Chelsea-Star Melanie Leupolz im Interview: “Mit welcher Rechtfertigung sollte ich Millionen verdienen?”

Melanie Leupolz wurde mit Bayern zweimal Meister, ist Olympiasiegerin und Europameisterin. 2020 wagte sie den Wechsel zu Chelsea nach England.

Mit dem FC Bayern München wurde Melanie Leupolz zweimal deutsche Meisterin, mit der Nationalmannschaft holte sie Gold bei Olympia und feierte den Gewinn des EM-Titels. 2020 wagte die Mittelfeldspielerin mit ihrem Wechsel zum FC Chelsea ein neues Abenteuer.

Im ausführlichen Interview mit GOAL und SPOX spricht die 27-jährige gebürtige Allgäuerin über ihre Karriere, die beim TSV Ratzenried begann, beim SC Freiburg Fahrt aufnahm und beim FC Bayern von großen Erfolgen geprägt war. Dennoch gehört das “Mia san Mia” in ihren Augen zur Männermannschaft.

Mit dem Wechsel zum FC Chelsea erfüllte sich die 73-malige Nationalspielerin 2020 einen großen Traum. Leupolz erklärt, was sie am Begriff “Influencerin” stört, welche Position sie in der Debatte um “Equal Pay” vertritt und warum sie in England auf ihr Hobby verzichten muss.

Frau Leupolz, wo erreichen wir Sie denn, sind Sie schon unterwegs?

Melanie Leupolz: Genau, auf dem Weg zum Training.

Haben Sie sich schon an den Linksverkehr in England gewöhnt?

Leupolz: Ja, das war kein Problem. Dadurch, dass das Lenkrad auf der anderen Seite ist und man dem Verkehr größtenteils folgen kann, geht das schon alles.

Wäre das Motorrad auch eine Option für Sie?

Leupolz: Das darf ich laut dem Chelsea-Vertrag nicht, weil das zu den Extremsportarten gehört.

Irgendwie schade, oder?

Leupolz: Ja, absolut, da könnte man sich ein bisschen Zeit sparen bei dem Verkehr in der Stadt (lacht). Aber das ist ja nicht schlimm.

Sie stammen aus einer Motorsportfamilie – wäre das je eine Option gewesen, diesen Karriereweg einzuschlagen, wenn es mit dem Fußball nicht geklappt hätte?

Leupolz: Nein, gar nicht. Ich bin schon Motorrad gefahren als ich noch sehr klein war, aber das war immer nur ein Hobby.

Was hat den Ausschlag gegeben, dass Sie beim Fußball gelandet sind?

Leupolz: Ich bin auf dem Land groß geworden und meine Freunde in der Grundschule sind immer zum Fußballtraining gegangen. Dann haben sie mich einfach mitgenommen und so bin ich da gelandet. Wir leben auch direkt am Sportplatz, also hatte ich immer kurze Wege. So hat es sich ergeben, dass ich daran hängengeblieben bin.

Sie haben beim TSV Ratzenried angefangen, gab es da überhaupt eine Mädchenmannschaft?

Leupolz: Nein, ich habe bei den Jungs mitgespielt bis ich 14 war. Dann bin ich zum TSV Tettnang zu einer Mädchenmannschaft gewechselt, weil mir der WFV (Württembergischer Fußballverband, Anm.d.Red.) keine Sondergenehmigung mehr gegeben hat. Ich hätte bei den älteren Jungs spielen müssen, da meinten sie, dass das dann zu gefährlich für Mädchen sei. Deshalb musste ich diesen Schritt machen, aber das war in Ordnung. Die Mädels waren echt gut, wir haben in der höchsten B-Jugend-Liga in Deutschland gespielt.

Hat Sie diese Zeit, in Jungenmannschaften mitzuspielen, auch geprägt?

Leupolz: Ja, absolut. Gerade das Körperliche und dass man sich schnell entscheiden muss, weil sie eben viel schneller sind – das prägt einen auf jeden Fall und das nimmt man für später auch mit, wenn man in die Bundesliga kommt. Dann ist der Sprung nicht ganz so groß.

In Ihrer Geburtsstadt gibt es das geflügelte Wort “In Wangen bleibt man hangen”. Wann hat sich für Sie abgezeichnet, dass das mit dem Fußball mehr werden kann als nur ein Hobby und es vielleicht doch weiter weggeht?

Leupolz: Eigentlich relativ spät, obwohl Trainer und Menschen in meinem direkten Umfeld das schon eher vorausgesagt haben. Ich persönlich wollte einfach nur Spaß haben und spielen. Ich habe mir nicht wirklich einen Kopf darüber gemacht. Dann kam das eine zum anderen: Das erste Mal zur U15-Nationalmannschaft (April 2009, Anm.d.Red.) eingeladen, dann zur U17, U19, dann Bundesliga gespielt – irgendwie war das wie ein Traum, der ganz schnell in Erfüllung geht. Aber auch etwas, das ich mir selbst gar nicht wirklich hätte erträumen können, weil meine Vorstellungskraft gar nicht so groß war, dass es dann wirklich so schnell geht und so steil bergauf.

Sie sind 2010 als Teenagerin vom TSV Tettnang zum SC Freiburg gewechselt, der damals noch in der 2. Liga gespielt hat. Wie groß war dieser Schritt für Sie?

Leupolz: Für mich persönlich war es wahrscheinlich gut, dass Freiburg in dem Jahr abgestiegen war, denn ich bin aus der U17 gekommen und dann war die 2. Bundesliga ein Stückchen einfacher. Im ersten Jahr direkt in die erste Liga aufzusteigen war der erste Erfolg. Ich habe mich total wohlgefühlt in Freiburg. Sie haben alles dafür gemacht, dass es mit der Schule funktioniert. Sie haben alles sehr gut koordiniert und es gab nie irgendwelche Probleme.

Der SC Freiburg steht generell im Herrenbereich für eine gute Jugendarbeit, ist das auch bei der Frauenmannschaft ähnlich strukturiert?

Leupolz: Es gab ein Internat zusammen mit anderen olympischen Sportarten und eine Schule, die den Spitzensport unterstützt. Wir hatten Nachhilfeunterricht, wenn wir durch das Training Unterricht verpasst hatten. Dadurch konnte man das Abitur gut absolvieren.

War das auch ein Grund, warum Sie sich damals für Freiburg entschieden haben?

Leupolz: Genau. Natürlich spielen die Eltern bei so einer Entscheidung auch eine große Rolle und ihnen war das auch sehr wichtig, dass die Betreuung gut ist, wenn das Kind mit 16 das erste Mal allein in einer großen Stadt lebt.

Die Frauenmannschaft des SC Freiburg hat im DFB-Pokal gegen den VfL Wolfsburg jetzt erstmals im Dreisamstadion vor über 3000 Zuschauern gespielt. Wäre das auch mal Ihr Traum gewesen?

Leupolz: Das stand jetzt nicht auf meiner Bucket List, um ehrlich zu sein. Aber dort war es schon cool, ich habe auch ab und zu die Männermannschaft im Stadion unterstützt. Es ist aber kein Stadion, wo ich unbedingt spielen wollte. Aber es ist gut, dass die Frauen jetzt das Stadion haben und dass sich dort etwas entwickelt.

Gab es außer den Anfeuerungen bei den Spielen Anknüpfungspunkte zur Männermannschaft?

Leupolz: Nein, da war man nur für sich. Aber das ist eigentlich bei allen Vereinen, bei denen ich gespielt habe, so.

2013 feierten Sie Ihr Debüt für die Nationalmannschaft und wurden im gleichen Jahr Europameisterin. Haben Sie gedacht, das geht manchmal alles viel zu schnell?

Leupolz: Das war auf jeden Fall der erste große Meilenstein meiner Karriere. Ich habe mich damals sehr gefreut, dass ich überhaupt mitkommen darf, weil ich noch sehr jung war. Wir hatten viele Verletzungen bei älteren Spielerinnen, dann sind wir jungen nachgerückt. Die Europameisterschaft zu gewinnen, war ein Riesenerfolg.

Ein Jahr später wechselten Sie von Freiburg nach München. Ein Weg, den im Frauenfußball schon einige Spielerinnen gingen. Deswegen kam dieser Wechsel eigentlich nicht überraschend, oder?

Leupolz: Das war ein großer Schritt. Zum einen war es eine größere Stadt, zum anderen spielen die Bayern einen erfolgreicheren Fußball und sie spielen immer um den Titel mit. Ich habe relativ früh im ersten Jahr schon in der Champions League gespielt. Wir haben direkt die deutsche Meisterschaft gewonnen. Es war ein großer, aber auch der richtige Schritt. Ich habe es sehr genossen, in München zu leben. Zu sehen, wie sich dort der Frauenfußball entwickelt, ist sehr spannend.

Den Meistertitel 2015 feierten Sie zusammen mit der Männermannschaft auf dem Rathausbalkon und hielten neben Franck Ribery die Meisterschale in den Himmel. Was war das für ein Erlebnis?

Leupolz: Dass wir den Titel gewonnen hatten, war ein Riesenerlebnis für den FC Bayern. Sie haben es geschafft, dass sie das zusammen gestaltet haben. Das war sehr cool, weil das auch eine Wertschätzung ist. Wenn die Männer die Meisterschaft gewinnen und am Marienplatz auf den Balkon dürfen, dann dürfen das natürlich auch die Frauen. Dass ich dort die Profis gesehen habe, war schon spannend, aber letzten Endes war es einfach cool, dass man als gesamter Verein zwei Meisterschaften feiern konnte. Meine Eltern waren auch in der Menge unten unter den Zuschauern und Fans. Es war erstaunlich wie viele Leute dorthin gekommen sind.

Hat dieses “Mia san Mia” des FC Bayern auch einen Einfluss auf die Frauenmannschaft der Bayern?

Leupolz: Das “Mia san Mia” gehört zur Männermannschaft. Das ist nicht der Slogan für die Frauen. Das müssen sie sich erst noch ein Stück weit erarbeiten, weil sich die Männermannschaft das über die letzten Jahrzehnte erarbeitet hat. Ich würde nicht sagen, dass die Frauen dieses Selbstverständnis haben, aber sie sind auf jeden Fall auf einem guten Weg.

Hatten Sie bei den Frauen etwas ähnliches oder eine Art Motto?

Leupolz: Nein, nicht wirklich. Wir hatten höchstens für die einzelnen Jahre eine Art Motto, das man sich vor der Saison erarbeitet hat. Ich glaube, man muss wirklich Rekordmeister werden, damit sich sowas über viele Jahre festigt.

Sie stiegen 2018 zur Kapitänin des FC Bayern auf, was bedeutete Ihnen das?

Leupolz: Davor war Melanie Behringer Kapitänin. Ich war Co-Kapitänin und konnte viel von ihr lernen. Sie ist eine große Persönlichkeit im Fußball. Man übernimmt andere Rollen, aber letztlich hat sich für mich nicht viel geändert, weil man als Mittelfeldspielerin eh viel Verantwortung übernehmen muss. Ich mag es, anzuführen, Verantwortung zu tragen und Entscheidungen zu treffen. Deshalb musste ich nicht in eine Rolle hineinwachsen oder mir etwas aneignen. Deshalb ist mir das relativ leichtgefallen. Ich war stolz, dass meine Mannschaft mich gewählt hat und ich die Mannschaft vertreten habe. Wer letztlich die Binde getragen hat, wäre eigentlich egal gewesen, trotzdem freut man sich, wenn man den Rückhalt der Spielerinnen hat.

Trotzdem haben Sie sich 2020 für den Schritt zum FC Chelsea entschieden. Was waren Ihre Beweggründe?

Leupolz: Ich wollte schon immer mal im Ausland spielen. Das war für mich ein guter Zeitpunkt. Ich habe mit meinem Berater gesprochen und Chelsea war der absolute Favorit bei meiner Entscheidung. Ich war sehr froh, dass es geklappt hat. Sie hatten auch großes Interesse und die Verhandlungen liefen gut. Ich finde, dass die englische Liga derzeit die spannendste Liga in Europa ist, weshalb ich auf die Insel kommen wollte. Das war auf jeden Fall der richtige Schritt für mich.

Inwiefern erschwerten der Brexit und die Corona-Pandemie die Eingewöhnung in London?

Leupolz: Das erste Jahr verlief im Lockdown mit allen Restriktionen. Das war nicht einfach. Man konnte relativ wenig nach Hause, die Familie konnte nicht zu Besuch kommen. Man konnte auch gar nicht in die Stadt gehen. Ich habe relativ wenig von London gesehen. Dadurch konnte man sich umso mehr auf den Fußball fokussieren und das alles aufsaugen. Das erste Jahr war sehr beeindruckend. Wir waren auch sehr erfolgreich. Es war sehr cool und spannend, die anderen Mannschaften und die verschiedenen Stadien zu sehen.

Also bereut haben Sie den Schritt nicht, obwohl der Anfang ein bisschen schwierig war?

Leupolz: Nein, auf keinen Fall. Auch wenn es ein bisschen schwieriger war, war es trotzdem ein sehr schönes Jahr.

Was ist in sportlicher Hinsicht generell der größte Unterschied zwischen dem Frauenfußball in England und in Deutschland?

Leupolz: Er ist ein bisschen physischer. Die Schiedsrichterinnen geben weniger Fouls. Ansonsten ist das Spiel einen Tick geradliniger, es gibt auch mal einen langen Ball hinter die Kette. Unsere Mannschaft hat noch immer relativ viel Ballbesitz. Ansonsten ist alles intensiver, auch die Trainingseinheiten. Sie sind kürzer, aber dadurch sehr, sehr intensiv. Man trainiert nur einmal am Tag, aber nach dieser Einheit ist man so fix und fertig, dass man gar nicht ein zweites Mal trainieren könnte.

War das für Sie nochmal eine größere Herausforderung, sich dort zurechtzufinden?

Leupolz: Ich habe relativ schnell reingefunden. Das Körperliche ist eh mein Spiel. Meine Mannschaft hat es mir sehr leicht gemacht. Sie hat mich herzlich willkommen geheißen. An den Fußball habe ich mich sehr schnell gewöhnt. Mir macht es viel Spaß gegen die anderen Topmannschaften zu spielen. Dadurch, dass immer vier bis fünf Mannschaften um den Titel mitspielen, ist die Saison spannender. Man hat nicht so viele Spiele, die man einfach nur abarbeitet.

Das Titelrennen ist ähnlich spannend wie bei den Männern in der Premier League. Verfolgen Sie das auch?

Leupolz: Natürlich schaue ich ab und zu Spiele an, aber ich würde nicht sagen, dass ich das so sehr verfolge. Ich war einmal an der Stamford Bridge und habe die Männermannschaft angeschaut. Grundsätzlich schaue ich aber nicht allzu viel Fußball. Es ist natürlich spannend hier, England ist ein Fußballland. Dass der Fußball hier großgeschrieben wird, merkt man. Deshalb ist es gut, dass die Europameisterschaft nächstes Jahr hier stattfindet. Das wird einen großen Hype geben. Darauf freue ich mich auch schon sehr.

Wie sehr freut es Sie, dass sie jetzt auch wieder vor Fans spielen?

Leupolz: Das ist sehr cool. Darauf hatte ich mich gefreut, als ich mich entschieden hatte, zu Chelsea zu kommen. Wir hatten mit Bayern in der Champions League ein Spiel gegen Chelsea und ich war so begeistert von den ganzen Fans im Kingsmeadow. Es war schade, dass im ersten Jahr keine Fans zugelassen waren, umso schöner ist es, dass sie jetzt wieder da sind. Man nimmt das auch ganz anders wahr.

Stimmt es, dass jede Spielerin im Kingsmeadow ihren eigenen Fansong hat und wie geht Ihrer?

Leupolz: Ich habe ihn ehrlich gesagt noch nicht gehört. Ich bin während des Spiels so fokussiert, dass ich das gar nicht wahrnehme. Aber ich muss mal darauf achten. (lacht)

Wie sehen Sie Ihre Rolle in den Sozialen Medien. Sie sind dort sehr aktiv, sehen Sie sich als eine Art Influencerin für den Frauenfußball?

Leupolz: Für den Frauenfußball vielleicht, aber ich mag dieses Wort “Influencer” nicht. Das hat für mich immer etwas Negatives. Ich versuche einfach, ein Vorbild für junge Mädchen und Frauen generell zu sein. Ich möchte zeigen, wie stark Frauen sind und dass man auch eine große Karriere hinlegen kann in einer Sportart, die man erstmal nicht mit Frauen in Verbindung bringt. Fußball ist nach wie vor ein Männersport, auch wenn sich das gerade wandelt. Damals, als ich angefangen habe, war das total unüblich. Ansonsten nutze ich Instagram hauptsächlich, um den Leuten zu zeigen, wann und wo wir spielen. Ich nutze es als Informationstool, sodass auch meine Leute zuhause sehen, was wir da so tagtäglich machen.

Gibt es eigentlich zwischen Ihnen und Ihrer DFB-Teamkollegin Giulia Gwinn eine Art Wettstreit um die meisten Follower bei Instagram?

Leupolz: Nein, das ist mir ziemlich egal, was da für eine Zahl steht. Ich weiß auch gar nicht, wie da der aktuelle Stand ist. Darum geht es mir nicht. Für mich ist es kein Ziel, dass ich möglichst viele Follower habe. Mein Instagram-Account ist einfach mal so während der Europameisterschaft entstanden, das ist eher eine Plattform für die Fans. Wenn mir Leute folgen wollen auf meinem Weg, freut mich das natürlich, aber das ist kein Wettkampf.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Stellenwert des Frauenfußballs und wie kann er noch weiter gestärkt werden?

Leupolz: In den letzten Jahren hat sich viel verändert. Der Frauenfußball ist viel professioneller geworden. Aber wir haben da noch sehr viel Luft nach oben, vor allem bei der Berichterstattung und der TV-Präsenz. Das ist ein Rad, das man anschubsen muss. Man muss viel investieren und es kommt erstmal wenig zurück. Aber es lohnt sich. Andere Länder haben das auch gezeigt, zum Beispiel die USA. Die Zukunft bleibt spannend, auch vor dem Hintergrund, dass jedes Jahr ein großes Turnier stattfinden wird. Das wird dem Frauenfußball enorm helfen.

Welche Position vertreten Sie in der Debatte um Equal Pay, also gleiches Gehalt für Männer und Frauen im Fußball?

Leupolz: Ich finde Equal Pay nicht passend, weil man sehen muss, was die Männer an Geld einbringen und was die Frauen einbringen. Bei uns ist es aktuell so, dass Vereine Minus machen für die Frauenmannschaft. Man muss jetzt investieren, damit sich der Frauenfußball in ein paar Jahren selbst tragen kann und Gewinne einbringt. Equal Pay ist daher nicht passend, denn mit welcher Rechtfertigung sollte ich jetzt auch Millionen verdienen? Und am Wochenende spiele ich vor 3000 Zuschauern. Ich würde mir eher wünschen, dass wir auf guten Trainingsplätzen trainieren, in schönen Stadien spielen und dass die Rahmenbedingungen die gleichen sind. Das ist mit geringeren finanziellen Verpflichtungen verbunden und leichter umzusetzen. Dadurch schafft man es auch, dass sich der Frauenfußball selbst tragen kann. Daher geht es nicht um das Gehalt, sondern um die Bedingungen rund um den Frauenfußball.

Wie meinen Sie das konkret?

Leupolz: Es scheitert oftmals schon daran, dass Frauen einen guten Trainingsplatz haben. In Deutschland müssen viele noch arbeiten gehen, während sie in der Bundesliga spielen. Es geht darum, professionellere Rahmenbedingungen zu schaffen. Kein anderer männlicher Profifußballer geht Vollzeit arbeiten und trainiert am Abend um 19 Uhr noch ein bisschen.

Was würden Sie als den größten Erfolg Ihrer bisherigen Karriere bezeichnen?

Leupolz: Das ist schwer zu sagen. Ich kann schlecht nur einen Erfolg rauspicken. Natürlich ist Olympia (Gold 2016, Anm.d.Red.) ein großer Erfolg gewesen, aber auch die Europameisterschaft, die Meistertitel in Deutschland und in England. Ich möchte mich nicht auf ein Ereignis festlegen, weil jeder Titel seine Besonderheit hat. Letztlich finde ich immer den Weg dorthin spannend und nicht nur das Endergebnis. Auch wenn der Ausgang enttäuschend war, war es trotzdem ein Riesenerfolg, dass wir das Champions-League-Finale (2021 mit Chelsea, Anm.d.Red.) erreicht haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich den ganzen Weg mitnehmen konnte.

Ein Titel fehlt noch: Der Weltmeistertitel. Ist das das große Ziel, das Sie unbedingt noch erreichen wollen?

Leupolz: Letztlich möchte ich jeden Titel gewinnen, aber ich würde nicht sagen, dass ich dann die Sammlung voll hätte. Es ist ein großes Ziel, in ein paar Jahren die Weltmeisterschaft zu gewinnen.

Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach der Karriere, käme etwa ein Trainerschein infrage oder generell ein weiteres Engagement im Frauenfußball?

Leupolz: Ich kann mir nicht vorstellen, Trainerin zu werden. Ich habe gerade meinen Master in Wirtschaftspsychologie, Leadership, Management fertig gemacht. Ob ich dann wirklich im Frauenfußball bleibe, sei mal dahingestellt. Ich denke schon, dass ich etwas mit Sportbezug machen werden, aber so genau weiß ich das noch nicht.

Oder vielleicht doch noch mal Motorsport …

Leupolz: (lacht) Das glaube ich eher weniger.

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