Ukraine-Konflikt: USA antwortet auf Russlands Fragen – Politik

Die US-Regierung hat eine schriftliche Antwort auf russische Forderungen nach Sicherheitsgarantien in Osteuropa gegeben. Das russische Außenministerium bestätigte den Eingang des Schreibens. US-Botschafter John Sullivan habe es bei einem Treffen Vize-Außenminister Alexander Gruschko übergeben, hieß es von russischer Seite.

US-Außenminister Antony Blinken sagte, die schriftlichen Antworten der US-Regierung auf die Sorgen Moskaus seien vollständig mit der Ukraine und den europäischen Verbündeten abgestimmt. “Wir haben ihren Input eingeholt und in die endgültige Fassung, die Moskau übermittelt wurde, eingearbeitet”, sagte Blinken bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Washington. Die Nato hat Russland ebenfalls ein Schreiben übermittelt, was, so Blinken, im Einklang mit der Antwort der USA steht. “Wir sind bereit, uns die Sorgen Russlands anzuhören und eine echte Diskussion darüber zu führen, wie wir die fundamentalen Prinzipien der europäischen Sicherheit bewahren und stärken können”, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Russland hatte der Nato und den USA im vergangenen Monat den Entwurf einer Vereinbarung übergeben, in der der Kreml Sicherheitsgarantien in Europa verlangt. Unter anderem wird darin ein Ende der Nato-Osterweiterung gefordert, durch die sich Russland bedroht sieht. So will der Kreml eine Aufnahme der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis verhindern. Die USA und die Nato verdächtigen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wiederum, einen Einmarsch in die benachbarte Ukraine zu planen. Der Kreml weist das zurück.

Bei einem Krisentreffen in Genf am vergangenen Freitag hatte Blinken seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow eine Antwort auf den Forderungskatalog Moskaus für diese Woche in Aussicht gestellt. Der US-Außenminister sagte, die USA hätten in ihrer schriftlichen Antwort die von Russland geäußerten Bedenken pragmatisch bewertet und ihre Bereitschaft zum Dialog deutlich gemacht. Außerdem wolle man transparent machen, wie viele US-Truppen sich in der Ukraine befänden. Er gehe davon aus, dass nun Diskussionen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow folgen würden.

Die US-Regierung hat wiederholt deutlich gemacht, dass die Politik der offenen Tür der Nato für sie nicht zur Verhandlung stehe und dass Moskau nicht über Bündnisse anderer Staaten entscheiden könne. Washington hatte sich zugleich bereit erklärt, über andere “Fragen der gegenseitigen Sicherheit” mit Moskau zu verhandeln, zum Beispiel beim Thema Rüstungskontrolle. (26.01.2022)

Ukrainischer Botschafter bittet Deutschland um Defensivwaffen

Der ukrainische Botschafter Andreij Melnyk hat die deutsche Zusage zur Lieferung von 5000 Schutzhelmen an sein Land zwar begrüßt, aber für völlig unzureichend erklärt. “Wir sind froh, dass wir zumindest den Beginn eines Umdenkens feststellen können”, sagte Melnyk.

Die Lieferung der Helme sei lediglich eine “symbolische Geste” der Bundesregierung. Er setze darauf, dass die westlichen Partner Deutschland überzeugten, der Ukraine auch Defensivwaffen zu liefern. Ausdrücklich zählten dazu auch Schiffe, weil die Ukraine fast ihre gesamte Marine bei der russischen Annexion der Krim verloren habe. “Die Deutschen haben die Systeme für den Küstenschutz, die Deutschen bauen die besten Schiffe weltweit”, sagte der Botschafter. Der Ukraine gehe es nur um Selbstverteidigung. Melnyk kritisierte scharf die Hinweise der Bundesregierung auf zivile Hilfe für das Land. “Wenn wir vor der Gefahr eines neuen Krieges stehen, dann brauchen wir keine Ratschläge aus Berlin, wie man Energieeffizienz erhöht in Häusern, die morgen vielleicht schon zerstört werden oder zerbombt werden.” (26.01.2022)

Deutschland liefert Gefechtshelme an die Ukraine

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat angekündigt, dass Deutschland der Ukraine 5000 Gefechtshelme liefern wird. Das sagte die SPD-Politikerin den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses und Pressevertretern. Dies sei ein “ganz deutliches Signal: Wir stehen an Eurer Seite”, sagte Lambrecht.

Sie begrüßte, dass die Gespräche in dem Ukraine-Konflikt wieder in Gang kommen. “Wir arbeiten daran, dass wir diesen Konflikt mitten in Europa friedlich beilegen”, sagte sie. Zugleich betonte Lambrecht, dass es rote Linien gebe bei diesen Gesprächen. “Über die Einhaltung von Völkerrecht kann nicht verhandelt werden. Über die Integrität von Staaten und auch über die Bündnissouveränität kann nicht gesprochen werden”, sagte sie.

Die Ukraine fordert von Deutschland schon seit einiger Zeit Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff in großem Stil, unter anderem Kriegsschiffe und Luftabwehrsysteme. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatten der Lieferung letaler, also tödlicher Waffen, zuletzt klare Absagen erteilt.

Dahinter steckt neben den deutschen Rüstungsexportrichtlinien auch der Anspruch, nicht zur Eskalation beizutragen und sich die Gesprächsfähigkeit mit Russland zu erhalten. In Kiew war die Empörung darüber groß. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, sprach von “nicht nachvollziehbarer Verweigerung”. Dem Handelsblatt sagte er vor wenigen Tagen, die Ukraine erbitte vor allem “dringend 100 000 Helme und Schutzwesten” für Freiwillige. Das sind deutlich mehr als die nun von Lambrecht angekündigten 5000 Helme.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte zu Wochenbeginn, Deutschland habe sich bereits bereiterklärt, in sehr kurzer Zeit ein Feldlazarett an die Ukraine zu liefern. Deutlich wurde dann aber auch, dass Deutschland dafür nur das Geld gibt. Gebaut und geliefert wird das Feldlazarett vom baltischen Nato-Partner Estland, der auch auf grünes Licht aus Berlin für eine Weitergabe von Haubitzen aus DDR-Altbeständen an die Ukraine wartet. (26.01.2022)

Russischer Einmarsch in die Ukraine: Ein Schritt, der “die Welt verändern” könnte

US-Präsident Joe Biden kann sich im Falle eines Einmarsches Russlands in die Ukraine Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin vorstellen. “Ja”, sagte Biden auf die Frage einer Reporterin, ob er sich vorstellen könne, Putin im Falle einer Invasion persönlich zu sanktionieren. “Das kann ich mir vorstellen”, sagte er weiter. Biden drohte Russland außerdem erneut mit “heftigen Konsequenzen” und “wirtschaftlichen Sanktionen”. Am Ende hänge alles davon ab, was Putin mit Blick auf die Ukraine entscheiden werde.

Direkte Sanktionen gegen Putin wären auch für die britische Regierung denkbar. “Wir schließen nichts aus”, sagte Außenministerin Liz Truss auf eine entsprechende Frage. Großbritannien könnte sich den USA anschließen.

Ein russischer Einmarsch in die Ukraine könnte angesichts der massiven Truppenpräsenz in der Nähe der Grenze nach Ansicht Bidens die “größte Invasion seit dem Zweiten Weltkrieg” werden. Ein solcher Schritt würde “die Welt verändern”, warnte der US-Präsident. Es war zunächst nicht klar, ob sich Biden mit seiner Aussage spezifisch auf Europa bezog, denn beim US-geführten Einmarsch im Irak waren 2003 deutlich mehr Soldaten zum Einsatz gekommen. In Afghanistan wiederum wurde die Präsenz der sowjetischen Truppen nach ihrem Einmarsch 1979 mit rund 120 000 angegeben. Nach US-Angaben soll Moskau entlang der ukrainischen Grenze etwa 100 000 russische Truppen in Stellung gebracht haben und die Präsenz weiter verstärken.

Moskau hat Pläne zu einem angeblichen Einmarsch in die Ukraine immer wieder dementiert. Biden betonte, es gebe keine Pläne, US-Truppen in die Ukraine zu verlegen. Das US-Militär hatte gestern etwa 8500 Soldaten in erhöhte Bereitschaft versetzt, um bei Bedarf eine kurzfristige Verlegung nach Europa zu ermöglichen. “Ich könnte einige dieser Truppen kurzfristig verlegen – einfach, weil es eine gewisse Zeit dauert”, sagte Biden. Dies sei keine Provokation, sondern eine Vorsichtsmaßnahme, um den Sorgen der osteuropäischen Nato-Mitgliedern zu begegnen, sagte er. Auf Nachfrage fügte Biden hinzu, es sei nach wie vor unklar, ob Putin tatsächlich einen Angriff plane. “Ich werde vollkommen ehrlich mit Ihnen sein: Es ist ein bisschen wie im Kaffeesatz lesen.” (25.01.2022)

Polen erwartet von Deutschland “klares Signal”

Der polnische Vizeaußenminister Szymon Szynkowski vel Sęk hat Zweifel an der Verlässlichkeit Deutschlands in der Ukraine-Krise geäußert. “In Polen und in anderen osteuropäischen Ländern fragen sich viele, welches Spiel Deutschland im Ukraine-Konflikt eigentlich spielt”, sagte er während eines Besuchs in Berlin. Es gebe Zweifel, ob man auf Deutschland zählen könne. “Ich würde mir wünschen, dass sich diese Zweifel nicht verstärken, sondern abgebaut werden. Wir brauchen da klare Signale von Deutschland.”

Konkret forderte der Vizeaußenminister von der Bundesregierung ein klares Nein zur Inbetriebnahme der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 und eine schnelle Genehmigung der Lieferung von Haubitzen aus früheren DDR-Beständen aus Estland in die Ukraine. “Wir befinden uns in einer speziellen Situation. Und in einer speziellen Situation sollte man auch zu speziellen Mitteln greifen”, sagte er zur deutschen Absage an Waffenlieferungen in die Ukraine. “Und deswegen erwarten wir starke Worte und starke Taten der deutschen Regierung.”

Die Bundesregierung prüft eine von Estland beantragte Genehmigung für eine Waffenlieferung an die Ukraine. Diese ist erforderlich, weil die Haubitzen aus DDR-Altbeständen mit Auflagen zunächst an Finnland verkauft und dann später von dort an Estland gegeben worden waren. Die Ukraine fordert von Deutschland darüber hinaus Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff in großem Stil, unter anderem Kriegsschiffe und Luftabwehrsysteme. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) haben der Lieferung letaler Waffen eine klare Absage erteilt.

Scholz und Macron erwarten von Russland “eindeutige Schritte”

Der französische Präsident Emmanuel Macron ist zu einem Besuch bei Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin eingetroffen. Ein zentrales Thema des Treffens ist die Ukraine-Krise.

Scholz sprach bei einer Pressekonferenz von einer “sehr schwierigen Lage” entlang der ukrainisch-russischen Grenze. “Es sind viele Truppen dort stationiert und deshalb ist es notwendig, dass alles dazu beigetragen wird, dass die Situation sich anders entwickelt, als das gegenwärtig manchmal zu befürchten ist”, sagte der Bundeskanzler. Man erwarte deswegen auch von Russland “eindeutige Schritte” zur Deeskalation. “Wir sind uns alle einig, dass eine militärische Aggression schwerwiegende Konsequenzen nach sich zöge.” Das habe man deutlich gemacht, nun müsse man “alles tun”, um mit Gesprächen aus der aktuellen Lage wieder herauszukommen.

Scholz hatte bereits vor dem Treffen nicht ausgeschlossen, dass Deutschland die Ukraine im Rahmen der Europäischen Union bei der Militärausbildung unterstützt. “Die einzige Sache, die wir immer klar gesagt haben, so wie auch die frühere Bundesregierung, ist: Wir liefern keine letalen Waffen”, sagte der SPD-Politiker.

“Wir geben niemals den anspruchsvollen Dialog mit Russland auf”, sagte Macron. Deutschland und Frankreich arbeiteten in verschiedenen Formaten zusammen, um mit Russland in den Dialog zu treten und so die Sicherheit Europas zu gewährleisten. Europa und seine Partner der Nato müssten wachsam bleiben, sich eng abstimmen und sich solidarisch mit der Ukraine zeigen. Der französische Präsident will dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Weg der Deeskalation vorschlagen. Ein Gespräch der beiden soll in den kommenden Tagen stattfinden, wie es aus Élyséekreisen hieß, nach Kremlangaben noch bis Ende der Woche.

Macron sagte, es erkenne einen immer hybrideren Ansatz Russlands, in Staaten, die einst zur Sowjetunion gehörten, für Instabilität zu sorgen. Als eingesetzte Mittel dazu zählte er Cyberangriffe, Militärmanöver oder Migration, die als Drohung eingesetzt werde, auf. “Wir haben noch keinen Endstatus erreicht. Das ist eine Besorgniserregende Situation für die Europäer und deswegen ist Einigkeit nötig.” Russland sei im Begriff, zu einer Macht des “Ungleichgewichts” zu werden, zum Beispiel in der Region des Kaukasus, aber auch in anderen Gebieten.

“Wir sind nicht gleich, aber das waren wir auch nie”, sagte Macron über Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland in der Bewertung der Lage, zum Beispiel, was Waffenlieferungen angehe. Dennoch spreche man und nähere sich dabei immer näher an und finde gemeinsame Lösungen. Scholz betonte, dass er Macron schon aus seiner Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs kenne und gut mit ihm zusammenarbeiten werde. Deutschland werde die Ukraine weiter unterstützen, auch wenn man aus historischen Gründen keine letalen Waffen liefere. So setze sich Berlin unter anderem dafür ein, dass die Ukraine weiter Gastransitland bleibe, sagte Scholz. (25.01.2022)

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