Putin überrascht mit Aussage zum Ukraine-Krieg – Ungarn will offenbar EU-Sanktionen blockieren

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Von: Florian Naumann, Franziska Schwarz

Wladimir Putin äußert sich persönlich zum Ukraine-Krieg – nebst Warnungen auch mit einem Bekenntnis zu den Kriegszielen. Die Kriegsdiplomatie im News-Ticker.

Update vom 7. September, 17.45 Uhr: Die Partei des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat für Anfang November ein Referendum in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine über deren Annexion vorgeschlagen. „Es wäre richtig und symbolträchtig“, ein solches Referendum am 4. November abzuhalten, dem Tag der Nationalen Einheit in Russland, erklärte Andrej Turtschak, Generalsekretär der Partei.

Nach der Abstimmung würden „Donezk, Lugansk und viele weitere russische Städte endlich in ihren Heimathafen zurückkehren“, so Turtschak weiter. Der Historiker Heinrich August Winkler sieht Putins Ziel in der Umkehrung des Untergangs der Sowetunion (siehe Update, 9.50 Uhr). Bundeskanzler Scholz sicherte dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj bei einem Telefonat indes weitere Hilfe im Krieg und beim späteren Wiederaufbau zu.

Erdogan zum Ukraine-Krieg: Türkischer Präsident wirft Europa „Provokation“ Russlands vor

Update vom 7. September, 16.15 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat dem Westen „Provokation“ im Ukraine-Krieg vorgeworfen. „Ich kann ganz offen sagen, dass ich die Haltung, die der Westen an den Tag legt, nicht für richtig halte. Denn es handelt sich hier um einen Westen, der eine auf Provokation basierende Politik verfolgt“, sagte das Staatsoberhaupt am Mittwoch. So werde es nicht möglich sein, „zu einem Ergebnis zu gelangen“. Russland habe als Reaktion darauf das Erdgas abgedreht.

Bereits am Dienstag hatte der türkische Präsident Europa die Schuld an der aktuellen Energiekrise gegeben (siehe Überblick unten). Gleichzeitig warf er dem Westen vor, die Ukraine nur mit „Schrott“ zu unterstützen: „Es wird behauptet, dass Waffen geschickt wurden. Jeden Schrott den sie finden, schicken sie in die Ukraine.“ Er erwarte kein baldiges Ende des Krieges.

Von der Leyen kündigt weitere Hilfen für die Ukraine an: „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen“

Update vom 7. September, 15.55 Uhr: Die Ukraine kann auf die Auszahlung weiterer EU-Finanzhilfen in Höhe von fünf Milliarden Euro hoffen. Die EU-Kommission schlug am Mittwoch vor, Gelder in entsprechender Höhe an den Kapitalmärkten aufzunehmen und diese dann weiterzureichen. Die Zinskosten und Gebühren sollen aus dem EU-Haushalt bezahlt werden.

Ziel der Unterstützungspläne ist es nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den unmittelbaren Finanzbedarf der von Russland angegriffenen Ukraine zu decken. „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen und die Freiheit und Unabhängigkeit wiedererlangen“, erklärte sie. Die EU werde dazu auch weiterhin ihren Beitrag leisten. Der Vorschlag vom Mittwoch ist Teil eines im Mai angekündigten Hilfspakets über insgesamt neun Milliarden Euro.

Stoltenberg stimmt Nato-Staaten auf „zivile Unruhen“ ein

Update vom 7. September, 15.09 Uhr: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Bündnispartner darauf eingestimmt, dass die Unterstützung für die Ukraine angesichts hoher Energiekosten in diesem Winter einen „Preis“ kosten wird. Neben Energieknappheit seien sogar „zivile Unruhen“ denkbar. Allerdings bezahlten die Nato-Partner diese Kosten in Euro, Dollar oder Pfund, während die Ukraine mit den Leben ihrer Bürger bezahle.

Schwere Zeiten lägen vor Europa, schreibt Stoltenberg in einem Gastbeitrag für die Financial Times weiter. Gleichwohl habe der Kontinent eine „moralische Verpflichtung“, der russischen Aggression und der „Tyrannei“ entgegenzutreten. Auch der eigenen Sicherheit diene diese Hilfe: Gehe Putins Russland siegreich aus dem Konflikt, könnten sich auch andere autoritäre Regime zu Überfällen inspiriert sehen.

Update vom 7. September, 13.56 Uhr: Trotz der Drohung aus dem Kreml will die EU-Kommission weiter einen Preisdeckel für russisches Gas vorschlagen. Das hat Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Brüssel bekräftigt. „Das Ziel ist hier ganz klar. Wir müssen Russlands Einnahmen verringern, die Putin zur Finanzierung seines grausamen Krieges gegen die Ukraine verwendet.“

Die „beharrliche Vorarbeit“ zahle sich an dieser Stelle aus, fuhr von der Leyen fort. Zu Beginn des Ukraine-Krieges habe der Anteil von russischem Pipeline-Gas an den gesamten Einfuhren in die EU noch 40 Prozent betragen, mittlerweile seien es nur noch neun Prozent. Putin hatte zuvor gewarnt, Preisdeckel „wären eine absolut dumme Entscheidung“ – und hätten Lieferstopps zur Folge.

Wladimir Putin bei seiner Rede in Wladiwostok © TASS Host Photo Agency/Sergei Bobylyov/AFP

Rede von Wladimir Putin enthält Drohung: „Kein Gas, kein Öl, keine Kohle“

Update vom 7. September, 12.24 Uhr: Wladimir Putin hat sich in Wladiwostok auch zu einem möglichen Preisdeckel der EU auf russische Rohstoffe geäußert. Für diesen Fall drohte der Kremlchef mit einem Lieferstopp: „Kein Gas, kein Öl, keine Kohle.“ Die Preise zu deckeln „wäre eine absolut dumme Entscheidung“, erklärte er.

Russland werde „nichts außerhalb der vertraglichen Vereinbarungen liefern“, fuhr Putin fort und wandte sich damit an die importierenden Vertragsländer. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte Ende vergangener Woche für einen „Preisdeckel für russisches Pipeline-Gas nach Europa“ plädiert.

Putin-Rede: Energie als Waffe? Vorwürfe laut Kremlchef „Wahn“

Update vom 7. September, 12.05 Uhr: Wladimir Putin hat bestritten, Energie als „Waffe“ gegen Europa einzusetzen. Solche Vorwürfe seien „Unsinn und Wahn“, behauptete Putin bei seinem Auftritt in Wladiwostok. Russland liefere „so viel wie nötig entsprechend den Anforderungen“ der Importländer. Den Stopp der Gaslieferungen nach Deutschland durch die Pipeline Nord Stream 1 begründete Putin mit einer defekten Turbine.

Unter anderem der Turbinenhersteller Siemens Energy hatte diese Darstellung mehrfach zurückgewiesen. Deutschland hatte zudem trotz herber internationaler Kritik die Lieferung einer Turbine aus Kanada ermöglicht. Verantwortlich seien der Westen und seine Sanktionspolitik, sagte Putin nun dennoch mit Blick auf den aktuellen Lieferstopp.

Putin sagte dazu in Wladiwostok: „Geben Sie uns eine Turbine und morgen starten wir Nord Stream wieder.“ Russland sei bereit, die Gaslieferungen sofort wieder aufzunehmen. „Alles, was Sie tun müssen, ist einen Knopf zu drücken“, sagte er an die Europäer gerichtet. Nicht Russland habe „Sanktionen verhängt“. Putin bot zugleich demonstrativ eine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 an. „Wir bauen nichts umsonst“, sagte er. „Bei Bedarf, bitteschön, werden wir Nord Stream 2 einschalten.“

Update vom 7. September, 10.50 Uhr: Wladimir Putin wird nächste Woche Chinas Staatschef Xi Jinping bei einem Gipfel in Usbekistans Hauptstadt Samarkand sprechen. Das teilte der russische Botschafter in Peking, Andrej Denissow, laut den Nachrichtenagenturen RIA Nowosti und Tass mit. Es ist Xis erste Auslandsreise seit Beginn der Corona-Pandemie. In Samarkand findet am 15. und 16. September ein Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit statt. Russland bemüht sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs um einen Schulterschluss mit China.

Lenkt Wladimir Putin ein? Russland-Präsident verfolgt laut Historiker „nur noch ein Ziel“

Update vom 7. September, 09.50 Uhr: Russland kassiert im Ukraine-Krieg militärische Rückschläge. Dennoch hält Moskau-Machthaber Wladimir Putin an einem Ziel fest, glaubt ein Historiker, und erwartet demnach keine baldigen konkreten Friedensverhandlungen zwischen den Konfliktparteien.

„Für den Kremlchef geht es jetzt nur noch um ein Ziel: Die angebliche ‚geopolitische Katastrophe‘, als die er den Untergang der Sowjetunion bezeichnet hat, so weit wie möglich rückgängig zu machen. Das macht die Situation für den Westen so gefährlich“, erklärt der Geschichtswissenschaftler Heinrich August Winkler im Gespräch mit dem Nachrichtenportal t-online. Winkler lehrte als Professor Neueste Geschichte an der Freien Universität Berlin, der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Publikationen wie „Der lange Weg nach Westen“ oder die „Geschichte des Westens“ gelten in der deutschen Geschichtswissenschaft als Standardwerke.

Putin überrascht mit Aussage zum Ukraine-Krieg – Ungarn will offenbar EU-Sanktionen blockieren

Überblick: Wladiwostok/München – Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich am Mittwoch (7. September) wieder einmal persönlich zum Ukraine-Krieg geäußert – mit durchaus bemerkenswerten Worten.

„Ich kann sagen, dass der hauptsächliche Zugewinn die Stärkung unserer Souveränität ist – und das ist ein unweigerliches Ergebnis dessen, was gerade passiert“, sagte Putin bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. Russland hatte in der Vergangenheit die Invasion im Nachbarland Ukraine nicht zuletzt mit Gefahren für die russische Bevölkerung im Land begründet.

Zudem behauptet Moskau immer wieder, die Ukraine hätte andernfalls Russland angegriffen. In diese Richtung äußerte sich Putin auch bei dem Termin im Osten Russlands und sagte: „Nach vielen Versuchen, dieses Problem auf friedlichem Weg zu lösen, hat Russland entschieden, spiegelbildlich auf Handlungen unseres potenziellen Feinds zu antworten: auf bewaffnetem Weg. Wir haben das bewusst getan.“

Ukraine-Krieg: Putin dementiert Verluste – und erhebt wieder Vorwürfe gegen den Westen

Schmerzhafte Verluste dementierte Putin. Mit Blick auf den Krieg fügte er an: „Wir haben nichts verloren und werden nichts verlieren.“ Die Ukraine sieht das anders: Ihre Armee hat unterdessen nach Angaben des Sicherheitsexperten Olexij Arestowytsch an zwei Stellen im Osten und Süden eine Gegenoffensive begonnen. Der doppelte Angriff solle russische Reserven binden und die russische Armee daran hindern, einen Frontabschnitt zulasten des anderen zu verstärken. „Die Unseren machen Druck, machen richtig Druck“, sagte Arestowytsch.

Putin erklärte es in seiner Ansprache allerdings zudem trotz der massiven westlichen Sanktionen für „unmöglich“, sein Land international zu isolieren. „Egal, wie sehr manche Russland isolieren wollen, es ist unmöglich, dies zu tun“, sagte er. Das „Sanktionsfieber des Westens“ bedrohe vielmehr „die ganze Welt“.

Nach der Corona-Pandemie gebe es nun „neue globale Herausforderungen“, welche „die ganze Welt bedrohen“, sagte Putin in seiner Rede. „Ich meine das Sanktionsfieber des Westens, seine unverhohlen aggressiven Versuche, anderen Ländern Verhaltensweisen aufzuzwingen, sie ihrer Souveränität zu berauben und sie seinem Willen zu unterwerfen“, fügte Putin hinzu.

Ukraine-News: Putin schart potenzielle Unterstützer um sich – auch Erdogan hatte aufhorchen lassen

Zu der Veranstaltung in Wladiwostok waren zahlreiche Staatsgäste angereist, darunter Myanmars Militärchef Min Aung Hlaing und der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan. Der Kreml-Chef, der sich angesichts der westlichen Sanktionen um engere Beziehungen zu asiatischen Ländern bemüht, begrüßte die zunehmende Bedeutung von Ländern aus der Asien-Pazifik-Region. Eine engere Zusammenarbeit mit diesen Staaten biete „riesige neue Möglichkeiten“.

Auch abseits dieser Achse erhält Putin aktuell mehr oder minder unverhohlene Schützenhilfe. Am Dienstag hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Gasstreit indirekt Partei für Russland ergriffen. Wenig später wurde ein Konflikt um die Sanktionen in der EU publik.

Ukraine-Krieg: Ungarn droht mit Veto gegen Russland-Sanktionen – wegen Oligarchen-Küngel?

Wie mehrere EU-Diplomaten der dpa berichteten, will das Land mit dem Vorgehen erzwingen, dass die Strafmaßnahmen gegen drei russische Oligarchen aufgehoben werden. Konkret handele es sich dabei um Alischer Usmanow, Pjotr Awen und Viktor Raschnikow. Ungarn droht nach Angaben von EU-Diplomaten mit einer Blockade der Verlängerung von Sanktionen gegen Russland.

EU-Diplomaten verwiesen darauf, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu Putin noch immer ein recht gutes Verhältnis pflege und bereits in den vergangenen Monaten mehrfach Strafmaßnahmen torpediert hatte. So musste die EU wegen des Widerstands Ungarns auf geplante Sanktionen gegen das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt Patriarch Kirill und ein vollständiges Öl-Embargo verzichten.

Der Bundestag gedachte indes vor der Haushalts-Generaldebatte am Mittwoch dem verstorbenen Michai Gorbatschow. Zur Beerdigung des Vordenkers von Perestrojka und Glasnost in der Sowjetunion am Samstag in Moskau war aus der EU einzig Orban angereist. (dpa/fn)

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