Liveblog zu Nahost: ++ Israel greift Hunderte Hamas-Ziele an ++


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Stand: 09.10.2023 09:51 Uhr

Nach eigenen Angaben hat Israels Militär in der Nacht mehr als 500 Hamas-Ziele getroffen. Viele Mitglieder des UN-Sicherheitsrats verurteilten den Großangriff auf Israel, allerdings nicht alle Staaten. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Seit Beginn des Hamas-Angriffs sind nach UN-Angaben im Gazastreifen mehr als 123.000 Menschen vertrieben worden. Insgesamt 123.538 der 2,3 Millionen Einwohner des Gazastreifens hätten ihre Häuser “aus Angst, aus Sorge um ihren Schutz und wegen der Zerstörung ihrer Häuser” verlassen, erklärte das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA). Mehr als 73.000 Flüchtlinge seien in Schulen untergebracht.

Laut einem Sprecher des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA) ist mit einem weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen zu rechnen. In den Schulen, von denen einige zu Notunterkünften erklärt worden seien, gebe es Strom. Die UN-Mitarbeiter versorgten die dort untergekommenen Menschen außerdem “mit einer Mahlzeit, sauberem Wasser, psychologischer Unterstützung und medizinischer Behandlung”, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, hat China fehlende Unterstützung für Israel nach dem Großangriff der Hamas vorgeworfen. Schumer sagte dem chinesischen Außenminister Wang Yi bei einem Besuch in Peking, er sei von Chinas Erklärung zum Angriff der Hamas sehr enttäuscht, weil sie keinerlei Mitgefühl oder Unterstützung für Israel erkennen lasse. “Ich fordere Sie und das chinesische Volk auf, sich an die Seite des israelischen Volkes zu stellen und diese feigen und bösartigen Angriffe zu verurteilen”, sagte Schumer. Wang, der sich vor Schumer an die anwesenden Journalisten wandte, reagierte laut Nachrichtenagentur AP nicht auf weitere Nachfragen.

Polens Luftwaffe hat die ersten polnischen Staatsbürger aus Israel in Sicherheit gebracht. Nach der Landung einer Regierungsmaschine in den frühen Morgenstunden seien nun auch zwei Militärtransportmaschinen vom Typ Hercules auf dem Flughafen in Warschau gelandet, teilte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak auf der Plattform X mit. Nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP hatte das zuerst eingetroffene Regierungsflugzeug vom Typ Boeing 120 polnische Bürger aus Israel zurückgebracht. Blaszczak schrieb nun von mehr als 120 weiteren Menschen, die mit den Militärtransportern ausgeflogen wurden.

Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, mahnt in der Debatte um Kürzungen von Finanzhilfen für die Palästinensischen Gebiete zu Augenmaß. “Jegliche Hilfe für die Palästinenser einzustellen, halte ich für falsch”, sagte der Historiker der Nachrichtenagentur dpa. “Das wird der Komplexität der Situation dort nicht gerecht.” Nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel waren Forderungen nach einer Einstellung der Finanzhilfen für die Palästinensischen Gebiete laut geworden.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, hat den Hamas-Angriff auf Israel als den “größten Massenmord an Jüdinnen und Juden nach dem Holocaust” bezeichnet. Damit setze er nichts dem Holocaust gleich, sagte er im ARD-Morgenmagazin. “Ich will deutlich machen, was für ein einschneidendes, tragisches und schmerzhaftes Ereignis das für uns ist.”

Nun bedeute die zugesagte Solidarität Deutschlands, dass die Bundesregierung Israel auch bei den schwierigen Entscheidungen unterstützen müsse. “Das heißt, Israel wird jetzt die Infrastruktur der Hamas komplett vernichten müssen”, sagte er. “Es wird sehr schmerzhafte Bilder geben, aber die israelische Regierung ist in der Pflicht ihre eigene Bevölkerung zu schützen.”

Die britische Regierung hat ihre Reisewarnung für Israel und die Palästinensergebiete verschärft. Sie rät von allen Reisen ab, die nicht unbedingt notwendig sind. Zur Begründung heißt es, die Kämpfe zwischen dem israelischen Militär und der Hamas in der Nähe des Gazastreifens hielten an. Am Sonntag hat die britische Regierung bereits von allen Reisen in den Gazastreifen und mehrere israelische Gebiete in dessen Nähe abgeraten. Alle britischen Staatsbürger in Israel und den besetzten Gebieten sind aufgerufen, ihre Präsenz in Israel und den besetzten Palästinenser-Gebieten registrieren zu lassen, damit sie über weitere Änderungen der Reisehinweise informiert werden können.

Infolge der massiven Angriffe der Hamas auf Israel ist der Ölpreis gestiegen. Zu Handelsbeginn in Asien kletterte der Ölpreis um mehr als vier Prozent nach oben. Die Angriffe sorgen für Unsicherheit über die Folgen der Kämpfe für die Region, die reich an Erdöl ist. Der Preis für die Nordseesorte Brent stieg am Morgen um 4,7 Prozent auf 86,65 Dollar (81,86 Euro) je Barrel. Der Preis für die Sorte West Texas Intermediate kletterte um 4,5 Prozent auf 88,39 Dollar je Barrel. 

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel verurteilt. Die “terroristischen Angriffe der Hamas auf den Staat Israel” seien “menschenverachtend und barbarisch”, sagte die CDU-Politikerin einer Mitteilung zufolge. Ihre Gedanken und ihre Solidarität seien beim israelischen Volk und der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, “die die Sicherheit des Staates Israel verteidigen”. Die Erklärungen des Bundeskanzlers Olaf Scholz sowie der Vorsitzenden von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP vom Sonntag hätten Merkels volle Unterstützung.

Da der Gazastreifen so dicht besiedelt ist, trifft der Gegenangriff Israels auch stark die Zivilbevölkerung, wie ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann aus Tel Aviv berichtet. “Das heißt die Opferzahlen gehen hoch – auch Frauen und Kinder”, sagte sie im Morgenmagazin.

Auf israelischer Seite wurden die Bewohner der Stadt Sderot nahe des Gazastreifens aufgefordert in ihren Wohnungen zu bleiben und niemanden herein lassen sollen. “Scheinbar gibt es die Vermutung, dass auch dort nach wie vor Terroristen auf israelischem Boden sind”, so von der Tann. Man gehe davon aus, dass in den vergangenen Tagen 800 bis 1.000 militante Palästinenser durch den Grenzzaun durchgedrungen seien.

Bei dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel sind nach Angaben aus Bangkok auch zwölf thailändische Staatsbürger getötet worden. Die thailändische Botschaft in Israel habe durch die Arbeitgeber der Opfer von deren Tod erfahren, teilte die Sprecherin des thailändischen Außenministeriums, Kanchana Patarachoke, mit. Weitere acht seien bislang verletzt worden. Zudem seien elf thailändische Staatsbürger von der Hamas verschleppt worden. Die Regierung bereite die Evakuierung ihrer Landsleute vor, hieß es.

Israels UN-Vertreter spricht von einem “11. September”- Moment, um die Wirkung des Hamas-Angriffs auf Israel zu beschreiben. Der neue Krieg in Nahost verändert auch die Prioritäten in den USA – und zwingt das Land zur Neuorientierung, analysiert ARD-Korrespondent Ralf Borchard aus Washington.

Ungarn hat über Nacht 215 Menschen aus Israel ausgeflogen. Die beiden Flugzeuge seien sicher in Budapest gelandet, teilte Außenminister Peter Szijjarto am Morgen auf Facebook mit. Er dankte Israel, Zypern, Griechenland, der Türkei, Bulgarien und Rumänien für die rasche Genehmigung der Flüge.

Das israelische Militär kämpft nach eigenen Angaben weiterhin an sieben bis acht Stellen außerhalb des Gazastreifens gegen die Hamas. “Es dauert länger als erwartet, die Dinge wieder in eine defensive Sicherheitslage zu bringen”, räumte Oberstleutnant und Sprecher der Armee Richard Hecht vor der Presse ein. Die Hamas sei immer noch in der Lage, nach Israel einzudringen.

Wie ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann aus Tel Aviv berichtet, versucht das Militär derzeit den Grenzzaun zu sichern, an dem mehrere Stellen durchbrochen wurden. Zudem werden nach israelischen Angaben weiterhin Dutzende Israelis im Gazastreifen festgehalten. Wie diese befreit werden könnten, sei noch unklar, so von der Tann.

Nach eigenen Angaben hat die israelische Armee in der Nacht Hunderte Ziele der Hamas im Gazastreifen ins Visier genommen. “Kampfjets, Hubschrauber, Flugzeuge und Artillerie der israelischen Armee haben mehr als 500 terroristische Ziele der Hamas und des Islamischen Dschihad im Gazastreifen getroffen”, erklärte das Militär.

Die islamistische Hamas benutzt nach Erkenntnissen des israelischen Militärs Zivilisten als “menschliche Schutzschilde”. Zudem verstecke die Hamas im Gazastreifen “terroristische Infrastruktur in zivilen Gebieten”, erklärten Israels Verteidigungskräfte (IDF) am Morgen in einem Beitrag auf der Plattform x (vormals Twitter). In einer mit Fotos versehenen Auflistung von “Kriegsverbrechen der Hamas” führten die IDF des Weiteren an, dass die Hamas Leichen “schändet und verstümmelt”, “absichtlich Zivilisten tötet”, entführe und als Geiseln halte.

Nach mehreren internationalen Fluggesellschaften – wie United Airlines, Delta Air Lines, American Airlines und Air France – stellt nun auch die chinesische Hainan Airlines ihre Flüge nach Tel Aviv ein. Auch die Lufthansa hat zunächst bis einschließlich Montag alle Flüge von und nach Israel bereits ausgesetzt.

Als Reaktion auf die Angriffe hat die israelische Luftwaffe weitere Ziele der Hamas im Gazastreifen bombardiert. Man habe unter anderem ein Gebäude angegriffen, in dem Angehörige der Hamas untergebracht waren, teilten Israels Verteidigungskräfte (IDF) am frühen Morgen in ihrem Kanal im Nachrichtendienst Telegram mit. Zudem habe Israel im Süden rund 100.000 Reservisten zusammengezogen, erklärte ein Sprecher der israelischen Streitkräfte in der Nacht. Insgesamt kamen bislang mehr als 1.000 Menschen ums Leben.

Der Iran bestreitet jegliche Verbindung zu den Anschlägen in Israel. “Wir unterstützen Palästina nachdrücklich, aber wir sind nicht an der palästinensischen Antwort beteiligt, da diese nur von Palästina selbst getroffen wird”, erklärte die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen. “Die entschlossenen Maßnahmen Palästinas sind eine völlig legitime Verteidigung gegen sieben Jahrzehnte unterdrückerischer Besatzung und die abscheulichen Verbrechen des illegitimen zionistischen Regimes.” Der Erfolg der Hamas-Operation sei dem Überraschungsmoment zu verdanken, was sie zum “größten Versagen” der israelischen Sicherheitsorganisationen mache.

Die ehemalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat betont, im Kongress herrsche parteiübergreifende Einigkeit darüber, dass die USA Israel unterstützen müssten. Es gehe darum, “unseren Freunden, den Israelis, zu helfen”, sagte Pelosi in San Francisco – “sei es militärisch, sei es diplomatisch, sei es finanziell”. Die Überraschungsangriffe aus dem Gazastreifen verurteilte sie als “Akte der Feigheit”. Die Angriffe “auf diese Kinder, auf diese Großmütter, auf diese Familien” veränderten die Weise, wie “wir mit diesem Thema umgehen”.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert einen verstärkten Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland. “Die Attacken in Israel machen einen verstärkten Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland nötig. Spätestens seit den Angriffen in Paris und dem Anschlag in Halle ist klar, dass Feinde Israels in Europa sehr aktiv sind und morden wollen. Das gilt es um jeden Preis zu verhindern”, sagte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Sven Hüber der Zeitung “Rheinischen Post” laut Vorabbericht. “Wir sollten daher den Schutz auch auf jüdische Einrichtungen ausweiten, die bislang keinen Schutz erhalten haben.”

Zudem müsse die Bundesregierung prüfen, ob in Deutschland bestehende Vorfeldorganisationen der Hamas oder der Hisbollah verboten werden könnten. Es brauche klare Signale, dass solche Netzwerke, die die Terroranschläge vom Wochenende und die Schändung der Leichen israelischer Bürgerinnen und Bürger feierten, in Deutschland nicht geduldet würden.

US-Außenminister Antony Blinken hat sich angesichts der Hamas-Angriffe auf Israel mit seinen Amtskollegen aus Saudi-Arabien, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten beraten. In den jeweils drei Telefonaten habe Blinken um “anhaltendes Engagement” der Länder geworben und “den unerschütterlichen Fokus der USA herausgestrichen, die Attacken durch die Hamas zu stoppen und die Freilassung aller Geiseln sicherzustellen”, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Miller, am Sonntag.

Die Republikaner im US-Repräsentantenhaus haben eine Resolution auf den Weg gebracht, in der Solidarität mit Israel angesichts der Großangriffe der Hamas bekundet werden soll. Nun sei es an der Zeit, der Welt zu zeigen, dass die Vereinigten Staaten fest an der Seite “unseres Freundes und Verbündeten Israel stehen in der Verurteilung dieser heimtückischen Attacke durch vom Iran gestützte Terroristen”, erklärte der Vorsitzende des Außenausschusses der Kammer, Michael McCaul.

Er gehe davon aus, dass die überparteiliche Resolution eine der ersten Vorlagen sein werde, über die im Plenum beraten werde, sobald ein neuer Repräsentantenhausvorsitzender gewählt sei. Er erwarte auch breiten parteiübergreifenden Rückhalt für die Resolution, ergänzte McCaul. In dem Text heißt es, das Repräsentantenhaus “steht an der Seite Israels, während es sich gegen diesen barbarischen Krieg verteidigt, der von der Hamas und anderen Terroristen begonnen wurde”.

Zahlreiche Mitglieder des UN-Sicherheitsrats haben bei einer Dringlichkeitssitzung in New York den massiven Angriff der Palästinenserorganisation auf Israel verurteilt. Die Reaktion erfolgte jedoch nicht einstimmig, wie der US-Botschafter bei der UN, Robert Wood, nach der Sitzung betonte. “Es gibt eine ganze Reihe von Ländern, welche die Angriffe der Hamas verurteilt haben. Aber es sind offensichtlich nicht alle”, erklärte Wood, ohne Staaten wie Russland explizit zu nennen.

Zuvor hatten die USA den UN-Sicherheitsrat zu einer geschlossenen Reaktion gegen den Hamas-Angriff auf Israel aufgerufen. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen zog der Sicherheitsrat keine gemeinsame Erklärung in Betracht, geschweige denn eine verbindliche Resolution.

Australien hat die Großangriffe der Hamas auf Israel scharf verurteilt. “Wir verurteilen ausdrücklich die willkürlichen Raketenangriffe, die Invisiernahme von Zivilisten und Geiselnahmen – ein besonders beunruhigender und ungeheuerlicher Akt”, erklärte die australische Außenministerin Penny Wong. Sie habe am Wochenende mit ihrem israelischen Kollegen Eli Cohen telefoniert und ihm Australiens Solidarität bekundet. Australien unterstütze Israels Recht auf Selbstverteidigung.

Die Regierung in Canberra warne australische Staatsbürger zudem vor Reisen in den Gazastreifen oder in Gebiete in Grenznähe, ergänzte Wong. Australiens Premierminister Anthony Albanese sagte dem Sender ABC, der Großangriff der Hamas sei “offensichtlich sehr gut geplant” gewesen.

Die israelische Armee attackiert nach eigenen Angaben weiterhin Stellungen im Gazastreifen. Kampfflugzeuge hätten Ziele der in der Küstenenklave herrschenden Hamas in einem mehrstöckigen Gebäude beschossen, teilte das Militär mit. Auch eine Kommandozentrale sei getroffen worden. Ein Boot der Marine zerstörte laut Armeeangaben zudem drei auf Israel gerichtete Raketenwerfer.

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