Bundesminister stellt Pläne für verpflichtendes Tierwohllabel vor – EURACTIV.de

Jedes in Deutschland produzierte und verkaufte Produkt soll künftig mit Tierhaltungsbedingungen gekennzeichnet sein, so die Pläne, die Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am Dienstag (7.6.) vorgestellt hat. EURACTIV Deutschland berichtet.

Die Erzeuger müssen die neuen Maßnahmen in den nächsten Jahren Schritt für Schritt einführen.

„Die Tierhaltung in Deutschland kann nur zukunftsfähig sein, wenn sie dem Tierwohl gerecht wird“, betonte Özdemir im Rahmen einer Pressekonferenz, auf der er ein Eckpunktepapier zur Umsetzung einer bundesweiten Tierhaltungskennzeichnung vorstellte.

Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich die drei Regierungsparteien zum Ziel gesetzt, ein verpflichtendes Tierwohllabel einzuführen. Kurz nach seinem Amtsantritt im Dezember kündigte Özdemir dann an, noch vor Ende des Jahres zumindest für bestimmte Produktgruppen an den Start zu gehen.

Das Siegel soll laut Minister dazu beitragen, die Investitionen der Landwirte in den Tierschutz besser sichtbar zu machen und gleichzeitig mehr Transparenz für die Verbraucher zu schaffen.

Kunden „wollen wissen, wie das Tier, dessen Fleisch sie kaufen, gelebt hat, und mit ihrer Kaufentscheidung möglichst auch ihre Zukunftserwartungen zum Ausdruck bringen“, betonte der Landwirtschaftsminister.

Deutschland hat derzeit kein staatlich verordnetes Label für tierische Produkte.

Im vergangenen Jahr scheiterte der Plan der inzwischen ehemals konservativen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, ein staatliches, aber freiwilliges Label einzuführen, am Widerstand des damaligen Koalitionspartners SPD. Die SPD wollte damals stattdessen eine Pflichtkennzeichnung.

Fünf Stufen der Viehzucht

So wie Eier mit einer Nummer gekennzeichnet werden müssen, die auf die Haltung der Legehennen hinweist, sehen Özdemirs Pläne für tierische Produkte einen „deutlich sichtbaren“ Hinweis auf die Lebensbedingungen der Tiere vor.

Dabei sind fünf verschiedene Haltungsformen zu unterscheiden, die von der Stallhaltung ohne Auslauf und Frischluft bis zur Freilandhaltung reichen, wobei die ökologische Erzeugung eine eigene Kategorie darstellt.

Die Kennzeichnungspflicht gilt für alle Lebensmittel, die tierische Produkte enthalten, einschließlich verarbeiteter Produkte, wie z. B. gefrorene Peperoni-Pizza oder zubereitete Salate mit Hähnchenstreifen.

Auch verpackte Produkte im Supermarkt sowie Produkte an der Lebensmitteltheke, im Online-Handel und im Supermarkt sollten gekennzeichnet werden.

Das alles bleibt aber vorerst für die Zukunft, denn in einem ersten Schritt soll nur frisches Schweinefleisch, das gekühlt oder tiefgekühlt verkauft wird, der Kennzeichnungspflicht unterworfen werden, die dann sukzessive ausgeweitet werden soll.

Umweltschützer und Tierschützer sehen daher noch Verbesserungspotenzial.

In einer Stellungnahme wies Greenpeace darauf hin, dass Schinken, verarbeitete Tiefkühlware sowie Fleisch von Rind und Geflügel vorerst nicht abgedeckt sind.

Auch die Haltungsweise als Grundlage des Labels schaffe „kaum Orientierung über das tatsächliche Wohlergehen der Tiere“, erklärte Greenpeace-Experte Martin Hofstetter.

Ähnlich äußerte sich die Organisation Foodwatch mit ihrer Expertin Annemarie Botzki und erklärte, dass die Haltungsweise allein „nichts darüber aussagt, ob die Tiere tatsächlich gesund waren“.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) bewertete das von Özdemir vorgestellte Konzept unterdessen als „ersten wichtigen Schritt“, der aber noch „erhebliche Lücken“ lasse.

Solange es keinen festen Zeitplan gibt, wann die Kennzeichnungspflicht auf verarbeitete Produkte und andere Fleischsorten als Schweinefleisch ausgeweitet wird, „wird es keinerlei Lenkungswirkung geben und das Konzept droht am Markt ausgehöhlt zu werden“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied ein Statement.

Finanzierung als Zankapfel

Auch Bauernverbände und Tierschützer betonten, dass die Kennzeichnung in ein umfassenderes Konzept zur Umstrukturierung der Tierhaltung eingebettet werden müsse.

So müsse sie „mit baurechtlichen Änderungen und mit einem tragfähigen, langfristig angelegten Finanzierungskonzept flankiert werden“, erklärte Rukwied, während Hofstetter von Greenpeace betonte, dass der Staat ausreichend Geld zur Finanzierung der Sanierung bereitstellen müsse.

Diese Kennzeichnung sei aber nur der erste von vier Bausteinen, die die Bundesregierung für die Zukunft der Tierhaltung umsetzen wolle, erklärte Özdemir.

„Die landwirtschaftliche Tierhaltung in Deutschland kann nur dann zukunftsfähig sein, wenn sie den Landwirten eine Perspektive bietet, die ihnen auch ein gutes Einkommen ermöglicht“, sagte die Grünen-Ministerin.

Neben der Kennzeichnungspflicht wolle das Ministerium auch Änderungen im Tierschutzrecht, Anpassungen im Bau- und Genehmigungsrecht und vor allem ein längerfristig angelegtes Förderkonzept für die Umstellung auf tiergerechtere Ställe vorstellen, fügte er hinzu.

Letzteres könnte sich jedoch innerhalb der Koalition als schwierig erweisen. Die Liberaldemokraten (FDP) etwa haben sich zuletzt gegen den Vorschlag einer Tierschutzabgabe auf tierische Produkte ausgesprochen, auf ein Finanzierungskonzept konnte sich die Koalition noch nicht einigen.

[Edited by Oliver Noyan/ Daniel Eck/Alice Taylor]


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