“Brass Wiesn”: Blasmusikfestival vor den Toren Münchens – München

Die “Brass Wiesn” ist einzigartig in der Festival-Landschaft, ein heftig posaunendes Paradoxon: Denn obwohl das Großereignis vor den Toren Münchens bei allen Auftritten Blasmusik vorschreibt (wofür sich einige Bands eigens mit Bläsern verstärken) und sich somit scheinbar den Aktionsspielraum selbst einengt, ist es eines der buntesten, kreativsten, abwechslungsreichsten Festivals überhaupt: mit 80 Acts auf sieben Bühnen an vier Tagen. Das gelingt eben schon durch den Begriff “Brass” im Titel, der den Horizont weitet: von der hierzulande gepflegten Blasmusik hin zu internationalen Kapellen.

Diesmal zum Beispiel reist La Fanfarria del Capitan aus Buenos Aires an, die mit ihrem furiosen Sound der berühmten vielrohrigen Fanfare Ciocarlia aus Rumänien (die Balkan-Tempotröter sind diesmal erneut auf der Brass Wiesn zu Gast) entfernt verwandt sind. In ihren polyrhythmischen Cocktail mixen die Argentinier aber auch Tango, Cumbia, andere Latin-Zutaten, Rock und Ska – und so waren sie mit ihrem Stück “La Flor Y El Libro” im Serien-Hit “Haus des Geldes” zu hören und auch zu sehen.

Mit seinem aktuellen Album “Heile Welt” gastiert der Kabarettist, TV Moderator und Songwriter Hannes Ringlstetter am Samstag zur Hauptsendezeit um 20.15 Uhr auf der Hauptbühne in Eching.

(Foto: Marco Einfeldt)

Dass der Veranstalter die heurige, die neunte Ausgabe dennoch als “eine gmiatliche, bayerische Auszeit mit Musik, Schmankerln und Party am Echinger See” anpreist, hat mehrere Gründe. Im vorigen Jahr trieb man es wohl etwas zu bunt, das Meer der Gäste von weit und breit uferte aus, einige verwechselten den Baggersee mit dem Ballermann, vor allem aber gab es am Rande des Festivals auch noch zwei schwere Unglücke: ein 25-Jähriger ertrank, ein Familienvater wurde angefahren und liegengelassen.

Blasmusik-Open-Air bei München: Gute Aussicht: Auf dem kleinen Hügel haben die Besucher die Feuerstelle und das Gelände im Blick.

Gute Aussicht: Auf dem kleinen Hügel haben die Besucher die Feuerstelle und das Gelände im Blick.

(Foto: Marco Einfeldt)

“Gmiatlich, zünftig, freindlich” soll die Brass Wiesn laut Veranstalter Alexander Wolff wieder werden. Er und sein Team wollen noch mehr aufpassen auf die Gäste, setzen auf mehr Nachhaltigkeit, weniger Müll, regionale Essen und Produkte an den Ständen, ein übersichtlicheres Gelände-Layout und ein paar Tausend Besucher weniger (16 000 statt 20 000). “Zurück zur ursprünglichen Festivalphilosophie”, heißt es, “zurück zum familienfreundlichen Musik- und Kulturevent für alle Fans der bayerischen Lebensart”.

Blasmusik-Open-Air bei München: "Bayerische Lebensart": Chillen auf Strohballen.

“Bayerische Lebensart”: Chillen auf Strohballen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Dazu gehören Oldtimer-Bulldoggs, mehrere Almhütten, das Gipfekreuz am Aussichtshügel, ein Maibaum, Fingehackln und andere Brauchtums-Aktionen. “Trompete, Tanz, Tradition – und natürlich Tracht” gibt es etwa bei einem Bayerischen Samstagabend mit den Dellnhauser Musikanten (selbst 70 Jahre Tradition), der Trachtenverein Pfaffenhofen wird dabei “mit stolzer Hingabe traditionelle Tänze, Schuhplattler und weitere kulturelle Highlights präsentieren” und mit “Detailwissen” erklären.

Oder Vroni Schweikl, die bringt in ihren Kursen den Gästen Jauchzen und Jodeln bei und setzt alles dann mehrstimmig zu bayerischen Jodelern und Arien zusammen: “Hoi tei djo!”

Blasmusik-Open-Air bei München: Erstmals dabei auf der "Brass Wiesn": Der Liedermacher-Rebell Hans Söllner rückt mit seiner Reggae-Band "Bayaman Sisdem" an.

Erstmals dabei auf der “Brass Wiesn”: Der Liedermacher-Rebell Hans Söllner rückt mit seiner Reggae-Band “Bayaman Sisdem” an.

(Foto: Toni Heigl)

Und natürlich stammen – mit Ausnahmen wie dem Nordlicht-Soul-Mann Jan Delay und den belgischen Techno-Bläsern NAFT – auch die allermeisten Künstler aus Bayern. Hip-Hopper wie Dicht & Ergreifend, Monaco F. und Bbou; Wirthausmusikanten wie Die Fexer, Tom & Basti oder Lenze und de Buam; Liedermacher-Stars wie Pam Pam Ida und Hannes Ringlstetter; Reggae-Rebellen wie Hans Söllner und seine Band Bayaman Sisdem; die Stimmungsmacher Kellerkommando, Keller Steff, die Kapelle Josef Menzl und Die Guten-A-Big-Band; Youtube-Star Anja Bavaria mit ihren Bulldog-Ballermann-Hits und natürlich viele traditionsreiche Orchester wie der Musikverein St. Andreas aus der Gegend.

Blasmusik-Open-Air bei München: Gut eingerichtet auf dem Zeltplatz.

Gut eingerichtet auf dem Zeltplatz.

(Foto: Marco Einfeldt)

Nicht zuletzt bringen viele zeltende Gäste wieder ihre Instrumente mit – der Veranstalter ermutigt sie dazu sogar via Instagram und fragt: “Bei welcher Blasmusik-Aktion auf dem Campingplatz sollen wir dieses Jahr vorbeischauen? Eventuell finden wir ja unentdeckte Talente.” Bei der Brass Wiesn gilt: die Besucher gestalten das Fest mit.

Brass Wiesn, 6. – 9. Juli, Do. 17 – 1 Uhr, Fr. & Sa. 10 – 1 Uhr, So. 9.30 – 13.30 Uhr, Eching, Freizeitgelände, www.brasswiesn.de

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