Stadt Hamburg priorisiert Vielfalt, um Kultur zu beleben, Wirtschaft zu retten – EURACTIV.de

Hamburg suche nach Lösungen, um den Trend des überproportionalen Einzelhandelswachstums umzukehren, während andere Sektoren wie Kultur und Freizeit kämpfen, sagte Dorothee Stapelfeldt, Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt in der Hamburger Regierung EURACTIV.de in einem Interview.

Die „gefährliche“ reduzierte Nutzungsvielfalt in der Hamburger Innenstadt sei schon vor der Pandemie aufgefallen, letztere habe die Situation aber verschlechtert, räumte Stapelfeldt ein.

„Schon vor Beginn der Pandemie war uns der Strukturwandel in der Innenstadt und die Gefahr der Bildung von Monostrukturen bewusst“, sagte sie.

Das Problem betrifft vor allem den ungleichmäßigen Fokus auf das Wachstum des Einzelhandelssektors, während Restaurants und kulturelle Einrichtungen verdrängt wurden.

„Die meisten Kinos in der Innenstadt mussten deswegen in den vergangenen Jahrzehnten schließen“, sagte Stapelfeldt.

Um dem negativen Trend entgegenzuwirken, hat sich die Stadt Hamburg bereits vor Ausbruch der Pandemie um den Erhalt der Vielfalt in der Innenstadt bemüht.

„Bereits 2014 haben wir ein Leitbild für die Innenstadt entwickelt, das sich unter anderem mit dieser Problematik befasst. Anfang 2020, noch bevor COVID zu einer weltweiten Pandemie wurde, haben wir darauf aufbauend unser innerstädtisches Aktionskonzept vorgestellt“, betonte Stapelfeldt.

Bei diesem Aktionskonzept wurde ein besonderer Fokus auf die Förderung verschiedener Nutzungen gelegt.

„Wir haben gesagt: Wir brauchen viel mehr Nutzungsvielfalt und -mischung in der Innenstadt. Diese Vielfalt stärker zu betonen, mit mehr Wohnraum, mehr Kulturangeboten, mehr Dienstleistungen und mehr Gastronomie ist uns besonders wichtig.“

Die Pandemie machte die Sache noch schlimmer

Die Pandemie beschleunigte jedoch die Entstehung von Monostrukturen in der Innenstadt. Zwar liegen der Stadt Hamburg noch keine konkreten Zahlen zur Zahl der Schließungen in den letzten zwei Jahren vor, aber der Rückgang der Vielfalt ist offensichtlich.

„Diese Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt im Zusammenhang mit der Pandemie, in der zwei große Warenhäuser schließen mussten“, erklärte die Senatorin für Stadtentwicklung.

Als Reaktion auf den Ausbruch der Pandemie und die darauffolgenden Lockdowns wurden der Hamburger Wirtschaft Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 3 Milliarden Euro zur Entlastung der COVID-Beschränkungen bereitgestellt.

So hat die Stadt Hamburg etwa 1,6 Millionen Euro für den Restart Fund bereitgestellt, der Veranstaltungen und andere Aktivitäten von Interessengruppen unterstützt.

„Die Innenstadt hat einen größeren Anteil erhalten als die kleineren Bezirke mit ihren jeweiligen Zentren. Mit dem Fonds haben wir wirklich Hilfe für den Neustart nach dem Lockdown angeboten“, sagte Stapelfeldt.

Darüber hinaus hat die Stadt Hamburg das mit 9 Millionen Euro dotierte Projekt „Free_Space“ initiiert, das auf die Belebung der Innenstadt durch die Zwischennutzung leerstehender Einzelhandelsflächen abzielt. Das Projekt unterstützt Kreative dabei, geeignete frei werdende Räumlichkeiten für Produktion, Präsentation und Handel zu günstigen Konditionen temporär zu nutzen.

Allerdings hat das im Juli 2021 gestartete Projekt bisher nur bedingt Beachtung gefunden.

„Von den neun Millionen Euro, die wir zur Förderung angeboten haben, wurde bisher erst eine halbe Million abgerufen“, sagte Stapelfeldt.

Zukünftige Herausforderungen und Digitalisierung

Um der Entwicklung von Monostrukturen in der Innenstadt entgegenzuwirken, bedarf es jedoch langfristig angelegter Maßnahmen, die auch über die COVID-Pandemie hinaus wirken.

„Die finanzielle Unterstützung des Einzelhandels hat das Problem zwar kurzfristig angepackt, aber nicht gelöst“, stellte die Senatorin fest.

„Denn der Handel muss sich auch unabhängig von der Pandemie konzeptionell verändern – wenn er sich behaupten will[…] Denn die Menschen erwarten heutzutage, anders erreicht zu werden.“

Ein entscheidender Faktor dabei ist die Digitalisierung, die auch den Handel massiv beeinflussen wird. Dem versucht die Stadt Hamburg mit verbesserten Rahmenbedingungen entgegenzuwirken.

Hamburg will insbesondere den Netzausbau vorantreiben, um die digitale Infrastruktur weiter zu verbessern.

„Hier versuchen wir als Stadt, die Rahmenbedingungen zu setzen. Dies ist der erste Schritt. Aber natürlich braucht es auch private Initiativen und Impulse“, sagte Stapelfeldt.

Insgesamt soll die Innenstadt hinsichtlich Nutzungsvielfalt resilienter werden. Hamburg bleibe eine Stadt, „in der wichtige große und kleine kulturelle Einrichtungen ihren Platz haben“, so die Senatorin für Stadtentwicklung abschließend.

[Edited by Sarantis Michalopoulos]


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