Berlinale 2024: „Dahomey” und die anderen Gewinner der 74. Berlinale

Alle wollen dabei sein, doch die Eintrittskarten sind rar: Die Berlinale elektrisiert wieder einmal die Hauptstadt. Wo aber lassen sich Kristen Stewart, Cillian Murphy, Martin Scorsese, Lena Dunham oder Carey Mulligan blicken? Welcher Film sorgt für Furore und was sind die größten Flops? Wer taucht überraschend auf, und wer sorgt für einen Eklat? Verfolgen Sie hier den Bericht unserer Filmkritikerin Marie-Luise Goldmann der 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin – schnell, scharf und subjektiv!

Samstag, 24. Februar, 20:16 – Der Goldene Bär für den Besten Film geht an „Dahomey“

Es gilt als Berlinale-Weisheit, dass, wenn man einen von 20 Filmen nicht gesehen hat, ausgerechnet dieser Film einen Preis gewinnen wird. Für mich hat es dieses Jahr den Gewinner-Film getroffen. Ja, ich habe die Doku „Dahomey“ der Französin Mati Diop nicht gesehen. Doch laut Beschreibung klingt er äußerst aktuell und politisch relevant, handelt er doch von der Rückgabe geraubter Kunstschätze ins westafrikanische Königreich Dahomey.

„Dahomey“ von Mati Diop

Quelle: Les Films du Bal – Fanta Sy

Das ist nun das zweite Jahr in Folge, das eine Dokumentation den Berlinale-Hauptpreis gewinnt. Letztes Jahr wurde die französisch-japanische Doku „Sur l’Adamant“ über Menschen mit psychischen Erkrankungen ausgezeichnet. Eine gute Eigenschaft hat „Dahomey“ auf jeden Fall, das kann ich auch sagen, ohne ihn gesehen zu haben: Er dauert nur 67 Minuten. Das ist, und das soll jetzt nicht zynisch klingen, im Vergleich zu den immer länger werdenden, die drei Stunden oft überschreitenden Konkurrenzfilmen eine wohltuende Abwechslung.

Außerdem gibt es in „Dahomey“ eine sprechende Statue, was neben dem sprechenden Nilpferd „Pepe“ eine eindeutige Vorliebe der Jury verrät. Und spezielle Vorlieben sollte man tolerieren. Nur dass die berührende iranische Liebesgeschichte „My Favourite Cake“ im Wettbewerb gänzlich leer ausging, bleibt unverzeihlich.

Samstag, 24. Februar, 20:08 – Großer Preis der Jury geht an „A Traveler’s Needs“

Hong Sang-soos leisen, bizarren koreanischen Film „A Traveler’s Needs“ habe ich bereits weiter unten ausführlich gelobt. Isabelle Huppert brilliert hier als exotische, gleichzeitig unheimliche und verführerische Französischlehrerin. So wie diesen Film stellt man sich das darin ständig getrunkene mild alkoholische Getränk Makgeolli vor.

Isabelle Hupper in „A Traveler’s Needs“ von Hong Sangsoo

Isabelle Hupper in „A Traveler’s Needs“ von Hong Sangsoo

Quelle: 2024 Jeonwonsa Film Co.

Samstag, 24. Februar, 20:05 – Preis der Jury geht an „L’Empire“

Bei der Premiere der Sci-Fi-Komödie „L’Empire“ des Franzosen Bruno Dumont gab es nur verhaltenen Applaus, später an der U-Bahn-Haltestelle blickte man ausschließlich in frustrierte Gesichter und vernahm empörte Schimpftiraden. Dass die Jury diesen merkwürdigen, aber doch erfrischenden und in vielerlei Hinsicht amüsanten Trash jetzt mit dem Preis der Jury auszeichnet, überrascht zwar, aber kann in einem Berlinale-Jahr, das nur wenige große Filme hervorbrachte, als interessante Anti-Wahl durchgehen.

Anamaria Vartolomei in „L’ Empire“

Anamaria Vartolomei in „L’ Empire“

Quelle: Tessalit Productions

Samstag, 24. Februar, 20:00 – Regiepreis für Nelson Carlos de Los Santos Arias

Nun gut, es hätte schlimmer kommen können, als den Silbernen Bären für die Beste Regie dem Dominikaner Nelson Carlos de Los Santos Arias für sein Nilpferd-Experiment „Pepe“ zu verleihen. Immerhin gibt es hier ein paar witzige Szenen, etwa eine Fahrt durch Kolumbien im deutschen Touristenbus, in dem der Touristenführer Infos über Nilpferde und Einheimische leicht verzerrt übersetzt, oder eine Miss-Wahl, in der der Moderator die zwei einfachen Fragen „Was würdest du ändern und was wünscht du dir für die Zukunft?“ bei jeder Kandidatin aufs Neue wiederholen muss, weil diese sie bereits wieder vergessen zu haben scheint. Die restliche Zeit über hören wir die in tiefer Bass-Stimme vorgetragene Lebenserzählung eines Nilpferds, das von seinem eigenen Tod erzählt.

„Pepe“ von Nelson Carlos De Los Santos Arias

„Pepe“ von Nelson Carlos De Los Santos Arias

Quelle: © Monte & Culebra

Samstag, 24. Februar, 19:59 – Schauspielpreis für beste Hauptrolle für Sebastian Stan

Wer hätte gedacht, dass der Silberne Bär für die Beste Schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle an einen Mann gehen würde! War dies doch ein Festival der großen Frauen – zumindest auf der Leinwand, dahinter dominierten wie immer männliche Produzenten, Regisseure und Autoren. Anja Plaschg als depressive Mörder- und Selbstmörderin in „Des Teufels Bad“, Isabelle Huppert als geheimnisvolle Französischlehrerin in „A Traveler’s Needs“ oder Lily Farhadpour als liebesuchende Witwe in „My Favourite Cake“, aber auch Rooney Mara als schwangere Kellnerin in „La Cocina“ oder Liv Lisa Fries als Widerstandskämpferin Hilde Coppi in „In Liebe, Eure Hilde“, galten als starke Anwärterinnen auf den Darsteller-Preis.

Sebastian Stan in „A Different Man“

Sebastian Stan in „A Different Man“

Quelle: Matt Infante/Faces Off LLC

Dass nun Sebastian Stan als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde, ist eine Überraschung, aber eine, über die man sich keine Sekunde ärgert. Vielmehr beweist die Jury mit dieser Entscheidung ein ironisches Gespür für klugen Humor, führt sie doch die vielen Meta-Diskussionen, die der philosophische Identitätskomödie über Aussehen, Charakter, Ruhm und Schauspielfähigkeiten aufwirft, noch eine Meta-Ebene weiter. Was bedeutet es, dass nun er, der den wahren Edward mit Maske spielt, einen Preis erhält, aber nicht Adam Pearson, der Oswald mit einer echten Gesichtsentstellung verkörpert? Fragen über Fragen.

Samstag, 24. Februar, 19:56 – Schauspielpreis für beste Nebenrolle für Emily Watson

Dass Emily Watson den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle erhalten würde, habe ich bereits nach der Premiere des Eröffnungsfilms „Small Things Like These“ vorhergesagt. In Tim Mielants düsterem Historiendrama über die Magdalenen-Wäschereien in Irland, in denen Nonnen junge Mädchen arbeiten ließen und quälten, ist Emily Watson als böse Schwester Mary ein cineastischer Lichtblick, der es einem kalt den Rücken herunterlaufen lässt.

Emily Watson bei der „Small Things Like These“-Premiere

Emily Watson bei der „Small Things Like These“-Premiere

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Samstag, 24. Februar, 19:51 – Drehbuchpreis für Matthias Glasner

Gratulation, Matthias Glasner! Den Silbernen Bären für das Beste Drehbuch erhält das deutsche 3-Stunden-Familiendrama „Sterben“, dessen Dialoge teilweise so gelungen sind, dass ich sie schon im Detail Freunden nacherzählt habe. Die Szene, in der Tom (Lars Eidinger) mit seiner Mutter (Corinna Harfouch) am Küchentisch sitzt und über den Tod, die Liebe und ihre beider Kälte spricht, gehört zu den besten Dialogen des gesamten Festivals.

Ebenso wie die Szene, in der Tom am Weihnachtsabend von seinem Freund und Arbeitskollegen (Robert Gwisdek) angerufen und um einen gewagten Gefallen gebeten wird, der aber an dieser Stelle nicht verraten werden soll. Jeder, der eine Familie hat oder hatte, sollte sich diesen Film anschauen.

Lars Eidinger in „Sterben“ von Matthias Glasner

Lars Eidinger in „Sterben“ von Matthias Glasner

Quelle: Jakub Bejnarowicz / Port au Prince, Schwarzweiss, Senator

Samstag, 24. Februar, 19:44 – Preis für Kameramann Martin Gschlacht

Der Silberne Bär für eine Herausragende Künstlerische Leistung geht an die Kamera des Österreichers Martin Gschlacht, der in dem Horror-Gore-Historienfilm „Des Teufels Bad“ Furcht einflößend dämonische Bilder auf die Leinwand bannt, die man so schnell nicht wieder vergisst.

„Des Teufels Bad“ von Veronika Franz & Severin Fiala

„Des Teufels Bad“ von Veronika Franz & Severin Fiala

Quelle: Ulrich Seidl Filmproduktion/Heimatfilm

Samstag, 24. Februar, 18:55 – Dokumentarfilm-Preis für „No Other Land“

Der Preis für den besten Dokumentarfilm geht an „No Other Land“ des palästinensisch-israelischen Aktivistenkollektivs Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham und Rachel Szor über die israelische Besatzung im Westjordanland. „Möge die Welt sich nicht von diesem Film abwenden“, heißt es bei der Preisverleihung. „Es ist sehr schwer, heute zu feiern“, verkündet das Kollektiv, das an seine Familien und Freunde in Gaza erinnert und fünf Jahre an dem Film gearbeitet hat. „Wir müssen zum Ende der Besatzung aufrufen.“

Regisseure Yuval Abraham (l-r), Hamdan Ballal, Rachel Szor und Basel Adra vor dem Dokumentarfilm „No Other Land“

Regisseure Yuval Abraham (l-r), Hamdan Ballal, Rachel Szor und Basel Adra vor dem Dokumentarfilm „No Other Land“

Quelle: Monika Skolimowska/dpa

Samstag, 24. Februar, 18:55 – Die Preisverleihung beginnt

Die Internationale Jury, bestehend aus Lupita Nyong‘o aus Kenia/Mexiko, Brad Corbet aus den USA, Ann Hui aus Hongkong/China, Christian Petzold aus Deutschland, Albert Serra aus Spanien, Jasmine Trinca aus Italien und Oksana Zabuzhko aus der Ukraine hat getagt, gestritten und sich geeinigt. Auf acht Preise, die im Berlinale Palast vergeben werden.

Die Internationale Jury: Ann Hui, Oksana Zabuzhko, Albert Serra, Lupita Nyong‘o, Christian Petzold und Jasmine Trinca

Die Internationale Jury: Ann Hui, Oksana Zabuzhko, Albert Serra, Lupita Nyong’o, Christian Petzold und Jasmine Trinca

Quelle: Getty Images/Sebastian Reuter

Samstag, 24. Februar, 13:06 Uhr–Die Filme, die mich zum Weinen und Lachen gebracht haben

Es bringt bekanntlich nichts, einen Film mit noch so klugen Vergleichen und intellektuellen Verrenkungen auszudeuten, wenn man beim Zuschauen nichts gefühlt hat. Ein Kollege, ich glaube, es war in der „Berliner Zeitung“, schrieb vor ein paar Tagen, dass er bisher bei keinem einzigen Berlinale-Film geweint habe. Es klang wie eine Kritik.

Und tatsächlich wird die Menge der vergossenen Tränen schon länger als Maß für die Qualität eines Werkes herangezogen – und das nicht nur von schluchzenden Book-Tookern. Auch Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki urteilte einst über Günter Grass’ Novelle „Im Krebsgang“: „Ich habe geweint, und ich weine nicht unter meinem Niveau“. Franz Kafka notierte in sein Tagebuch „Im Kino gewesen. Geweint“, als sei damit alles Wichtige über die Qualität des Films gesagt.

Ich jedenfalls finde, dass man der Berlinale viel vorwerfen kann, aber wahrlich keinen Mangel an emotionaler Wirkung. 17 Wettbewerbsfilme (von 20, verpasst habe ich „Architecton“, „Dahomey“ und „Another End“) und vier aus der Sektion „Berlinale Special Gala“, also insgesamt 21 Filme habe ich in der vergangenen Woche gesehen. Hier finden Sie diejenigen, die mich zum Weinen und Lachen gebracht, sowie die, die mich gebannt an meinen Sitz gefesselt haben. Auch diejenigen, die mich emotional völlig ungerührt gelassen haben, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Mein persönliches Wein-, Lach- und Spannungsbarometer:

Durchgängiges Schluchzen: „In Liebe, Eure Hilde“, „Treasure“

Einzelne Tränen in emotionalen Momenten: „Des Teufels Bad“, „My Favourite Cake“, „Sterben“, „Gloria“, „Spaceman“

Durchgängiges lautes unkontrolliertes Lachen aus vollem Halse: –

Regelmäßiges kurzes Auflachen: „A Different Man“, „My Favourite Cake“, „Sterben“, „La Cocina“, „A Traveler’s Needs“, „Treasure“

Gelegentliches leichtes Schmunzeln: „L’Empire“, „Des Teufels Bad“, „Gloria“, „Pepe“

Durchgehende Spannung: „Vogter“, „Treasure“, „In Liebe, Eure Hilde“, „Sterben“, „Des Teufels Bad“, „Love Lies Bleeding“, „Spaceman“, „Cuckoo“

Völlige emotionale Gleichgültigkeit: „Hors du Temps“, „Black Tea“, „Mé el Aïn“

Über letztere drei Filme habe ich auf diesem Blog bisher noch kein Wort verloren, weil mich schon das Schreiben über sie zu Tode gelangweilt hätte. Allerdings sehe ich es auch als meine Kritikerpflicht, Sie vorzuwarnen. Also hier in aller Kürze: „Hors du Temps“ verkleidet sich als Pandemie-Drama, zeigt aber nur wieder einmal Nabelschau betreibende Franzosen auf ihrem idyllischen Landgut, wo sie bei Wein und gutem Essen übers Filmemachen parlieren. Wer dieses Machwerk bis zum Ende aushält, ohne dabei einzuschlafen oder früher das Kino zu verlassen (wie ich es hier zum ersten Mal in meinem Leben getan habe), hat einen ganz eigenen Zuschauerpreis verdient. In „Black Tea“ können die intensiv gefärbten Bilder nicht über die melodramatisch wirre Handlung über eine Frau hinwegtäuschen, die ihren Verlobten am Tag der Hochzeit sitzen lässt und daraufhin von der Elfenbeinküste nach China zieht, wo sie in einem Teegeschäft arbeitet und sich neu verliebt. Das tunesische Politdrama „Mé el Aïn“ verschreckt mit platter Gewalt und biederen Nahaufnahmen von leidenden Gesichtern.

Meine Favoriten im Wettbewerb hingegen sind und bleiben „My Favourite Cake“, „Des Teufels Bad“, „Sterben“, „La Cocina“, „A Traveler‘s Needs“ und „A Different Man“. Heute Abend werden die Preise vergeben, ich halte Sie hier auf dem Laufenden.

Freitag, 23. Februar, 12:06 Uhr – Diese fünf Themen ziehen sich durch die Filme

Würde man ein verbindendes Leitmotiv in den Filmen dieses Berlinale-Jahrgangs suchen, so wäre es der Kuchen. In Gustav Möllers dänisch-schwedischem Gefängnisthriller „Vogter“ ist es der Sohn, der auf seinem ersten Freigang seiner Mutter den von ihr gebackenen Kuchen wütend ins Gesicht schmiert. Auch in Matthias Glasners „Sterben“ sind es Mutter und Sohn, die bei Kaffee und Kuchen nach der Beerdigung des Vaters ihr vielleicht erstes offenes Gespräch jemals führen. Ganz allmählich und subtil eskaliert die Konversation, bis sich beide am Ende gegenseitig gestehen, einander nicht zu lieben und nie geliebt zu haben. Und selbst in Maryam Moghaddams und Behtash Sanaeehas „A Favourite Cake“, der den Kuchen im Titel trägt, bleibt das selbst gemachte Gebäck lange unangetastet – bis sie ihm schließlich, die besonderen Umstände sollten hier nicht weiter verraten werden, einfach ein Stück in den Mund schiebt.

Wenn im Film gegessen wird, reflektiert der Film damit immer auch seine eigenen Rezeptionsbedingungen. Dass hier also niemand Fast Food verschlingt, sondern sahnig-süße Desserts auf dem Tisch stehen, die kaum angerührt werden, kann man nur als Solidaritätsaktion mit dem Berlinale-Besucher verstehen, dem Popcorn im Saal strikt untersagt werden. Dafür bekommt er heiße Konflikte präsentiert.

Haariger Widerstand: Zwei Frauen in „My Favourite Cake“

Haariger Widerstand: Zwei iranische Frauen in „My Favourite Cake“

Quelle: Mohammad Haddadi

Einen weiteren Trend stellt die Darstellung sprachbedingter Kommunikationshürden dar. Claire Burgers „Langue Étrangère“ handelt von einer französischen Austauschschülerin in Deutschland, Hong Sangsoos „A Traveler’s Needs“ von einer Französischlehrerin in Südkorea, Julia von Heinz’ „Treasure“ von einer New Yorkerin, die die Holocaust-Vergangenheit ihrer Familie in Polen erforscht, und Nelson Carlos De Los Santos Arias’ „Pepe“ von einem sprechenden Nilpferd, das sich von deutschen Touristen beobachten lässt.

Kein Wunder, dass in Hochzeiten von Tourismus und Migration das Kino, das selbst immer schon eine Übersetzungsleistung ist, da es die Wirklichkeit in Bild und Ton überträgt, sich diesem Thema annimmt. Und konnte eine Berlinale je so viele Co-Produktionen aus verschiedenen Ländern vorweisen wie dieses Jahr? Abderrahmane Sissakos Romanze „Black Tea“ etwa listet gleich fünf Produktionsländer aus drei Kontinenten, Frankreich, Mauretanien, Luxemburg, Taiwan und die Elfenbeinkünste.

Das war es leider auch schon mit den vergnüglichen roten Fäden. Ein anderer zieht sich durch Filme, in denen böse (Schwieger)mütter ihren Weg auf die Leinwand finden. Sie terrorisieren durch zu viel Nähe („Des Teufels Bad“) oder zu viel Kälte („Sterben“); in „Vogter“ ist es die Mutter, die ihren Sohn erst vernachlässigt und dann später einen anderen Mann, der sie an ihren Sohn erinnert, krankenhausreif prügelt. Kommt nach der Patriarchatskritik also die Matriarchatsskepsis? Angesichts der Häufung komplexer Frauenfiguren auf dieser Berlinale, die die Männer ganz schön alt aussehen lassen, ist ein bisschen Unbehagen an der Macht des Weiblichen zu zeigen wohl gar nicht so unpassend.

Die böse deutsche Mutter: Corinna Harfouch in „Sterben“

Die böse deutsche Mutter: Corinna Harfouch in „Sterben“

Quelle: Jakub Bejnarowicz / Port au Prince, Schwarzweiss, Senator

In ganzen fünf von 20 Wettbewerbsfilmen, also in einem Viertel, spielt außerdem Suizid eine Rolle. In „Vogter“ und Margherita Vicarios Quasi-Musical „Gloria“ zwar mehr oder weniger im Hintergrund, doch in anderen Beiträgen ganz zentral. „Des Teufels Bad“ zum Beispiel handelt von einer schrecklichen historischen Begebenheit, nämlich von Frauen in einem oberösterreichischen Dorf im 18. Jahrhundert, die mordeten, um vor ihrer Hinrichtung beichten zu dürfen, statt ohne Gottes Vergebung sterben zu müssen. In „Sterben“ und „My Favourite Cake“ verlangen Menschen geliebten Personen in ihrem Umfeld sogar ab, anwesend zu sein, während sie ihre Leben freiwillig verlassen.

Was als Hinweis auf zunehmende Depressionen in der Gesellschaft verstanden werden könnte, verweist womöglich auch auf das Bröckeln ihrer Tabuisierung. Genauso wie zu fragen wäre, ob der in auffällig vielen Filmen verhandelte Widerstand gegen repressive Regime, gegen den Nationalsozialismus („In Liebe, Eure Hilde“) sowie den extremen Islam („My Favourite Cake“) oder Katholizismus („Des Teufels Bad“, „Small Things Like These“, „Gloria“), an einem zunehmenden Interesse an jenen Themen oder aber an einem gegenwärtig zu beobachtenden Aufstieg autoritärer Herrschaften liegt.

Morgen Abend werden die Gewinner verkündet. Welche der oben genannten Filme und Themen mit einer Auszeichnung nach Hause fahren dürfen, werden wir dann erfahren. Vorherzusehen sind die Entscheidungen der Internationalen Jury kaum. Genauso wie die Auswahl der Filme, die es in den Wettbewerb geschafft haben, in diesem Jahr äußerst willkürlich wirkt.

Haben Sie suizidale Gedanken, oder haben Sie diese bei einem Angehörigen/Bekannten festgestellt? Hilfe bietet die Telefonseelsorge: Anonyme Beratung erhält man rund um die Uhr unter den kostenlosen Nummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222. Auch eine Beratung über das Internet ist möglich unter http://www.telefonseelsorge.de. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

Donnerstag, 22. Februar, 16:22 – Keine einzige gute Sexszene

Man kann lange überlegen, aber eine Szene, die es verdient hätte, zur besten Sex-Szene gekürt zu werden, sucht man dieses Jahr vergeblich. Der gescheiterte Zeugungsakt in „Des Teufels Bad“, der Verkehr zweier Aliens auf freiem Feld neben einem schnaubenden Pferd in „L’Empire“ oder die Frau, die ihren Liebhaber bittet, die Maske eines Deformierten aufzuziehen in „A Different Man“, sie alle können nicht mithalten mit der Darstellung des Geschlechtsakts durch die Fensterscheibe hindurch in „Bis ans Ende der Nacht“ aus dem vergangenen Jahr.

Woran liegt’s, dass wir 2024 entweder braven Blümchensex („In Liebe, Eure Hilde“, „Sterben“) oder, viel öfter noch, gar keinen sehen? „Spaceman“ handelt von einer einjährigen Fernbeziehung ins Weltall, da kann logischerweise nicht viel passieren; in „My Favourite Cake“ fühlen sich die Liebenden zu alt, um sich vor einer fremden Person nackt auszuziehen; „Vogter“ spielt in einem Gefängnis für schwere Fälle, die sich meistens in Einzelhaft befinden; die Mädchen in „Gloria“ haben nur Musik und Gesang im Kopf. Und auch das sprechende Nilpferd in „Pepe“ hat zwar allerhand zu erzählen, unter anderem über seinen eigenen Tod, aber das, was man wirklich gerne gesehen hätte, nämlich wie Nilpferde sich paaren, bleibt dann doch der Fantasie überlassen.

Mittwoch, 21. Februar, 19:30 Uhr – In „Spaceman“ macht Carey Mulligan mit Adam Sandler Schluss

Was ist der schlimmste Moment, um seinen Partner zu verlassen? Man könnte einwenden, dass es ohnehin keinen richtigen Moment dafür gibt. Dass jeder Moment gleich grausam ist, solange einer von beiden noch an der Beziehung festhalten will. Doch Johan Rencks Weltraum-Romanze sieht das anders. Die Verfilmung des Romans „Spaceman of Bohemia: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“ von Jaroslav Kalfar schickt den Astronauten Jakub (Adam Sandler) in einer tristen Kapsel an den Rand des Sonnensystems.

Während eines Live-Interviews fragt ihn ein Mädchen gleich zu Beginn, ob er der einsamste Mensch der Welt sei. Nein, entgegnet Jakub, denn er habe ja seine Frau Lenka (Carey Mulligan), mit der spreche er jeden Tag. Doch ganz so stimmt das nicht, wie wir bald erfahren. Denn die hochschwangere Lenka hat sich seit Tagen nicht mehr bei ihrem Mann gemeldet. Tatsächlich hat sie ihm sogar schon eine Videonachricht geschickt, indem sie ihm mitteilt, sich von ihm zu trennen. Da es jedoch viele Leute gibt, deren einziger Job es ist, dafür zu sorgen, dass die Raumschiffmission und das dafür nötige psychische Wohlergehen des Astronauten nicht gefährdet wird, wird von oberster Stelle entschieden, Jakub die Trennungsbotschaft nicht auszuhändigen.

Ja mehr noch, es wird alles getan, um Lenka zu überzeugen, bei ihrem Mann zu bleiben. Könne sie nicht noch sechs Monate mit der Trennung warten, bis ihr Mann zurück ist? Sie sei emotional aufgewühlt, die Schwangerschaft und das viele Alleinsein (ihr Mann ist zu diesem Zeitpunkt bereits ein halbes Jahr weg) würden ihr Urteilsvermögen trüben, raten ihr Freunde, Familie und Jakubs Kollegen. „Es ist ein schrecklicher Zeitpunkt, um jemanden zu verlassen“, fasst es eine Freundin zusammen. „Ich weiß“, antwortet Lenka, „ich hätte es viel früher tun sollen.“

Adam Sandler als Jakub in „Spaceman“

Adam Sandler als Jakub in „Spaceman“

Quelle: Netflix

Die von „Spaceman“ entwickelte Idee, eine große Liebes- und Trennungsgeschichte anhand einer Weltallmission zu erzählen, statt eine Weltallmission mit einer kleinen Liebesgeschichte auszustatten, reiht sich passend in die Flut an Genie-Epen, die in den vergangenen Monaten mit Promi-Männer-Namen wie Oppenheimer, Bernstein, Elvis und Napoleon warben, und dann eigentlich eine Paarbeziehung ins Zentrum rückten. So ist entgegen gängiger Genre-Erwartungen das größte Problem, dem Jakub in seiner Ödnis begegnet, nicht etwa ein Alien-Angriff, Sauerstoffmangel, verlorene Funksignael oder das Abkommen vom Kurs, sondern sein Herzschmerz, weil Lenka nicht antwortet. Gemeinsam mit einem spinnenartigen, psychoanalytisch versierten Wesen, das plötzlich in seiner Kapsel auftaucht reflektiert Jakub nun, was in seiner Beziehung falsch gelaufen ist.

Trotz der überflüssigen Rückblenden und der konventionellen Bildsprache ist „Spaceman“ ein erfrischender Film, der zum Nachdenken über das Verhältnis von Abwesenheit und Begehren, über Reue, Lebensträume und die Möglichkeit, sich zu ändern, anregt. Eine Parabel auf Fernbeziehungen und überhaupt Beziehungen aller Art, zu deren großer Schwierigkeit es immer auch gehört, ein für beide Partner angemessenes Verhältnis von Nähe und Ferne auszutarieren. Dass Lenka und Jakub von Anfang bis Ende kein einziger Moment des physischen Zusammenseins auf der Leinwand gegönnt wird, ist ein böser, ein cleverer Streich.

Mittwoch, 21. Februar, 10:30 Uhr – Was in einem Tiny House geschieht, überrascht

Mitten auf dem Potsdamer Platz steht ein kleines Holzhaus mit Rädern. Drinnen brennt Licht. Würde an der Tür nicht ein Schild hängen, auf dem „Über Israel und Palästina sprechen“ steht, würde man vielleicht eine modische Influencer-Wohnung erwarten, aber keinen Tisch mit Blumengesteck, um den herum sich etwa vierzehn Leute gruppieren und diskutieren. Draußen warten noch mehr Gäste, aber der Raum ist eng, die Luft zum Atmen wird knapp. Etwa alle fünfzehn Minuten verlassen Besucher den Raum und neue kommen herein, es herrscht ein reger Wechsel, der das Kräfteverhältnis stets etwas verschiebt.

Ins Leben gerufen wurde das Tiny-House-Projekt im Dezember 2023 von dem deutsch-jüdischen Moderator mit israelischen Wurzen Shai Hoffmann. Gemeinsam mit dem Palästinenser Ahmad Dakhnous moderiert er nun Gespräche, die sich spontan unter ihrem Dach ergeben. Zum Hintergrund: Zuvor hatte unter anderem das „Palestine Filminstitut“ Filmemacher dazu aufgefordert, ihre Filme von der Berlinale zurückzuziehen, sollte diese keine klarere Haltung gegen den „entsetzlichen, andauernden Genozid in Palästina“ entwickeln. Das „Schweigen“ der Berlinale werde als „institutionelle Komplizenschaft mit den Tätern dieses Genozids“ interpretiert. Zuschauer wurden vom „Palestine Filminstitut“ gebeten, ihre bereits gekauften Tickets mit einer Erklärung der Gründe zurückzugeben.

Das Tiny House auf dem Potsdamer Platz

Das Tiny House auf dem Potsdamer Platz

Quelle: Marie-Luise Goldmann

Einzelne Filmemacher zogen ihre Werke aus der Sektion „Forum Expanded“ bereits im Januar zurück, einen Wettbewerbsbeitrag betraf das nicht. Dabei wird der Nahost-Konflikt auf der Berlinale-Leinwand keineswegs ausgespart. In der Sektion „Panorama Dokumente“ läuft die Doku „No Other Land“ des palästinensischen Aktivisten-Kollektivs Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham und Rachel Szor über „die Massenvertreibung ihrer Leute durch israelische Besatzung“. In der Sektion „Berlinale Special“ feiert der Episodenfilm „Shikun“ des Israelis Amos Gitai Premiere, der sich ebenfalls „mit der aktuellen Lage auseinandersetzt“.

Das Tiny House stellt nun den Versuch dar, jenseits schlichter Parolen oder destruktiver Boykott-Aufrufe einen Dialog zu ermöglichen. Hoffmann und Dakhnous statten mit dem Tiny House auch deutschen Schulen einen Besuch ab. Viele Schüler, erzählt Dakhnous, würden das israelische Leid nicht sehen. Vier der Leute, die an diesem Nachmittag am Tisch sitzen, tragen Pali-Tücher um den Hals. Eine junge Frau offenbart, einen Freund zu haben, der große Teile des Massakers der Hamas an den Israelis abstreiten oder verharmlosen würde, und dass es schwierig sei, an so einem Punkt noch mit ihm zu sprechen. Eine andere Frau teilt ihre Beunruhigung über die Tatsache mit, dass einige ihrer Bekannten, die sonst jedes Jahr auf die Berlinale gingen, dieses Jahr aus Protestgründen auf ihren Festivalbesuch verzichteten.

Im Tiny House wird gesittet diskutiert und nachgefragt

Im Tiny House wird gesittet diskutiert und nachgefragt

Quelle: Marie-Luise Goldmann

Als eine Amerikanerin das Wort „Genozid“ ganz selbstverständlich benutzt, schnaubt ein älterer New Yorker, wiederholt das Wort verächtlich und geht. Sie spricht von den vielen toten Menschen in Gaza, was den Mann mit Pali-Tuch neben ihr dazu veranlasst, sie mit nur einem Wort zu korrigieren: „Kinder“. Auch um die Bedeutung von Worten wird hier gerungen. Was heißt es, heute ein Zionist zu sein? Leben wir in einem post-zionistischen Zeitalter? Was bedeutet es, in diesem Konflikt eine extreme Position einzunehmen? Markiert man mit der Nutzung von Begriffen wie „Genozid“ oder „Selbstverteidigung“ bereits, auf wessen Seite man steht?

Es geht um die Frage, warum die Empörung über das Geschehen in Nahost so unverhältnismäßig viel größer sei als die Empörung über andere Kriege auf der Welt, ob es am Antisemitismus liege, an der Unterstützung Israels durch Amerika, oder ob allein das Aufwerfen dieser Frage schon eine Relativierung des palästinensischen oder aber israelischen Leids bedeuten würde. Es grenzt an ein Wunder, dass ein Dialog, wie er hier in dem geschützten Raum des Holzhäuschens stattfindet, möglich ist. Hätte man eine Kamera aufgestellt und drei Tage lang laufen lassen, wäre womöglich ein Dokumentarfilm dabei herausgekommen, der zur nächsten Berlinale eingeladen worden wäre. Vielleicht kommen dann ja wieder alle, auch die, die dieses Jahr weggeblieben sind.

Dienstag, 20. Februar, 23:27 Uhr – Martin Scorsese nimmt den Goldenen Ehrenbären entgegen

Sichtlich gerührt nimmt Martin Scorsese am Dienstagabend im Berlinale Palast den Goldenen Ehrenbären entgegen. Als hätte man darauf gewartet, dass der 81-Jährige nach einem Leben voller Erfolge noch einmal so einen Knaller wie die 10-fach oscarnominierte Romanverfilmung „Killers of the Flower Moon“ hervorbringt, wird dem Filmemacher nun endlich der wohlverdiente Preis für sein Lebenswerk verliehen.

Als die Moderatorin die Kulturstaatsministerin Claudia Roth begrüßt, vernimmt man vereinzelte Buhrufe im Saal, bei der Begrüßung Scorseses, der in Begleitung seiner Tochter Francesca erscheint, jubelt das Publikum umso ausgelassener. Es ist einiges, was wir an diesem Abend von der Moderatorin über den Filmemacher erfahren: dass er früher Priester werden wollte, frühes Aufstehen und daher Filmdrehs nicht mag. „Wir haben keine Geheimnisse mehr, Martin“, scherzt daher der ebenfalls oscarnominierte Regisseur Wim Wenders, als er zu seiner Lobeshymne ansetzt. In dieser verrät er auch seinen Scorsese-Lieblingsfilm: „The King of Comedy“, was das Publikum mit begeistertem Klatschen quittiert.

Francesca und Martin Scorsese auf dem roten Teppich

Francesca und Martin Scorsese auf dem roten Teppich

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Scorsese wiederum nutzt seine Dankesrede nach anfänglicher Sprachlosigkeit fast ausschließlich dazu, seinen Kumpel Wenders und dessen Film „Perfect Days“ zu loben. Es stimmt, es sind beides fantastische Filme, die die beiden in diesem Jahr herausgebracht haben, und die zeigen, dass auch den Größten das Beste vielleicht erst im Alter gelingt. Und vorbei ist es hoffentlich noch lange nicht.

Lesen Sie hier, was mein Kollege Hanns-Georg Rodek über die Entscheidung schreibt, Martin Scorsese den Ehrenbären jetzt zu verleihen:

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Dienstag, 20. Februar, 13:22 Uhr – Isabelle Huppert fasziniert in „A Traveler’s Needs“

Wenn Isabelle Huppert irgendwo mitspielt (und das tut sie auf dieser Berlinale gleich in zwei Filmen), kann man sich sicher sein, eine klischeefreie Frauenfigur vorgesetzt zu bekommen, die mehr ist als nur Projektionsfläche. Für den Wettbewerbsbeitrag „A Traveler’s Needs“ (Original: „Yeohaengjaui pilyo“) konnte der südkoreanische Regisseur Hong Sangsoo die Empfängerin des Ehrenbären 2022 schon zum dritten Mal gewinnen. Sie ist die einzige ausländische Darstellerin im Ensemble. Und genau das verkörpert sie hier auch: eine geheimnisvolle Französin, Iris, die in Südkorea in einer WG mit einem jungen Mann lebt, den sie im Park beim Flötespielen kennengelernt hat.

Um Geld zu verdienen, gibt Iris einem Ehepaar und deren Nichte Privatstunden in Französisch. Über Iris’ Hintergründe erfahren wir nichts, nichts über ihre Vergangenheit, nichts über ihre Gründe, nach Südkorea zu ziehen. Auch als Sprachlehrerin kann sie keinerlei Vorkenntnisse vorweisen. Eher intuitiv hat sie eine neue Methode entwickelt, die ohne Lehrbuch auskommt: Sie verbringt mehrere Stunden mit ihren Schülern, geht mit ihnen spazieren, trinkt das alkoholische Getränk Makgeolli, plaudert und lässt sich von ihnen Musik vorspielen. Im Laufe der gemeinsam verbrachten Zeit stellt sie ihnen persönliche Fragen. „Was haben Sie gefühlt, als Sie gerade Gitarre gespielt haben?“ zum Beispiel. „Ich war glücklich“, lautet die Antwort meistens. „Aber was haben Sie wirklich gefühlt?“, fragt Iris dann.

Iris (Isabelle Huppert, l.) gibt Sprachunterricht in Französisch

Iris (Isabelle Huppert, l.) gibt Sprachunterricht in Französisch

Quelle: 2024 Jeonwonsa Film Co.

Wie eine Psychoanalytikerin oder ein Sektenguru dringt Iris stets eine Schicht weiter vor zu den Menschen, zu ihren Ängsten und Hoffnungen, zu ihrer verborgenen Scham und ihrem Stolz. Am Ende übersetzt Iris die Schüler-Antworten ins Französische und notiert sie auf Karteikarten, die sie ihnen aushändigt. Als Hausaufgabe sollen sie die Karteikarten so oft lesen, wie es geht. Iris hält nicht viel davon, Schüler von einer Sprache abzuschrecken, in dem man ihnen anfangs nur banale Sätze beibringt. Vielmehr sollen die Schüler von der fremden Sprache erschüttert werden, indem sie Sätze lernen, die ihre tiefen Gefühle widerspiegeln.

Fast dokumentarisch muten die langen Einstellungen an, die improvisiert wirkende Szenen aus einer laienhaften Distanz festhalten. Und dann wiederholen, doppeln, komisch spiegeln. An die Ästhetik Ulrich Seidls erinnernd bildet Sangsoo Alltägliches in seiner undramatischen Albernheit ab. Neben „A Favourite Cake“ ist „A Traveler’s Needs“ nun der zweite Wettbewerbsfilm, der sich gelungen mit einem gewagten Neuanfang im hohen Alter auseinandersetzt. Gleichzeitig ist es ein Film, der vieles in der Schwebe lässt, der sich auf erdenklich fremde Weise der Fremdheit widmet.

Montag, 19. Februar, 20:11 Uhr – Hillary Clinton wird siebenmal von Demonstranten unterbrochen

Vor dem Berliner Stage Theater des Westens bildet sich eine Schlange. Während man auf den Einlass wartet, hat man genug Zeit, die Plakate zu lesen, die die vereinzelten Demonstranten-Grüppchen hochhalten. „The West is the real terrorist“, „Epstein Enabler“, „Hillary Clinton is a war criminal” steht darauf. Die Initiative „Cinema for Peace“ hat anlässlich der Berlinale zu einem Gespräch mit der US-Demokratin Hillary Clinton eingeladen, die an dem Abend mehrfach als diejenige Frau vorgestellt wird, die im Präsidentschaftswahlkampf „drei Millionen mehr Stimmen sammelte als Donald Trump“. Auch ein Elvis-Vergleich fällt.

Nach einem kurzen Einführungsvideo, das Clintons bemerkenswerten Aufstieg in die US-Politik und insbesondere ihre Verdienste für die Frauenrechte würdigt, betritt die 76-Jährige die Bühne. Der Saal ist rappelvoll, Leute ohne Sitzplatz drängen sich an den Türen. Über eine Stunde dauert die Diskussion zwischen Clinton und der Moderatorin Ann Curry, die sie zu den ernsten Krisen der Gegenwart befragt.

Hillary Clinton, ehemalige Außenministerin der USA, spricht beim Cinema for Peace „Special Evening with Hillary Clinton“ im Theater des Westens

Hillary Clinton, ehemalige Außenministerin der USA, spricht beim Cinema for Peace „Special Evening with Hillary Clinton“ im Theater des Westens

Quelle: dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Zunächst spricht Clinton von einem aktiven globalen Backlash gegen den Feminismus. Nach der Ermordung des russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny befragt, gibt Clinton zu, „nicht überrascht, aber geschockt“ über die Nachricht gewesen zu sein. Ob der Zeitpunkt seiner Ermordung von Putins Seite aus nicht unüberlegt oder sogar dumm gewesen sei, fragt die Moderatorin, woraufhin Clinton anmerkt, dass die Frage, was Führer motiviere, nicht nach den gängigen Regeln der Logik zu beantworten sei. „Glaubt, was er erzählt – das sage ich auch die ganze Zeit über Trump“. Mit dem Tod Nawalnys solle womöglich die Botschaft gesendet werden: „Ihr wisst nie, was ich als Nächstes tun werde“. Weil sie eine der Personen war, die sich von Anfang an für größere Konsequenzen gegen Putin ausgesprochen habe, möge dieser sie wirklich nicht, erzählt Clinton.

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Das ist der Zeitpunkt, als der erste Gast im Publikum aufsteht, das Bühnengespräch unterbricht und laut fragt, warum Clinton die gleiche Sorge, die sie gegenüber der Ukraine äußere, nicht auch für die Tausende von Palästinensern aufbringe, die Tag für Tag getötet würden. „Shame on you!“ („Schämen Sie sich!“) ruft er Clinton zu. „Setz dich“, „Hau ab“, entgegnen ihm einzelne Zuschauer. Die meisten wollen hören, was Clinton zu sagen hat, nicht das Geschrei eines Demonstranten, der das eine Verbrechen relativiert, indem er ein anderes aufbringt. Nachdem der Aktivist von Sicherheitsleuten hinausgetragen wurde, steht einige Reihen weiter hinten ein weiterer Mann auf. Dieser richtet sein Handy filmend auf die Bühne, als ginge irgendeine Gefahr von Clinton aus, während er die Verbrechen der IDF gegen die palästinensische Bevölkerung von einem Zettel lesend vorträgt.

Cinema for Peace 2024

Ein Mann im Publikum stört die Veranstaltung und wird von Ordnern aus dem Saal geführt

Quelle: dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Nachdem auch er in den Armen der Sicherheitskräfte aus dem Saal befördert wurde, erklärt Clinton ruhig, dass sie später gerne auch über das Israel-Palästina-Thema sprechen werde. Sie müsse aber drei Punkte klarmachen. Zu Punkt 3 wird sie aber an diesem Abend nicht kommen. Denn schon nach Punkt 1 (am 7. Oktober habe es einen Waffenstillstand gegeben, sie selbst habe viele Waffenstillstände ausgehandelt) und Punkt 2 steht die nächste Person aus dem Publikum auf, diesmal eine Frau in einer der vorderen Reihen.

Als Clinton auf das Recht Israels zur Selbstverteidigung verweist, ruft die Frau, dass Israel sich nicht selbst verteidige. Dass Clinton sich schämen solle. „Und Sie sprechen über Frauenrechte und treten bei einer Friedensveranstaltung auf, meinen Sie das ernst?“, schreit sie. „Free Palestine“ und „Shame on you“ sind das letzte, was man von ihr hört, bevor sie aus dem Raum getragen wird. Als es wieder ruhig ist, wiederholt Clinton ihre letzte Aussage, als wäre nichts geschehen: „Israel hat das Recht, sich selbst zu verteidigen.“ Das ist der Moment, als die vierte Person aufsteht und ihre Parolen vorbringt. „Ihr könnt morgen einen Waffenstillstand haben, wenn die Hamas die Geiseln freilässt“, entgegnet Clinton, wofür sie Applaus erntet.

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Immer wieder wird das Bühnengespräch mit Clinton unterbrochen

Quelle: AP/Markus Schreiber

Ein Organisator bittet immer wieder um Ruhe, damit man das Gespräch hören könne. „Jeder hat die Freiheit zu sprechen, aber jetzt wollen wir die Diskussion hören“, sagt er. Ob Israel nach der Tötung von über 28.000 Menschen in Gaza in vier Monaten nicht rücksichtslos gehandelt habe, fragt die Moderatorin, vielleicht auch, um die Aggression im Raum abzuschwächen. Clinton findet die Frage legitim, betont aber, dass an Israel keine höheren Standards gelegt werden dürften als an andere Länder. Es brauche eine Zwei-Staaten-Lösung mit einer neuen israelischen und einer neuen palästinensischen Regierung.

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12.02.2024, Palästinensische Gebiete, Rafah: Palästinensische Kinder gehen unter den Überresten der Al-Huda-Moschee, die nach einem israelischen Luftangriff zerstört wurde. Foto: Mohammed Talatene/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Gegen Ende des Abends geht es um Trump und die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA „Ich werde alles tun, um eine zweite Trump-Präsidentschaft zu verhindern“, verkündet Clinton. „Wir haben die Wahl zwischen einem alten und effektiven Mann und einem alten und gefährlichen Mann“. Die Moderatorin bemerkt, dass Clinton jünger als beide sei. Das Alter Bidens beunruhige viele Wähler, so Clinton. „Dabei weiß ich, dass Biden jeden Tag trainiert. Ich garantiere Ihnen: Biden kann Liegestützen.“ Die letzte Frage an Clinton ist persönlicher: Wie geht sie mit all den Sorgen um? Als Bewältigungsstrategie nennt Clinton lange Spaziergänge und das Schreiben eines Buches, mit dem sie herausfinden wollte, was 2016 schiefgelaufen sei.

Bei der Erwähnung von Nelson Mandela in Clintons Antwort auf die Abschlussfrage, welche wichtigste Lehre sie aus ihrem erfahrungsreichen Leben gezogen habe, geschieht das Erwartbare: Der nächste Zuschauer steht auf. Man hört nicht mehr, was er schreit, denn jetzt sind die Sicherheitskräfte schneller zur Stelle und auch der Rest des Saals reagiert unruhig.

Cinema for Peace 2024

Hillary Clinton, ehemalige Außenministerin der USA, bei einem Event der Berlinale 2024

Quelle: dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Einer der Organisatoren mahnt, dass es nicht nett sei, wenn Männer aggressiv sind. „Man schreit eine Frau nicht aggressiv an.“ Clinton korrigiert ihn: „Man schreit niemanden aggressiv an“. Dann kommt sie doch noch, Clintons Lehre fürs Publikum: „Man löst keine Probleme, indem man sich gegenseitig anschreit. Sondern, indem man Gemeinsamkeiten findet.“ Wie zu erwarten, erhebt sich jemand, diesmal aus dem ersten Rang. Er schreit „Free Palestine“.

Montag, 19. Februar, 14:48 Uhr – Nach „La Cocina“ wollen Sie nie wieder im Restaurant essen

Der Wettbewerbsfilm „La Cocina“ des Mexikaners Alonso Ruizpalacios ist die beste Medizin gegen Restaurant-Fieber, jene Sucht nach dem Essen an öffentlichen Orten, nach Gerichten, die man nicht selbst gekocht hat und für die man am Ende große Summen bezahlt. Denn der über lange Strecken in einem Shot gedrehte Schwarz-Weiß-Film legt den Fokus nicht auf die Erfahrung der Gäste (wie „The Menu“) oder den Vorgang des Kochens (wie „Geliebte Köchin“), sondern auf die stressige Organisation einer New Yorker Großküche.

Im fiktionalen Diner „The Grill“ am Times Square arbeiten Kellner, Köche und Küchenhilfen verschiedener Herkunft, viele von ihnen sprechen nur Spanisch, arbeiten illegal und warten seit Jahren auf eine Aufenthaltsgenehmigung. Weil alles schnell gehen muss, geht es hier drunter und drüber, die Kellnerinnen testen, ob sie den richtigen Teller haben, indem sie sich mit der Hand eine Nudel davon nehmen, niemand trägt Handschuhe oder Masken, mitten zwischen der Zubereitung der Speisen wird geprügelt, gevögelt, geknutscht, es fällt auch mal was runter, verbrennt, oder eine Kellnerin stellt das Gericht aus Ungeduld selbst zusammen, ohne auf den zuständigen Koch zu warten.

Rooney Mara und Raúl Briones Carmona in „La Cocina“

Rooney Mara und Raúl Briones Carmona in „La Cocina“

Quelle: Juan Pablo Ramírez / Filmadora

Das Drehbuch gibt verschiedenen Figuren Raum, unter anderem der amerikanischen Kellnerin Julia (Rooney Mara), die eine Affäre mit dem mexikanischen Koch Pedro (Raúl Briones Carmona) eingeht, und ihn um 800 Dollar für eine Abtreibung bittet. Als dann genau diese Summe aus der Kasse verschwindet, stehen die Verdächtigen schnell fest. In anderen ungewöhnlich großartigen Szenen verharrt die Kamera seelenruhig auf einem Arbeiter, der im Hinterhof auf dem Boden sitzt und in aller Ausführlichkeit einen Albtraum nacherzählt, ohne je zur Pointe zu kommen.

Die Kunst komödiantischen Timings beherrschend, lässt Ruizpalacios am Ende alles so sehr eskalieren, dass man sich an Ruben Östlunds grandiose Yacht-Szene in „Triangle of Sadness“ erinnert fühlt – nur, dass hier nicht die Reichen im Vordergrund stehen, sondern die oft unsichtbar bleibenden Arbeiter in den Hinterräumen. Den Anfall eines Koches, der tränenlachend immer wieder wiederholt „Und ihr bezahlt dafür!“, wird bei jedem zukünftigen Restaurantbesuch in den Ohren nachklingen.

Montag, 19. Februar, 10:55 Uhr – Wie trashig darf Trash sein? „L‘empire“ und „Love Lies Bleeding“

An dem unverständlicherweise in den Wettbewerb eingeladenen fanzösischen Sci-Fi-Film „L‘empire“ von Bruno Dumont überzeugt eigentlich nur die Landschaft. Die ist so weit und leer, dass die Figuren (in Menschenkörpern versteckte Aliens mit Laserschwertern), wenn sie sich zufällig mitten auf einem Feld, an einem Strand, auf einer Straße oder dem offenen Meer treffen, ohne Angst vor unerwünschten Zuschauern entweder Sex miteinander haben oder der eine den anderen massakriert. Die Kamera dokumentiert das mal aus weiter Ferne und mal aus nächster Nähe. Für den umabitionierten Trash gab es dann auf der Premiere in Anwesenheit von Cast und Crew auch nur verhaltenen Applaus.

Lyna Khoudri in „L’ Empire“

Lyna Khoudri in „L’ Empire“

Quelle: Tessalit Productions

Gekonnter auf der Klaviatur des Camps spielt dagegen der in der Reihe „Berlinale Special“ laufende Film „Love Lies Bleeding“ von Rose Glass. Die lesbische Liebesgeschichte zwischen einer arbeitslosen Bodybuilderin (Katy O‘Brian) und der Tochter eines zwielichten Clan-Bosses und Waffenhändlers (gewohnt spektakulär: Kristen Stewart) ist skurril, aber voller Energie und logischer Stringenz.

Katy O’Brian und Kristen Stewart in „Love Lies Bleeding“

Katy O’Brian und Kristen Stewart in „Love Lies Bleeding“

Quelle: Anna Kooris

Magische Elemente wie riesenhaftes Wachstum und übernatürliche Kräfte kommen dezent zur Geltung, die Chemie zwischen den Hauptdarstellerinnen ist phänomenal. Ein erfrischend queeres Action-Road-Movie über die Kraft weiblichen Zusammenhalts? Oder eine unter dem Deckmantel selbstironischer Kritik stattfindende Hommage an ein Amerika, das Waffengewalt, Körperstählung und Selbstjustiz verherrlicht? Das Konzept der Beziehungstoxizität jedenfalls muss nach diesem Abenteuer neu definiert werden.

Sonntag, 18. Februar, 21:31 Uhr – Was ich von Lars Eidinger übers „Sterben“ lernte

Ist Tom ein guter Mann? Er ist ein kalter Mann. Das wirft ihm seine Exfreundin an den Kopf, deren Kind er mit ihr großzieht. Das sagt er über sich selbst, als ihm seine Mutter, mit der ihn diese Eigenschaft der Kälte verbindet, offenbart, dass sie ihn als Baby einmal hat fallen lassen.

Obwohl Tom, glaubhaft uneidingerhaft gespielt von Lars Eidinger, mit seiner Karriere als Komponist schon ausgelastet genug wäre, hilft er den Menschen in seinem Umfeld, wo er kann. Wenn jemand anruft, geht er dran, wenn ihn jemand mitten am Weihnachtsabend um einen Gefallen bittet, setzt er sich ins Auto und kommt. Wenn seine große Liebe ihr gemeinsames Kind abtreiben und später ein Kind von einem anderen behalten will, unterstützt er sie bei beidem klaglos.

Sie wollen viel von ihm, die Leute, andererseits tut er all das gerne, dafür hat man ja Freunde, sagt sein bester Freund Bernard (Robert Gwisdek), ein depressiver Komponist, bevor er das Unmögliche von Tom verlangt. Wäre es besser, Tom würde den Menschen, die er liebt, ihren Willen nicht umstandslos erfüllen? Er würde auch mal nein sagen, dagegen ankämpfen, die Freiheiten der anderen beschränken? Kann Liebe auch manchmal heißen, wütend zu werden? Der Film lässt die Frage offen, das ist seine Stärke.

Lilith Stangenberg, Corinna Harfouch und Lars Eidinger auf der Berlinale

Lilith Stangenberg, Corinna Harfouch und Lars Eidinger auf der Berlinale

Quelle: Monika Skolimowska/dpa

Matthias Glasners Dreistunden-Episoden-Drama „Sterben“, das man gerne als Miniserie im Fernsehen gesehen hätte, zeigt das Leben der Familie Lunies aus den verschiedenen Perspektiven der unterschiedlichen Mitglieder, der kränkelnden Mutter Lissy (Corinna Harfouch), des dementen Vaters Gerd, der alkoholsüchtigen Tochter Ellen (Lilith Stangenberg) und des Sohnes Tom.

Die fast lakonische Ruhe, mit der die Figuren Herausforderungen begegnen, die andere Regisseure mit entsetztem Kreischen, erschrockenem Stottern oder dramatischem Zusammenbrechen inszeniert hätten, macht den großen Reiz von „Sterben“ aus – und bewahrt ihn zugleich vor dem Kitschverdacht, einer Angst des Komponisten Bernard, der „Kitsch“ so definiert: als Differenz zwischen dem Gefühl und der Wirklichkeit.

Die poetologischen Metareflexionen, die sich in den Künstlergesprächen zwischen Tom und seinem Freund immer wieder eingestreut finden, funktionieren erstaunlich gut. Etwa wenn Komponist Bernard sein titelgebendes Stück „Sterben“ selbst für „Scheiße“ hält, von seinen Musikern jedoch die Bestätigung dieses Urteils erwartet. Nach mehreren Aufforderungen traut sich endlich jemand zu sagen, dass das Lied zwar „nett, aber viel zu lang“ sei. Darüber hinaus ist ein ganzes Filmkapitel mit „Der schmale Grat“ überschrieben, den Bernard ausführlich als Balance zwischen der Anbiederung ans Massenpublikum und dem Beharren auf den eigenen unverständlichen Ideen beschreibt.

Ellen (Lilith Stangenberg) in „Sterben“

Ellen (Lilith Stangenberg) in „Sterben“

Quelle: Jakub Bejnarowicz/Senator

Natürlich fragt man sich in all diesen Momenten, ob „Sterben“ selbst gelingt, was die beiden Künstler da versuchen, ob „Sterben“ zu lang ist, Kitsch ist, zu viel Offensichtliches auserklärt. Und dann, ob er diese Fehler extra begeht, um witzig zu sein, wenn er sich später selbst des eigenen Fehlers überführt. Doch seine stärksten Momente erlebt das Drama da, wo wenig oder gar nicht geschlaumeiert wird, etwa bei einem Gespräch zwischen Tom und Lissy am Küchentisch nach dem Tod des Vaters, in dem beide einander gestehen, sich nicht zu lieben, die Mutter den Sohn nicht, der Sohn die Mutter nicht.

Ellens konventionellerer Erzählstrang, der aus Suff-Rausch-Nächten mit ihrer Affäre, einem verheirateten Zahnarzt, besteht, überzeugt weniger als die Momente der Ruhe, in denen Tom vor Türen steht und sich fragt, ob er eintreten soll, ob andere wollen würden, dass er eintritt. Seine Affäre (Saskia Rosendahl) vergleicht ihn einmal mit einem geköpften Huhn, das wild herumläuft und nicht weiß, was es eigentlich will. Ist es das, wie Sterben klingt? Wie ein geköpftes Huhn, wie ein röchelnder Greis im Krankenhausbett, wie ein langsames Cellosolo? „Sterben“ führt uns durch die verschiedenen Variationen dieses Akts.

Sonntag, 18. Februar, 16:43 Uhr – Warum werden die Filme immer länger?

Eine dreistündige Filmdauer ist keineswegs amerikanischen Großproduktionen über Atombomben vorbehalten. Sondern auch deutsche Reflexionen auf das Sterben besitzen das Selbstbewusstsein, ihre Zuschauer länger in den Kinosessel zu bannen als es jedes Uni-Seminar aus wissenschaftlich nachgewiesenen Konzentrationsgründen je wagen würde. So feiert heute Abend Matthias Glasners dreistündiges Familiendrama „Sterben“ Premiere, über das ich an dieser Stelle berichten werde. Man kann nur vermuten, dass das Sterben als Übung in Geduld und Bescheidenheit vorgestellt werden soll, und Filmeschauen als Training dieser Fähigkeit.

Doch auch Dimitris Athiridis’ in der Rubrik „Berlinale Special“ gezeigter Documenta-Dokumentarfilm „exergue – on Documenta 14“ dauert ganze 14 Stunden, er wird in zwei Teilen mit jeweils einer Pause gezeigt. Was man in diesen 14 Stunden wertvoller Festival-Zeit alles tun könnte! Man könnte fünf Filme sehen, auf acht Empfänge gehen, sieben Partys besuchen, endlich einmal alle im Pressecenter ausliegenden Branchenmagazine und Feuilletons lesen, sechs Interviews mit Hollywoodgrößen führen, acht Rezensionen schreiben, ausführlichen Austausch über die gesehenen Filme pflegen, 14 Stunden am roten Teppich stehen und Outfits analysieren, oder einfach mal ausschlafen, um zur Abwechslung ein paar Tage lang nicht wie ein „geköpftes Huhn“ über den Potsdamer Platz zu laufen, wie die von Lars Eidinger gespielte Hauptfigur in „Sterben“ von ihrer Affäre beschrieben wird.

Wenn selbst Fußballspiele ihren treusten Fans keine Dauer, die die vernünftigen 90 Minuten überschreitet, zumuten, warum meinen dann gerade Filmemacher ihre Zuschauer in Zeiten immer kürzer werdender TikTok-Clips mit unerhörten Übermaßen verschrecken zu müssen?

Aber entscheiden Sie gerne mit, liebe Leserinnern und Leser! Wünschen Sie sich von mir eine Rezension des 14-Stunden-Films? Bevorzugen Sie in diesem Liveticker insgesamt mehr Filmbesprechungen oder lesen Sie lieber Promi-Klatsch und -Tratsch? Und haben Sie selbst schon den ein oder anderen Film auf der Berlinale gesehen? Falls ja, wie hat er Ihnen gefallen? Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen in den Kommentaren.

Sonntag, 18. Februar, 00:05 Uhr – Zwei Holocaust-Filme, „In Liebe, Eure Hilde“ und „Treasure“

Wie man mit dem Nationalsozialismus umgehen soll, fragen sich in diesen Tagen zwei Filme. Der eine, Andreas Dresens Widerstandsmelodrama „In Liebe, Eure Hilde“, fragt es aus der Perspektive der jungen Hilde (Liv Lisa Fries), die sich in einen Widerstandskämpfer verliebt und auf diese Weise zufällig Teil seiner Clique wird, wofür sie am Ende hingerichtet wird. Der Wettbewerbsfilm, der zwischen Rückblenden in die Zeit vor der Gefangenschaft und Darstellungen der Gegenwart im Gefängnis hin und her wechselt, setzt auf alle Gewichte, die eine Tränendrüse aushalten kann: da ist Sex, Liebe, Betrug, eine Schwangerschaft, eine Geburt, Tod, Verrat, Zusammenhalt und Vergebung. Doch weder ästhetisch noch inhaltlich gelingt es Dresen, neue Akzente zu setzen.

Rebellisches Liebespaar: Szene aus „In Liebe, Eure Hilde“

Rebellisches Liebespaar: Szene aus „In Liebe, Eure Hilde“

Quelle: Frederic Batier / Pandora Film

Und dann ist da noch Julia von Heinz’ Vater-Tochter-Komödie „Treasure“. Sie stellt die Frage nach dem Umgang aus der Perspektive überlebender New Yorker Juden, die einen Familienausflug nach Polen unternehmen, um dort das Haus zu besuchen, das ihnen 1940 weggenommen wurde, und wo jetzt andere leben, sowie Auschwitz-Birkenau, wo sie fast alle Familienmitglieder verloren haben, und wo sie jetzt eine exklusive Führung erhalten. Die Berlinale-Entscheidung, das fantastische Aufarbeitungsdrama nicht im Wettbewerb, sondern lediglich in der Rubrik „Berlinale Special“ laufen zu lassen, ist unbegreiflich.

Seit „Toni Erdmann“ hat man keine so himmlische Vater-Tochter-Beziehung (oder „Tochter-Vater“-Beziehung, wie es Vater Edek nennt) mehr gesehen. Niemand kann so privilegiert-kotzbrockig nerven und gleichzeitig eine so erschütternde Verletzlichkeit offenbaren wie Lena Dunham, „Girls“-Schöpferin und Millennial-Ikone, die die 36-jährige Tochter Ruth spielt. Auch mit Stephen Fry ist Vater Edek, der seinem Trauma als einziger Auschwitz-Überlebender seiner Familie eine Heiterkeit und Lebenslust entgegensetzt, ideal besetzt.

Vater (Stephen Fry) und Tochter (Lena Dunham) in „Treasure“

Vater (Stephen Fry) und Tochter (Lena Dunham) in „Treasure“

Quelle: Anne Wilk

Beim Anblick des von Ruth in Polen gebuchten Zuges heuert Edek lieber einen privaten Taxi-Fahrer an, der die beiden während ihrer Reise in die eigene Vergangenheit zwischen Hotel, Konzentrationslager, Chopin-Museum und ehemaligem Wohnhaus herumkutschiert. Ruth ist Musikjournalistin, frisch geschieden, kämpft darüber hinaus mit dem kürzlichen Tod ihrer Mutter, und betreibt Recherchen für ein Buch, das sie vorhat, über die Geschichte ihrer Eltern zu schreiben. Diese haben nie von dem, was ihnen widerfahren ist, erzählt, aber die Ahnung, dass es Schreckliches gewesen sein muss, hat Ruth seit ihrer frühen Kindheit nicht verlassen.

Heinz’ leichter und zugleich angemessen schwerer Ton verdankt sich der reduzierten Bildsprache, die auf Rückblenden und andere Experimente zugunsten einer fesselnden Intensität verzichtet. Irgendwann steht das ungleiche Vater-Tochter-Gespann, das sich gegenseitig annähert und wieder abstößt, im ehemaligen Familienhaus Edeks. Und da bricht auch die Fassade des Bonvivants, der den Trip bislang eher für Unterhaltungszwecke und „den Sex“ nutzte. Denn er sieht die Couch, das Porzellangeschirr, die Glasschale seiner Eltern.

Während „In Liebe, Eure Hilde“ private Dramen ausschlachtet, um der politischen Schreckherrschaft Vehemenz zu verleihen, und dabei nie wegschaut (nicht beim Sex, nicht beim Geburtsvorgang, nicht beim Schafott), entwickelt „Treasure“ – der ebenfalls nicht nur Holocaust-, sondern zugleich Familien- und sogar Reisefilm ist – seine Themen und Konflikte zurückhaltender und damit umso stärker.

Samstag, 17. Februar, 18:56 – Die Outfits der Stars und ihre Bedeutung

Nachdem die deutsche Schauspielerin Pheline Roggan für ihr „FCK AFD“-Dekolleté genug Aufmerksamkeit erhalten hat, widmen wir uns nun vor der nächsten Filmpremiere kurz denjenigen Outfits, die es eher aus Mode- statt aus Haltungsgründen verdient haben, dass man über sie spricht. Und deren Botschaften so subtil versteckt sind, dass sie einer Exegese bedürfen.

1)

Der deutsche Schauspieler Lars Eidinger

Der deutsche Schauspieler Lars Eidinger

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Rooney Mara auf der Premiere ihres Films „La Cocina“

Rooney Mara auf der Premiere ihres Films „La Cocina“

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Die Elevator Boys

Die Elevator Boys

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Seit Ken in „Barbie“ in komplett schwarzem Outfit Musical-Balladen über die Krise der Männlichkeit trällerte, gilt schlichtes Schwarz nicht mehr als französischer Existenzialisten-Look, sondern als ironisches Pendant zum feministisch gewordenen Pink. Dass Lars Eidinger, Rooney Mara und sogar einige der Elevator Boys ihr Schwarz so weitschweifig fallend und körperunbetont tragen, geht jedoch nicht auf Kens Kappe, sondern ist womöglich als Anspielung auf die dunkle Weite des Kinosaals zu verstehen.

2.)

Jessica Henwick spielt in „Cuckoo“ die Stiefmutter

Jessica Henwick spielt in „Cuckoo“ die Stiefmutter

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Jessica Henwick aus dem weiter unten besprochenen Horrortrip „Cockoo“ erscheint in einem Stoff, der aus auf der Zunge geschmolzenem Popcorn gewebt zu sein scheint.

3.)

Das deutsche Model Toni Garrn

Das deutsche Model Toni Garrn

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Das Model Toni Garrn beschritt den roten Teppich in einem H&M-Kleid, das strahlte wie die Sonne, die nun doch immer mal wieder durch die Berliner Wolkenfront blitzt – mehr jedenfalls als auf der Leinwand, wo es dieses Jahr auffällig häufig schneit. Lediglich im Wettbewerbsfilm „In Liebe, Eure Hilde“ darf die zu Tode verurteilte Widerstandskämpferin für einige lange Sekunden den Kopf in die Sonne strecken, bevor das Schafott darüber niedergeht. Effektvoll, aber hat man schon oft gesehen. Beides – den endgültigen Abschied von der Sonne (etwa in „Sophie Scholl – Die letzten Tage“) sowie Garrns Kleid.

4.)

Die deutsche Schauspielerin Heike Makatsch

Die deutsche Schauspielerin Heike Makatsch

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Liv Lisa Fries spielt in „In Liebe, Eure Hilde“ die Hauptrolle

Liv Lisa Fries spielt in „In Liebe, Eure Hilde“ die Hauptrolle

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Sympathiepunkte gibt es für Heike Makatschs verlässliche Gute-Laune-Ausstrahlung und Liv Lisa Fries’ lässige Friedensgeste mit zwei Fingern jeder Hand. Symbolpolitik auf die traditionelle Art.

5.)

Die deutsche Influencerin Caro Daur

Die deutsche Influencerin Caro Daur

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Anders als als Generationen- und vielmehr noch als Influencerverwirrung kann man sich den Trend, unter einem Blazer lediglich einen BH zu tragen, nicht erklären. Oder handelt es sich um eine subversive Umkehr des angeblich feministischen BH-Verzichts unter durchsichtigen Oberteilen?

Sina Martens aus dem Film „In Liebe, Eure Hilde“

Sina Martens aus dem Film „In Liebe, Eure Hilde“

Quelle: Getty Images/Andreas Rentz

Auch den Beweis, dass man den BH auch gleich über dem Kleid tragen kann, bleibt uns die Berlinale mit der Garderobe von Schauspielerin Sina Martens nicht schuldig.

6.)

„Treasure“-Star Lena Dunham

„Treasure“-Star Lena Dunham

Quelle: Getty Images/Sebastian Reuter

Der Körper der Millennialikone und „Girls“-Schöpferin Lena Dunham ist mit weißen Schleifen übersät. Damit unterstützt die Hauptdarstellerin aus „Treasure“ die sogenannte „White Ribbon Kampagne“, die sich gegen häusliche Gewalt gegen Frauen einsetzt.

7.)

Jury-Präsidentin Lupita Nyong‘o

Jury-Präsidentin Lupita Nyong’o

Quelle: Getty Images/Maja Hitij

Je nachdem, aus welcher Perspektive man das Kleid der Jury-Präsidentin und 2014 vom „People“-Magazin zur schönsten Frau der Welt gekürten Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong’o betrachtet, schimmert es mal weiß, dann wieder violett und manchmal driftet es ins rosa-grau ab. Was uns daran erinnert, dass auch Filme immer anders wirken, je nachdem, aus welchem Blickwinkel wir sie anschauen.

Samstag, 17. Februar, 11:44 – „Cuckoo“ gleicht einem extravaganten Drogentrip

„Cuckoo“ ist einer dieser Filme, bei dem man sich einige Tage später fragt, ob man ihn wirklich gesehen hat, oder ob die langen Berlinale-Partys und der nach vier Filmen pro Tag zwischen 8:45 Uhr und Mitternacht sich langsam bemerkbar machende Schlafentzug verantwortlich sind für die Science-Fiction-Horror-Action-Splatter-Fantasien, die einen heimsuchen. So wie Gretchen, herrlich zurückhaltend gespielt von „Euphoria“-Star Hunter Schafer, nach ihrem Umzug in die Alpen zu ihrem Vater und seiner neuen Familie immer wieder verfolgt wird von einer unheimlichen Frau, die ihr an den Kragen will.

Fühlt sich verfolgt: Hunter Schafer in „Cuckoo“

Fühlt sich verfolgt: Hunter Schafer in „Cuckoo“

Quelle: NEON

Der deutsche Regisseur Tilman Singer zeigt keine Scham, den Regler der Horror-Genre-Konventionen ins Extrem auf- und zu überdrehen. Das mag nicht jedermanns Geschmack sein und auch die extravagante Auflösung der Verschwörung am Ende wirkt überspannt, aber als effektreicher Drogentrip mit erfrischendem Appell an die Schwesterlichkeit hat „Cuckoo“ das Herz am rechten Fleck.

Freitag, 16. Februar, 21:20 Uhr – „A Different Man“ stellt heikle Fragen

Identitätsdebatten darüber, wer über wen schreiben, wer wen beurteilen und wer wen spielen darf, haben es zum Glück aus den Panel-Diskussionen und Social-Media-Echoräumen hinaus auf die Theaterbühnen und Filmleinwände geschafft. Bald kommt die für den besten Film mit einem Oscar nominierte amerikanische Komödie „American Fiction“ ins Kino, die von einem schwarzen Autor handelt, dessen Romane seinem Publikum „nicht schwarz genug“ sind.

Und auch der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „A Different Man“ findet einen originellen Dreh, um die Frage nach den Grenzen menschlichen Einfühlungsvermögens zu stellen. Die Thriller-Komödie von Aaron Schimberg, der selbst Gesichtsdeformationen aufweist, handelt von Edward (Sebastian Stan), einem im Gesicht stark entstellten Mann, der eines Tages durch ein Wundermittel von seiner „Behinderung“ geheilt wird. Plötzlich interessieren sich die Frauen für ihn, er wird erfolgreicher Immobilienmakler, kann sich eine helle, saubere Wohnung leisten.

Sebastian Stan, Renate Reinsve und Adam Pearson

Sebastian Stan, Renate Reinsve und Adam Pearson

Quelle: Faces Off LLC

Doch dann trifft er seine ehemalige Nachbarin, die Drehbuchautorin Ingrid (Renate Reinsve, „The Worst Person in the World“) wieder, die einzige Frau, die sich auch damals schon nicht von seiner Hässlichkeit abschrecken ließ. Er spricht für eine Rolle in ihrem Stück vor, die Rolle des Edward – seine Rolle, die Rolle eines Deformierten, eines von der Gesellschaft Ausgestoßenen. Die „Rolle seines Lebens“, wie es an mehreren Stellen heißt.

Edward, den Ingrid für tot hält, da er nach seiner Transformation untergetaucht ist und ein neues Leben begonnen hat, will sich selbst spielen. Doch kann ein gesunder Mensch einen Kranken spielen? Ein Schöner einen Hässlichen? Oder sollte Ingrid nicht besser eine Person für die Rolle finden, die keine aufwendige Maske benötigt, sondern von Natur aus das geeignete Aussehen aufweist? Als hätte er ihre Zweifel erhört, taucht plötzlich Oswald (Adam Pearson) im Probenraum auf. Und stellt alles auf den Kopf – auch den Film, den wir bis zu diesem Zeitpunkt meinen, gesehen zu haben. Und unsere Haltung dazu.

„A Different Man“ ist kein perfekter Film, er hat Schwächen, was das Tempo angeht, die Motivierung, die Fokussierung, die pure Erzählmasse (ab der zweiten Hälfte reiht sich Wendepunkt an Wendepunkt). Aber er liefert Diskussionsstoff. Und als Meta-Kommentar zu vielen Debatten, die sich in den nächsten Festival-Tagen stellen dürften, taugt er allemal.

Freitag, 16. Februar, 17:41 Uhr – Der iranische Wettbewerbsbeitrag „My Favourite Cake“ ist ein Meisterwerk

Die iranischen Regisseure Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, deren Film „My Favourite Cake“ (Original: “Kexke mahboobe man”) im Wettbewerb läuft, durften wegen eines Reiseverbots nicht nach Berlin kommen. Ihnen wurden die Pässe abgenommen. Auch die Forderungen der Berlinale-Geschäftsführung, die Regisseure zum Festival reisen zu lassen, blieben wirkungslos. Die Premiere musste nun ohne sie auskommen. Das ist schade, denn um Aufmerksamkeit auf diesen wirklich großartigen Film zu lenken, hätte es den Ausreise-Skandal gar nicht gebraucht.

Die poetische Meditation des einfachen Lebens handelt von der 70-jährigen Witwe Mahin (Lily Farhadpour), die seit Jahren alleine in Teheran lebt. Ihre Tochter hat den Iran vor Jahrzehnten verlassen, seitdem verbringt Mahin die Tage oft alleine. Nur selten trifft sie Freundinnen, das Treppensteigen, die langen Fahrtwege, all die Gebrechlichkeiten des Alters setzen ihr mehr und mehr zu. Abends strickt sie, während sie sich Liebesschnulzen im Fernsehen ansieht, und wenn sie irgendwann gegen mittags aufwacht, gießt sie die Pflanzen in ihrem Garten.

Es ist Liebe: Mahin (Lily Farhadpour) und Esmail (Esmail Mehrabi)

Es ist Liebe: Mahin (Lily Farhadpour) und Esmail (Esmail Mehrabi)

Quelle: Hamid Janipour

Doch dann kommt der Tag, an dem sie beschließt, einen Mann zu finden. Sie macht sich auf die Suche, geht dorthin, wo sie ältere Männer erwartet, im Park, im Restaurant. Schnell hat sie sich einen ausgesucht, den sie belauscht, während er zu seinen Kumpels sagt, dass er alleine lebt, ohne Frau. Mahin verfolgt ihn und bittet ihn erst, sie nach Hause zu fahren, dann, hereinzukommen. Was in dieser unverhofften Date-Nacht zwischen Mahin und Esmail (Esmail Mehrabi) geschieht, ist so bezaubernd, rührend und erhebend, dass man Weinen möchte vor Glück.

Und doch vergisst man keine Sekunde, dass die Aufforderung einer Fremden, noch in derselben Nacht mit in ein fremdes Haus in eine fremde Gegend zu kommen, eigentlich aus dem Horrorgenre stammt. So wartet man mit jedem Satz, jedem neuen Einfall, den die beiden für ihr plötzliches Beisammensein haben, darauf, dass etwas einbricht, dass das Böse Einzug in das heile Idyll erhält, das sich diese Einsamen so provisorisch und liebevoll innerhalb weniger Minuten, Stunden, einer Nacht aufgebaut haben.

Die Schauspieler Esmail Mehrabi (l) und Lily Farhadpour (r) halten ein Foto der Regisseure Maryam Moghaddam (l) und Behtash Sanaeeha (r)

Die Schauspieler Esmail Mehrabi (l) und Lily Farhadpour (r) halten ein Foto der Regisseure Maryam Moghaddam (l) und Behtash Sanaeeha (r)

Quelle: dpa/Soeren Stache

Ohne je ins Kitschige abzudriften, entwirft „My Favourite Cake“ mit einem Gespür für Details einen Mikrokosmos, der ganz unaufdringlich auch die politische Hintergrundsituation im Iran ins persönliche Leben der Rentner einwebt. Der Wein ist verboten und muss heimlich im eigenen Garten angebaut werden, die Nachbarn spionieren, Treffen zwischen Mann und Frau jenseits der Ehe sind unerlaubt, aus dem Hijab hervorragende Haare ein Grund für die Polizei, eine Frau in ihren Wagen zu laden und mit aufs Revier zu nehmen.

„Es ist die schönste Nacht meines Lebens“, sagt Esmail zu Mahin. Mahin spricht von Liebe, da kennen sie sich gerade einmal ein paar Stunden. Und weil beide sich gegenseitig alles geben, ohne Vorsicht, ohne Zurückhaltung, ohne Angst, den Reiz des Unerreichbaren zu zerstören, ahnt man von Anfang an, dass es nicht gut ausgehen kann. Nur so viel kann man sagen, ohne zu viel zu verraten: Der Kuchen aus dem Titel steht am Ende tatsächlich auf dem Tisch. Er wird auch gegessen.

Freitag, 16. Februar, 07:55 Uhr – Der Eröffnungsfilm „Small Things Like These“ ist so trist wie Berlin im Februar

Festival-Eröffnungsfilme sind bekanntlich selten gut. Literatur-Verfilmungen sind es noch seltener. Und wenn es sich dann auch noch um eine solch triste Angelegenheit wie die Darstellung der Zustände in den irischen Magdalenen-Wäschereien im Jahr 1985 handelt, wo junge Frauen ohne Bezahlung Wäsche waschen mussten, während ihnen ihre Neugeborenen weggenommen wurden, dann ist kein euphorisierender Berlinale-Auftakt zu erwarten.

Doch Tim Mielants irisch-belgisches Drama „Small Things Like These“ („Kleine Dinge wie diese“), der auf Claire Keegans gleichnamigem Roman basiert, fügt sich sogar noch besser ins triste Februar-Berlin ein, als man nach all diesen Andeutungen ohnehin ahnen durfte. Wo der für „Oppenheimer“ oscarnominierte Hauptdarsteller Cillian Murphy in dem Atombomben-Biopic wenigstens noch einen handfesten Grund hatte, depressiv durchs Bild zu laufen – die Auslöschung der Menschheit war plötzlich bedrohlich nah –, verlangt einem das distanzierte Wäscherei-Drama, das zum Großteil aus Nahaufnahmen von Murphys sonnengegerbtem, leidgeprägtem Arbeiter-Intellektuellen-Gesicht besteht, schon einiges ab.

Als Kohlenhändler Bill Furlong versorgt er seine Frau (Eileen Walsh) und fünf Töchter, das Geld ist ständig knapp, seine Hände wäscht er abends minutenlang, bis er den Dreck aus jeder Falte losgeworden ist. Trotzdem herrscht Heiterkeit im Haus, schiefe Cellomusik, Neckereien unter Schwestern, erwünschte Geschenke – wäre da nicht Furlongs Schmerz, sein Schweigen, seine Unsicherheit, ob es ihm und seiner Familie gut gehen darf, während da draußen, in gar nicht weiter Entfernung, die Nonnen, die ihn bezahlen, junge Mädchen quälen.

Cillian Murphy in „Small Things Like These“

Cillian Murphy in „Small Things Like These“

Quelle: Shane O’Connor

Als sich eine fremde Wäscherin an sein Bein wirft und ihn anbettelt, sie hier wegzubringen, kann er dem Rat von Frau und Freunden, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern und schlafende Hunde besser nicht zu wecken, nicht länger folgen. „Was, wenn es unsere Mädchen wären?“, fragt Furlong eines Abends im Bett seine Frau. „Aber genau das ist der Punkt, es sind nicht unsere Mädchen“, entgegnet diese, ängstlich darauf bedacht, das wenige Glück, das ihnen gegönnt ist, zusammenzuhalten.

Emily Watson (Oscar-Nominierte für „Breaking the Waves“) brilliert als boshafte Oberschwester, die nicht nur ihren Untergebenen, sondern auch Furlong das Blut in den Adern gefrieren lässt. Mit ihr steht schon bei der Berlinale-Eröffnung eine ernstzunehmende Kandidatin für den Silbernen Bären für die beste Schauspielleistung in einer Nebenrolle fest.

Aber, was will „Small Things Like These“? Handelt es sich um einen Historienfilm über einen verdrängten Abschnitt der irischen Geschichte? Oder um einen feministischen Fingerzeig auf geschlechtsspezifische Ungerechtigkeiten, die noch gar nicht so lange zurückliegen? Für beide Interpretationen hätte die Perspektive der Wäscherinnen eine größere Rolle jenseits des Bettelns um Befreiung und des Zusammengekauert-in-der-Ecke-Liegens einnehmen müssen.

Vielmehr bemüht sich Mielant um die Perspektive des außenstehenden Helfers. Das sogenannte „Ally“-Prinzip (dt.: „Verbündeter“) ermöglicht es, im Einklang mit identitätspolitischen Diskursen über Sichtweisen zu berichten, die den eigenen Erfahrungshorizont überschreiten. So nahm bereits Martin Scorseses „Killers of the Flower Moon“ über die Verbrechen gegen den Osage-Stamm eher Ernest Burkharts Perspektive ein als die seiner indigenen Frau Mollie. Und Lars Kraumes im vergangenen Jahr auf der Berlinale gezeigter Film „Der vermessene Mensch“ erzählte den Völkermord der Deutschen an den Herero und Nama aus der Perspektive eines deutschen Wissenschaftlers. Letztere beiden Filme lassen den Protagonisten unangenehm zwischen Helfer und Täter changieren, eine spannende Ambivalenz, die „Small Things Like These“ zugunsten der reinen Retter-Perspektive auflöst.

Donnerstag, 15. Februar, 20:50 Uhr – Claudia Roth erntet Applaus für eindrückliche Rede

Im ersten Teil des Gala-Abends versucht das aus Hadnet Tesfai und Jo Schück bestehende Moderationsduo noch, gute Laune zu verbreiten, die Oscar-nominierten Gäste des Abends zu begrüßen (Cillian Murphy, Christian Friedel und Wim Wenders), und aus den Stars positive Aussagen über Berlin herauszulocken. Letzteres gelingt nur mittelmäßig. Befragt, ob er sich über einen Oscar oder einen goldenen Bären mehr freuen würde, antwortet Murphy diplomatisch: „Kann ich beides haben?“ Von Matt Damon will Tesfai wissen, wann er endlich nach Berlin ziehe. „Ich lebe in Brooklyn, aber wenn ich bereit dazu bin, melde ich mich“.

Doch dann beginnt der zweite Teil des Abends, der den eindringlichen Appellen gewidmet ist. Den Anfang macht die Berlinale-Geschäftsführerin Mariëtte Rissenbeek, die an den andauernden Krieg im Nahen Osten erinnert, an das Leid der Zivilisten in Israel und Gaza, in der Ukraine, im Iran und Sudan, sowie an das Erdbeben in der Türkei. An die Bedrohung im eigenen Land durch rechtsextreme Worte und Taten, die unser Zusammenleben immer mehr gefährdeten. „Hass steht nicht auf unserer Gästeliste“, begründet sie abermals ihre Entscheidung, diese Rede nicht vor AfD-Mitgliedern zu halten.

Claudia Roth bei der Berlinale-Eröffnungsgala

Claudia Roth bei der Berlinale-Eröffnungsgala

Quelle: Getty Images/Sebastian Reuter

Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth betritt die Bühne im glitzernden Blumen-Outfit, das in keinem größeren Kontrast zu ihren Worten stehen könnte, die Klarheit und Härte ausdrücken. In ihrer emotionalen Predigt betont Roth sowohl den Schmerz der Israelis, die unter dem „barbarischen Angriff der Hamas-Terroristen auf friedlich lebende Menschen“ bis heute litten. „Bring them home now!“, ruft Roth, mahnt aber gleichzeitig, dass unser Mitgefühl allen Menschen gelten müsse, auch den Zivilisten im Gaza-Streifen. Diese Region brauche eine friedliche Lösung.

74. Berlinale – Die Stars protestieren auf dem roten Teppich

Die 74. Berlinale läuft. 230 Filme aus 80 Ländern werden gezeigt. Die Ein- und dann Ausladung mehrerer AfD-Politiker sorgte bereits im Vorfeld des Filmfestivals für Diskussionen.

Roth zeigt sich darüber hinaus entsetzt über die „Welle der Gewalt gegen jüdische Menschen in unserem Land, die wir täglich auch in Berlin erleben“. Sie spricht von „Feinden der offenen Gesellschaft“, die sich „in Villen an Seen“ träfen und „Hass und Hässlichkeit“ wollten.

Dagegen wirkt Lupita Nyong’os mit strahlendem Lächeln geäußerter Hinweis, die erste Berlinale-Jury-Präsidentin of color zu sein, geradezu sanft und unpolitisch.

Donnerstag, 15. Februar, 19:20 Uhr – Erste Proteste auf dem roten Teppich

Kaum ist der rote Teppich ausgerollt, wird er zum Protest genutzt. Nach dem Eklat um die Ein- und spätere Ausladung einiger AfD-Vertreter zur Berlinale-Eröffnungsgala mit der anschließenden Präsentation des Eröffnungsfilms „Small Things Like These“, haben nun rund 50 Filmemacher am Donnerstagabend das Rampenlicht genutzt, um die Ausladungspolitik der Berlinale öffentlich zu begrüßen. „Verteidigt die Demokratie“, rufen Schauspieler wie Jella Haase, während sie ihre Handys wie Kerzen in den Himmel halten.

Filmschaffende bilden eine Menschenkette

Händchenhalten für die Demokratie

Quelle: Getty Images/Sebastian Reuter

Andere setzen ihre Zeichen eher leiser, dafür aber umso greller. Die deutsche Schauspielerin Pheline Roggan trägt eine silberglänzende Kette mit dem Schriftzug „FCK AFD“, der fast ihr gesamtes Dekolleté bedeckt. Die dänische Produzentin Katrin Pors hat sich auf den Rücken ihres schwarzen Kleides ein Banner mit der Aufschrift „Ceasefire Now!“ geklebt. Auch die Lass-Brüder, die jährlich eine Berlinale-Party organisieren, haben diese bereits in ihrer Einladung unter das Motto „No Guestlist, No Bullshit, No AfD“ gestellt.

Pheline Roggan auf dem roten Teppich

Pheline Roggan auf dem roten Teppich

Quelle: Getty Images/Sebastian Reuter

Dass die Berlinale zu den politischsten Festivals der Welt gehört, hört man an diesem Tag immer wieder – manchmal klingt es wie ein Lob, viel öfter aber wie eine Kritik.

Donnerstag, 15. Februar, 16:00 Uhr – Herzlich willkommen!

Liebe Leserinnen und Leser, Festival-Besucher, Film-Fans, Berlinale-Hasser, Promi-Interessierte, Gleichgültige und Gebannte, willkommen zum neuen Liveticker der WELT zu den 74. Internationalen Filmfestspielen Berlin. Hier werde ich die nächsten Tage in regelmäßigen Abständen berichten, was sich im und um den Berlinale Palast abspielt – welche Dramen, Höhepunkte, Romanzen und Skandale zu beobachten sind.

Warum, fragen Sie? Hat sich die Berlinale nicht längst in die Belanglosigkeit manövriert, da sie sich zwar über die Ungerechtigkeiten der Welt empören kann, wie mein Kollege Hanns-Georg Rodek berichtete, aber keine großen Namen mehr im Februar ins regennasse Berlin zu bringen weiß? Hat sie sich mit ihrer wankelmütigen Ein-/Ausladungspolitik von AfD-Vertretern zur Eröffnungsgala nicht selbst diskreditiert? Und wer irrt gerne durch die deutsche Hauptstadt, die ihre Spielstätten bis in die hintersten Ecken verteilt, wenn man nur wenige Monate warten muss, um bei Sonnenschein in Cannes die größten Filme des Jahres zu sehen (zur Cannes-Ernte 2023 gehörten unter anderem „Killers of the Flower Moon“, „Anatomie eines Falls“, „Perfect Days“ und „The Zone of Interest“)?

WELT-Autorin und Berlinale-Reporterin Marie-Luise Goldmann

WELT-Berlinale-Reporterin Marie-Luise Goldmann

Quelle: Martin U. K. Lengemann/WELT

Doch ganz so schlimm ist es nicht um eines der größten Filmfestivals der Welt bestellt. Die Verteilung der Filme auf Programmkinos und Spielstätten in der ganzen Stadt lässt die Berlinale im Vergleich zu anderen Festivals als Publikumsmagnet erstrahlen, statt lediglich Presse und Prominente unter einem Dach zu versammeln. Zwar sind dieses Jahr kaum berühmte Regisseure vertreten und auch keine Taylor Swift, die jede noch so kränkelnde Veranstaltung aus der Misere holt. Dafür wird aber an Schauspiel-Prominenz nicht gespart. Kristen Stewart, Cillian Murphy, Martin Scorsese, Lena Dunham und Carey Mulligan werden über die Leinwand und den roten Teppich stolzieren.

Martin Scorsese wird den Ehrenbären entgegennehmen. Und höchstwahrscheinlich wird wieder der ein oder andere Film-Diamant dabei sein – die Jury unter der neuen Vorsitzenden Lupita Nyong‘o müsste ihn nur erkennen. Schließlich hat im vergangenen Jahr „Sur L‘Adamant“, ein Dokumentarfilm, den kaum jemand gesehen hat, gegen „Past Lives“, einen nun zweifach Oscar-nominierten Publikumsliebling gewonnen.

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So wie auch schon im vergangenen Jahr die deutschen Beiträge mit am meisten überzeugten („Sonne und Beton“, „Roter Himmel“, „Der vermessene Mensch“ sowie der Oscar-Kandidat „Das Lehrerzimmer“), klingen auch dieses Jahr wieder die deutschen Filme oder jene unter deutscher Regie am vielversprechendsten. Da ist Matthias Glasners Wettbewerbsbeitrag „Sterben“ mit Lars Eidinger, Corinna Harfouch und Lilith Stangenberg sowie Andreas Dresens ebenfalls im Wettbewerb laufendes Widerstandsdrama „In Liebe, Eure Hilde“ mit Liv Lisa Fries. Julia von Heinz hat Millennial-Ikone Lena Dunham für ihren Holocaust-Film „Treasure“ gewinnen können, in Nora Fingscheidts Befreiungsfilm „The Outrun“ spielt die vierfach Oscar-nominierte Saoirse Ronan mit, und Tilman Singers Verschwörungsgeschichte „Cuckoo“ kann mit „Euphoria“-Darstellerin Hunter Schafer glänzen.

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