuch, eine Weltordnung aufzubauen, ohne auf diese Großmacht Rücksicht zu nehmen, sei “eine Demütigung Russlands” gewesen, befindet der AfD-Politiker.

    Russlands Präsident Wladimir Putin mache seinerseits einen Fehler, wenn er glaube, Macht lasse sich allein aus militärischer Stärke ableiten. “Größe und Stärke eines Landes beruhen zumeist auf der Akzeptanz des Staates nach Innen wie nach Außen, und das ist das Defizit des russischen Präsidenten“, sagt der AfD-Abgeordnete. Deutschland solle “als ehrlicher Makler” für eine neutrale Ukraine eintreten

  • Volker Königkrämer

    Mit Cottbus steht inzwischen ein drittes Drehkreuz für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung. Wie die Deutsche Bahn mitteilt, soll der dortige Bahnhof Berlin und Hannover entlasten. Über Cottbus könnten bis zu 2500 Geflüchtete täglich nach Deutschland gebracht werden. Dazu fahren den Angaben zufolge jeden Tag bis zu sechs Shuttle-Züge vom polnischen Breslau ohne Zwischenstopp in die brandenburgische Stadt.

    Von Cottbus aus können die Geflüchteten dann weiterreisen: Zweimal täglich würden Sonderzüge nach Hannover fahren, erklärt die Bahn. Darüber hinaus stünden Busse bereit, um die Menschen in Aufnahme-Einrichtungen in der Region sowie in andere Bundesländer zu bringen.

  • Volker Königkrämer

    Die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland über ein Ende der Kampfhandlungen gestalten sich nach Angaben beider Seiten kompliziert. “Die Verhandlungen sind ziemlich schwierig, weil die ukrainische Seite klare und grundsätzliche Positionen einnimmt”, sagt der ukrainische Verhandler Mychajlo Podoljak örtlichen Medien zufolge. Staatschef Wolodymyr Selenskyj habe die Schlüsselfragen wiederholt deutlich gemacht. Auch Moskau spricht von schleppenden Verhandlungen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow behauptet, die USA täten alles, um die Gespräche zu verzögern.

    Die Ukraine fordert ein Ende der Kämpfe sowie einen Abzug der russischen Truppen. Moskau verlangt, dass Kiew die Separatistengebiete im Osten des Landes als unabhängige Staaten sowie die russische Herrschaft über die annektierte Halbinsel Krim anerkennt. Die Delegationen hatten sich mehrfach persönlich im Nachbarland Belarus getroffen. Mittlerweile wird in Videokonferenzen verhandelt.

  • Tim Schulze

    Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hat in einer Rede vor dem japanischen Parlament das Versagen der Vereinten Nationen bei der Verhinderung des Ukraine-Krieges beklagt. “Weder die Vereinten Nationen noch der UN-Sicherheitsrat haben funktioniert. Reformen sind erforderlich”, sagte Selenskyj in einer Videoansprache an die Abgeordneten in Tokio.

    “Wir brauchen ein Instrument, um vorbeugend die globale Sicherheit zu gewährleisten”, sagte der ukrainische Präsident. “Die bestehenden internationalen Organisationen funktionieren in dieser Hinsicht nicht.” Es brauche ein neues Instrument, “das Invasionen tatsächlich stoppen kann”.

  • Tim Schulze

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin explizit davor gewarnt, in der Ukraine chemische oder biologische Kampfstoffe einzusetzen. Dies teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Auf die Frage eines Journalisten, ob Scholz den Kremlchef in einem Gespräch vor dem Einsatz solcher Waffen gewarnt habe und welche möglichen Konsequenzen er erwähnt habe, antwortete Hebestreit, der Kanzler habe in einem Interview gesagt, “dass er ihn in einem direkten Gespräch gewarnt habe”. “Aber es wurden keine weiteren Konsequenzen weiter diskutiert, die ich hier mitzuteilen habe.”

  • Tim Schulze

    Polen hat die Ausweisung von 45 russischen Diplomaten wegen Spionagevorwürfen angekündigt. Die “45 russischen Spione” gäben sich als Diplomaten aus, erklärte Innenminister Mariusz Kaminski. Die polnische Regierung handele entschlossen, um “das Netz russischer Dienste in unserem Land” zu beseitigen, schrieb er im Onlinedienst Twitter.

  • Tim Schulze

    Die ukrainische Polizei hat nach eigenen Angaben ihre Arbeit in der umkämpften Kiewer Vorstadt Irpin wieder aufgenommen. “Die Gegend wird von Saboteuren gesäubert“, schrieb der ukrainische Polizeichef Ihor Klymenko auf Facebook. “Aber die Hauptaufgabe ist, Zivilisten zu helfen und zu evakuieren, die immer noch in Irpin sind.” Die Polizei helfe zudem Militäreinheiten, die Ordnung in der Stadt wiederherzustellen, die eigentlich etwa 60.000 Einwohner hat, schrieb Klymenko weiter.

  • Tim Schulze

    Der ehemalige Vize-Chef der russischen Fluggesellschaft Aeroflot, Andrej Panow, hat sich laut einem Bericht der Wochenzeitung “Die Zeit” erstmals dazu geäußert, warum er seinen Job bei der Airline gekündigt und Russland verlassen hat. “Ich bin gegen diesen Krieg”, zitierte die “Zeit” Panow laut einer Vorabmeldung vom Mittwoch. “Jeder Mensch sollte friedlich protestieren dürfen”, sagte Panow demnach.

    “Ich möchte das Recht haben, zu sagen, dass ich gegen den Krieg bin. Für mich, für meine Kinder”, sagte Panow laut dem Bericht weiter. “Als Gegner des Krieges kann ich nicht mehr für ein Unternehmen arbeiten, das dem Staat gehört. Da gab es nicht viel zu überlegen.”

  • Tim Schulze

    Die Einsicht kommt schnell: Bundeskanzler Olaf Scholz hat eingeräumt, dass der von der Ampel-Koalition durchgesetzte Verzicht auf eine Debatte nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Bundestag ein Fehler war. Dies sei “nicht richtig” gewesen, sagte Scholz der Wochenzeitung “Die Zeit”. Der Umgang des deutschen Parlaments mit Selenskyj war auf massive Kritik gestoßen.
    Bei der per Video übertragenen Rede Selenskyjs am vergangenen Donnerstag war Scholz zwar anwesend gewesen, hatte dazu aber nichts gesagt. Erst später veröffentlichte er eine kurze Äußerung auf Twitter. Der Bundestag selbst war trotz Forderungen insbesondere der Union nach einer Debatte nach der Ansprache ohne jegliche Unterbrechung zur Tagesordnung übergegangen – mit Geburtstagsglückwünschen an Abgeordnete und dann einer Debatte über die allgemeine Impfpflicht.

  • Volker Königkrämer

    Der Kreml hat vor einer möglichen Nato-Friedensmission in der Ukraine gewarnt. “Das wäre eine sehr unbedachte und äußerst gefährliche Entscheidung”, sagt Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. In der Ukraine laufe derzeit eine “militärische Spezial-Operation”, sagt Peskow – so wird der Krieg von Moskau offiziell genannt. “Und jedes mögliche Aneinandergeraten unserer Soldaten mit Soldaten der Nato kann durchaus nachvollziehbare, schwer zu behebende Folgen haben.”

    Polen will beim Nato-Gipfel an diesem Donnerstag in Brüssel seinen Vorschlag für eine Friedensmission in der Ukraine offiziell einbringen. Der Vorstoß trifft im Kreis der Nato-Partner allerdings bislang auf ein geteiltes Echo.

  • Volker Königkrämer

    Zwar funktionieren die Fluchtkorridore für die Zivilbevölkerung nach wie vor nicht zuverlässig, aber mehr als 1000 Menschen aus Mariupol ist in der Nacht die Flucht nach Saporischschja gelungen, wie ein Video der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zeigt.

  • Volker Königkrämer

    Russische Raketen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau erneut mehrere militärische Ziele in der Ukraine angegriffen. Eine vom Meer aus abgefeuerte Rakete habe in der Region Riwne im Nordwesten der Ukraine Waffen und Militärtechnik zerstört, darunter auch Lieferungen des Westens, sagt Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow.

    Der Einschlag ereignete sich demnach am Dienstag rund 14 Kilometer nordwestlich der Stadt Riwne. Dazu veröffentlichte das Ministerium ein Video von einem Raketenstart des Küstensystems “Bastion” und den Start einer von einem Schiff abgeschossenen Flügelrakete vom Typ “Kaliber”.

    In einem Industriegebiet in der Nähe von Kiew seien zwei Startkomplexe für die ukrainischen Raketen vom Typ “Totschka-U” zerstört worden. Zudem seien ein Kampfjet vom Typ Su-24 und mehrere Kampfdrohnen abgeschossen worden, teilte der Generalmajor mit. Zu Toten machte Konaschenkow keine Angaben. Insgesamt seien innerhalb von 24 Stunden (seit Dienstag) knapp 100 militärische Objekte zerstört worden, heißt es. Die Informationen des Ministeriums waren nicht von unabhängiger Seite überprüfbar.

  • Volker Königkrämer

    Zum Kampf gegen die russischen Truppen fordert die Ukraine weitere Waffenlieferungen. Eine moderne Flugabwehr sowie Marschflugkörper und Granaten seien notwendig, twittert Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Dies gelte vor allem für den Fall, dass es weiterhin keine Flugverbotszone über der Ukraine gebe. Die Nato lehnt dies ab, weil sie befürchtet, damit in einen direkten Konflikt mit Russland zu kommen.

    Podoljak fordert von den “lieben Partnern” mehrere Maßnahmen. “Ihr wollt nicht mehr von den toten Augen unserer ermordeten Kinder träumen und die Hitze von Mariupol spüren?”, schreibt er. Dann seien “nur vier Schritte” nötig, um dies zu ändern. Neben Flugabwehr und Marschflugkörpern nennt Podoljak auch ein hartes Embargo für russisches Öl sowie die Schließung von Häfen für russische Schiffe.

  • Volker Königkrämer

    In der Ukraine kämpfende russische Soldaten sollen später den Status eines Veteranen erhalten. Ein entsprechendes Gesetz, das die Kremlpartei Geeintes Russland eingebracht hatte, wird im Parlament verabschiedet. Veteranen stehen etwa monatliche Zahlungen, Steuervorteile, bessere medizinische Versorgung und kostenlose oder vergünstigte Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln zu. Dafür sollen allein für das laufende Jahr mehr als fünf Milliarden Rubel (rund 44 Millionen Euro) vorgesehen sein. Russland nennt den seit knapp vier Wochen andauernden Krieg in der Ukraine eine “militärische Spezial-Operation”.

kng
DPA
AFP


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