Ukraine-Krieg im Liveblog: Acht neue Fluchtrouten aus umkämpften Städten geplant

Ukraine-Krieg
Acht neue Fluchtrouten aus umkämpften Städten geplant – mehr als 225.000 Kriegsflüchtlinge in Deutschland

Ukraine, Lwiw: Eine Mutter umarmt ihren Sohn, der aus der belagerten Stadt Mariupol geflohen ist.

© Bernat Armangue / DPA

Bald vier Wochen tobt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Zahl der zivilen Opfer wächst; in Kiew werden immer mehr Gebäude zerstört. Verfolgen Sie die wichtigsten Entwicklungen im stern-Liveblog. 

Mit deutlichen Worten hat die Ukraine ein Ultimatum der russischen Truppen an die seit Wochen belagerte Stadt Mariupol abgelehnt. “Es wird keine Kapitulation, kein Niederlegen der Waffen geben”, sagte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk der “Ukrajinska Prawda” am frühen Montagmorgen. Sie forderte vom russischen Militär die Öffnung eines humanitären Korridors in die Hafenstadt, in der Hunderttausende Zivilisten festsitzen.

Zuvor hatte Russland die ukrainischen Truppen in Mariupol in einem acht Seiten langen Schreiben aufgefordert, die Waffen niederzulegen und die Stadt am Montagvormittag zu verlassen. “Anstatt Ihre Zeit auf acht Seiten Brief zu verschwenden, öffnen Sie einfach einen Korridor”, zitierte Wereschtschuk aus ihrer Entgegnung.

Die wichtigsten Meldungen des Tages in Kürze:

  • Kiew weiter unter Beschuss: Beim Angriff auf mehrere Gebäuden im Westen der ukrainischen Hauptstadt wurden am späten Sonntagabend mindestens acht Menschen getötet.

  • Entwarnung nach Leck in Chemiewerk: In einem Chemiewerk in der nordöstlichen Stadt Sumy war am Montagmorgen hochgiftiges Ammoniak ausgetreten. Laut Zivilschutz besteht jedoch keine Gefahr für die Bevölkerung.

  • Unterhändler der Ukraine und Russlands haben für Montag eine neue Verhandlungsrunde per Videoschalte angesetzt. Zudem will US-Präsident Biden per Video mit Scholz, Macron, Draghi und Johnson beraten.

  • Mit dem Krieg in der Ukraine befassen sich am Vormittag auch die Außen- und Verteidigungsminister der Europäischen Union in Brüssel. Dabei geht es um weitere humanitäre wie militärische Hilfe für die Ukraine sowie die mehr als zwei Millionen Geflüchteten. 

Die neusten Entwicklungen in unserem Liveblog.

Tag 26 im Ukraine-Krieg

  • Leonie_Scheuble

    Bei einem Angriff auf ein Einkaufszentrum in Kiew sind mindestens acht Menschen getötet worden, wie die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Nach der Schilderung eines AFP-Reporters lagen mehrere Leichen vor dem Einkaufszentrum Retroville im Nordwesten Kiews, während Rettungskräfte in den Trümmern nach weiteren Opfern suchten. Zunächst war die Rede von sechs Leichen gewesen (Blogeintrag 7.22 Uhr).

    Das zehnstöckige Gebäude war am späten Sonntagabend von einer gewaltigen Explosion erschüttert worden. Der gesamte südliche Teil des Einkaufszentrums und Autos auf seinem Parkplatz wurden zerstört, wie der Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Im Boden klaffte ein mehrere Meter großer Krater. Die verkohlten Überreste des Gebäudes qualmten am Morgen immer noch.

  • Leonie_Scheuble

    Die Zahl der geflüchteten Menschen aus der Ukraine steigt weiter an. In Deutschland sind seit Beginn des russischen Angriffs 225.357 Kriegsflüchtlinge erfasst worden, wie das Bundesinnenministerium mitteilte. Da es an den EU-Binnengrenzen jedoch keine festen Grenzkontrollen gibt, dürfte die Zahl der tatsächlich Angekommenen wahrscheinlich deutlich höher ausfallen.

    Nordrhein-Westfalens Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) fordert daher einen “Masterplan” zur Einrichtung von einer Million Unterkunftsplätzen für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer. Stamp sagte im Deutschlandfunk, dass zwar niemand sagen könne, auf welche Größenordnung man sich einstellen müsse. Aus seiner Sicht wäre es aber “fahrlässig, das jetzt laufen zu lassen”. Deswegen brauche man “zunächst mal einen Plan, dass wir eine Million Betten so schnell wie möglich generieren können, damit wir für den Fall, dass es dazu kommt, auch tatsächlich Unterkunft bieten können”.

  • Leonie_Scheuble

    Für die umkämpften Gebiete in der Ukraine sollen acht neue Fluchtrouten eingerichtet werden. Die Korridore werden für Busse zur Evakuierung von Zivilisten und zur Lieferung von Hilfsgütern genutzt, wie Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk ankündigte. Aus der Umgebung der belagerten Hafenstadt Mariupol sollen Menschen in die südostukrainische Großstadt Saporischschja gebracht werden. Aus den umkämpften Orten nördlich und östlich der Hauptstadt Kiew ist demnach eine Evakuierung näher an die Hauptstadt geplant.

    Der Plan sieht zudem eine Evakuierung aus dem Großraum Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im Luhansker Gebiet in die Stadt Bachmut in der benachbarten Region Donezk vor. Wereschtschuk kündigte an, am Abend über die Umsetzung zu informieren.

  • Leonie_Scheuble

    Während des Kalten Krieges bewahrte Finnland seine Neutralität, indem es gute Beziehungen zu seinem Nachbarn, der Sowjetunion, unterhielt. Eine Nato-Mitgliedschaft war lange kein Thema. Das hat sich mit der russischen Invasion in der Ukraine schlagartig geändert. Wie aus “ziemlich besten Freunden” mögliche Gegner werden, lesen Sie hier bei stern+ (€).

    Im Bild: Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) und sein finnischer Amtskollege Sauli Niniistö, hier im Jahr 2017. © Stringer / Picture Alliance

  • Leonie_Scheuble

    Die Polizei in Bonn warnt vor der Verbreitung eines russischsprachigen Fakevideos über einen angeblichen tödlichen Angriff auf einen 16-Jährigen durch Ukrainer im Raum Euskirchen. Es lägen “keinerlei Informationen” über einen entsprechenden Vorfall vor, teilten die Beamten in der nordrhein-westfälischen Stadt am Sonntag mit. Der Staatsschutz nahm Ermittlungen auf.

    In dem online verbreiteten Video wird laut Polizei in russischer Sprache von einer angeblichen Attacke berichtet, bei der eine Gruppe von Ukrainern einen 16-Jährigen zu Tode geprügelt haben soll. “Die Experten gehen derzeit davon aus, dass es sich um ein absichtliches Fakevideo handelt, das Hass schüren soll”, teilten die Beamten mit.

  • Leonie_Scheuble

    Der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Ihor Schowkwa, hat den bisherigen Angriff Russlands auf Kiew als “gescheitert” bezeichnet. “Im Großen und Ganzen scheitert Russland in Kiew. Sie versuchen die Hauptstadt weiter einzukreisen, aber es gelingt ihnen nicht”, sagte Schowkwa im ZDF-“Morgenmagazin”. Von Deutschland forderte er mehr Unterstützung durch Luftverteidigungsfähigkeiten.

    Schowkwa warf Russland vor, wissentlich Zivilisten anzugreifen, insbesondere in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol. Die Stadt sei eingekreist. “Es ist ein Völkermord, der dort stattfindet. Die Russen wollen, dass die Stadt sich ergibt, aber die Antwort ist unsererseits natürlich klar.”

  • Leonie_Scheuble

    Der Krieg in der Ukraine treibt immer mehr Menschen in die Flucht. Allein in Deutschland sind bisher laut Innenministerium mindestens 218.000 Geflüchtete angekommen, Tendenz steigend. Nun wirft die Union der Bundesregierung vor, die Bevölkerung über die absehbare Zahl von Ankommenden im Unklaren zu lassen. Die bisher genannte Zahl von einer Million Flüchtlingen aus der Ukraine, die nach Deutschland kommen könnten, sei “völlig unrealistisch” und zu niedrig, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul (CDU), der “Bild”. “Ich erwarte ein Vielfaches dessen für Deutschland”, sagte er. “Deshalb müssen wir uns auch wesentlich besser vorbereiten”, fügte Wadephul hinzu. Er forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, das Thema “endlich zur Chefsache” zu machen.

    Im Bild: Geflüchtete aus der Ukraine kommen in Berlin am ehemaligen Flughafen TXL an © Christophe Gateau / DPA

  • Leonie_Scheuble

    US-Präsident Joe Biden will am Freitag nach Warschau reisen, um mit dem polnischen Staatschef Andrzej Duda über den Einmarsch Russlands in der Ukraine zu sprechen. “Der Präsident wird erörtern, wie die Vereinigten Staaten an der Seite unserer Verbündeten und Partner auf die humanitäre und menschenrechtliche Krise reagieren, die Russlands ungerechtfertigter und unprovozierter Krieg gegen die Ukraine ausgelöst hat”, erklärte Bidens Sprecherin Jen Psaki am Sonntagabend. Zuvor wird der US-Präsident am Donnerstag in Brüssel an einem EU-Gipfel sowie einem Nato-Gipfel teilnehmen.

  • Leonie_Scheuble

    Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei Schauspielerin Mila Kunis und ihrem Mann Ashton Kutcher für ihre Unterstützung bedankt. “Beeindruckt von ihrer Entschlossenheit. Sie inspirieren die Welt”, schrieb der 44-Jährige am Sonntag bei Twitter. Dazu postete Selenskyj ein Foto, das ein Videotelefonat mit ihm und dem Schauspielerpaar zeigt.

    Kunis und Kutcher hatten Anfang März zu Spenden für humanitäre Hilfe für die Ukraine aufgerufen. Ziel ihrer Spendenaktion waren 30 Millionen US-Dollar, laut Selenskyj wurden rund 35 Millionen US-Dollar gesammelt. Der Präsident würdigte das Engagement der Schauspieler: Sie seien unter den ersten gewesen, “die auf unsere Trauer reagierten”, schrieb Selenskyj.

  • Leonie_Scheuble

    Nach dem Austritt von hochgiftigem Ammoniak aus einem Chemiewerk in der ukrainischen Stadt Sumy (Blogeintrag von 7.11 Uhr) besteht nach Darstellung der Behörden keine Gefahr für die Bevölkerung. Das teilte der staatliche Zivilschutz am Morgen bei Telegram mit und sprach von einem “leichten Ammoniak-Austritt”. Durch Beschuss sei ein Tank beschädigt worden, die betroffene Stelle sei nun abgedichtet worden. Den Angaben zufolge wurde ein Mitarbeiter des Unternehmens verletzt.

  • Leonie_Scheuble

    Nach Beobachtung der ukrainischen Armee setzt Russland weniger Flugzeuge über dem Kriegsgebiet ein. Die Intensität des Einsatzes bemannter Flugzeuge des “Gegners” nehme ab, teilte das ukrainische Militär in Kiew mit. Um die Wirksamkeit von Raketen- und Bombenangriffen zu beurteilen, setze die russische Armee nun Drohnen ein. Diese Informationen lassen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.

  • Leonie_Scheuble

    Aus dem Hafen der Stadt Berdjansk sind nach Berichten des ukrainischen Militärs fünf mit Getreide beladene Schiffe “verschwunden”. Die mit mehreren zehntausend Tonnen beladenen Frachter seien von russischen Schleppern aus dem Hafen bugsiert worden und in unbekannter Richtung weggefahren, berichtet die “Ukrajinska Prawda”. Die Berichte lassen sich bisher nicht von unabhängiger Seite prüfen. Das vom russischen Militär kontrollierte Berdjansk liegt am Asowschen Meer, unweit der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol.

  • Leonie_Scheuble

    Bei einem Angriff auf ein Einkaufszentrum in Kiew sind mindestens sechs Menschen getötet worden. Vor dem Einkaufszentrum Retroville im Nordwesten Kiews lagen am Montagmorgen sechs Leichen, wie ein AFP-Journalist berichtete. Das zehnstöckige Gebäude war am späten Sonntagabend von einer gewaltigen Explosion erschüttert worden.

    Der gesamte südliche Teil des Einkaufszentrums und Autos auf seinem Parkplatz wurden zerstört, wie der AFP-Reporter berichtete. Im Boden klaffte ein mehrere Meter großer Krater. Die verkohlten Überreste des Gebäudes qualmten am Morgen immer noch. Feuerwehrleute und Soldaten suchten in den Trümmern nach weiteren Opfern.

  • Leonie_Scheuble

    Frankreich hat nach Angaben von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire seit Kriegsbeginn Vermögenswerte russischer Oligarchen in Höhe von fast 850 Millionen Euro eingefroren. Dazu gehörten 150 Millionen Euro auf Konten von Privatpersonen, rund 30 Immobilien im Wert von insgesamt 539 Millionen Euro und zwei Yachten im Wert von 150 Millionen Euro, zählte der Minister im Interview mit französischen Medien auf.

    Die Sanktionen schaden Russland, schaden dem russischen Staat, schaden Wladimir Putin

    sagte Le Maire.

  • Leonie_Scheuble

    Im Norden der Ukraine müssen Anwohner einer Chemiefabrik wegen eines Lecks Schutz suchen. In der Sumychimprom-Anlage in Nowoselyzja sei ein “Ammoniakleck” aufgetreten, teilte der Gouverneur der Region Sumy, Dmytro Schywytsky, via Telegram mit. Betroffen sei ein Gebiet von 2,5 Kilometern rund um die Anlage für Düngemittel. “Ammoniak ist leichter als Luft, daher sollten Schutzräume, Keller und untere Stockwerke zum Schutz aufgesucht werden”, teilte er weiter mit. Rettungskräfte seien vor Ort im Einsatz.

    Die nahegelegene Großstadt Sumy, die seit Wochen Schauplatz schwerer Kämpfe zwischen den russischen Angreifern und ukrainischen Streitkräften ist, sei jedoch nicht in Gefahr.

DPA
AFP


source site-3