Deutsche Klimapolitik unzureichend, Gerichtsurteil – EURACTIV.com

Die Bundesregierung muss Sofortprogramme zur Verbesserung ihrer Klimapolitik im Verkehrs- und Gebäudebereich vorlegen, urteilte ein Berliner Gericht am Donnerstag (30. November), nachdem das Land seine Emissionsminderungsziele wiederholt verfehlt hatte.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die Bundesregierung Sofortmaßnahmenprogramme vorlegen muss, um die im deutschen Klimagesetz verankerten Emissionsreduktionsziele im Verkehrs- und Gebäudebereich zu erreichen.

Das Urteil folgt auf eine Klage von Umwelt-NGOs Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Freunde der Erde Deutschland (BUND), der es als „bahnbrechende“ Entscheidung bezeichnete. Das Urteil kann jedoch in höchster Instanz, dem Bundesverwaltungsgericht, angefochten werden.

„Mit der heute beginnenden Weltklimakonferenz muss die Bundesregierung ein Zeichen für einen Neuanfang im Klimaschutz setzen“, sagte Jürgen Resch, Vorstandsvorsitzender der DUH, in einer Stellungnahme.

Als eine mögliche Maßnahme des Sofortprogramms wünscht sich die NGO die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen, das es in Deutschland im Gegensatz zu allen anderen europäischen Ländern bisher nicht gibt.

Ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h in Städten „würde über 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr und damit ein Drittel des Defizits im Verkehrssektor einsparen“, so Resch sagte.

Darüber hinaus wünschen sich die Grünen-Aktivisten eine Kürzung der Regelungen zur günstigen Besteuerung von Firmenwagen, die Anreize für große und emissionsintensive Autos schaffen.

Reform des Klimagesetzes

Das Urteil kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Bundesregierung Änderungen im Klimagesetz vorgeschlagen hat, die eine Aufgabe sektoraler Ziele zugunsten eines übergreifenden Ansatzes vorsehen würden.

Die Reform, ein Lieblingsprojekt der marktfreundlichen FDP-Partei (Renew), würde es ermöglichen, dass verpasste Emissionsreduktionen in schwierigen Sektoren wie dem Verkehr durch eine Übererfüllung in anderen Sektoren wie der Stromerzeugung ausgeglichen werden. Es wird von Umweltorganisationen heftig kritisiert, die eine Schwächung der Rechenschaftspflicht befürchten.

Mit den vorgeschlagenen Änderungen würde auch die Pflicht zur Vorlage von Notfallprogrammen in Zukunft entfallen, was laut Kritikern keinen langfristig orientierten Ansatz zulasse.

EU-Ziel in Gefahr

Das Versäumnis Deutschlands, die Emissionen im Gebäude- und Verkehrssektor ausreichend zu reduzieren, könnte auch das Ziel der EU beeinträchtigen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % im Vergleich zum Niveau von 1990 zu reduzieren, wobei große Teile davon über nationale Ziele an die Mitgliedsstaaten ausgelagert werden.

Bis zum Jahr 2030 könnte Deutschland 159 Tonnen CO2 mehr ausstoßen, als nach der Effort-Sharing-Verordnung (ESR) der EU zulässig wäre. laut einer Prognose der Europäischen Umweltagentur.

Dies würde erfordern, dass das Land sogenannte „Emissionszertifikate“ von Ländern kauft, die ihre Ziele übertreffen. Da andere große Volkswirtschaften wie Frankreich und Italien voraussichtlich ebenfalls ihre Ziele verfehlen werden, bleibt es fraglich, ob genügend Zertifikate zur Verfügung stehen werden.

Die Zielverfehlungen könnten auch die von der EU geplante Einführung eines Emissionshandelssystems für Gebäude und Straßenverkehr (ETS2) ab 2027 gefährden.

Mehr Emissionen in Deutschland könnten die CO2-Preise im neuen System in die Höhe treiben, die sich EU-weit auf die Heizkostenrechnung und die Preise für Benzin und Diesel auswirken. Basierend auf aktuellen Flugbahnen, einige Experten Wir rechnen mit Preisen von etwa 200 Euro pro Tonne CO2 statt der von den EU-Institutionen angestrebten 45 Euro.

„Das neue EU-ETS2 soll ein Schlüsselelement zur Gewährleistung der EU-Klimaziele sein – es ist jedoch fraglich, wie politisch stabil es tatsächlich sein wird.“ gewarnt Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

„Eine starke Verwässerung mangels einer entsprechenden Reform könnte angesichts der Rolle Deutschlands in der EU die EU-Klimaziele insgesamt gefährden“, fügte er hinzu.

[Edited by Nathalie Weatherald / Sean Goulding Carroll]

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