Parteienfinanzierung in Deutschland erklärt – POLITICO



Die Deutschen sehen sich gerne als geordneter Haufen, der sich an die Regeln hält. Doch bei Parteispenden waren die deutschen Politiker nicht immer blitzsauber.

Im Laufe der Jahre wurde das Land von verschiedenen Parteienfinanzierungsskandalen heimgesucht. Geschichten von Koffern voller Bargeld, die direkt ins Kanzleramt gebracht wurden, haben das Erbe Helmut Kohls stark getrübt. Kürzlich verhängte das Parlament eine saftige Geldstrafe gegen die rechtsextreme Alternative für Deutschland wegen illegaler Transfers von einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen.

So soll es natürlich nicht funktionieren. Aber die Parteienfinanzierung wird erneut auf den Prüfstand gestellt, da Parteien versuchen, sich durch Spenden von Unternehmen und Einzelpersonen einen Vorsprung zu verschaffen, während sich der deutsche Bundestagswahlkampf aufheizt.

Hier ist der Ratgeber von POLITICO zu allem, was Sie über die Parteienfinanzierung in Deutschland wissen müssen.

Wie soll es funktionieren?

Die Do’s and Don’ts sind im Parteiengesetz festgelegt.

Parteien haben drei Haupteinnahmequellen: staatliche Finanzierung; Beiträge von Mitgliedern oder von den Gehältern gewählter Amtsträger wie Abgeordneter; und private oder Firmenspenden.

Die staatliche Förderung basiert auf der „Verwurzelung der Partei in der Gesellschaft“. Dieser berechnet sich danach, wie viele Stimmen eine Partei bei der letzten Europa-, Bundestags- und Landtagswahl gewonnen hat und wie viel sie an Mitgliedsbeiträgen und Spenden erhalten hat.

Dabei gilt: Je gesellschaftlich relevanter eine politische Partei ist, desto größer ist ihr Bedarf an neutraler Finanzierung. Kleinere oder neuere Parteien haben somit einen inhärenten Nachteil im deutschen System.

„In der Gesellschaft verwurzelt“ zu sein bedeutet jedoch nicht unbedingt, Teil des politischen Mainstreams zu sein. Die neonazistische Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) erhielt im Jahr 2020 350.000 Euro Steuergelder und soll in diesem Jahr den gleichen Betrag erhalten. Die deutsche Regierung hat gemeinsam mit beiden Kammern des Parlaments beim Verfassungsgericht einen Antrag auf Einstellung der Finanzierung der Partei mit Staatsgeldern gestellt. Das Gericht muss in dem Fall noch entscheiden.

Gibt es Grenzen für die staatliche Förderung?

Eine Partei kann nie mehr staatliche Mittel erhalten, als sie in einem Jahr durch eigene Einnahmen erwirtschaftet. Mit anderen Worten, bis zu 50 Prozent der Einnahmen einer Partei können vom Staat kommen.

Die Gesamtobergrenze der staatlichen Parteienförderung wird jährlich vom Bundestagspräsidenten festgelegt. Dieser Betrag ist in den letzten Jahren stark angestiegen: 2010 waren es insgesamt 133 Millionen Euro; 2021 sind es über 200 Millionen Euro.

Möglich wurde der starke Anstieg durch eine Änderung des Parteiengesetzes im Jahr 2018. Die Regierungsparteien (CDU/CSU und SPD) argumentierten, dass die politischen Parteien aufgrund neuer Entwicklungen – wie Social Media und Digitalisierung – mehr Mittel benötigten. Die Änderung wurde trotz des Widerstands aller anderen Parteien im Parlament angenommen.

Wie abhängig sind politische Parteien von Spenden?

Bei den im Bundestag vertretenen Parteien machten die Landesmittel 2019 mehr als ein Drittel der Gesamteinnahmen aus. Die Mitgliedsbeiträge waren die zweitwichtigste Einnahmequelle, während Spenden rund 14 Prozent ihrer Einnahmen ausmachten.

Spenden – private und geschäftliche – nehmen in einem Wahljahr in der Regel stark zu.

Gibt es Grenzen für Parteispenden?

Nicht wirklich.

Nach dem christdemokratischen Finanzierungsskandal, der Kohl belastete, wurden mehrere Anpassungen des Parteiengesetzes vorgenommen. Diese Anpassungen konzentrierten sich jedoch hauptsächlich auf Transparenz und nicht auf Beschränkungen.

Parteispenden über 50.000 Euro müssen unverzüglich dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden, der die Informationen dann auf der Internetseite des Parlaments veröffentlicht. Es gibt keine Begrenzung für persönliche oder Firmenspenden.

Spenden über 10.000 Euro müssen im Jahresbericht jeder Partei veröffentlicht werden, den der Parlamentspräsident prüft und online veröffentlicht. In der Praxis werden die vollständigen Berichte erst zwei Jahre später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Spenden unter 50.000 Euro im laufenden Wahljahr werden also voraussichtlich erst Anfang 2023 veröffentlicht.

Kritiker sagen, diese Regelungen seien zu lasch und zu einfach zu umgehen. Lobbycontrol, eine deutsche Nichtregierungsorganisation mit Fokus auf Transparenz, berichtete, dass der CEO eines Spielautomatenunternehmens im Jahr 2018 120.000 Euro an die Christlich-Soziale Union Bayerns gespendet hatte – allerdings mit einer Spende als Einzelperson und fünf weiteren über Unternehmen, die ihm gehörten. Damit vermied er die sofortige Veröffentlichung seiner Spenden, da jede einzelne unter der 50.000-Euro-Grenze lag. Im selben Jahr entschied die deutsche Politik über eine stärkere Regulierung von Spielautomaten.

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