Militärputsch: Tausende bei Pro-Putsch-Demos – Bundeswehrflug aus dem Niger

Militärputsch
Tausende bei Pro-Putsch-Demos – Bundeswehrflug aus dem Niger

Ein Transportflugzeug vom Typ A400M hat nach Angaben der Bundeswehr den Flughafen von Nigers Hauptstadt Niamey verlassen (Archivbild). Foto

© Francis Hildemann/Bundeswehr/dpa

Der Niger feiert seine Unabhängigkeit. Tausende Bürger gehen auf die Straßen und zeigen den Putschisten ihre Unterstützung. US-Präsident Biden warnt vor einer großen Herausforderung für Nigers Demokratie.

Gut eine Woche nach dem Staatsstreich im Niger haben Tausende Bürger am Unabhängigkeitstag des Landes die neuen Militärmachthaber gefeiert. Die Menschen versammelten sich am Donnerstag in den Straßen von Niamey, um De-facto-Präsident Abdourahamane Tiani und seiner Junta ihre Unterstützung zu signalisieren, berichtete ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur.

Am Flughafen der Hauptstadt startete am späten Nachmittag eine Bundeswehrmaschine mit rund 30 Menschen nach Deutschland, die in der Nacht im niedersächsischen Wunstorf erwartet wurde, wie ein Sprecher des Einsatzführungskommandos sagte.

Die Nationalitäten der Personen an Bord waren zunächst unklar. Zudem war nicht bekannt, ob es sich dabei um Zivilisten handelte. Die Bundesregierung hatte zunächst auf eigene Evakuierungsflüge verzichtet. Rund 60 Deutsche wurden in den vergangenen Tagen mit französischen Flugzeugen in Sicherheit gebracht. Das Außenministerium in Paris erklärte die eigene Evakuierungsaktion am Donnerstag für abgeschlossen. Insgesamt wurden den Angaben zufolge 1079 Menschen außer Landes gebracht.

Nach Machtübernahme Verfassung außer Kraft gesetzt

In dem westafrikanischen Land hatten Offiziere der Präsidialgarde in der vergangenen Woche den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.

Die Bundeswehr betreibt einen Lufttransportstützpunkt in Niamey, der das zentrale Drehkreuz für die Bundeswehr in Westafrika und wichtig für den laufenden Abzug aus dem benachbarten Mali ist. Dort waren zuletzt mehr als 100 deutsche Soldaten stationiert.

Der Niger war bislang nicht nur für die Eindämmung der Migration ein wichtiger Partner für den Westen, sondern auch im Kampf gegen den Terrorismus. In der Sahelzone verüben Dutzende Milizen, die zum Teil dem Islamischen Staat (IS) oder der Terrororganisation Al-Kaida die Treue geschworen haben, regelmäßig Anschläge.

“Nationalistisches Feuer” entfacht

Der Niger beging am Donnerstag den 63. Jahrestag seiner Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Auch in der Stadt Agadez demonstrierten Menschen lokalen Medien zufolge mit Plakaten, die Unterstützung für die Putschisten ausdrückten. Auch russische Fahnen sollen geschwenkt worden sein. Agadez liegt am Rande der Sahara – viele Migranten passieren sie auf ihrem Weg durch die Wüste nach Libyen und in Richtung Mittelmeer.

Die Putschisten hätten es binnen einer Woche geschafft, ein “nationalistisches Feuer” in der Bevölkerung zu entfachen, sagte Olaf Bernau vom Migrations-Netzwerk Afrique-Europe-Interact. Grund dafür sei zum Teil auch die Migrationsstrategie der EU im Niger. Seit mehreren Jahren erhält der Niger als wichtiges Transitland für Migranten in Richtung Europa finanzielle Unterstützung, um die Migration einzuschränken. Seit 2015 stellt ein Gesetz im Niger illegale Migration und deren Unterstützung unter Strafe.

US-Präsident Joe Biden sagte anlässlich des nigrischen Unabhängigkeitstages, das westafrikanische Land stehe “vor einer großen Herausforderung für seine Demokratie”. Er forderte erneut eine Rückkehr zur Demokratie und die sofortige Freilassung von Präsident Bazoum. Das Außenaußenministerium in Washington ordnete vorübergehend die Ausreise von US-Regierungsmitarbeitern aus dem Niger an.

Der Konflikt im Niger könnte weiter eskalieren. Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hatte den Putschisten ein Ultimatum gestellt. Sollte der festgesetzte Präsident Bazoum nicht bis Sonntag wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die Sanktionen und auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.

Die neuen Machthaber im Niger suchen unterdessen nach Verbündeten: Der stellvertretende Chef der nigrischen Militärjunta, General Salifou Modi, reiste in die Nachbarländer Mali und Burkina Faso, die nach Staatsstreichen ebenfalls vom Militär regiert werden. Beide hätten Niger ihre Unterstützung zugesichert, so Modi, insbesondere im Bereich Sicherheit. Zuvor hatten die sanktionierten Ecowas-Mitglieder Mali und Burkina Faso die Staatengemeinschaft vor einer militärischen Intervention im Niger gewarnt.

dpa

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