Der Vorschlag zur Sorgfaltspflicht ist eine Bedrohung für Europas Wettbewerbsfähigkeit – EURACTIV.de

Wie wichtig ist die europäische Wettbewerbsfähigkeit für politische Entscheidungsträger? Das ist eine Frage, die ich mir in letzter Zeit gestellt habe, weil mehrere EU-Gesetzgebungsvorschläge die Realität kleiner und mittlerer Industrieunternehmen völlig zu ignorieren scheinen.

Karl Haeusgen ist Präsident des VDMA-Verbandes Maschinenbau, der mehr als 3500 deutsche und europäische Unternehmen der Maschinenbaubranche vertritt. Sie steht für Innovation, Exportorientierung und Mittelstand.

Ein besonders markantes Beispiel ist der Vorschlag für eine Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht im Bereich Nachhaltigkeit. Ich unterstütze voll und ganz ihr Ziel, die Menschenrechte zu schützen. Alle Beteiligten müssen ihr Möglichstes tun, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte respektiert und geschützt werden. Die Ziele der Richtlinie werden aber nur erreicht, wenn Unternehmen in der Lage sind, die Anforderungen in die Praxis umzusetzen.

Die Politik glaubt, dass ein mittelständisches Unternehmen auf allen Stufen seiner Wertschöpfungskette in fernen Ländern dafür sorgen kann, dass nicht nur Kinderarbeit verhindert wird, sondern auch internationale Umweltstandards eingehalten, Religionsfreiheit garantiert und Gewerkschaften gebildet werden dürfen . So sehen es zumindest einige im EU-Parlament.

Doch wie soll das ein mittelständisches Unternehmen mit 300 bis 400 oder noch mehr Direktlieferanten aus aller Welt organisieren? Die Antwort lautet: Es ist unmöglich. Zudem schwächen diese weitreichenden Anforderungen nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Mittelstands; sie gefährden auch die Ziele der Richtlinie.

Die Achtung der Menschenrechte ist nicht verhandelbar

Die Achtung und der Schutz der Menschenrechte entlang der Lieferketten ist Auftrag und Verpflichtung für den Maschinenbau. Menschenrechte sind nicht verhandelbar und unsere Mitgliedsunternehmen achten sehr darauf, Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten zu vermeiden. Viele unserer Unternehmen verfügen daher bereits über Verhaltenskodizes und Lieferantenverträge, um sich und ihre Partner zur Achtung der Menschenrechte zu verpflichten.

Wir fühlen uns nicht nur den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet; wir sehen uns auch als Schlüsselgeber für diese Ziele. Denn mit unseren Technologien und Lösungen bauen wir weltweit Produktionskapazitäten und systemische Infrastruktur auf. Wir arbeiten jeden Tag daran, dass die grüne Transformation weltweit gelingen kann.

EU-Pläne für Corporate Sustainability Due Diligence geben Anlass zur Sorge

Mit großer Sorge sehen wir die EU-Pläne für eine Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeits-Sorgfalt. Die Folge dieses Vorschlags wird sein, dass sich europäische Midcaps und kleine und mittelständische Unternehmen zunehmend aus internationalen Märkten und Netzwerken zurückziehen müssen und durch (häufig staatlich kontrollierte) Industrieunternehmen aus anderen Regionen der Welt ersetzt werden, in denen Menschenrechte und Die Umwelt spielt eine geringere oder gar keine Rolle. Geostrategisch ist das ein fataler Fehler. Das politische Ziel, Lieferketten zu diversifizieren, um Europa widerstandsfähiger zu machen, wird konterkariert.

Um das Gesetz handhabbar zu machen, fordern wir folgende Änderungen:

Begrenzen Sie den Umfang

Der Kommissionsvorschlag verlangt von Unternehmen eine Due Diligence für die gesamte vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette. Dies umfasst tatsächliche und potenzielle menschenrechtliche und nachteilige Umweltauswirkungen für ihre eigene Geschäftstätigkeit, die Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften und die von etablierten Geschäftsbeziehungen durchgeführten Wertschöpfungskettentätigkeiten. Dies ist praktisch nicht durchführbar. Daher fordern wir, die Sorgfaltspflicht auf das zu beschränken, was Unternehmen tatsächlich kontrollieren können: ihre eigenen Betriebe, Tochtergesellschaften und Lieferanten auf der ersten Ebene der vorgelagerten Lieferkette.

Konzentrieren Sie sich nur auf Menschenrechtsverletzungen

Es wird diskutiert, den sachlichen Anwendungsbereich um soziale und ökologische Aspekte zu erweitern, was eine weitere Belastung für die Unternehmen darstellen könnte. Meiner Ansicht nach sollte der Geltungsbereich nur auf international anerkannte Standards für Menschenrechtsverletzungen beschränkt werden. Je breiter der Geltungsbereich (zum Beispiel Klimawandel und Umwelt), desto schwieriger ist es, die Sorgfaltspflichten erfolgreich zu erfüllen.

Zivilrechtliche Haftung löschen

Sehr kritisch sehe ich die schädlichen Vorschriften zur zivilrechtlichen Haftung von Unternehmen. Erstens stellen sie eine unnötige Verdoppelung bestehender nationaler Bestimmungen zur zivilrechtlichen Haftung dar. Zweitens beruht die zivilrechtliche Haftung auf persönlichem Fehlverhalten. Es ist daher nicht hinnehmbar, dass Unternehmen für Schäden haftbar gemacht werden können, die sie nicht direkt verursacht haben, sondern von anderen Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette verursacht wurden, mit denen sie in direkter oder indirekter Geschäftsbeziehung stehen. Folglich sollte Artikel 22 über die zivilrechtliche Haftung gestrichen werden.

Die Anforderungen der vorgeschlagenen EU-Richtlinie sind weitreichend und für die international tätigen Unternehmen des Maschinenbaus kaum umsetzbar.

Der Vorschlag wird nicht zu einem besseren Schutz der Menschenrechte und zu mehr Umweltschutz in der Welt führen. Eine EU-Richtlinie, die Unternehmen klare und praktikable Leitlinien für die verhältnismäßige Umsetzung von Sorgfaltspflichten gibt, wird diesem Ziel viel eher dienen.

Das EU-Parlament und der EU-Rat wären gut beraten, den Vorschlag zu ändern und die Anforderungen handhabbar und umsetzbar zu machen, insbesondere für europäische Unternehmen, die international tätig, erfolgreich und wettbewerbsfähig bleiben wollen.


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