Gräueltaten in Butscha: Folterkammer im Kinderheilzentrum

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Von: Tobias Utz, Karolin Schäfer, Katja Thorwarth, Tanja Banner

Nach den Morden in Butscha droht die Ukraine mit Vergeltung. Satellitenbilder bestätigen ukrainische Angaben. Die Lage im News-Ticker.

  • Im Ukraine-Krieg* werden Hunderte von der russischen Armee in einem Vorort von Kiew* getötet. Präsident Selenskyj spricht von „Völkermord“.
  • Kreml-Chef Wladimir Putin* streitet die Verantwortung von Russland ab.
  • Alles zum Kriegsverbrechen im Ukraine-Konflikt lesen Sie hier.

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+++ 06.35 Uhr: Wie das Nachrichtenportal The Kyiv Independent berichtet, wurden russische Folterkammern im Keller des Kinderheilzentrums in Bucha entdeckt. Demnach seien Im Keller die Leichen von fünf ermordeten Männern gefunden worden.
Ihre Hände seien gefesselt gewesen und sie scheinen gefoltert worden zu sein. Als Quelle ist die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine genannt.

Update vom Dienstag, 05.04.2022, 03.25 Uhr: Am Montag (04.04.2022) veröffentlichte US-Satellitenbilder bestätigen, dass einige der in dem Kiewer Vorort Butscha gefundenen Leichen bereits vor dem Abzug der russischen Truppen dort gelegen haben. Die „hochauflösenden“ Bilder „bestätigen die jüngsten Videos und Fotos in den sozialen Medien, auf denen Leichen zu sehen sind, die seit Wochen auf der Straße liegen“, erklärte ein Sprecher der US-Satellitenbildfirma Maxar Technologies.

Auf den Satellitenbildern einer Straße in Butscha von Mitte März sind mehrere Leichen mutmaßlicher Zivilisten zu sehen, die auf oder neben der Fahrbahn liegen. An dieser Stelle hatten ukrainische Beamte nach dem Rückzug der russischen Truppen Anfang April mehrere Leichen gefunden. AFP-Fotografen hatten bei einem Besuch am vergangenen Samstag rund 20 Leichen in Zivilkleidung gesehen – einige davon mit gefesselten Händen.

Die New York Times verglich die Satellitenbilder mit diversen Aufnahmen von ukrainischen Beamten und internationalen Medien und bestätigte, dass einige der Leichen sich bereits Wochen vor dem russischen Abzug in der gezeigten Position befunden hatten. Das russische Verteidigungsministerium hatte die Bilder als „Fälschungen“ bezeichnet.

In Butscha kam es im Ukraine-Krieg zu Kriegsverbrechen gegenüber Zivilisten durch Russland. © Rodrigo Abd/dpa

Ukraine-Krieg – Gräueltaten in Butscha: Weitere getötete Zivilisten entdeckt

+++ 22.10 Uhr: In einem Keller in Butscha sind laut der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft die Leichen von fünf gefolterten Männern entdeckt worden. Es handele sich um „unbewaffnete Zivilisten“, die von russischen Soldaten getötet worden seien, teilte die Behörde am Montagabend (04.04.2022) über Messenger Telegram mit. Sie seien mit gefesselten Händen im Keller eines Kindersanatoriums in dem Kiewer Vorort gefunden worden.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat zu den Ereignissen in Butscha für den Abend eine Pressekonferenz seines UN-Botschafters in New York angekündigt. Es würden Beweise vorgelegt, die die „wahre Natur jener Ereignisse zeigen, die jetzt in der Stadt Butscha unsere westlichen Partner versuchen, als Zeugnisse von Kriegsverbrechen der Russischen Föderation auszulegen“, sagte Lawrow am Montag (04.04.2022) bei einer Pressekonferenz in Moskau.

Ukraine-Krieg – Selenskyj verurteilt „Kriegsverbrechen und Völkermord“ in Butscha

+++ 20.15 Uhr: Über einen Monat lang war die ukrainische Kleinstadt Butscha im Nordwesten von Kiew von russischen Truppen besetzt und schwer umkämpft. Nach der Rückeroberung durch die ukrainische Armee wird immer mehr das Ausmaß der Gewalt und Zerstörung offenbar.

„Das sind Kriegsverbrechen, und sie werden von der Welt als Völkermord anerkannt werden“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einem Besuch in Butscha. „Diese Wunde wird nie heilen“, sagte eine Bürgerin. „Das würde ich nicht einmal meinem ärgsten Feind wünschen.“

Korrespondent:innen und Helfende berichteten zuvor von tragischen Szenen in Butscha. Zahlreiche Getötete seien von Helfern in Massengräbern notdürftig bestattet worden. Viele seien nicht einmal vollständig begraben. Hier ragt eine blasse Hand aus der Erde, dort ein Fuß in einem Stiefel. Zahlreiche Leichen liegen weiterhin in den Straßen der Kleinstadt. Der Triumph der ukrainischen Streitkräfte in Butscha macht den Horror der vergangenen Wochen nicht vergessen. Die Bergungsarbeiten in der Stadt seien weiter im Gange. „Diese Arbeit muss getan werden“, sagt ein Helfer.

Gräueltaten in Butscha: Ukrainische Soldaten finden wohl russische „Folterkammer“

+++ 16.45 Uhr: Die ukrainische Armee hat in Butscha laut eigenen Angaben eine von russischen Soldaten benutzte „Folterkammer“ mit den Leichen von fünf Zivilisten gefunden. Die Todesopfer seien nach vorne gebeugt, ihre Hände auf dem Rücken gefesselt gewesen, meldet die staatliche ukrainische Nachrichtenagentur Unian. Unter anderem der italienischen Repubblica zufolge nutzten mutmaßlich russische Truppen den Keller eines örtlichen Kindersanatoriums namens „Radiant“.

Butscha: UN-Menschenrechtskommissarin fordert unabhängige Untersuchungen

+++ 16.00 Uhr: Die hohe Kommissarin für Menschenrechte der UN, Michelle Bachelet, hat unabhängige Untersuchungen zu möglichen Kriegsverbrechen an Zivilpersonen in der ukrainischen Stadt Butscha gefordert. „Es sollte alles getan werden, um Beweise zu sichern“, sagte die Hochkommissarin am Montag (04.04.2022) in Genf. Alle Leichen sollten exhumiert, identifiziert und untersucht werden.

Berichte aus Butscha und anderen Gegenden würden „schwerwiegende und beunruhigende Fragen über mögliche Kriegsverbrechen“ und andere Rechtsverletzungen aufwerfen, sagte Bachelet. „Für Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechenschaft muss alles unternommen werden, um die Vorgänge in Butscha unabhängig und erfolgreich zu untersuchen“, sagte Bachelet. Sie forderte zudem die Entschädigungen und Wiedergutmachung für die Opfer und ihre Familien.

Gräueltaten in Butscha: Russland spricht von „Videofälschungen und Fakes“ im Ukraine-Krieg

+++ 13.00 Uhr: Russland hat jegliche Verantwortung für die Tötung der Zivilbevölkerung im Kiewer Vorort Butscha bestritten. „Wir weisen alle Anschuldigungen kategorisch zurück“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalistinnen und Journalisten. Die von der Ukraine als Beweise für ein Massaker während der russischen Besatzung des Ortes präsentierten Aufnahmen seien gefälscht worden.

Fachleute des russischen Verteidigungsministeriums hätten Anzeichen für „Videofälschungen“ und „Fakes“ entdeckt, sagte Peskow. „Nach dem zu urteilen, was wir gesehen haben, kann man diesen Videobildern nicht trauen.“ Der Kreml-Sprecher forderte ausländische Politiker auf, keine „voreiligen Anschuldigungen“ gegen Moskau zu erheben und „zumindest die russischen Argumente anzuhören“.

Russische Ermittlungsbehörden kündigten außerdem Untersuchungen zu den von der Ukraine verbreiteten Aufnahmen aus Butscha an. Diese entsprächen nach Auffassung des russischen Militärs „nicht der Realität“, sagte der Chef des russischen Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin. Sie seien an westliche Medien weitergegeben worden, „um das russische Militär zu diskreditieren“. 

Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha – Mehr als 300 Leichen geborgen

+++ 08.45 Uhr: Nach dem Massaker in der Stadt Butscha bei Kiew sind ukrainischen Medienberichten zufolge deutlich mehr als 300 Leichen aus der Zivilbevölkerung geborgen worden. Bis Sonntagabend seien bereits 330 bis 340 leblose Körper eingesammelt worden, schrieb die Zeitung Ukrajinska Prawda am Montag unter Berufung auf einen Bestattungsdienst. Am Montag wurde die Suche nach weiteren Opfern fortgesetzt. Einige Leichen seien in Hinterhöfen vergraben, hieß es. 

Ukraine-Krieg: Gräueltaten in Butscha – SPD-Chef Klingbeil lehnt Embargo ab

+++ 06.25 Uhr: SPD-Chef Lars Klingbeil bleibt auch nach den bekanntgewordenen Tötungen von Zivilisten im ukrainischen Butscha bei der Ablehnung eines sofortigen Stopps des Energieimports aus Russland. Er halte trotz der schrecklichen Bilder „ein sofortiges Gas-Embargo aus vielen Gründen für einen falschen Weg“, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“.* Der bayerische Ministerpräsident, CSU-Chef Markus Söder, teilte dort diese Position und wies darauf hin, dass sich Russland bereits andere Abnehmer suche, etwa Indien.

„Wir drehen gerade jeden Tag den Gashahn ein Stück weiter zu“, erklärte Klingbeil. Einen völligen Stopp von heute auf morgen zu machen, „da müssen wir bei aller Brutalität dieser Bilder und bei aller Emotionalität, die auch ich habe, da müssen wir über die Konsequenzen reden, die das für uns in Deutschland hätte.“

Gräueltaten in Butscha: Russland fordert UN-Sitzung – „Provokation ukrainischer Radikaler“

Update vom 04.04.2022, 05.00 Uhr: Russland hat angesichts des Vorwurfs von Kriegsverbrechen im ukrainischen Butscha für Montag eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats gefordert. Moskau habe die Sitzung wegen der „abscheulichen Provokationen ukrainischer Radikaler“ beantragt, erklärte der stellvertretende russische UN-Botschafter Dmitri Poljanskij am Sonntag auf Twitter.

Die russische Armee hatte sich kürzlich aus der Region um die ukrainische Hauptstadt Kiew zurückgezogen. Im Vorort Butscha wurden anschließend nach Angaben der ukrainischen Behörden hunderte Leichen von Zivilisten gefunden. Die Bilder und Videos aus dem Ort lösten international Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weitere westliche Vertreter warfen Moskau Kriegsverbrechen vor.

Moskau dementierte die Tötung von Zivilisten durch russische Soldaten in Butscha. Der Kreml warf Kiew vor, die Aufnahmen der Leichen inszeniert zu haben.

Gräueltaten in Butscha: Selenskyi lädt Angela Merkel ein

+++ 22.22 Uhr: Nach dem Fund hunderter Leichen in der ukrainischen Stadt Butscha hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer Reise in die Stadt eingeladen. In dem Kiewer Vorort könnten sich Merkel – ebenso wie der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy – ein Bild von ihrer gescheiterten Russland-Politik der vergangenen Jahre machen, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft.

Im Jahr 2008 hätten die Nato-Staaten, darunter Deutschland, der Ukraine eine Aufnahme in Aussicht gestellt, dann aber aus Rücksicht auf Russland einen Rückzieher gemacht, so Selenskyj. Merkel war von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin. „Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse an Russland in 14 Jahren geführt hat“, sagte Selenskyj. „Sie werden die gefolterten Ukrainer und Ukrainerinnen mit eigenen Augen sehen.“

Gräueltaten in Butscha: Selenskyj spricht von „Völkermord“, Scholz fordert Aufklärung

Erstmeldung vom Sonntag, 03.04.2022, 14.35 Uhr: Kiew – Der Ukraine-Krieg bringt Leid, Zerstörung und Tod. Das Ausmaß der Gräueltaten zeigte sich zuletzt in Butscha, einer ukrainischen Stadt etwa 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew*. Die dramatischen Berichte sorgten international für Entsetzen.

Das russische Militär hat sich in den vergangenen Tagen aus der Region Kiew zurückgezogen. Nach ukrainischen Angaben wurde die gesamte Region zurückerobert. Zurück blieben allerdings mit Leichen übersäte Straßen und völlige Zerstörung. Nach Informationen der ukrainischen Behörden wurden fast 300 Leichen gefunden, die in Massengräbern beerdigt werden mussten. Die drei städtischen Friedhöfe lägen noch im Bereich der russischen Streitkräfte.

Reporterinnen und Reporter der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) berichteten, dass zahlreiche Toten zivile Kleidung getragen hätten. Sie sahen auf einer einzigen Straße in Butscha mindestens 20 Leichen. Einem Toten sollen sogar die Hände gefesselt worden sein.

Massaker in Butscha: Scholz fordert „schonungslose“ Aufklärung

EU-Ratspräsident Charles Michel zeigte sich am Sonntag (03.04.2022) „erschüttert“ über Bilder aus der Pendlerstadt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock* (Grüne*) kündigte härtere Sanktionen gegen Russland* und weitere Unterstützung für das ukrainische Militär an. Die Bilder der „hemmungslosen Gewalt“ aus Butscha seien „unerträglich“, schrieb die Grünen-Politikerin beim Kurznachrichtendienst Twitter.

Nach den Berichten aus Butscha hat Bundeskanzler Olaf Scholz* (SPD*) eine Aufklärung von „Verbrechen des russischen Militärs“ verlangt. Die Verbrechen müssten „schonungslos“ aufgeklärt werden, sagte Scholz am Sonntag in Berlin. Zudem müssten die Täter und ihre Auftraggeber „konsequent zur Rechenschaft gezogen werden“.

Ukraine-Krieg: Außenminister fordert weitere Sanktionen gegen Russland

Weitere Sanktionen forderte auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Er sprach angesichts der Ereignisse in Butscha von einem „absichtlichen Massaker“. „Die Russen wollen so viele Ukrainer wie möglich vernichten“, schrieb er auf Twitter. Die sich zurückziehenden russischen Streitkräfte schaffen eine „katastrophale“ Situation für die zivile Bevölkerung, warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj* laut Angaben der arabischen Nachrichtenagentur Al Jazeera. Dem Staatschef zufolge hätte das russische Militär Landminen in der Nähe von Häusern zurückgelassen.

Doch eine Pause von dem mehr als fünf Wochen andauernden Krieg zwischen Russland und der Ukraine* scheint es nicht zu geben. Die ukrainische Regierung wertete den Rückzug der russischen Truppen aus dem Norden des Landes als Beleg für einen Strategiewechsel. Stattdessen wolle sich Russland neu positionieren und seine Offensive vor allem im Süden und Osten der Ukraine stärken. Dennoch ist das für einige Ukrainerinnen und Ukrainer Grund genug, zurück in ihr Heimatland zu kehren*.

Ukraine-Kieg aktuell: Luftangriff in Odessa gemeldet

In der südukrainischen Hafenstadt Odessa gab es am Sonntag einen Luftangriff auf ein Industriegebiet. See- und luftgestützte Raketen hätten eine Ölraffinerie und drei Lager zerstört, erklärte das Verteidigungsministerium. Auch die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer wird weiterhin von russischen Truppen belagert. Selenskyj warnte auch hier vor „mächtigen Angriffen“. (kas/tab/ktho/tu mit dpa/AFP) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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