Experten kritisieren neues Gesetz zur Aushöhlung des österreichischen öffentlich-rechtlichen Senders ORF – EURACTIV.de

Die österreichische Regierung will ihren unabhängigen öffentlich-rechtlichen Sender regieren ORF nach erheblichem Druck von Medienunternehmen des privaten Sektors, in einem Schritt, der von Experten scharf kritisiert wurde.

In Österreich der öffentlich-rechtliche Sender ORF – finanziert durch eine allgemeine Abgabe von 19 Euro pro Haushalt – ist ein fester Bestandteil der Fernsehnachrichten. In den vergangenen Jahren hat es sich in den digitalen Raum verzweigt und bietet prägnante Nachrichten in Textform.

Dies kam bei traditionellen Verlagen nicht gut an. Nach monatelangem Hin und Her hat die österreichische Regierung am Mittwoch eine Reform vorgeschlagen.

„Eine starke Gesellschaft braucht eine starke, unabhängige und vielfältige Medienlandschaft“, sagte Grünen-Chefin Sigrid Maurer.

Die Änderungen des öffentlich-rechtlichen Senders werden bei einem jährlichen Budget von bis zu 1 Milliarde Euro obligatorische Einsparungen von 325 Millionen Euro mit sich bringen. Gleichzeitig wird ihre Haupteinnahmequelle, die Allgemeine Abgabe, auf 15,30 Euro gesenkt.

Die vielleicht bedeutendste Änderung wird eine Obergrenze für die Menge der Online-Textnachrichten sein, die der ORF veröffentlichen darf, begrenzt auf 350 pro Woche. Das hat in der Branche zu Witzen geführt wie: „Der Papst ist gerade gestorben! Schade, wir sind für die Woche schon bei 350.“

Durchgesickerte Dokumente haben gezeigt, dass private Medienunternehmen auf eine viel restriktivere Obergrenze von 100 pro Woche drängten. Dies und das Fehlen einer tiefgreifenden Reform haben Kritik ausgelöst.

„Es geht nicht darum, ein bisschen Information anzubieten. Das ist nicht gerade ein zeitgemäßer Umgang mit Online-Formaten. Gefragt sind Reaktionsfähigkeit, Interaktivität, Beteiligung und Empowerment“, sagte Medienexperte Josef Seethaler APA.

Ein Vertreter der ORF-Redaktion beklagte die Reform, weil sie es versäumt habe, die politische Kontrolle über den Sender zu verringern, während gleichzeitig Maßnahmen mit geringen Auswirkungen auf textbasierte Nachrichten durchgesetzt wurden.

„Ob diese Einschränkungen dem Geschäftsmodell privater Medien zugute kommen, bezweifeln Experten massiv“, sagte Vorstandssprecher Dieter Bornemann APA.

(Nikolaus J. Kurmayer | EURACTIV.de)

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