Brustkrebs: “Dann habe ich halt eine Fleischbrust und eine vegane”

Sie ist Comedy-Autorin und verarbeitet auch den eigenen Brustkrebs mit Humor. “Körbchengröße AA, das ist kleiner als A, aber für so ne Scheiße ist Platz”, schimpft Jenny Kallenbrunnen über ihre Krebsdiagnose.

“Mach’s gut, liebe Brust. Du hast in deinem kurzen Leben mehr erlebt als die meisten Brüste”, schrieb Jenny Kallenbrunnen via Instagram vor der Mastektomie an ihre linke Brust. “Du bist um die Welt gereist, über Korallenriffen an den Bahamas und nackt in der Elbe geschwommen, du wurdest von Otto gezeichnet und hast auf der Bühne viele Menschen zum Lachen gebracht. Es tut mir leid, dass deine letzten Monate so derbe anstrengend waren und ständig fremde Männer an dir herumgedrückt haben. Danke für alles. RIP *2001–†2023”.
Jenny Kallenbrunnen nimmt ihre Brust-OP nicht auf die leichte Schulter, wie auch?! Obwohl sie Autorin von Otto Waalkes ist, besteht ihr Leben nicht nur aus Ottifanten. 2023 schon gar nicht. Der stern hat mit der 35-Jährigen darüber gesprochen, wie es sich anfühlte, als aus einem Tröpfchen Blut plötzlich Brustkrebs wurde.

Wann hast du das erste Mal gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung ist?
Am 11. Januar 2023. Das war ein Mittwochabend. Ich war allein zu Hause und statt Menschen einzuladen und Party zu machen, habe ich Filme geguckt, weil ich über 30 und sehr langweilig bin. Ich habe einen extrem spannenden Film gesehen, von dem man jetzt sehr pathetisch sagen könnte, dass er mein Leben gerettet hat – weil ich als Übersprungshandlung an meiner Brust rumgedrückt habe. Und dann kam Blut aus der Brustwarze. Nur ein Tröpfchen, aber ich dachte: Das sollte, glaube ich, nicht sein. Da war der Film plötzlich egal und ich bin am Tag darauf zu meiner Gynäkologin gegangen, die mich zum Glück auch ohne Termin drangenommen hat.  

Deine erste OP war dann im April?
Genau. Alle waren überzeugt, das es Papillome (im Kasten Punkt 1) sind, aber bestimmt kein Krebs. Die sind zunächst komplett ungefährlich, die nimmt man einfach raus, ein Löffelchen voll, und dann ist es gut. Ich kam in eine Frauenklinik für Krebs und habe mich neben lauter Frauen mit Glatzen gefühlt wie die totale Hypochonderin. Im Gegensatz zu den anderen, von ihren Behandlungen deutlich geschwächten, Frauen war ich nach 20 Stunden wieder zu Hause. Erst bei der dritten OP stellte sich heraus, dass ich doch invasiven Krebs habe.

Fachvokabular kurz erklärt

  1.  Papillome sind gutartige Wucherungen von Hautzellen, die manchmal durch Viren verursacht werden.
  2. Bei einem duktalen Carcinoma in situ (DCIS) handelt es sich um einen Tumor, der eine Vorstufe zu einer Krebserkrankung (Präkanzerose) der Brustdrüse darstellt. In den Milchgängen der Brustdrüse liegen dann veränderte Zellen vor, die aber noch “am Ort verbleiben” (daher die Bezeichnung “in situ”) und nicht oder noch nicht in umliegende Gewebe eindringen. 
  3. Als Wächterlymphknoten (“sentinel lymph node”, SLN) wird der erste (gelegentlich sind es auch mehrere) Lymphknoten bezeichnet, über den der Abfluss der Lymphflüssigkeit eines Tumors erfolgt.
  4. Um die Tumorbiologie genau einzuschätzen, werden schon lange viele Prognosefaktoren, wie z. B. ein vorhandener Lymphknotenbefall oder das Reagieren auf weibliche Hormone, am Tumor getestet.
  5. Tamoxifen ist ein Wirkstoff, der hauptsächlich zur Therapie von Brustkrebs (Mammakarzinom) eingesetzt wird. Der Arzneistoff wirkt als selektiver Modulator von Estrogenrezeptoren (SERM) und ist ein sogenanntes Antiestrogen.
  6. Die Tamoxifen-Therapie kann mit Wechseljahresbeschwerden einhergehen: Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen, depressiven Verstimmungen, vaginalen Blutungen, Juckreiz an der Scheide, dazu kommen Thrombosen und psychische Beeinträchtigungen. Das PDF zu den Nebenwirkungen ist hier verlinkt.

Woran lag das?
Bei mir ist niemand davon ausgegangen, dass ich Krebs habe – in meinem Alter und bei meinem Gewicht. Zudem war auch während der Mammographie nichts zu sehen. Ich bin also kein beispielhafter Fall. Ich habe geblutet und meine Gynäkologin hat mich zur Mammographie geschickt. Die zahlt die Krankenkasse für die Vorsorge erst ab 50 – und dann ist sie auch total sinnvoll, weil das Brustgewebe nicht mehr so dicht ist.
Mein Gewebe ist aber noch sehr dicht, ich war bei der ersten Mammographie 34 Jahre alt – und ich habe Körbchengröße AA, also noch kleiner als A. Aber für Krebs ist trotzdem Platz! Eine Frechheit ist das. Bei der Mammographie quetscht die Ärztin die Brust dann so flach zusammen, als müsste sie in einen Sandwichtoaster passen, als wollte sie gleich noch ihr Mittagessen damit belegen.
Bei dichtem Gewebe sieht man aber leider so gut wie nichts. So war es bei mir – auch, weil der Tumor noch winzig war. Deshalb sind die Ärzte davon ausgegangen, dass es Papillome im Milchgang sind. Erst nach dem Rauslöffeln wurde festgestellt: Huch! Das ist leider ein DCIS (2), also eine Vorstufe von Brustkrebs. Das sind schon richtige Krebszellen, die sich aber nur im Milchgang befanden. Solange sie nur dort sind, ist es noch kein invasiver Brustkrebs.

Weil die Metastasen den Milchgang nicht verlassen können?
Es kann noch gar keine Metastasen geben. Der Krebs wird erst invasiv, sobald er sich aus dem Milchgang herausbewegt. DCIS ist also scheiße, aber noch behandelbar. Trotzdem war das natürlich erst mal ein Schock. Zumal nach der ersten OP sichtbar wurde: Da ist noch mehr drin, das muss noch raus. Dann, nach der zweiten Operation, wurde mein Fall auf der Tumorkonferenz besprochen und es wurde dazu geraten, die Brust komplett abzunehmen, vorsichtshalber.
Da denkst du als 34-Jährige natürlich: Moment mal, viele Frauen mit invasivem Krebs können brusterhaltend operiert werden, deren Tumor wird einfach nur rausgenommen, und ich soll direkt meine Brust hergeben? Wie unfair! Ich hatte meine Brust gerade mal 22 Jahre! Wir hatten doch noch so viel vor!
Das war dann aber eine sehr gute Entscheidung, denn nach der dritten OP im Juli wurde in der abgenommenen Brust der Tumor gefunden. Das nervt mich am meisten, dass ich dieser Brust auch noch hinterhergeweint habe, als sie mich schon bekämpft hat! Deshalb musste dann auch noch mein Wächterlymphknoten (3) entfernt werden, um festzustellen, ob der Krebs schon gestreut hat.

Daher brauchtest du noch eine vierte OP.
Genau, aber das ist eben nicht typisch, dass man so oft operiert wird. Ich glaube, die meisten Frauen mit Tumor werden nur einmal operiert: Der Tumor kommt raus und der Wächterlymphknoten gleich mit.

Welche Funktion hat der Wächterlymphknoten?
Das ist die nächste Poststation, an die der Krebs seine Pakete zum Verschicken bringt. Wenn dort noch keine Pakete liegen, kann man davon ausgehen, dass auch noch keins abgeschickt worden ist. Und meine Filiale war vollkommen leer. Das wird normalerweise in einer OP gemacht und du bist durch. Dann kriegst du noch further treatment, entweder Chemo-, Immun- oder Hormontherapie, je nachdem, welche Tumorbiologie (4) du hast. Das hängt davon ab, wovon sich dein Tumor ernährt hat: War er Veganer? Fleischesser? Pescetarier?

Was war deiner?
Hormonesser. Und deswegen mache ich jetzt eine Hormontherapie.

Die Welt dreht sich einfach weiter, während man selbst Krebs hat, das ist einfach pietätlos. Da kommen trotzdem E-Mails und Briefe mit Zahlungsaufforderungen und am liebsten würde man zurückschreiben: Feel the room, Finanzamt, FEEL THE ROOM

Wie hast du die Zeit dazwischen verbracht? Konntest du arbeiten oder warst du die ganze Zeit zu Hause?
Ich muss eigentlich immer arbeiten – halb für die Miete und halb für meinen Kopf. Ich bin selbstständig. Mein Arzt hat damals so schön gesagt: “An Ihrer Stelle würde ich mir jetzt mal für drei Monate eine Pause nehmen.” Da habe ich gelacht, weil ich dachte, es sei ein Scherz. Ich habe geantwortet: “Nein, wenn ich mir drei Monate Pause nehme, kann ich mir den Grabstein nicht mehr leisten, den ich danach brauche, weil ich verhungert bin.”
Davon abgesehen muss mein Kopf mit anderen Sachen gefüttert werden als mit meiner Krankheit. Nach der großen OP,  Mastektomie und Rekonstruktion brauchst du natürlich Zeit, in der du dich erholst, weil du eine riesige Narbe hast, die verheilen muss. Aber ich hätte, selbst wenn ich festangestellt gewesen wäre, kein halbes Jahr Pause gemacht. Allein schon, weil ich mit meinen Gedanken allein zu Hause gewesen wäre und kein Sudoku der Welt schwierig genug ist, um einen so lange vom Googlen abzuhalten.

Nun aber: Dein Krebs mag Hormone, wie sieht die Therapie dafür aus? Hat sie schon begonnen?
Ich muss jetzt fünf Jahre lang Tabletten nehmen, Tamoxifen (5). Ich produziere Östrogen und mein Tumor ernährt sich von Östrogen. Also, was machen wir? Wir schneiden ihm das Futter ab. Das heißt, ich produziere das natürlich weiter, es ist nicht wie in den Wechseljahren, aber vereinfacht gesagt – ich hoffe, mein Arzt liest das nicht – werden meine Wechseljahre künstlich eingeleitet, nicht faktisch. Ich bekomme Hitzewallungen, meine Gelenke werden wehtun, meine Schleimhäute trocken, Haare fallen aus und im schlimmsten Fall werden auch meine Augen schlechter – und zwar irreversibel. Aber: Ich werde trotzdem weiter menstruieren. Toll. Ich habe das Schlechteste aus beiden Welten. Genau mein Humor. Es ist ein Mittel, das mir dabei hilft, dass ich älter werde als 40. Dann fühle ich mich eben auch älter als 40.
Es ist aber gar nicht sicher, dass ich alle Begleiterscheinungen bekomme. Es soll Frauen geben, die gar nichts Negatives bemerken – aber die äußern sich eben nicht im Internet. Ich habe bei Twitter geschrieben: “An Halloween gehe ich als Tamoxifen-Beipackzettel”, das sollte nur ein Gag sein. Darunter haben sich gleich Menschen getummelt und mir in den DMs geschrieben: “Tamoxifen hat mein Leben zerstört! Meine Lebensqualität ist weg!” Es wird wahrscheinlich nicht so geil, das ist mir schon bewusst. Aber es muss jetzt auch nicht die Hölle werden, ich lass mich einfach überraschen.

Tamoxifen – die Packung sieht so harmlos aus, alles Weiß und Blau. Kein Totenkopf in Mattschwarz oder so. Eigentlich müssten da Schockbilder drauf, von orthopädischen Schuhen und leeren Weingläsern

Auch die Wechseljahre fallen ja bei allen Frauen unterschiedlich aus.
Ja, aber das mit den Hitzewallungen geht jetzt schon los. Trotzdem: Was wäre die Alternative? Alles ist besser als Krebs. Und ich finde es ganz gut, dass ich im Winter damit anfange. Dann kann ich meine schönen Sommerkleider bis Weihnachten tragen, während ihr euch den Arsch abfriert.

Ich hoffe, dass es genau so wird!
Danke. Dazu kommen aber alle drei Monate Check-ups bei allen möglichen Ärzt:innen. Zur Gynäkologin, weil dieses Medikament Gebärmutterschleimhalskrebs-erregend ist. Mein Krebsmedikament ist also krebserregend. Sehr witzig. (Was ist denn nicht krebserregend? In der Großstadt ist sogar einatmen krebserregend!) Und ich muss zur Augenärztin, denn eine der Nebenwirkungen der Tamoxifen-Therapie (6) kann sein, dass man nahezu erblindet.

Bekommt man dann Altersweitsicht?
Nein, das ist nicht reversibel und da hilft keine Brille.
Zudem muss ich zweimal jährlich zur Mammographie. Ich wollte meinen Arzt fragen, ob ich an Krebs sterben werde. Also irgendwann, in zehn, 20 oder 40 Jahren. Habe ich aber nicht, weil ich genau weiß, was er geantwortet hätte: Nein, Sie können auch vorher vom Bus überfahren werden.

Was ich als Laiin weiß, ist aber doch: Wenn fünf Jahre lang nichts festgestellt wurde, ist das der erste Checkpoint, oder?
Das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen. Da ich aber einen Hormonfresserkrebs habe, kann er, solange ich Hormone produziere, immer wieder was anstellen. Mein Risiko ist jetzt für immer höher als das anderer. Aber: Jede achte Frau bekommt im Laufe ihres Lebens Brustkrebs. Ich kann nicht mehr an der Bushaltestelle stehen oder durch die Stadt gehen, ohne einmal durchzuzählen. Ich habe auch schon gedacht, wenn ich sieben Frauen gesehen habe: Gern geschehen, ich hab das jetzt für euch übernommen, ihr seid jetzt save. Statistisch ist das einfach gruselig.
Wenn man das aber erzählt – und ich finde, man sollte es erzählen, weil es so präsent ist – habe ich erlebt, dass Frauen gesagt haben: “Ja, das hatte ich auch vor 20 Jahren! Meine linke Brust ist komplett aus Plastik.” Und das sind Menschen, die ich zum Teil seit zehn Jahren kenne, von denen ich das nie wusste! Das hat mich wiederum beruhigt, weil es zeigt, wie wenig es sie noch belastet. Ich bin jetzt in der akuten Phase und frisch diagnostiziert – es ist immer noch dasselbe Jahr! – aber es wird nicht dauerhaft präsent sein.

Du sprichst in den sozialen Medien sehr offen darüber.
Weil es mich in diesem Jahr sehr beschäftigt hat und ich nicht der Meinung bin, dass soziale Medien ein rosa Marshmallow-Regenbogen-Ponyhof sein, sondern die Realität abbilden sollten. Selbst wenn ich jetzt für immer “die mit dem Krebs” bin, finde ich, dass man darüber sprechen muss.

Was war für dich die schlimmste Zeit?
Ich habe nie so sehr an meinen Brüsten gehangen, ich habe Comedy-Sets darüber gemacht, wie lächerlich sie sind. Aber dann stellt man doch fest, man hängt genauso sehr an ihnen, wie sie an einem hängen. Das merkt man, wenn man mit 34 Tschüs sagen soll. Für mich war die schlimmste Zeit nicht in den Minuten nach “Übrigens, Sie haben Krebs”, sondern die Zeit ab Juni – als ich erfahren hab, die Brust muss ab – bis zur Mastektomie Ende Juli. Das war zwei Tage nach meinem Geburtstag, daher gab es an dem Tag eine Brustabschiedsparty, die mein wundervoller Mann für mich organisiert hat.
Ich habe zwar, wie immer, alles mit Humor verarbeitet, aber das hat auch viele überfordert. Als ich schon Gags darüber gemacht habe, haben die anderen noch mit “Oh Gott” reagiert, sie hatten ja auch viel weniger Zeit, das zu verarbeiten. Sie hören nur “Krebs” und denken schon daran, welches Beerdigungsoutfit sie anziehen müssen. Es ist mir wichtig, dass diese Menschen, die mich dann in fünf, zehn oder 20 Jahren wiedersehen, bis dahin Hoffnung haben.

Für die eigene Psychohygiene ist es vermutlich auch besser, offen damit umzugehen.
Ich kann nicht anders, als das mit Humor zu verarbeiten und habe gedacht: Na gut, dann habe ich halt eine Fleischbrust und eine vegane Alternative. Ist doch modern. So kann ich mir einen ganz neuen Markt erschließen. Und den Milchgang hat sowieso niemand benutzt, wir haben Milch im Kühlschrank. Also weg mit dem Ding, wenn es mich tötet. Mit dem Östrogen ist es genauso: Es war schöne Zeit damit, aber dann hat es sich irgendwann gegen mich gewendet und jetzt muss eben gehen.

Das ist wahrscheinlich das einzig Gute: Wenn ich mich recht erinnere, wolltet ihr nie Kinder, oder?
Ja, das ist etwas sehr Gutes, weil Menschen Frauen ja nie glauben, dass sie kein Kind wollen. Die sagen dann: Aaach, das kommt noch! Und jetzt kann ich sagen: Nix da, ich hab gar kein Östrogen, haha! Ich habe Krebs! Natürlich ist es trotzdem etwas anderes, ob ich mich entscheide, kein Kind zu wollen oder ob mein Körper sagt: Pech gehabt.

Aber es gibt ja auch Mütter, die nach einer Krebserkrankung Kinder bekommen.
Ja, natürlich ist das möglich. Hätte ich einen Kinderwunsch, hätten wir uns etwas anderes einfallen lassen müssen und können. Das ist jetzt aber die bequemste Variante für alle.

Du hast deine Erkrankung recht intensiv und offen auf Instagram und Twitter begleitet. Du hast den Krebs genutzt, um darüber aufzuklären.
Ich habe das erste und einzige Mal in meinem Leben ein “Stellt mir eine Frage”-Posting gemacht. Ich hatte das Gefühl, es gibt zwei Lager von Menschen in meinem Leben: die einen, die gar nicht mehr mit mir reden, weil sie das Thema Krebs ganz weit von sich wegschieben, und die anderen, die ganz viele Fragen an mich haben, weil es sie für ihr eigenes Leben interessiert. Das verstehe ich auch, man will wissen, wie man sein eigenes Leben schützen kann. Auf das Angebot, das ich unter ein Bild von mir in einem Kompressionsmieder gemacht hatte, kamen jedenfalls einige Fragen. Ich bin natürlich keine Medizinerin, sondern “nur” betroffen.

Wie ist die Narbe denn verheilt?
Willst du sie sehen? Pass auf: Die Narbe ist links außen an der Brust. Ich hätte erwartet, sie schneiden in der Mitte. Also habe ich den Arzt gefragt, ob man von der Seite besser rankommt und er sagte: Nein, die ist außen, damit Sie auch später noch einen tiefen Ausschnitt tragen können.

Im Ernst?
Ja! Die Narbe ist etwa zehn Zentimeter lang, die creme ich jetzt zweimal täglich schön ein. Und dann gibt es noch die Narbe hoch zum Sentinel.
Der erste Schnitt, bei dem sie ein Löffelchen rausgenommen haben, war unter der Brustwarze, die Narbe siehst du schon gar nicht mehr. Der Tumor war aber leider ganz woanders.

Wie hast du die entwürdigenden Mammographien, die Spritze durch die Brustwarze in den Milchkanal und all die OPs bloß ausgehalten?
Ganz normal: Ich habe gejammert und geheult! Aber ich habe es eben auch immer mit Humor verarbeitet. Ich habe es auf der Comedy-Bühne erzählt, bevor ich es meiner Familie gesagt habe. Das war gut! Es hat Spaß gemacht und ich habe sehr viel positives Feedback bekommen – weil das so eine Fallhöhe hat und so viele betrifft. Du weißt nicht, ob du die Achte bist oder deine Mama oder deine beste Freundin. Der Auftritt war so schonungslos, dass die Leute sehr gelacht und sich danach bei mir bedankt haben. Ich glaube, ich habe damit ein paar Vorsorgetermine klargemacht …

Jetzt verarbeitest du das Thema auch noch als Buch.
Ich bin ja Comedy-Autorin und habe gemerkt, dass es doch sehr viele lustige Momente in dieser ganzen Tragik gibt, die für ein Comic relief sorgen (literarisches Stilmittel, das, ähnlich wie Galgenhumor, komische Dialoge für ernsthafte Themen nutzt). Ich hatte vor der ersten OP zum Beispiel wahnsinnige Angst vor der Narkose.

Vor dem Kontrollverlust?
Ja, natürlich. Ich lag schon auf der Trage und die OP-Schwester sagte zu mir: Frau Kallenbrunnen, Sie müssen vor der Narkose überhaupt keine Angst haben! Das ist das Mittel, das Michael Jackson immer genommen hat. Und ich dachte: Und dem geht’s ja bekanntlich super!
Und der zweite Gedanke war: Hoffentlich erinnere ich mich nach der OP noch daran, das ist so lustig, ich muss das aufschreiben! Und von dieser Qualität sind so viele Dinge passiert. Ich habe das mit Humor genommen, weil ich nicht anders kann. Und das trägt auch für ein längeres Stück. Als der Krebs gefunden wurde, sprach der Arzt von 4,5 Millimetern Größe – und ich dachte: Ui, das ist ja fast ein Halbkaräter! Aber wenn der Tumor einen halben Millimeter größer gewesen wäre, hätte ich eine Chemo gebraucht, weil er so aggressiv war. Früherkennung is the shit!

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