Corona aktuell: Bundestag debattiert über Impfpflicht – Politik

Der Bundestag berät an diesem Donnerstag erstmals über konkrete Gesetzentwürfe und Anträge zu einer allgemeinen Impfpflicht in Deutschland. Die endgültige Entscheidung fällt voraussichtlich in drei Wochen. Zudem ist Corona am Donnerstag auch Thema bei der für 14 Uhr angesetzten Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), unklar ist aber, ob diese auch Beschlüsse fasst.

Beim Thema Impfpflicht ist im Bundestag eine Abstimmung ohne Fraktionszwang vorgesehen. Allerdings haben CDU/CSU und AfD eigene Anträge als Fraktionen vorgelegt. Der Kanzler und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) hatten sich für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen, um neue mögliche Lockdowns im Herbst und Winter zu vermeiden. Eine Mehrheit dafür ist aber nicht sicher. Auf dem Tisch liegen mehrere Vorschläge:

Impfpflicht ab 18: Der Vorschlag kommt von einer Gruppe um den Grünen-Politiker Janosch Dahmen und den stellvertretenden SPD-Fraktionschef Dirk Wiese. Nach dpa-Informationen haben sich ihm 235 Abgeordnete verschiedener Parteien angeschlossen, also fast ein Drittel des Bundestags. Nach diesem Gesetzentwurf würde eine Impfpflicht vom 1. Oktober an greifen und wäre bis Ende 2023 befristet.

Mögliche Impfpflicht ab 50: Eine Abgeordnetengruppe um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann spricht sich für eine Beratungspflicht und eine mögliche Impfpflicht ab 50 Jahren aus. Dem haben sich laut Ullmanns Büro bisher 45 Politiker angeschlossen. Ungeimpfte Erwachsene sollen zunächst zu einer ärztlichen Pflicht-Impfberatung. Je nach Corona-Lage und Stand der Impfkampagne könnte der Bundestag später in einem zweiten Schritt eine Impfpflicht ab 50 beschließen – befristet bis Ende 2023.

“Impfvorsorgegesetz”: CDU und CSU machen als Fraktion einen eigenen Vorschlag. Sie wollen ein Impfregister aufbauen, damit klar wird, wer geimpft ist und wer gezielt angesprochen werden müsste. Einen Impfpflichtbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt lehnt die Union ab und spricht sich stattdessen für einen “gestuften Impfmechanismus” aus. Dieser könnte eine Impfpflicht vorsehen, aber nur für besonders gefährdete Bevölkerungs- und Berufsgruppen.

Anträge gegen die Impfpflicht: Einen Antrag gegen die Einführung einer Impfpflicht hat eine Abgeordnetengruppe um FDP-Vize Wolfgang Kubicki eingebracht. Dem haben sich nach Angaben aus Kubickis Büro 50 Abgeordnete verschiedener Parteien angeschlossen. Daneben hat auch die AfD einen Antrag gegen die Einführung einer Impfpflicht eingebracht.

Sieben-Tage-Inzidenz erreicht neuen Höchstwert

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet knapp 295 000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 1651 – ein neuer Höchstwert genauso wie die Zahl der Neuinfektionen. Am Mittwoch hatte der Inzidenzwert 1607 betragen. 278 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 126 420.

Die Zahlen haben allerdings nur begrenzt Aussagekraft. Experten gehen von einer hohen Zahl von Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Testkapazitäten und Gesundheitsämter sind vielerorts am Limit, Kontakte werden nur noch eingeschränkt nachverfolgt. Deshalb bilden wir im SZ-Corona-Dashboard einen Mittelwert aus den Meldungen der vergangenen sieben Tage ab, der Schwankungen von Tag zu Tag ausgleichen soll. Mehr Informationen dazu finden Sie im Transparenz-Blog, weitere Daten und Grafiken zur Pandemie hier. (16.03.2022)

Neue Corona-Regeln am Arbeitsplatz

In Deutschland können Unternehmen künftig selbst festlegen, wie sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor dem Coronavirus schützen wollen, verpflichtende Vorgaben dafür gibt es keine mehr. Das hat die Bundesregierung mit einer neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen, die bisherige läuft am Samstag aus. Die Arbeitgeber sollen demnach von kommender Woche an eine “Gefährdungsbeurteilung” erstellen und diese in ein Hygienekonzept einfließen lassen, wie das Arbeitsministerium mitteilt. Auch müssen sie den Beschäftigten ermöglichen, sich während der Arbeitszeit gegen Corona impfen zu lassen.

Drei zentrale Vorschriften aber fallen weg: Bislang darf am Arbeitsplatz nur erscheinen, wer gegen Corona geimpft, davon genesen oder negativ auf den Erreger getestet worden ist (3 G). Die Arbeitgeber müssen bisher ihrer Belegschaft mindestens zwei Tests pro Woche kostenlos anbieten. Zudem sind sie in vielen Fällen verpflichtet, Home-Office zu ermöglichen. Diese Regelungen laufen nun aus.

Da die fünfte Corona-Welle noch nicht vorbei sei, müssten die Betriebe “für eine Übergangszeit noch Basisschutzmaßnahmen ergreifen, um Ansteckungen bei der Arbeit zu verhindern”, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach der Kabinettssitzung. Dazu zähle, Abstand zu halten, Maske zu tragen oder regelmäßig zu lüften. “Auch die Verminderung betrieblicher Personenkontakte, zum Beispiel durch Home-Office und regelmäßige Testangebote, sind sinnvolle Maßnahmen.” Dass aber nur zu empfehlen und nicht vorzuschreiben, reiche nicht aus, hatten die Gewerkschaften vor der Kabinettssitzung kritisiert. Die neue Verordnung ist bis 25. Mai gültig. (16.03.2022)

3600 Euro weniger Ausgaben in der Pandemie

In zwei Pandemie-Jahren und während langer Lockdowns haben die Menschen in Deutschland ihren Konsum stark gedrosselt und mehr Geld gespart. “Die Deutschen haben in dieser Zeit rund 300 Milliarden Euro weniger ausgegeben als in einer Welt ohne Corona”, schreibt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie. Dies seien pro Kopf etwa 3600 Euro. Hauptursache seien eingeschränkte Einkaufs- und Freizeitangebote sowie die höhere Inflation. In beiden Corona-Jahren übertraf das private Sparen laut IW den vorherigen Durchschnittswert um jeweils rund 100 Milliarden Euro – die Sparquote der privaten Haushalte sprang 2020 und 2021 von elf auf durchschnittlich 15,5 Prozent.

Die deutsche Wirtschaft verlor den IW-Forschern zufolge aufgrund der Pandemie rund 340 Milliarden Euro Wertschöpfung im Vergleich zu einem Verlauf ohne Pandemie. Die höchsten Einbußen verzeichneten Dienstleister und Industrie. So entfallen demnach knapp 60 Prozent der bisherigen Verluste auf die Dienstleister – das entspricht mehr als 200 Milliarden Euro. Besonders stark betroffen seien Kunst und Kultur, Sport und persönliche Dienstleistungen, aber auch Handel und das Gastgewerbe. Auf das verarbeitende Gewerbe entfällt mehr als ein Drittel der Einbußen. Weitgehend unbeschadet kamen hingegen die Bauwirtschaft und der Agrarsektor durch die Krise.

Die Wirtschaft sei zwar auf dem Weg der Erholung, doch der Krieg in der Ukraine zögere die Rückkehr zur ökonomischen Normalität weiter hinaus, so das Institut. “Die langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft sind noch kaum abzusehen”, sagte IW-Direktor Michael Hüther. Man beobachte in einigen Branchen Produktionsstopps aufgrund der hohen Energiepreise, die sich bereits vor dem Einmarsch Russlands angedeutet hätten. “Wenn diese in der Breite greifbar werden, droht ein Anstieg der Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit”, so Hüther. (16.03.2022)

Biontech beantragt in den USA Notfallzulassung für zweite Booster-Impfung

Biontech und Pfizer haben in den USA eine Notfallzulassung für eine zweite Booster-Impfung mit ihrem gemeinsamen Vakzin beantragt. Sie soll für Patienten ab einem Alter von 65 Jahren gelten, die bereits mit einem der zugelassenen Impfstoffe geboostert sind, wie die Firmen mitteilten. Der Zulassungsantrag stütze sich auf Daten aus Israel, die während der Omikron-Welle erhoben wurden und erhöhte Immunantworten bei weniger Infektionen und schweren Erkrankungen zeigten, erklärten die Unternehmen. (16.03.2022)

Viele Länder wollen Corona-Regeln verlängern

Angesichts hoher Corona-Infektionszahlen wollen mehrere Bundesländer ihre Schutzmaßnahmen am Wochenende nicht auslaufen lassen, sondern bis zum 2. April verlängern. Dazu zählen Bayern, wo das Kabinett dies am Dienstag beschlossen hat, Baden-Württemberg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Bremen und Hamburg. In Niedersachsen will die Landesregierung im Laufe der Woche eine Übergangsverordnung vorstellen, die bis 2. April gelten soll. Nordrhein-Westfalen plant nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur, die mögliche Übergangsregelung zu nutzen.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll nach dem 19. März eine Maskenpflicht nur noch in Pflegeheimen, Kliniken und im öffentlichem Nahverkehr sowie im Fernverkehr gelten. Sollte sich die Corona-Lage regional verschärfen, können die Länder demnach per Parlamentsbeschluss strengere Regeln einführen, wenn auch nicht mehr alle bisher verfügbaren – das ist die sogenannte Hotspot-Regelung. Am Mittwoch soll der Bundestag erstmals über den Entwurf der Regierung für die neue Rechtsgrundlage beraten. Sie soll die auslaufende jetzige ersetzen. Am Freitag soll das Gesetz verabschiedet werden.

Darin ist auch enthalten, dass die Länder in einer Übergangszeit ihre bisherigen Vorschriften beibehalten können – bis zum 2. April. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) forderte die Länder dazu auf, das auch zu tun und im Anschluss die neuen Hotspot-Regelungen zu nutzen, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. “Das kann zur Not auch darauf hinauslaufen, dass wenn die Situation in einem ganzen Bundesland so prekär ist, dass ein ganzes Bundesland sich zum Hotspot erklärt wie das jetzt zum Beispiel Bayern überlegt.” Es werde keinen Freedom Day geben, betonte Lauterbach im “Morgenmagazin” der ARD. “Wir sind nicht in der Situation, als dass man jetzt alle Maßnahmen fallen lassen könnte.”

Auf die Frage, ob Änderungen am Infektionsschutzgesetz noch möglich sind, sagte Lauterbach: “Wir diskutieren natürlich, wir haben auch mit den Fraktionen gestern bis spät in die Nacht verhandelt. Es geht heute weiter, es sind noch Änderungen möglich. Aber ich will einfach das, was wir haben, noch einmal verteidigen: Wenn die Hotspot-Regelung wirklich von allen genutzt wird, dann können wir damit wirklich viel machen.”

Die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sagte, sie mache “keinen Hehl daraus”, dass sie sich stärkere Corona-Auflagen gewünscht hätte. Das sei mit einem der beiden Koalitionspartner aber nicht zu machen gewesen – gemeint ist offensichtlich die FDP. Die Grünen hätten zum Beispiel eine allgemeine Maskenpflicht in Innenräumen unterstützt. (15.03.2022)

WHO: Zahl der weltweit gemeldeten Corona-Fälle nimmt wieder zu

Die Zahl der weltweit wöchentlich gemeldeten Corona-Infektionen hat laut Weltgesundheitsorganisation erstmals seit Ende Januar wieder zugenommen. In der zweiten Märzwoche seien acht Prozent mehr Infektionen gemeldet worden als in der Woche davor, teilt die WHO in Genf mit. Insgesamt seien elf Millionen neue Fälle gezählt worden. Außerdem seien 43 000 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben. Besonders deutlich falle der Anstieg im Wochenvergleich in der Region westlicher Pazifik und in Afrika aus. In Europa betrage das Plus zwei Prozent. Rückgänge meldeten der östliche Mittelmeerraum, Südostasien sowie Nord- und Südamerika. Insgesamt sei die Gesamtzahl der weltweiten Corona-Infektionen auf 455 Millionen geklettert, hieß es. Sechs Millionen Todesfälle werden mit der Krankheit in Verbindung gebracht. (15.03.2022)

Niederlande schaffen letzte Corona-Maßnahmen ab

Die Niederlande schaffen auch die letzten Schutzmaßnahmen gegen Corona ab. Vom 23. März an muss auch in Bussen und Bahnen keine Maske mehr getragen werden, die Testpflicht vor Großereignissen wird gestrichen. Das kündigte Gesundheitsminister Ernst Kuipers an. In dem 17,5-Millionen-Einwohner-Land entfällt auch die Quarantänepflicht: Wer ein positives Testergebnis hat, soll zu Hause bleiben. Das ist dann aber nur noch eine Empfehlung.

Nachdem vor einigen Wochen bereits die meisten Einschränkungen aufgehoben wurden, ist die Zahl der Neuinfektionen wieder stark gestiegen. Auch die Zahl der Patienten in Krankenhäusern nimmt zu. Die Regierung hält die Abschaffung dennoch für vertretbar. Zur Zeit gibt es pro 100 000 Einwohner etwa 2500 Neuinfektionen in sieben Tagen. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei 1585.

Das Fachgremium, das die Regierung berät, hatte dafür plädiert, die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr beizubehalten. Dem folgte die Regierung nicht. Nur noch in Flugzeugen muss Mundschutz getragen werden, da dies international vereinbart wurde. Für Besucher von außerhalb der Schengenzone gilt weiterhin, dass sie vor Einreise in die Niederlande geimpft, getestet oder genesen sein müssen. (15.03.2022)

Studie: Mindestens 75 von 100 Covid-Patienten über 60 an künstlicher Lunge verstorben

In Deutschland sind laut einer Studie relativ viele Senioren mit Covid-19 aufwendig, aber erfolglos bei schwerem akutem Lungenversagen behandelt worden. “Inakzeptabel hoch” sei die Krankenhaus-Sterberate bei älteren Covid-19-Patienten, die eine sogenannte Ecmo-Therapie erhielten, lautet die Bilanz in einer Studie, die kürzlich im European Journal of Anaesthesiology erschienen ist. Bei Menschen über 60 habe sie 77 Prozent betragen.

Bei der sogenannten extrakorporalen Membranoxygenierung (Ecmo) kommt praktisch eine künstliche Lunge neben dem Körper zum Einsatz. Das Gerät übernimmt die Funktion des Organs, das sich in der Zwischenzeit erholen soll.

Eine Gruppe um Benjamin Friedrichson vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main analysierte für die Studie Daten aller 4279 Ecmo-Behandlungen bei Covid-19-Patienten an deutschen Krankenhäusern zwischen Januar 2020 und Ende September 2021. “Die Ärzte hierzulande machen keine schlechte Medizin und die Ecmo ist eine wunderbare Therapie, die wir nicht missen wollen”, sagte Friedrichson. “Bei jüngeren Menschen sind die Ergebnisse auch sehr gut.” In Deutschland seien aber im Vergleich zu anderen Ländern viele Ältere an der Ecmo behandelt worden.

Auch Autoren früherer Publikationen hatten auf die vergleichsweise schlechten deutschen Ecmo-Ergebnisse in der Pandemie hingewiesen. Fachleute sehen dabei auch einen Zusammenhang mit einer sehr hohen Zahl an Kliniken bundesweit, die das Verfahren einsetzen. Nicht immer gebe es dort die nötige Expertise. (15.03.2022)

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