in René Benkos schuldenbeladenes Immobilienimperium

Im Laufe von zwei Jahrzehnten baute René Benko sein Signa-Immobilienimperium von bescheidenen Anfängen mit der Errichtung von Wohnungen in seiner Heimatstadt Innsbruck zu einem der erfolgreichsten Immobilienentwickler Europas aus.

Mit billigen Schulden und einem zunehmend barocken Netzwerk aus Holdinggesellschaften, Tochtergesellschaften und Trusts erwarb Signa einige der prestigeträchtigsten Adressen auf dem gesamten Kontinent und machte Benko zum Milliardär. Nur der Papst und die britische Monarchie hätten bessere Gebäude gehabt als er, scherzte er gern.

Seine Komplexität war jedoch ein Schlüsselelement in der Krise, mit der Signa jetzt konfrontiert ist. Im vergangenen Jahr zögerten Investoren, der Gruppe mehr Geld zu geben, weil sie über die aufwändige Finanztechnik beunruhigten, die Benko anwendete. Ohne frische Mittel war die Insolvenz unausweichlich.

Die Financial Times hat die Struktur der Signa Group mit mehr als 1.000 Unternehmenseinheiten vereinfacht, um die Herausforderungen zu veranschaulichen, vor denen Kreditgeber und Investoren jetzt stehen. Signa antwortete nicht auf Anfragen nach Kommentaren.

Signa Holding

Am Mittwoch hat die Signa Holding, das zentrale Unternehmen im Signa-Netzwerk, bei den österreichischen Gerichten Insolvenz angemeldet.

Nach den Regeln der „Selbstverwaltung“ in Österreich hat das Management – ​​unterstützt vom deutschen Sanierungsspezialisten Arndt Geiwitz – 90 Tage Zeit, um eine tragfähige Sanierung zur Genehmigung durch die Gläubiger auf die Beine zu stellen. Scheitern sie, übernimmt ein unabhängiger Administrator.

Benko ist weiterhin Mehrheitsaktionär der Signa Holding. Aber es gibt externe Investoren und Schulden in Milliardenhöhe. Die Interessen aller Beteiligten abzuwägen, wird eine teuflische Aufgabe sein.

Berater, Investoren und Kreditgeber, die mit der Financial Times gesprochen haben, haben alle dasselbe gesagt: Niemand scheint genau zu wissen, wer Anspruch auf was hat. Doch in den letzten Monaten, so ein Insider, sei Geld aus allen Teilen des Signa-Imperiums zurück in die Signa Holding geflossen.

Signa Sports und Signa Real Estate Management Deutschland

Die finanziellen Erschütterungen begannen an den Extremitäten.

Die Sport-E-Commerce-Plattform Signa Sports United wurde 2021 mit einer Bewertung von 3 Milliarden US-Dollar an der New Yorker Börse notiert. Nach Monaten sich verschlechternder Finanzlage meldete das Unternehmen jedoch am 23. Oktober Insolvenz an, nur wenige Tage nachdem die Signa Holding eine Kapitalzusage in Höhe von 150 Millionen US-Dollar zurückgezogen hatte.

Das Management des Unternehmens – das Signa mit Unterstützung der japanischen SoftBank, des Saudi-Arabiens Public Investment Fund und des Abu Dhabis Mubadala an die Börse gebracht hat – kündigte an, es werde klagen.

Am Freitag letzter Woche erklärte sich dann auch das Unternehmen, das für die laufende Verwaltung der deutschen Immobilienprojekte von Signa zuständig ist, Signa Real Estate Management Germany, zahlungsunfähig. Das Geld der österreichischen Muttergesellschaft floss einfach nicht mehr.

Signa Prime und Signa Development

Alle Augen sind nun auf zwei Unternehmen im Signa-Netzwerk gerichtet: Signa Prime und Signa Development. Das Paar besitzt die wertvollsten Vermögenswerte im Signa-Portfolio.

Weihnachtsbäume vor dem Eingang des Kaufhauses KaDeWe in Berlin
Das KaDeWe ist das Berliner Pendant zu Harrods © Bloomberg

Die Aufgabe von Signa Development besteht darin, Grundstücke zu kaufen und neue Bürogebäude oder Veranstaltungsorte zu bauen, die schnell verkauft werden können. Zu den Projekten gehören die Bürostandorte BEAM und Glance in Berlin sowie der Twentytwo Tower in Wien.

Die Hauptaufgabe von Signa Prime hingegen besteht darin, erstklassige Immobilien langfristig zu halten und zu entwickeln und mit ihren Mieteinnahmen und steigenden Bewertungen Geld zu verdienen. Seine Vermögenswerte sind diejenigen, auf die Benko am meisten stolz ist: das KaDeWe-Gebäude in Berlin und das „Goldene Viertel“ in Wien zum Beispiel. Darüber hinaus ist das Unternehmen Eigentümer mehrerer Bauprojekte, darunter des Elbtowers in Hamburg.

Beide Unternehmen sind noch immer im Handel und haben die gleichen Vorstände und Aufsichtsräte.

Zu den Mitgliedern des Aufsichtsrats gehören Robert Peugeot aus der gleichnamigen Automobildynastie; Alfred Gusenbauer, der ehemalige österreichische Bundeskanzler; und Karl Sevelda, ehemaliger Vorsitzender der Raiffeisen Bank International, einem der größten Kreditgeber von Signa.

Die Eigenschaften

Insgesamt verfügt Signa nach eigenen Angaben über ein Gebäudeportfolio im Wert von mehr als 27 Milliarden Euro und eine Entwicklungspipeline im Wert von 25 Milliarden Euro, wie aus Präsentationen vor Investoren hervorgeht.

Benkos Modell, das mit seiner ersten großen Akquisition, dem Kaufhaus Tyrol in Innsbruck, etabliert wurde, besteht darin, ungeliebte Innenstadtlokale aufzukaufen, sie abzureißen oder zu renovieren und sie in Luxustempel zu verwandeln, indem er große Marken einbringt und auf Hochtouren bringt und erhöhen dabei die Bewertung der Immobilien.

Diese Bewertungen stiegen in einem Verbrauchermarkt, der durch billiges Zentralbankgeld angetrieben wurde, weiter an. Auch die zur Finanzierung solcher Projekte nötigen Schulden waren günstig. Das bedeutete, dass Signa schnell expandieren konnte. Im Jahr 2019 verzeichnete das Unternehmen den höchsten Gewinn aller Zeiten: Die Signa Holding erwirtschaftete mehr als 1 Milliarde Euro.

Kräne umgeben den im Bau befindlichen Elbtower in Hamburg
Der Elbtower befindet sich in Hamburg im Bau. Die Arbeiten am künftigen dritthöchsten Wolkenkratzer Deutschlands wurden letzten Monat eingestellt © Maria Feck/Bloomberg

Bis zum letzten Jahr unterzeichnete Signa noch Zusagen für Neuentwicklungen im Wert von mehreren Milliarden Euro.

Die Arbeiten am größten davon – dem Elbtower, dem dritthöchsten Wolkenkratzer Deutschlands – wurden im Oktober eingestellt, als Signa die Zahlung der Arbeiterlöhne einstellte.

Die optimistischen Bewertungen von Signa hingen von den Mieteinnahmen ab, die seine Immobilien erzielen könnten. Das KaDeWe-Gebäude in Berlin zum Beispiel wurde in den Büchern von Signa in den letzten fünf Jahren jedes Jahr um mehr als 100 Millionen Euro aufgewertet.

Dies warf für einige in der Branche Fragen auf, da viele der wichtigsten Mieter von Signa – diejenigen, die die Mieten zahlten, die die steigenden Bewertungen rechtfertigten – Betreibergesellschaften waren, die ebenfalls von Signa kontrolliert wurden.

KaDeWe-Gruppe

Die KaDeWe Group, zu der Signa neben der thailändischen Central Group gehört, ist das Einzelhandelsunternehmen hinter dem Berliner Äquivalent von Harrods und einer Flotte weiterer Luxuskaufhäuser in Deutschland und der Schweiz. Das Unternehmen mietet die Gebäude für all dies – in den Augen der Verbraucher oft gleichbedeutend mit den Marken selbst – von Signa Prime.

KaDeWe ist ein profitables Unternehmen, und die Central Group hat wiederholt betont, dass sie über die Ressourcen verfügt, um sich vor allen Problemen zu schützen, die sich aus den Schwierigkeiten ihres Mitgesellschafters ergeben könnten.

Signa-Kaufhäuser

Signa besitzt eine weitere Einzelhandelsflotte, die jedoch von Benko weniger geschätzt wird.

Galeria Karstadt Kaufhof ist Deutschlands größte Warenhauskette und die drittgrößte in Europa. Es handelt sich um einen mittelständischen Einzelhändler, der finanzielle Probleme hat, da die Verbraucher in den Haupteinkaufsstraßen sauer werden.

Ein Eingang zu einem Kaufhaus Galeria Kaufhof in Berlin
Signa ist Eigentümerin der Galeria Karstadt Kaufhof. Deutschlands größte Warenhauskette, die 18.000 Mitarbeiter beschäftigt © Krisztian Bocsi/Bloomberg

Vor vier Jahren übernahm Signa das vollständige Eigentum und begann mit dem Verkauf der darunter liegenden Vermögenswerte: Ein kleiner Teil der wertvollsten Galeria-Standorte in Innenstadtlagen wurde an Signa Prime verkauft. Der Rest wurde zur Kapitalbeschaffung an Drittinvestoren verkauft.

GKK hat zwei Umstrukturierungen in den Jahren 2020 und 2022 hinter sich, mit Tausenden von Arbeitsplatzverlusten und zahlreichen Filialschließungen. Im Rahmen eines Turnaround-Plans erwartete das Unternehmen 200 Mio. Euro von Signa, wobei die erste Tranche im Februar fällig war. Das Unternehmen beschäftigt 18.000 Mitarbeiter.

Zu den Signa Department Stores gehörte bis Anfang des Jahres auch die österreichische Möbelkette Kika/Leiner. Im Juni verkaufte Signa es für 400 Mio. Euro. Das Unternehmen ging weniger als eine Woche später pleite.

Signa US, Signa Hotels und Signa Media

Signa hat auch weitreichende Interessen über den Einzelhandel hinaus. Sein US-Joint Venture mit dem Immobilienentwickler RFR kaufte das Chrysler-Gebäude im Jahr 2019. Damals galt der Schritt als eine von Benkos bisher kühnsten Wetten und als Signal dafür, dass Signa in der mörderischen Welt der New Yorker Immobilienspekulation eine Zukunft sah .

Die Hotelsparte besitzt inzwischen mehrere Luxusdestinationen in Europa, darunter das Hotel Bauer Palazzo in Venedig, das Signa gerade entwickelt, und das Chalet N in Lech, einem der exklusivsten Skigebiete der Alpen.

Das Hotel Palazzo Bauer am Canal Grande in Venedig
Signa Hotels baut das Hotel Palazzo Bauer am Canal Grande in Venedig um © imageBROKER/picture Alliance

In Benkos Heimat Österreich besitzt Signa außerdem Minderheitsbeteiligungen an der größten Zeitung des Landes, der Boulevardzeitung Kronen Zeitung, und dem Broadsheet Kurier.

Die Investoren

Auf fast jeder Ebene des Signa-Netzwerks gibt es Minderheits-Co-Investoren und eine verwirrende Vielfalt an Kreditgebern.

Unter ihnen sind einige der reichsten Family Offices Europas wie die Rausings und die Peugeots.

Auch namhafte Unternehmer und Industriekapitäne haben investiert, darunter Ernst Tanner, Geschäftsführer des Chocolatiers Lindt & Sprüngli; Torsten Toeller, der Tiernahrungsmagnat; Hans Peter Haselsteiner, der österreichische Industrielle; und die Erben der Formel-1-Rennlegende Niki Lauda.

Sie alle bemühen sich nun darum, genau zu verstehen, was ihre Investitionen wert sind.

Die undurchsichtige Natur der Konzernstruktur sowie Nebenabreden, Gewinnbeteiligungsvereinbarungen, Schuldscheindarlehen und umfangreiche konzerninterne Darlehen bedeuten, dass niemand eine klare Vorstellung davon hat, was als nächstes passieren wird, so mehrere Quellen mit direkten Kenntnissen des Unternehmens.

Die Kreditgeber

Laut Personen mit Kenntnissen des Konglomerats und seiner Unternehmen sind mindestens 120 Banken Sigma ausgesetzt. Der Schweizer Vermögensverwalter Julius Bär ist der einzige Kreditgeber, der sein Engagement öffentlich darlegt. Diese Woche gab er an, dass er Kredite in Höhe von 606 Mio. Fr. (692 Mio. US-Dollar) an ein europäisches Unternehmen vergeben habe, bei dem es sich, wie Personen aus dem Umfeld des Unternehmens bestätigt haben, um Signa handelt.

Eingang zu einer Filiale von Julius Bär in Zürich, Schweiz
Die Schweizer Bank Julius Bär hat sich zu einem der exponiertesten Kreditgeber von Signa entwickelt und der Gruppe 600 Mio. Franken geliehen © Stefan Wermuth/Bloomberg

Die österreichische Raiffeisen Bank International verfügt nach Angaben von Personen, die mit den Einzelheiten vertraut sind, über ein Engagement von mehr als 750 Mio. Euro, während der FT eingesehene Dokumente darauf hinweisen, dass eine Reihe globaler Banken ausstehende Kredite an Signa haben, darunter die UBS-eigene Credit Suisse, die Bank of China und Frankreich Natixis und Italiens UniCredit.

Kleinere Regionalbanken sind im Verhältnis zu ihrer Größe noch stärker gefährdet. Den Unterlagen zufolge haben staatliche deutsche Landesbanken, darunter die Frankfurter Helaba und die Münchner BayernLB, Kredite in Höhe von Hunderten Millionen Euro ausstehend. Auch andere Raiffeisen-Tochtergesellschaften in Österreich sind große Unterstützer von Signa.

JPMorgan-Analysten schätzten letzten Monat, dass Signa den Kreditgebern insgesamt mindestens 13 Milliarden Euro schuldete.

Die Benko Family Foundation, die Laura Foundation und Holdinggesellschaften

An der Spitze stehen die beiden Stiftungen von Benko in Innsbruck. Im Laufe der Jahre waren sie die größten finanziellen Nutznießer von Signa. Aber sie sind undurchsichtig. Benkos Mutter Ingeborg, die ihn alleine großzog, ist die Hauptunterzeichnerin beider Stiftungen.

Der Einfluss der Stiftungen auf Signa ist jedoch nicht vollständig. Benko hat im Gegenzug für Investitionen langsam die Kontrolle abgegeben. Nebenabsprachen zwischen Benko und Investoren ermöglichten es ihm, die Kontrolle zu behalten. Doch als sich die Insolvenz der Signa Holding diese Woche näherte, vertiefte sich die Kluft.

Mehrere Personen, die mit der Situation vertraut sind, haben der FT mitgeteilt, dass das Vertrauen zwischen Benko und einigen seiner externen Investoren fast völlig verschwunden sei.

Sie sagten, Benko scheine immer noch daran zu glauben, dass sein Imperium gerettet werden könne. Alle anderen hoffen, mit möglichst viel intaktem Kapital davonzukommen.

Zusätzliche Berichterstattung von Owen Walker in London

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