Berlin hat sich verspätet zu einer EU-Plattform für den gemeinsamen Gaseinkauf vor einem EU-Gipfel am Freitag zur Bewältigung der Energiekrise verpflichtet. Der Schritt folgt auf heftige Kritik an Deutschlands 200-Milliarden-Euro-Energieschild, das die wachsende Kluft zwischen reichen und armen EU-Mitgliedstaaten offengelegt hat.
Am 29. September kündigte die Bundesregierung einen wirtschaftlichen „Schutzschirm“ in Höhe von 200 Milliarden Euro an, der Verbraucher und Unternehmen vor steigenden Energierechnungen schützen soll.
Aber der Plan mit hohen Ausgaben wurde seitdem von EU-Partnern kritisiert, die vor den Ungleichheiten warnten, die er zwischen den EU-Ländern schaffen würde, wobei einige ihn als „Kannibalismus“ auf Kosten der EU-Solidarität bezeichneten.
Als Olivenzweig bekräftigte die Regierung vor einem informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Prag am Freitag (7. Oktober) ihr Bekenntnis zum gemeinsamen Gaseinkauf – das sie zuvor stillschweigend abgelehnt hatte.
„Wir müssen beim gemeinsamen Gaseinkauf vorankommen“, sagte Finanzminister Christian Lindner am Dienstag in Luxemburg bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen.
Kleinere EU-Länder fordern seit langem ein gemeinsames Gaseinkaufsprogramm der EU, ein Vorschlag, der inzwischen von der Europäischen Kommission als Reaktion auf die militärische Aggression Russlands in der Ukraine aufgegriffen wurde.
Lindners Äußerungen unterstützen die jüngste Aussage von Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck. Am Freitag (30. September) sagte er, Europa müsse „nutzen [its] Marktmacht sinnvoll nutzen“ im Rahmen eines gemeinsamen Beschaffungsprogramms für Gas.
Berlin hat den gemeinsamen Einkauf nicht immer unterstützt. Die Idee wurde erstmals am 8. März von der Europäischen Kommission aufgegriffen und in den Schlussfolgerungen eines EU-Gipfels im März aufgegriffen.
Allerdings Berlin bestand darauf, den gemeinsamen Gaseinkauf nur auf „freiwilliger“ Basis beizubehaltenmit der Begründung, das System sei nicht für alle EU-Länder geeignet. Kleinere Mitgliedstaaten drängten derweil auf gemeinsame Käufe, als ein hektischer Bieterkrieg begann und die Preise auf dem Gasmarkt in die Höhe trieb.
Während hochrangige deutsche Beamte ihre Absicht bekräftigten, in einem „kooperativen“ Geist mit den EU-Partnern zu handeln, betonten sie auch schnell die Notwendigkeit, „realistisch zu bleiben“.
Der gemeinsame Einkauf allein „wird die verfügbare Gasmenge nicht erhöhen, was die größte Herausforderung darstellt“, sagte ein hochrangiger deutscher Beamter im März gegenüber Journalisten.
Seitdem hält die Bundesregierung an derselben Linie fest: „Wir haben keinen Staatsbetrieb“, betonte Habeck im Juni. Mit seinem liberalisierten Markt könne Deutschland Unternehmen nicht zur Teilnahme „befehlen“, argumentierten hochrangige Beamte.
„Das sind Unternehmen des Privatsektors, die Lieferverträge haben, und um diese Lieferverträge für Energie zu erfüllen, müssen sie die Grundversorgung kaufen“, sagte ein deutscher Regierungsbeamter im März.
Trotz Aufrufen aus kleineren EU-Ländern ging es bei gemeinsamen Einkäufen monatelang kaum voran.
Stattdessen versorgte Berlin Trading Hub Europe, den deutschen Gasmarktbetreiber, der sich aus Gashändlern zusammensetzt, mit reichlich Reservegeldern, die auf Gaskauftour gingen, um die Gasvorräte des Landes aufzufüllen.
Mittlerweile sind Deutschlands Gasvorräte zu mehr als 90 % gefüllt. Und gemeinsame Gaseinkäufe stehen für den nächsten Winter wieder auf der Tagesordnung, so der Entwurf der Schlussfolgerungen des EU-Gipfels, der am Freitag angenommen werden soll.
„Wir müssen unsere Anstrengungen fortsetzen und uns auf die nächste Abfüllsaison vorbereiten“, heißt es in dem noch zu ändernden Textentwurf. „Die Bündelung unserer Nachfrage durch die EU-Energieplattform wird es ermöglichen, das kollektive politische und Marktgewicht der Union voll auszuschöpfen“, fügt sie hinzu.
Da Deutschland bereit ist, den gemeinsamen Gaseinkauf auf EU-Ebene zu unterstützen, hat der Vorschlag nun größere Chancen auf eine Verabschiedung.
Da die europäischen Gasspeicher jedoch fast vollständig gefüllt sind, kommt die Unterstützung Berlins möglicherweise zu spät.
„Die Benzinpreise schießen in die Höhe. Wieso den? Weil Deutschland viel Gas kauft“, sagte der liberale finnische Europaabgeordnete Nils Torvald im September.
[Edited by Nathalie Weatherald and Frédéric Simon]