Apple Watch Ultra im Test: Nicht nur für Extremsportler – aber eben auch

Die neue Apple Watch Ultra richtet sich mit robusten Design und smarten Funktionen vor allem an Fans von Extremsport. Warum sie auch bei moderaterer Nutzung viele Vorteile hat, verrät der Test.

Robust, wetterfest und abenteuertauglich – so bewirbt Apple seine neue Apple Watch Ultra. Und spricht damit viele Extremsport-Fans an. Im Test zeigt sich, dass der Konzern aber nicht in die Falle tappt, sich zu sehr an diese Nische zu wenden. Und auch Normalnutzern viele nützliche Neuerungen bietet.

Auf den ersten Blick orientiert sich Apple klar an anderen Sportuhren: Die neue Apple Watch ist deutlich klobiger als die bisherigen Uhren, lässt mit ihrem 49 Millimetern großen Titangehäuse selbst das bisher größte 45-Millimeter-Modell auf einen Schlag klein wirken. Auch den kantigen Display-Rand, das größere Uhrenrad und den neuen Actionbutton an der linken Seite kennt man bereits von anderen Uhren. Die für Tauchen, Klettern und Trailrunning optimierten Armbänder in knalligen Farben machen den typischen Sportuhren-Look perfekt. 

Mehr als ein schicker Look

Tatsächlich bieten alle Neuerungen beim Design klare Vorteile. Durch das kantigere Design ist das große Display besser geschützt, das angewachsene Rad und der abgesetzte Seitenknopf lassen sich auch mit Handschuhen besser bedienen. Und mit dem, Action-Button bietet Apple die Möglichkeit, die Uhr mehr als vorher vor allem über die Tasten zu steuern, statt immer auf das Display touchen zu müssen.

Die wichtigste Erkenntnis kommt relativ schnell: Apple hat mit der Ultra nicht die Sportuhr oder gar die Apple Watch neu erfunden. Sondern seine hervorragende Smartwatch mit sinnvollen Funktionen aus dem Sportuhren-Bereich erweitert. 

Das neue Watchface beinhaltet einen sich stetig drehenden Kompass. Mit dem sehr hellen Display ist die Apple Watch Ultra auch draußen hervorragend abzulesen

Das neue Watchface beinhaltet einen sich stetig drehenden Kompass. Mit dem sehr hellen Display ist die Apple Watch Ultra auch draußen hervorragend abzulesen

© Malte Mansholt / stern

Klarer Blick

Und das ist spürbar gelungen. “Ich habe viel mehr aufs Display geschaut”, staunt Mittester Frank Petering nach der ersten Testfahrt. Der Hobby-Mountainbiker nutzte auch vorher schon die Apple Watch, um gelegentlich seine wöchentlichen Touren aufzuzeichnen. “Eigentlich achte ich während der Fahrt nicht so oft auf die Uhr”, gestand er mir vorher noch. Stattdessen werte er in erster Linie nachträglich die gefahrene Strecke aus.

Bei der Apple Watch Ultra ist das anders, stellt er danach fest. Das liegt vor allem am neuen Bildschirm. Der ist zwar gar nicht so viel größer als bei anderen Apple-Watch-Modellen – die 49 mm beziehen sich die die Gehäusehöhe, nicht die Displaydiagonale -, dafür aber umso heller. Mit bis zu 2000 Nit leuchtet er bei maximaler Helligkeit doppelt so hell, wie es die anderen Apple-Uhren können. “Als Brillenträger kann ich so viel mehr durch einen kurzen Blick erkennen. Das ging vorher nicht”, gibt sich Petering begeistert.  



Neue Smartwatch: Die Apple Watch Ultra lohnt sich nicht nur für Extremsportler – aber für die besonders

Der Mountainbiker hatte klare Vorstellungen, was die Uhr gegenüber der Apple Watch besser machen müsste. Das robustere Gehäuse, die Steuerung mit dem Action-Button und die Notfall-Funktionen wie die Sirene und das automatische Zurückfinden des zurückgelegten Weges sprachen ihn an. “Und natürlich auch der Look” gibt er verschmitzt zu. Seine einzigen Sorgen: Dass die Uhr mit dem klobigeren Äußeren sich eher am Ärmel verheddert und das Extragewicht bei ruckeligen Abwärtsfahrten stört.

Nach den Testfahrten ist beides passé. “Die Uhr fühlt sich wirklich gut am Arm an. Sie sitzt mit dem Alpine-Band superfest, das Gehäuse und das Gewicht störten mich bei ruckeligen Abfahrten überhaupt nicht”, fast er seinen Eindruck zusammen. Tatsächlich ist der Unterschied trotz des angewachsenen Gehäuses nicht riesig: 61,3g bringt die Apple Watch Ultra auf die Waage, die Series 8 wiegt mit 51,5g keine zehn Gramm weniger.

Langläufer – für eine Apple Watch

Das Mehrgewicht hat vor allem einen Grund: Mit dem größeren Gehäuse bringt die Apple Watch Ultra auch ein sattes Mehr an Akku mit. 36 Stunden Laufzeit verspricht Apple, das wurde im Tests trotz mehrerer Training stets deutlich übertroffen. Im schlechtesten Fall war nach 48 Stunden noch zehn Prozent Ladung drin. Zwar kann die Apple Watch so nicht mit den teils wochenlangen Laufzeiten von Spezialuhren mithalten. Knappe zwei Tage sollten aber alle außer extreme Leistungssportler schaffen.

Und auch denen dürfte das in der Regel ausreichen. “Selbst wenn ich den ganzen Tag trainiert habe, habe ich meine alte Apple Watch nie vor Ende des Tages leer bekommen”, verrät Felix Streng. Das liegt nicht an zu wenig Training: Der Leichtathlet holte bei den letzten Paralympics Gold in der wichtigsten Sprint-Disziplin auf 100 Meter.

Eigentlich für die Wildnis gedacht, bringt die Apple Watch Ultra mit einer Neuerung auch Stadt-Sportlern wie Streng einen Vorteil. Dank eines zusätzlichen L5-GPS findet die Uhr im Wald und in Schluchten besser ein Signal – was aber auch im Park oder eng stehenden Häusern ein echter Vorteil ist. Wie groß der Unterschied ausfällt, kann man im Screenshot unten sehen. Die einfache Apple Watch muss zwischen Bäumen die Position teilweise schätzen und zeigt daher etwas ungenauere Routen an. Vor allem bei mehreren gedrehten Runden sieht man, wie diese leicht voneinander abweichen. Die Apple Watch Ultra legt dagegen zehnmal nahezu perfekt die gefahrene Strecke übereinander. An unterschiedlichen Routen lag das übrigens nicht: Die beiden Uhren legten jeweils an einem Handgelenk exakt die gleiche Radfahrt zurück.

Neue Smartwatch: Die Apple Watch Ultra lohnt sich nicht nur für Extremsportler – aber für die besonders

Und: Action!

Eine weitere Neuerung wissen beide Sportler sofort zu schätzen: Der Action-Button an der linken Seite erweitert die Bedienung der Uhr um einen weiteren Knopf. Als Nutzer kann ich selbst entscheiden, welche Funktion der Button erfüllen soll, kann darüber etwa ein Training starten oder Runden erfassen. Bisher ist die Auswahl allerdings noch eher klein. Aktuell unterstützen vor allem Apples eigene Apps den Knopf, in Zukunft sollen aber auch Drittanbieter ihre Apps darüber starten können, verspricht Apple.

Streng erhofft sich auch auf Dauer viel vom Action Button. “Ich trainiere sehr stark in Intervallen und verlasse mich bislang darauf, dass die Watch die Unterschiede zwischen einem Hochintervall-Training und einer Pause erkennt. Mit dem Button bekomme ich aber mehr Kontrolle darüber, kann der Watch sofort mitteilen, dass ich nun eine Pause einlege”, erklärt er. “Gerade bei sehr kurzen Pausen von einer oder gar nur einer halben Minute macht das einen großen Unterschied.”

Der Action Button lässt sich vom Nutzer relativ frei belegen. Hält man ihn gedrückt, löst er auf Wunsch auch eine Sirene aus

Der Action Button lässt sich vom Nutzer relativ frei belegen. Hält man ihn gedrückt, löst er auf Wunsch auch eine Sirene aus

© Malte Mansholt / stern

Die Idee eines Action-Buttons hat Apple natürlich nicht erfunden. Sportuhren anderer Hersteller wie Garmin oder Polar werden schon seit Jahren viel mehr über die Seitenknöpfe gesteuert, was eine Bedienung während hektischer Bewegungen deutlich erleichtert. Dass Apple nun ebenfalls einen verbaut, macht die Apple Watch Ultra auch für viele Sportler interessant, die von der reinen Touchscreen-Steuerung abgeschreckt wurden.

Von der Smartwatch gedacht

Auch bei der Apple Watch Ultra bleibt diese allerdings wichtig. Zusammen mit der Sprachsteuerung ist auch beim Extremsportmodell die Bedienung über das Touchdisplay die Standard-Eingabemethode. Besitzer anderer Apple Watches müssen sich also nicht sonderlich umgewöhnen.

Dass die Apple Watch Ultra in erster Linie eine Smartwatch und erst in zweiter Linie eine Sportuhr ist, dürfte von vielen Menschen allerdings als Vorteil gesehen werden. Im Vergleich zu anderen Sportuhren mag sie nicht jedes Feature mitbringen – Garmin-Uhren für Mountain-Biker erkennen etwa automatisch Sprünge -, dafür bietet sie aber deutlich höheren Mehrwert im Alltag.

Zudem bringt der Ansatz einen großen Vorteil mit sich: Im Verhältnis zu anderen Sportuhren hat Apple eine Unmenge an Drittanbieter-Apps zu bieten, die viele der eigentlich fehlenden Funktionen nachrüsten können. So unterstützt Apples Kartenapp keine Navigation in der Wildnis, braucht zudem immer eine Internet-Verbindung. Mit Wander-Apps wie Komoot können die Nutzer die Funktion aber unkompliziert nachrüsten. 

Das Uhrenrad und der Seitenbutton wurden etwas vergrößert, um die Steuerung mit Handschuhen zu verbessern. Dreht man im Kompass-Watchface das Rad nach oben, wechselt die Uhr in den Nachtmodus

Das Uhrenrad und der Seitenbutton wurden etwas vergrößert, um die Steuerung mit Handschuhen zu verbessern. Dreht man im Kompass-Watchface das Rad nach oben, wechselt die Uhr in den Nachtmodus

© Malte Mansholt / stern

Mehr Nutzen im Alltag

Die Extrem-Sportfunktionen sind daher eher willkommene Erweiterung als ein Neudenken der Uhr. Mit der Unterstützung von Tauchgängen bis in 40 Meter Tiefe, einer im Test erstaunlich lauten Sirene für Notsituationen in abgelegenen Situationen sowie der überarbeiteten Kompass-App, die gemeinsam mit dem neuen Watchface mit immer aktiver Richtungs-Anzeige das freie Erkunden in der Wildnis  unterstützen soll, hat Apple die Sportuhr nicht neu gedacht, sondern seine Watch für eine erweiterte Zielgruppe nützlich gemacht.

Das sehen auch die beiden Sportler so. “Ich habe das mittlerweile so drin, direkt nach dem Aufstehen ziehe ich meine Uhr an und stelle erstmal einen Timer für meinen Tee”, berichtet Leichtathlet Streng. Auch Petering nutzt seine Watch jeden Tag, um damit zu bezahlen, Anrufe zu tätigen oder Erinnerungen zu speichern. Dass die Apple Watch Ultra diese Standardfunktionen der Apple Watch mitbringt und sie dann noch um weitere Sport-Funktionen erweitert, statt ein Extragerät für Sport anschaffen zu müssen, nennen beide als für sich wichtigsten Aspekt der Apple-Uhr.

Die Alltagsnutzung profitiert indes ebenfalls von vielen der Extremsport-Funktionen. Apple hat etwa die Mikrofone der Watch neu angeordnet, berechnet mit einem Algorithmus, welches den wenigsten Wind abbekommt und versucht die Hintergründe zu entfernen. Der vergrößerte Lautsprecher macht die Gesprächspartner besser verständlich. Was eigentlich beim Klettern oder auf hoher See einen Vorteil bringen soll, ist aber natürlich auch im Alltag nützlich. Als ich in Hamburg bei windigem Wetter an einer vierspurigen Straße über die Uhr telefoniere, ist mein Gesprächspartner darüber sehr verwundert. Dort kam nämlich nur ein leichtes Rauschen im Hintergrund an. Und ich blieb wunderbar verständlich.

Dasselbe gilt natürlich für das hellere Display, die längere Laufzeit und die genauere GPS-Messung. Alles sind im Extremsport dringend nötig – dass sie auch in der Alltagsnutzung eine echte Verbesserung darstellen, ist für die Träger aber eben ein weiteres großes Plus.

Das rechtfertigt auch etwas den Preis. Denn mit 999 Euro ist die Apple Watch in Deutschland recht teuer. Im Vergleich zu anderen spezialisierten Sportuhren oder Tauch- und Mountain-Bike-Computern relativiert sich der Preis aber deutlich. Will man diese einzeln kaufen, landet man schnell im Bereich mehrerer Hundert oder gar über Tausend Euro. Extremsportler mit höheren Ansprüchen werden trotzdem zu den spezialisierten Geräten greifen. Aber bekommen dann eben auch keine Smartwatch dazu.

Fazit: Nicht nur für Extremsport – aber eben auch

Mit der Apple Watch Ultra hat der Konzern einen großen Schritt in Richtung des Extremsport-Marktes getan – ohne seine alten Stärken zu vernachlässigen. Die Neuerungen wie das hellere Display, das robustere Gehäuse, der Action-Button, das Plus an Akkuleistung und die genauere Standortbestimmung sowie die entsprechende Software dazu machen die Watch fit für neue Nutzungsszenarien, werten sie aber auch im Alltag deutlich auf.

Apple gelingt es damit, die Käufergruppe für seine Watch geschickt zu erweitern – ohne die Alltagsnutzung in irgendeiner Form einzuschränken. Die Apple Watch Ultra ist damit zwar nicht die beste Sportuhr für Spezialgebiete, aber die beste Apple Watch, die nun auch für den Extremsport-Einsatz geeignet ist.

Ob sich der Kauf lohnt, hängt von der eigenen Nutzung ab. Wer nur eine Smartwatch für den Alltag mit gelegentlichem Fitness-Tracking sucht, braucht die Ultra sicherlich nicht. Dann reicht eigentlich auch eine Apple Watch Serie 8 (hier bei uns im Test) locker aus. Mit dem markanten Look und den zahlreichen Extrafunktionen dürfte die Apple Watch Ultra aber auch viele dieser Käufer ansprechen – als kleines Luxusobjekt. 

Wer ein Android-Smartphone nutzt, hat ohnehin keine echte Wahl: Wie auch alle anderen Apple-Uhren spielt auch die Apple Watch Ultra ihre Vorteile nur in Verbindung mit einem iPhone aus.

Die Apple Watch Ultra ist bereits im Handel und kostet 999 Euro.

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