Deutsche sind von den Vorteilen der Datenwirtschaft nicht überzeugt – EURACTIV.com

Vor zwei Monaten hat die Bundesregierung mit einer neuen Strategie die Weichen für eine effektivere Nutzung von Daten gestellt, doch aktuelle Umfragen zeigen, dass Bevölkerung und Unternehmen nicht von den Vorteilen der Nutzung personenbezogener Daten überzeugt sind.

Eine aktuelle Umfrage, die zwischen September und November im Auftrag des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) durchgeführt wurde, ergab, dass 75 % der 2.500 Befragten keinen wirtschaftlichen Nutzen in der digitalen Datenverarbeitung sehen, nur 10 % glauben, dass personenbezogene Daten einen Beitrag zur nationalen Wirtschaft leisten Wohlstand.

Darüber hinaus sind nur 14 % davon überzeugt, dass die digitale Verarbeitung persönlicher Daten ihren Alltag erleichtert.

„Alle sind für ein digitales Deutschland. Viele verbinden Digitalisierung jedoch nicht mit Daten. „Das ist das Ergebnis jahrelanger negativer Debatten, die auch Befürchtungen geschürt haben, dass Daten per se in die falschen Hände geraten“, sagt Dirk Freytag, Präsident des BVDW.

Dieses Misstrauen überträgt sich auch auf digitale Verwaltungsprozesse. Die meisten Deutschen (54 %) sind nicht davon überzeugt, dass persönliche Daten dabei helfen, Prozesse zu beschleunigen.

„Wenn bis 2023 nicht einmal jeder Zweite den Nutzen der Datennutzung erkennt, ist es höchste Zeit zu handeln“, betonte Carsten Rasner, Geschäftsführer des BVDW.

Rechtliche Bedenken

Bei deutschen Unternehmen sieht es nicht so anders aus.

Laut einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) vom September ist nur ein Drittel der Unternehmen in Deutschland bereit, ihre Daten effizient zu speichern, zu verarbeiten und zu nutzen, wobei die Weitergabe und Verarbeitung von Daten die häufigsten rechtlichen Bedenken der Unternehmen sind. Beispielsweise wird das Risiko einer Datenschutzverletzung oft als höher eingeschätzt als der Nutzen der Datenweitergabe.

„Konkret geben Unternehmen in diesem Zusammenhang an, dass rechtliche Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes oder des Urheber- und Kartellrechts sowie Unsicherheiten über Nutzen oder Risiken des Datenaustauschs ein entscheidender Faktor sind“, erklärt Jan Büchel, Ökonom für Datenökonomie am IW Euraktiv.

Eine weitere Quelle der Unsicherheit und Zurückhaltung der Unternehmen sind die verschiedenen derzeit geltenden EU-Rechtsvorschriften.

„Zugegebenermaßen werden derzeit viele Rechtsakte auf EU-Ebene verabschiedet, die den Umgang mit Daten in Unternehmen betreffen und teilweise miteinander verknüpft sind“, sagt Büchel.

Viele Unternehmen sind verwirrt über die rechtlichen Anforderungen, die sie beim Datenaustausch mit anderen Unternehmen einhalten müssen. Kürzlich hat die EU das Data Act und das Data Governance Act verabschiedet, in denen Pflichten und Governance-Anforderungen für den Datenaustausch festgelegt sind.

„Dennoch sind die Regelungen wichtig, um sicherzustellen, dass der Umgang und die Weitergabe von Daten innerhalb der EU im Einklang mit europäischen Werten steht“, fügte der IW-Ökonom hinzu.

Lösungsansatz

Die politischen Entscheidungsträger haben jedoch die Möglichkeit, Bedenken zu minimieren.

„Gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass die relevanten Informationen zu Anwendungsfällen und Best Practices den Unternehmen zunehmend von der Politik zur Verfügung gestellt werden“, sagte Büchel gegenüber Euractiv.

Auf diese Unterstützung sind vor allem KMU angewiesen, da sie in ihren finanziellen und personellen Kapazitäten eingeschränkter sind als Großunternehmen.

„Die Hauptaufgabe liegt bei den Unternehmen selbst“, fügte Büchel hinzu.

Um Daten effizient verarbeiten zu können, müssen sich Unternehmen zunächst der Verfügbarkeit ihrer Daten bewusst sein.

Büchel rät Unternehmen zur Etablierung einer sogenannten „Data Governance“ zur Dateneffizienz. Dadurch können Daten zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort kontrolliert, ausschließlich für Zugriffsberechtigte und in der erforderlichen Datenqualität bereitgestellt werden.

Unternehmen müssen sich zudem darüber im Klaren sein, dass die Digitalisierung direkt mit der Datennutzung verbunden ist.

„Wenn mehr Daten digital verfügbar sind, gibt es auch mehr Potenzial für die Datenverwertung“, erklärte der IW-Ökonom.

Eine weitere Möglichkeit, der Digitalisierung in Deutschland eine Stimme zu geben, ist die Aufklärung der Öffentlichkeit.

Für Rasner ist ein solcher Diskurs über die Datenökonomie von hoher Relevanz, denn „nur so kann die Datenkompetenz in der Gesellschaft aufgebaut und die Kultur nach mehr als einem Jahrzehnt missverstandener Datennutzungsdebatten in eine positive umgewandelt werden“, so der BVDW-Geschäftsführer Direktor.

[Edited by Kjeld Neubert/Luca Bertuzzi/Alice Taylor]

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