Amazon Echo Show 15 im Test: Alexa, was mache ich denn mit dir?

Amazon gibt Alexa mehr Raum: Mit dem Echo Show 15 gibt’s die Sprachassistenz erstmals in einem Bilderrahmen mit 15,6 Zoll, der sich gut zur Wandmontage eignet. Wozu das allerdings gut sein soll, wird im Test nicht ganz klar.

Amazons Echo-Lautsprecher haben seit der ersten Version eine Kernaufgabe: Die digitale Assistenz Alexa soll stets verfügbar sein, Befehle gut verstehen und schnell antworten. Dafür gibt es verschiedene Formen: Kleine Lautsprecher, große Lautsprecher, Wanduhren und eben auch Bildschirme. Die nennen sich Echo Show, eben weil sie etwas anzeigen, statt nur über die Tonspur zu kommunizieren. Es stellt sich die Frage, ob Amazon bei der Entwicklung des neuen Echo Show 15 über das Ziel hinausgeschossen ist. Warum, erklärt dieser Test.

Der Bildschirm eines Echo-Lautsprechers hat generell verschiedene Vorteile: Bei Antworten auf bestimmte Fragen sagt ein Bild mehr als tausend Worte, hilfreiche Informationen wie Rezepte funktionieren als Text besser und Features wie ein Kalender oder kleine Notizen machen nur dann Sinn, wenn sie permanent zu sehen sind. 

Und bisher waren Amazons Echo-Show-Geräte immer Bildschirme zum Hinstellen. Bis jetzt: Mit dem Show 15 sperrt Amazon seine Sprachassistenz Alexa in einen riesigen Bilderrahmen. Der Echo Show 15 bietet ein großes 15,6-Zoll-Display (40 Centimeter), umrahmt von einem schönen weißen Passepartout. Damit Alexa auch alles sieht und versteht, wenn man es denn will, sind Mikrofone, Lautsprecher und eine Kamera an Bord.

Spieglein an der Wand – oder im Klappständer

Amazon schlägt eindringlich vor, das Gerät an die Wand zu hängen. Das suggeriert zumindest der Lieferumfang des 250-Euro-Bildschirms, der lediglich aus einer Wandhalterung, einem Ladegerät und vier Schrauben besteht. In der Werbung sieht man den Show 15 auch meist an der Wand. 

Eine Entscheidung Amazons bleibt leider unverständlich. Das Gerät wiegt rund 2 Kilogramm, also nicht deutlich mehr als ein Bild. Trotzdem befinden sich auf der Rückseite keinerlei Aussparungen befinden, an denen sich das Gerät an bestehenden Nägeln oder Schrauben in der Wand schnell und einfach aufhängen lässt. Stattdessen muss die beigelegte Halterung mit bis zu vier beigelegten Schrauben in die Wand gedübelt werden, das wirkt etwas überdimensioniert.

Amazon Echo Show 15

Wer den Echo Show 15 hinstellen will, muss mindestens 30 Euro für den verstellbaren Kippständer drauflegen.

© stern / Christian Hensen

Bevor Sie aber die Bohrmaschine aus dem Keller holen ein Hinweis: Das Kabel des Netzteils ist lediglich 1,5 Meter lang, sodass bei einer Wandmontage bedacht werden sollte, nahe genug an der Steckdose zu bleiben. Leider handelt es sich nicht um einen gängigen Anschluss wie USB-C, ein schneller Tausch des Kabels mit einer längeren Variante ist somit nicht ohne weiteres möglich.

Wer sich den Echo Show 15 lieber hinstellen würde, kann direkt zur Bestellung einen Klappständer kaufen, oder sich eine andere Halterung besorgen, die den Vesa-Mis-D-Standard im Lochmuster 100 x 100 Millimeter unterstützt. Im Test kam der Echo Show 15 mit dem empfohlenen Sanus-Kippständer, der für 29,99 Euro erhältlich ist.

Horizontal, vertikal – nicht egal

Der Betrieb des Echo Show 15 ist sowohl im horizontalen Betrieb als auch in der Vertikale möglich – die Ausrichtung der Bildelemente passt sich entsprechend an. Aber: Wer das Display für die Wiedergabe von Videos abseits von Tiktok benutzen möchte, sollte das Querformat wählen, denn sonst gehen Unmengen Bildschirmfläche bei der Wiedergabe von Videos verloren. 


TikTok-Video: Kleine Emily denkt, sie heißt Alexa

Nach einer kurzen Anmeldung bei Amazon kann es innerhalb weniger Minuten losgehen. Das smarte Display bietet zahlreiche Video-Dienste wie Amazon Prime Video, Netflix, Youtube und viele mehr, Audio-Quellen wie Amazon Prime Music, Spotify, Deezer und Co. und dient als Zentrale für die Steuerung vieler Smart-Home-Geräte.

Viel Platz – für was eigentlich?

Verpackt sind die meisten Programme als sogenannte Widgets. Kleine Kacheln auf dem Startbildschirm dienen zum schnellen Zugriff auf Inhalte, die Anordnung der aktuell recht wenigen Optionen erfolgt mit zwei Fingertipps auf den Touch-Screen. Wie gut die jeweiligen Widgets funktionieren, ist unterschiedlich und hängt von der Mühe ab, die die Entwickler sich bei der Anpassung an das riesige Display gegeben haben.

Dabei bekleckert sich auch Amazon selbst nicht mit Ruhm. Der zusätzliche Raum des riesigen Displays, das immerhin einem überdurchschnittlich großen Laptop gleichkommt, wird leider selten wirklich gut genutzt. Der einfache Grund: Amazon setzt auf eine gemeinsamen Oberfläche für alle Echo-Show-Geräte. Da die aber auch in erheblich kleineren Displaygrößen erscheinen, kann der Show 15 von seiner Größe kaum profitieren.

Ein Beispiel ist bereits die ungünstig austarierte Startseite: Widgets gibt es nur in zwei Größen und fast die Hälfte des Bildschirms geht für eine durchlaufende Abfolge unterschiedlicher Inhalte drauf, die sich in den Optionen nur eingeschränkt anpassen lässt. Ein Verzicht auf diesen Bereich auf der linken Seite zugunsten weiterer Widgets ist aktuell nicht vorgesehen.

Auch die Vollbildansicht unterschiedlicher Widgets und Funktionen leidet unter dem Problem. Zwei Beispiele: Öffnet man im horizontalen Modus die Smart-Home-App, nutzt das Widget nur den mittleren Monitor-Bereich und lässt oben und unten viel Raum frei. Schaut man im vertikalen Modus ein Video bei Netflix, sind rund zwei Drittel vom Bildschirm schwarz. Eine Bild-in-Bild-Ansicht würde sich in diesem Fall aufdrängen, dürfte aber her nicht zu erwarten sein.

Zu wenig optimiert

Die Problematik setzt sich auch bei Apps von Drittanbietern fort. Das große Musik-Widget von Spotify hätte viel Platz für die Steuerung der Inhalte geboten. Tatsächlich stellt der Streamingdienst in der Startseiten-Ansicht aber immer nur Wiedergabelisten dar. Erst in der Vollansicht kommen Elemente zur Steuerung der Musik hinzu. Besonders für Musik braucht es aber sicherlich nicht die kompletten 40 Zentimeter Bildschirmdiagonale, um Wiedergabe- und Pausetasten anzuzeigen. Eine Anpassung für das große Display wäre hier ziemlich wünschenswert.

Leider hadern die Drittapps auch an anderer Stelle: Besonders negativ fiel im Test auf, dass Apps wie Spotify und Netflix auch in der Vollbildansicht nach wenigen Minuten schließen, wenn man ein Lied oder ein Video pausiert. Bei Netflix ist das zu verkraften, da die Inhalte bei Wiedergabe dort weitermachen, wo man zuletzt gestoppt hatte, bei Spotify bedeutet es aber, die entsprechende Wiedergabeliste oder das Lied komplett von vorne beginnen zu müssen.

Die Bildschirmqualität selbst ist gut. Die Farben, die Helligkeit und auch der Betrachtungswinkel sind vollkommen in Ordnung, man kann auf dem Echo Show 15 prima Serien oder Filme schauen, Rezepte ablesen oder die Foto-Galerie-Option einschalten, die eigene oder vorausgewählte Bilder nacheinander abspielt und den Bilderrahmen tatsächlich zu einem solchen macht. Der Ton der beiden 41mm-Treiber ist okay, erreicht aber selbstverständlich kein Heimkino-Niveau. An der Wand klingen die zur Rückseite abstrahlenden Lautsprecher etwas satter, steht der Echo Show frei auf einer Halterung, schwächelt die Tonqualität deutlich.

Top Datenschutz

Was den Datenschutz betrifft, hat Amazon besonders für die Kamera eine clevere Lösung gefunden. Ein physischer Schieber an der Seite des Rahmens erlaubt es, die Kamera vollständig mit einem weißen Punkt zu verdecken, sodass sie unsichtbar im Passepartout verschwindet. Für die Mikrofone gibt es wie bei Amazon-Echo-Hardware gewohnt einen Knopf zum vollständigen Ausschalten, was durch einen orangenen dünnen Balken im Display angezeigt wird.

Amazon Echo Show 15 mit einer verborgenen Kamera

Heimlich zugucken unmöglich: Mit einem Schieber lässt sich die Kamera des Echo Show 15 schnell und einfach physisch verdecken.

© stern / Christian Hensen

Die Kamera auf der Vorderseite hat zwei Hauptaufgaben. Erstens erkennt sie per Gesichtserkennung die nutzende Person, sodass man bis zu 10 unterschiedliche Profile anlegen kann und der Echo Show 15 je nach erkannter Person auf eine Vielzahl persönlicher Einstellungen zurückgreifen kann, beispielsweise unterschiedliche Kalender oder Fotos. Zweitens dient die Kamera der Videotelefonie mit anderen Echos. Das funktioniert gut, wobei sich die Frage stellt, warum der Echo Show 15 eine 5-Megapixel-Kamera nutzt, wenn der Vorgänger Echo 10 bereits 13 Megapixel bot.

Auch hier zeigt sich eine Schwäche der Wandmontage: Zwar ist der Winkel großzügig und erfasst große Teile dessen, was vor dem Gerät liegt, aber wer will schon für ein Telefonat vor der Wand stehen, als wäre man gerade im Begriff, neue Passfotos anfertigen zu lassen?

Ein Knopf am Rahmen fehlt leider gänzlich: Zwar soll der Echo Show 15 naturgemäß durchgehend leuchten, weil Amazon ihn als Schaltzentrale des smarten Zuhauses sieht, aber eine einfache Möglichkeit, das Display auszuschalten, fehlt. Es gibt einen Standby, der eine schwach leuchtende Uhrzeit auf schwarzem Hintergrund anzeigt, doch er lässt sich nicht, wie beispielsweise an einem Tablet, mit einem Knopfdruck aktivieren. Gerade bei einem so großen Bildschirm wäre es – auch im Sinne des Energieverbrauchs – eigentlich ein Muss gewesen.

Die gute Idee liegen gelassen

Äußerst schade ist die Tatsache, dass es keinen Akku gibt. Klar, der Echo Show 15 ist – eigentlich – kein Tablet. Er könnte aber ein perfekter Begleiter im Haushalt sein. Und das mit nur wenigen Änderungen am Konzept: In den Rahmen hätte Amazon einen kleinen Akku, der für 2-3 Stunden Betrieb ausreicht, verbauen können. Dazu eine Halterung, entweder für die Wand, oder als Klappständer, die das Gerät kabellos mit Strom versorgt.

Schon hätte Amazon ein mobiles Produkt geschaffen, das den hauseigenen Tablets nicht das Wasser abgräbt, aber dank der enormen Bildschirmdiagonale und der eingeschränkten Fähigkeit, ohne Kabel zu funktionieren, neue Bereiche des Haushalts für sich erschlossen hätte.

Ein solches Gerät wäre perfekt für Abende auf der Terrasse oder das Badezimmer, wenn man ein Bad nehmen möchte und dabei gerne Serien schaut. Zumal das Zusammenspiel mit Alexa in so mancher Situation einen besonderen Reiz hat, beispielsweise wenn die Hände nass sind oder man anderweitig verhindert ist, den Bildschirm händisch zu bedienen.

Der Vollständigkeit halber: Alexa funktioniert auch im Echo Show 15 gewohnt gut, es ist eine Freude, einfach nach der Wiedergabe einer Serie auf Netflix fragen zu können und es geht sofort los. Hier hat Amazon nach wie vor die Nase weit vor der Konkurrenz.

Fazit: Amazon Echo Show 15

Nach dem Test ist nicht ganz klar, was der Echo Show 15 sein soll – oder für wen sich der Bildschirm eignet. Ein Smart-Home-Dashboard? Das können Tablets besser. Ein Wiedergabegerät für Medien? Das können Tablets auch besser. Ein digitaler Bilderrahmen? Dafür sind 250 Euro eigentlich viel zu viel.

Das Einzige, was den Echo Show 15 einzigartig macht, ist die Möglichkeit, den Rahmen an die Wand zu hängen. Der optionale, aber prominente Paketverkauf mit einem Klappständer suggeriert aber, dass auch Amazon denkt, dass das nicht für jede:n Nutzer:in in Frage kommt.

Der Echo Show 15 wirkt auch wie eine Wette auf die Arbeit fleißiger Entwickler, die nun angehalten sind, tolle Widgets zu erschaffen und dem riesigen Alexa-Display Leben einzuhauchen. Bleibt für Amazon zu hoffen, dass das auch passiert. Zum aktuellen Zeitpunkt ist der Echo Show 15 ein gut gemeinter Schnellschuss und viel Potential liegt bisher noch brach. Ein Tablet wäre – Sie ahnen es – derzeit die bessere Wahl.

Das macht es verschmerzbar, dass Amazon aktuell mit längeren Lieferzeiten zu kämpfen hat. Schauen Sie sich lieber nach Alternativen um. Wenn es ein Echo Show, also eine Zentrale für das smarte Zuhause mit Bild und Ton sein soll, ist der Echo Show 10 wohl die sinnvollere Investition. Möchten Sie ein mobiles Gerät mit allen Alexa-Funktionen, welches Ihnen auch auf der Terrasse oder im Badezimmer kabellos zur Verfügung steht, könnte das Amazon-Tablet Fire HD 10 die bessere Wahl sein.

Der Echo Show 15 ist wirklich nur dann alternativlos, wenn es unbedingt eine Alexa mit Wandmontage sein soll und sie ohnehin einen wunderschönen digitalen Bilderrahmen auf der Einkaufsliste haben. Was daraus noch wird, bleibt offen.

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