0,000000000000000005 Sekunden – Physiker erzeugen eines der kürzesten Signale, die jemals von Menschen erzeugt wurden

Wissenschaftler der Universität Konstanz haben eine Methode entwickelt, die mit Femtosekunden-Lichtblitzen Elektronenpulse mit einer Dauer von etwa fünf Attosekunden erzeugt. Dieser Durchbruch bietet eine höhere Zeitauflösung als Lichtwellen und ebnet den Weg für die Beobachtung ultraschneller Phänomene wie Kernreaktionen.

Physiker der Universität Konstanz haben eines der kürzesten Signale erzeugt, die jemals von Menschen erzeugt wurden.

Molekulare oder Festkörperprozesse in der Natur können manchmal in Zeiträumen von nur Femtosekunden (billiardstel Sekunden) oder Attosekunden (quintillionstel Sekunden) ablaufen. Kernreaktionen laufen noch schneller ab. Nun gelingt es den Konstanzer Wissenschaftlern Maxim Tsarev, Johannes Thurner und Peter Baum mit einem neuen Versuchsaufbau, Signale von Attosekundendauer, also im Milliardstel Nanosekundenbereich, zu erzielen, was neue Perspektiven auf dem Gebiet eröffnet ultraschnelle Phänomene.

Selbst Lichtwellen können eine solche zeitliche Auflösung nicht erreichen, da eine einzelne Schwingung dafür viel zu lange dauert. Abhilfe schaffen hier Elektronen, die eine deutlich höhere Zeitauflösung ermöglichen. In ihrem Versuchsaufbau nutzen die Konstanzer Forscher Paare von Femtosekunden-Lichtblitzen eines Lasers, um ihre extrem kurzen Elektronenpulse in einem Freiraumstrahl zu erzeugen. Über die Ergebnisse wird im Journal berichtet Naturphysik.

Wie sind die Wissenschaftler dabei vorgegangen?

Ähnlich wie Wasserwellen können sich auch Lichtwellen zu stehenden oder wandernden Wellenbergen und -tälern überlagern. Die Physiker wählten die Einfallswinkel und Frequenzen so, dass die mitpropagierenden Elektronen, die mit halber Lichtgeschwindigkeit durch ein Vakuum fliegen, sich mit optischen Wellenbergen und -tälern genau der gleichen Geschwindigkeit überlappen.

Die sogenannte Ponderomotorische Kraft drückt die Elektronen dann in Richtung des nächsten Wellentals. So entsteht nach einer kurzen Wechselwirkung eine Reihe von Elektronenpulsen, die zeitlich extrem kurz sind – insbesondere in der Mitte der Pulsfolge, wo die elektrischen Felder sehr stark sind.

Kurzzeitig beträgt die zeitliche Dauer der Elektronenpulse nur etwa fünf Attosekunden. Um diesen Prozess zu verstehen, messen die Forscher die Geschwindigkeitsverteilung der Elektronen, die nach der Kompression verbleibt. „Statt einer sehr gleichmäßigen Geschwindigkeit der Ausgangspulse sieht man eine sehr breite Verteilung, die durch die starke Abbremsung oder Beschleunigung einiger Elektronen im Zuge der Kompression entsteht“, erklärt der Physiker Johannes Thurner. „Aber nicht nur das: Die Verteilung verläuft nicht reibungslos. Stattdessen besteht es aus Tausenden von Geschwindigkeitsschritten, da jeweils nur eine ganze Zahl von Lichtteilchenpaaren mit Elektronen interagieren kann.“

Bedeutung für die Forschung

Quantenmechanisch, sagt der Wissenschaftler, handelt es sich dabei um eine zeitliche Überlagerung (Interferenz) der Elektronen mit sich selbst, nachdem sie zu unterschiedlichen Zeiten die gleiche Beschleunigung erfahren haben. Dieser Effekt ist für quantenmechanische Experimente relevant – beispielsweise zur Wechselwirkung von Elektronen und Licht.

Was auch bemerkenswert ist: Flache elektromagnetische Wellen wie ein Lichtstrahl können normalerweise keine dauerhaften Geschwindigkeitsänderungen von Elektronen im Vakuum hervorrufen, da die Gesamtenergie und der Gesamtimpuls des massiven Elektrons und eines Lichtteilchens mit Nullruhemasse (Photon) kann nicht konserviert werden. Wenn sich jedoch zwei Photonen gleichzeitig in einer Welle bewegen, die langsamer als die Lichtgeschwindigkeit ist, wird dieses Problem gelöst (Kapitza-Dirac-Effekt).

Für Peter Baum, Physikprofessor und Leiter der Gruppe Licht und Materie an der Universität Konstanz, handelt es sich bei diesen Ergebnissen noch eindeutig um Grundlagenforschung, er betont jedoch das große Potenzial für zukünftige Forschung: „Wenn ein Material von zwei unserer kurzen Pulse getroffen wird.“ In einem variablen Zeitintervall kann der erste Impuls eine Veränderung auslösen und der zweite Impuls zur Beobachtung genutzt werden – ähnlich dem Blitz einer Kamera.“

Der große Vorteil liegt seiner Ansicht nach darin, dass beim Versuchsprinzip kein Material beteiligt ist und alles im freien Raum geschieht. Für eine immer stärkere Kompression könnten in Zukunft grundsätzlich Laser beliebiger Leistung eingesetzt werden. „Unsere neue Zwei-Photonen-Kompression ermöglicht es uns, in neue Zeitdimensionen vorzudringen und vielleicht sogar Kernreaktionen zu filmen“, sagt Baum.

Referenz: „Nichtlinear-optische Quantenkontrolle freier Elektronen-Materiewellen“ von Maxim Tsarev, Johannes W. Thurner und Peter Baum, 12. Juni 2023, Naturphysik.
DOI: 10.1038/s41567-023-02092-6


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