Bushido gegen Abou-Chaker: Audioforensiker sagt zu Tondatei aus

Verfahren gegen Abou-Chaker
Streit um Tonbandaufnahme in Bushido-Prozess: Das sagt der Audioforensiker vor Gericht

Bushido, Rapper und Musikproduzent. In einem Prozess gegen Clanchef Arafat Abou-Chaker geht es um mutmaßliche Straftaten zum Nachteil Bushidos.

© Sebastian Willnow / DPA

Schon seit fast drei Jahren dauert nun der Prozess gegen Clan-Chef Arafat Abou-Chaker. Am 101. Verhandlungstag sagte ein Audioforensiker nun zu einer illegalen Tonaufnahme aus. Entlastet es den Clanchef? Oder gibt es dem Rapper Bushido recht?

Endlich Spannung beim Marathonprozess gegen den Berliner Clan-Chef Arafat Abou-Chaker. Wir schreiben Verhandlungstag 101. Seit fast drei Jahren quält sich das Gericht durch die Strafprozessordnung. Heute nun stand die lange erwartete Aussage des Wiener Audioforensikers Gernot Schmied auf dem Programm, der eine Tonbandaufnahme vom 18. Januar 2018 begutachtet hat, dem Zeitpunkt der angeblichen Tat. Der Inhalt der Audiodatei widerspricht der Anklage fundamental. Bestätigt der Gutachter die Echtheit der Tondatei, ist Arafat Abou-Chaker unschuldig.

Zur Erinnerung: Anis Ferchichi, alias Bushido, beschuldigt seinen langjährigen Freund und Manager Abou-Chaker, ihn an jenem 18. Januar 2018 beleidigt, bedroht und eingesperrt zu haben. Außerdem habe er Bushido mit einer halbvollen Plastikwasserflasche geschlagen. Die Anklage basiert vollständig auf der Aussage des begnadeten Showtalents. Anfang 2022 hat der stern erstmals über die Existenz jener Audiodatei berichtet, die illegal, ohne Wissen Bushidos mit einem Smartphone aufgenommen wurde. Das Problem für Ferchichi, der in diesem Verfahren auch als Nebenkläger auftritt: Keiner der Vorwürfe, die er vor der Staatsanwaltschaft und im Gericht gemacht hatte, ist auf dem Mitschnitt zu hören. Abou-Chakers Anwalt sieht die Unschuld seines Mandanten durch das Band bestätigt. Für Bushidos Anwalt ist die Datei eine Fälschung.

Gutachter: keine Hinweise auf Fälschung

Gutachter Gernot Schmied kommt zu keinem glasklaren Urteil. Trotz der sehr ausführlichen Analyse fand er keinen Hinweis auf eine Fälschung der Audiodatei. In den ersten beinahe zwei Stunden der Aufnahme konnte Schmied allein durch bloßes Hören mehrere Störgeräusche feststellen, die von Trinkgläsern, der Kaffeemaschine, oder durch das Herumlaufen mit dem Smartphone in der Hose verursacht werden können. Seine erheblich sensibleren Analysegeräte registrierten indes keinerlei Auffälligkeiten im Datensatz der Audiodatei. Bis kurz vor Ende der Begegnung. Exakt nach einer Stunde 56 Minuten und 13 Sekunden schlagen die Messgeräte plötzlich aus. Auf Nachfrage erklärt Schmied, die Ursache dafür könne ein Ortswechsel sein oder ein abruptes Herausnehmen des Telefons aus der Hosentasche, was ein Übersteuern des Mikrofones zur Folge habe. Theoretisch könnte eine solche Auffälligkeit in den Aufnahmedaten auch das Zusammenführen und Überspielen mehrerer Dateien verursacht werden, räumt der Gutachter ein. “Anhaltspunkte dafür gibt es aber nicht”, gibt er zu Protokoll.

Inhaltlich wäre eine Fälschung des Bandes ganz am Ende indes wenig sinnvoll. Sämtliche Taten, die Arafat Abou-Chaker bei dieser Begegnung zur Last gelegt wurden, müssten sich nach den Aussagen Bushidos lange vor diesem Zeitpunkt ereignet haben.

Zum Schluss ihrer Zeugenbefragung möchte Oberstaatsanwältin Petra Leister von Gutachter Gernot Schmied wissen, ob er also eine Fälschung ganz sicher ausschließen könne. “Die Abwesenheit von Evidenz bedeutet nicht, dass es nicht gefälscht ist”, antwortet der Sachverständige. Nun muss das Gericht beurteilen, wie schwer die letzten Prozent Unsicherheit wiegen.

Weitere illegale Aufnahmen im Abou-Chaker-Verfahren

Das Band vom 18. Januar 2018 ist indes nicht das einzige Tondokument, das in diesem Prozess eine Rolle spielt. Die Staatsanwaltschaft hat insgesamt 19 illegale Aufnahmen in das Verfahren eingeführt. In keinem anderen Fall wurde die Echtheit angezweifelt oder ein Gutachten beauftragt.

Inzwischen driftet der Prozess nicht nur bei den Beobachtern, sondern auch bei den Beteiligten an den Rand ihrer Aufmerksamkeit. Andere Themen bestimmen das Leben der Dauerkontrahenten. Anna-Maria Ferchichi, Bushidos Ehefrau, feuerte eine ihrer drei Nannys, gleichzeitig setzte der Sender RTL seine Bushido-Soap wegen Zuschauermangels ab. Und bei Bushidos Kontrahent Arafat Abou-Chaker klingelte vergangene Woche gleich dreimal die Polizei an seiner Villa in Kleinmachnow. Diesmal keine Hausdurchsuchung. Die Beamten wollten von Abou-Chaker etwas über die Herkunft der entlaufenen Löwin erfahren, der inzwischen weltweit berühmt wurde. Doch in diesem Fall, das kann als sicher gelten, ist Arafat Abou-Chaker unschuldig.

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