Ukraine-Krieg im Liveblog: Kreml nennt Biden-Äußerungen über Putin “alarmierend”

Ukraine-Krieg
Kreml: Biden-Äußerung über Putin “alarmierend” – Russische Truppen attackieren Verteidiger nahe Kiew

US-Präsident Joe Biden: Der Kreml nennt seine Äußerung, Putin dürfte nicht an der Macht bleiben, “alarmierend”.

© Brendan Smialowski / AFP

Seit mehr als einem Monat tobt Putins Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Zahl der zivilen Opfer wächst. Verfolgen Sie die wichtigsten Entwicklungen im stern-Liveblog. 

Am 33. Tag des Krieges dauern die Kämpfe in der Ukraine weiter an. Russland hat Teile des Landes im Norden, Osten und Süden unter Kontrolle, trifft dort aber auf heftigen Widerstand.

In einem Interview mit russischen Journalisten hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Kremlchef Wladimir Putin eine Verzögerung der Friedensverhandlungen vorgeworfen. In dem rund anderthalbstündigen Video-Gespräch forderte Selenskyj einmal mehr einen Abzug russischer Truppen von ukrainischem Territorium. Erst dann könne es Sicherheitsgarantien für die Ukraine geben, die wiederum Grundlage für den von Moskau geforderten Nato-Verzicht der Ukraine seien, so der ukrainische Staatschef. Selenskyj erneuerte zudem seine Ankündigung, dass über einen möglichen neutralen Status der Ukraine letztendlich nur die ukrainischen Bürger per Referendum entscheiden könnten.

Das Wichtigste am Morgen im Überblick:

  • Kiew: Humanitäre Korridore können nicht geöffnet werden
  • Mehrere Bundesländer wollen gegen “Z”-Symbol vorgehen
  • Russische Truppen wollen offenbar Verteidigung bei Kiew durchbrechen
  • Neue Brände an Atomruine in Tschernobyl
  • Kiew wirft Russland “unmenschliche Taktik” vor

Lesen Sie hier alle Entwicklungen des Tages in unserem Liveblog.

Tag 33 im Ukraine-Krieg

  • DieterHoss

    Russland will sinkende Erdöl-Lieferungen in europäische Länder durch Exporte nach Asien ersetzen. Es gebe auch einen Markt “in Südostasien, im Osten”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau nach Angaben der Agentur Interfax. Der Weltmarkt sei vielseitiger als nur der europäische Markt. “Obwohl natürlich der europäische Markt Premium ist”, räumte der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein.

  • DieterHoss

    Die Ukraine hat die Evakuierung von Zivilisten aus umkämpften Städten vorerst gestoppt. Es gebe Hinweise des Geheimdienstes auf “mögliche Provokationen” der russischen Armee entlang der festgelegten Fluchtrouten, erklärte die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. Zum Schutz der Zivilisten würden daher “heute keine humanitären Korridore geöffnet”. Die Korridore sollen es den Einwohnern in den von russischen Truppen attackierten Städten ermöglichen, sich in Sicherheit zu bringen.

  • DieterHoss

    Russland hat die jüngsten Äußerungen von US-Präsident Joe Biden über Kreml-Chef Wladimir Putin kritisiert. “Diese Aussage ist ohne Zweifel alarmierend”, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Der Kreml werde die Äußerungen des US-Präsidenten “weiterhin genau beobachten”. Biden hatte Putin bei seinem Besuch in Polen am vergangenen Samstag im Zusammenhang mit dem russischen Militäreinsatz in der Ukraine als “Schlächter” bezeichnet und auch gesagt, er “kann nicht an der Macht bleiben”. Die Äußerung war offenbar im Redemanuskript nicht vorgesehen und wurde am Wochenende vielfach als diplomatisch ungeschickt gewertet. Das Weiße Haus erklärte nach Bidens Rede, der US-Präsident strebe keinen “Regimewechsel” in Moskau an.

  • Volker Königkrämer

    In der ukrainischen Sperrzone um das 1986 havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl sind ukrainischen Angaben zufolge keine größeren Brände mehr festgestellt worden. Aufnahmen von Satelliten würden derzeit keine derartigen Wärmequellen feststellen, teilt der ukrainische Zivilschutzdienst mit. Anderslautende Informationen seien falsch.

    Vergangene Woche hatte das Parlament unter Berufung auf europäische Satellitendaten über mehrere große Feuer in dem weitgehend von russischen Truppen kontrollierten Sperrgebiet informiert. Auslöser der Feuer sei Beschuss gewesen.

  • Volker Königkrämer

    Polen, Litauen und die Ukraine haben gemeinsam mit der europäischen Justizbehörde Eurojust ein internationales Ermittlerteam zu mutmaßlichen internationalen Verbrechen in der Ukraine errichtet. Die Staaten hätten vereinbart, beim Austausch von Informationen und Beweisen zusammenzuarbeiten, wie Eurojust in Den Haag mitteilt. Ermittelt werde unter anderem zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

    Andere EU-Mitgliedsstaaten können sich Eurojust zufolge an dem Team beteiligen. Auch eine Teilnahme von Drittstaaten solle ermöglicht werden. Ziel der Initiative ist es, das Sammeln von Beweisen und den Informationsaustausch zu erleichtern.

  • Volker Königkrämer

    Die niederländische Brauereigruppe Heineken kehrt Russland endgültig den Rücken: Geschäfte in Russland seien aktuell “weder nachhaltig noch machbar”, teilt Heineken mit. Das Unternehmen werde sein Eigentum in dem Land daher an einen neuen Besitzer “übertragen”. Heineken werde damit keinen Profit machen, versicherte die Brauerei. Die rund 1800 Beschäftigten sollen bis Jahresende ihren Lohn bekommen.

    Heineken hatte bereits knapp zwei Wochen nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Anfang März Verkauf und Produktion seiner Biere in Russland gestoppt, ebenso Investitionen im Land und Exporte dorthin. Am Montag erklärt der Konzern: “Wir sind geschockt und tieftraurig, mitansehen zu müssen, wie sich der Krieg in der Ukraine entwickelt und verstärkt.” Der Konzern habe daher beschlossen, Russland ganz zu verlassen

  • Volker Königkrämer

    Auch viereinhalb Wochen nach Kriegsbeginn setzt Russland die Gaslieferungen durch die Ukraine in unvermindertem Umfang fort. Am Montag würden 109,5 Millionen Kubikmeter Gas durch das Leitungssystem des Nachbarlandes gepumpt, sagt der Sprecher des Energieriesen Gazprom, Sergej Kuprijanow, der Agentur Interfax zufolge. Das entspricht der vertraglich möglichen maximalen Auslastung pro Tag.

    Die Ukraine bezieht aus dem Transit des russischen Gases für den eigenen Staatshaushalt wichtige Durchleitungsgebühren. Seit Kriegsbeginn am 24. Februar wurden nach Angaben des staatlichen ukrainischen Betreibers für das Gastransportsystem deutlich mehr als drei Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland nach Westen transportiert.

  • Volker Königkrämer

    In Polen sind nach Angaben des Grenzschutzes seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mehr als 2,3 Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland eingetroffen. Das teilt die Behörde bei Twitter mit. Allein am Sonntag waren es demnach rund 27.000 Menschen. Dies sei ein Rückgang um 13,3 Prozent im Vergleich zum Vortag. Aus Polen in die Ukraine hätten seit Kriegsbeginn am 24. Februar 352.000 Menschen die Grenze überquert. Bei diesen Reisenden handelt es sich nach früheren Angaben des Grenzschutzes zum überwiegenden Teil um ukrainische Staatsbürger, die in ihr Heimatland zurückkehren. Viele Männer, aber auch Frauen, wollen sich dort den ukrainischen Truppen anschließen. Andere gehen zurück, um sich um Kinder oder hilfsbedürftige Angehörige zu kümmern.

  • Volker Königkrämer

    Aufgrund der Bedrohung durch russische Truppen können an diesem Montag Angaben aus Kiew zufolge keine Fluchtkorridore zur Evakuierung von Zivilisten eingerichtet werden. Es gebe Geheimdienstinformationen über mögliche “Provokationen” auf den Routen, sagt die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. Die Ukraine und Russland werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, die Evakuierung von Zivilisten aus besonders umkämpften Gebieten zu sabotieren.

    Die ukrainische Zeitung “Prawda” berichtet unterdessen unter Berufung auf verschiedene Regionalverwaltungen von andauerndem russischem Beschuss in verschiedenen Landesteilen. In der Region um Kiew habe es Raketeneinschläge gegeben sowie Kämpfe entlang einer Autobahn. In Tschernihiw im Norden wehren ukrainische Soldaten demnach in der vergangenen Nacht russische Angriffe ab. Auch die Gebiete Schytomyr und Charkiw seien mit Raketen und Bomben beschossen worden.

    Ein ukrainischer Soldat steht neben zerstörtem russischen Kriegsmaterial auf einer Straße nahe Sumy. Foto: General Staff of the Armed Forces of Ukraine/AFP

  • Volker Königkrämer

    Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind in der Ukraine nach Angaben aus Kiew mindestens 143 Kinder getötet und 216 verletzt worden. Das teilt die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denissowa, auf Telegram mit. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

    Die genaue Zahl der getöteten und verletzten Kinder könne wegen der andauernden Angriffe des russischen Militärs auf ukrainische Städte nicht ermittelt werden, sagt Denissowa. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef sind seit Beginn des Krieges rund 4,3 Millionen Kinder vertrieben worden, davon 1,8 Millionen in Nachbarländer der Ukraine.

  • Volker Königkrämer

    Die Zahl der registrierten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine steigt weiter: Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums beziffert sie auf 272.338 – das waren über 5000 mehr als am Vortag. Das Ministerium verbindet die Angaben wie üblich mit dem Hinweis, dass die Zahl der eingereisten Schutzsuchenden aus der Ukraine “tatsächlich bereits wesentlich höher” sein dürfte, da längst nicht alle Einreisen an den Grenzen registriert würden.

    Der Städte- und Gemeindebund spricht sich derweil für eine systematische Registrierung aller Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aus. “Um die bestmögliche Versorgung, den Zugang zu Gesundheitsversorgung und die Integration in Schule und Arbeit sicherzustellen, ist eine möglichst rasche Registrierung der Kriegsvertriebenen kurz nach ihrer Einreise nach Deutschland notwendig”, sagt Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem “Handelsblatt”.

  • Volker Königkrämer

    Angesichts möglicher russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine soll ein britischer Experte die Justiz in Kiew beraten. Die britische Regierung hat dafür den ehemaligen Richter des Internationalen Strafgerichtshofs, Howard Morrison, ernannt. “Großbritannien setzt sich dafür ein, dass die Gräueltaten, die wir täglich in der Ukraine erleben, nicht vergessen werden und dass diejenigen, die illegale Befehle geben oder diesen folgen, aufgespürt und zur Verantwortung gezogen werden”, sagt Generalstaatsanwältin Suella Braverman einer Mitteilung vom Montag zufolge.

    Morrison arbeitete auch am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, unter anderem im Prozess gegen den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic.

  • Volker Königkrämer

    Auch Berlin geht gegen das “Z”-Symbol vor, das Zeichen der russischen Armee im Ukraine-Krieg. “Wird der Kontext zum Krieg hergestellt mit der Verwendung des weißen Zs, wie es auf den russischen Militärfahrzeugen zu sehen ist, dann bedeutet das natürlich die Befürwortung des Angriffskriegs“, sagt Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dem “Tagesspiegel” vom Montag. “Das wäre strafbar, da schreiten wir auch sofort ein.”

    Zuvor hatten bereits Bayern und Niedersachsen angekündigt, das öffentliche Tragen des Symbols zu ahnden. Nordrhein-Westfalen kündigt eine Prüfung an. Spranger sagt, sie habe mit Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) gesprochen und teile die niedersächsische Position. “Wir befürworten das wie der niedersächsische Innenminister.”

  • Volker Königkrämer

    Russische Truppen wollen ukrainischen Angaben zufolge Verteidigungsanlagen im Umkreis von Kiew durchbrechen und weiter in Richtung der Hauptstadt vorstoßen. Im Nordwesten und im Osten wehre die ukrainische Armee Versuche russischer Soldaten ab, die Kontrolle über wichtige Straßen und Siedlungen zu übernehmen, teilt der ukrainische Generalstab mit. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlicht unterdessen Aufnahmen von gepanzerten Fahrzeugen, die rund 40 Kilometer von Kiew entfernt den Ort Salissja verlassen haben und auf der Fernstraße E95 unterwegs sein sollen.

    Die Angaben beider Seiten lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Der ukrainische Generalstab berichtete am Morgen zudem von andauernden Kämpfen auch in anderen Landesteilen – darunter in den Regionen Mykolajiw und Saporischschja im Süden.

  • Volker Königkrämer

    Nach der Ankündigung Russlands, sich im Ukraine-Krieg künftig auf die “Befreiung des Donbass” konzentrieren zu wollen, befürchtet die Regierung in Kiew eine Zuspitzung der Lage in Mariupol und im Osten des Landes. “Dies bedeutet eine potenzielle oder starke Verschlechterung rund um Mariupol”, sagt der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch in einer auf dem Telegram-Konto des Präsidenten veröffentlichten Videobotschaft.

    In der belagerten Hafenstadt Mariupol kämpften die Eingeschlossenen weiter “ums Überleben”, erklärt das ukrainische Außenministerium in der Nacht auf Twitter. “Die humanitäre Lage ist katastrophal.”

kng
DPA
AFP

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