AfD-Parteitag zu Europawahl: So kommentiert die Presse

Die AfD traf sich am Wochenende zum Parteitag in Magdeburg. Es ging vor allem um Europa. So sehen die Kommentare der deutschen Medien dazu aus.

Auf dem Bundesparteitag am Wochenende hat die AfD sich mit ihrer Kandidatenliste für die Europawahl beschäftigt. Die vorderen Spitzenplätze besetzen ausnahmslos Politiker, die Europa in eine “Festung” gegen Migranten verwandeln wollen. Diese brauche man “zum Schutz unserer Heimat, und das machen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern”, sagte Co-Parteichefin Alice Weidel am Samstag in Magdeburg. Mehrere Bewerber nannten als Vorbild Viktor Orban, den rechtspopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten. Zum Spitzenkandidaten wurde mit 65,7 Prozent Zustimmung der sächsische Europaabgeordnete Maximilian Krah gewählt. Seine Kandidatur wurde auch vom Rechtsaußen-Lager der Partei unterstützt. 

So kommentiert die Presse das Wochenende in Magdeburg.

“Berliner Morgenpost”

“Die selbst ernannte Alternative für Deutschland hält ihren rechtsextremen Kurs. Wie sich die Partei an der Macht verhalten würde, wurde in Magdeburg eindrücklich vorgeführt. Viele Reden waren grob, aggressiv und latent menschenfeindlich. Besonders wüst wurde polemisiert gegen Migranten, Grüne und Linke, die Medien und, natürlich, die EU. Ansonsten zeigte die AfD auf ihrem Parteitag, dass sie auch zehn Jahre nach ihrer Gründung noch auf Amateurniveau verharrt. Ab Platz vier versank die Listenwahl im gewohnten Durcheinander aus teils bizarren Kampfkandidaturen und kakofonischen Redebeiträgen.”

“Frankfurter Rundschau”

“Die Höckeparteiwerdung der AfD ist abgeschlossen. Die Partei hat keine Flügel mehr. Sie ist ein einziger völkischer Flügel – mit einigen Abweichlern, die im parteiinternen Machtkampf aber kaum noch eine Rolle spielen. Der Rechtsextreme Björn Höcke ist längst keine polarisierende Figur mehr, sondern der hofierte Stargast auf dem Parteitag in Magdeburg. Von ihm unterstützte Kandidaten haben es auf die Spitzenplätze zur Europawahl geschafft. Der Dresdner EU-Abgeordnete Maximilian Krah wird die Partei als Spitzenkandidat in den Wahlkampf führen. In seiner Bewerbungsrede bekundete er Sympathien für deutsche Großmachtfantasien und bemühte völkische Rhetorik. Die AfD will die Europäische Union zerstören. Sie will sie auflösen oder zumindest bis zur Bedeutungslosigkeit “reformieren”. Das Europa, für das die AfD kämpft, wäre eine humanitäre, kulturelle und auch wirtschaftliche Katastrophe. Die EU hat Fehler. Doch was die AfD will, würde den Rückbau ihrer Errungenschaften bedeuten.”

“Stuttgarter Zeitung”

“Mit Maximilian Krah hat sich die Partei für einen offen rechten Spitzenkandidaten entschieden. Man wolle keine Werteunion sein, rief Krah bei seiner Bewerbungsrede. Auch die beiden Männer, die auf die Listenplätze hinter Krah gewählt wurden, werden vom Höcke-Lager unterstützt. (…) Noch etwas spricht dafür, dass die Rechtsextremen in der AfD immer mächtiger werden dürften: Die Partei ist damit aktuell erfolgreicher denn je. Sie hat durchaus keinen Grund, von dieser Linie loszulassen. Das sollte CDU-Chef Friedrich Merz klar sein, falls er darüber nachdenkt, auf gewissen Ebenen mit der AfD zusammenzuarbeiten.”

“Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung” 

“Krah hat es an die Spitze der AfD-Liste für die Europawahl geschafft, weil ihn der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke offensiv unterstützte. Der Rechtsextremist tritt gleichzeitig für die Auflösung der Europäischen Union ein, das ist einerseits ein Widerspruch, den die AfD-Spitze nicht aufklären kann. Anderseits weiß Höcke, dass seine Forderung so leicht nicht umzusetzen ist. In Krah hat er einen willfährigen Europaparlamentarier gefunden, der Einblick ins System hat. Dazu passt, dass die AfD in Magdeburg den Beitritt zur Partei Identität und Demokratie beschloss…. Die Alternative für Deutschland hat sich damit auf EU-Ebene den extrem Rechten angeschlossen, die das Ideal der europäischen Einheit zum Zweck der Abschottung missbrauchen.”

“Nürnberger Zeitung” 

“Das ‘wahre Europa’ Höckes, das nach dem Sterben der EU quasi aus der Asche entstehen soll, möchte man sich nicht vorstellen. Ein Bekenntnis zur Nato und gegen Russland blieb auf dem Parteitag ebenso aus. All das zeigt, dass eine demokratisch gewählte Partei nicht selbst demokratisch sein muss. Eine Erfahrung, die in der Bundesrepublik schon mehrfach gemacht wurde. Die Frage ist, ob die demokratischen Parteien das weiter skandalisieren, also sich an der AfD abarbeiten sollten. CSU-Chef Markus Söder beantwortet sie zumindest in Wahlkampfzeiten mit Ja, die CDU schafft dies noch nicht überzeugend, und die Ampel hat mit ihrer Art Politik zu machen und fragwürdigen Weichenstellungen nicht gerade dazu beigetragen, die AfD zu schwächen.”

“Nürnberger Nachrichten” 

“Mit Blick auf den Europawahlkampf kann dies nur eines bedeuten: Die proeuropäischen Kräfte müssen endlich verstehen, dass die ewige Wiederholung vom friedensstiftenden Projekt Europa heute nicht mehr genügt, um Begeisterung zu wecken. Sie müssen stattdessen glaubwürdig erklären, warum die EU in einer globalisierten Welt die einzig vernünftige Antwort ist. Und sie müssen aufhören, Europa selbst zu demontieren. Der EVP-Fraktionsvorsitzende und stellvertretende CSU-Chef Manfred Weber hat der europäischen Idee kürzlich mit seiner Annäherung an Rechtsaußenkräfte in Brüssel einen Bärendienst erwiesen. Solche Aktionen lassen die Dystopie der AfD-Spitze, aus der EU einen ‘Bund der Vaterländer’ zu machen, womöglich eines Tages wahr werden.”

“Südwest-Presse” (Ulm)

“Die AfD will für die kommende Bundestagswahl einen Kanzlerkandidaten aufstellen. Nach dem chaotischen Europaparteitag muss die Frage gestattet sein: Ihr wollt Deutschland regieren? Die heftigen Auseinandersetzungen drehen sich nicht um Ideologie. Der Kampf, wie rechts die AfD sein will, wurde im vergangenen Jahr auf dem Parteitag in Riesa entschieden, mit einer vernichtenden Niederlage für das bürgerliche Lager. Es geht um innerparteiliche Macht und gut bezahlte Abgeordnetengehälter, den schnöden Mammon. Da bröckelt sogar das feste Bündnis zwischen den beiden Rechtsaußen-Landesverbänden Sachsen und Thüringen. Landesfürsten, die sich mit der Vergabe von Posten ihre Macht sichern, gibt es freilich auch bei allen anderen Parteien. Aber die behaupten nicht, alles anders und besser zu machen.”

“Volksstimme” (Magdeburg)

“Erst Zersetzung, dann Zerstörung der EU – das ist der Europa-Kurs der AfD. Die Parteiführung tritt dabei noch auf die Bremse. Sollte sich jedoch der rechtsextreme Höcke-Flügel in der AfD durchsetzen, dürfte ein Dexit ganz vorn auf die Partei-Agenda rücken. Die Europawahl 2024 wird ohnehin im Zeichen des Rechtsrucks auf dem Kontinent stehen. Die Parteien dieses Spektrums von Schweden über Frankreich bis Österreich und Deutschland verfolgen ein Ziel: Über die Präsenz im EU-Parlament unter dem Dach der gemeinsamen Rechtspartei ‘Identität und Demokratie’ die EU-Institutionen zu entmachten. Nun befördern die Brüsseler Eliten den Frust der Europäer seit Jahren nach Kräften etwa durch Regulierungswut, Versagen in der Migrationspolitik oder Korruption. Nur würde durch die Auflösung der EU gar nichts besser. Stattdessen: Reformen müssen dringend her. Die AfD will erklärtermaßen zurück zu einem Europa der Nationalstaaten. Diese sollen aber zusammen eine Festung Europa bauen. Das entbehrt jeder Logik.”

“Mitteldeutsche Zeitung” (Halle)

“Die AfD will die Europäische Union zerstören. Sie will sie auflösen oder zumindest bis zur völligen Unkenntlichkeit und Bedeutungslosigkeit ‘reformieren’. Die AfD will ein Europa als abgeschottete Festung. Jene Teile der Partei, die den Ton angeben, wollen Europa nicht länger an den Westen binden, sondern lieber möglichst nah an jenes Russland heranführen, das seit dem vergangenen Jahr einen Krieg gegen die Ukraine führt. Wenn ihnen eine Wertegemeinschaft vorschwebt, dann am ehesten eine illiberale, “eurasische”, angelehnt an die Politik von Autokraten wie den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das Europa, für das die AfD kämpft, wäre eine humanitäre, kulturelle und auch wirtschaftliche Katastrophe.”

“Badische Zeitung” (Freiburg) 

“Dass die AfD einen Mann wie Maximilian Krah auf Platz 1 für ihren Europawahlkampf setzt, zeigt, wie einflussreich die rechtsextreme, völkische Gruppe um den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke ist. Mit Krah hat sich die Partei für einen stramm rechten Spitzenkandidaten entschieden. Man wolle keine Werteunion sein, sagte er. Und dass er den Gastredner mit den Großmachtsfantasien so lobte, belohnte der Saal mit anerkennendem Raunen. Auch die beiden Männer auf den Listenplätzen hinter Krah werden vom Höcke-Lager unterstützt. Die Rechtsextremen in der AfD dürften noch mächtiger werden, denn die Partei ist derzeit erfolgreicher denn je. Sie hat keinen Grund, diese Linie zu verlassen. Das sollte allen in der CDU klar sein, die darüber nachdenken, auf gewissen Ebenen mit der AfD zusammenzuarbeiten. Aber auch jedem, der erwägt, dieser Partei seine Stimme zu geben.”

“Neue Presse” (Coburg) 

“Die Rechtsextremen in der AfD werden immer mächtiger: Die Partei ist damit erfolgreicher denn je. Sie hat keinen Grund, von dieser Linie loszulassen. Das sollte CDU-Chef Friedrich Merz klar sein, falls er darüber nachdenkt, auf gewissen Ebenen mit der AfD zusammenzuarbeiten. Aber auch jedem Einzelnen, der erwägt, der AfD seine Stimme zu geben.”

“Der neue Tag” (Weiden)

“Die AfD macht keinen Hehl mehr daraus, was sie will. Sie will ein anderes Deutschland. Ein anderes Europa. Eine andere Welt. Auf dem Parteitag in Magdeburg wird das nicht mehr verklausuliert gesagt, sondern offen betont. … Da ist vor allem der gar nicht mehr heimliche Anführer Björn Höcke. ‘Die EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.’ Das sagt der Mann, der ungestraft Nazi genannt werden darf. Und dann auch so spricht. Nur: Das stört in der AfD-Anhängerschaft kaum mehr jemand. Die Partei wächst ganz offenbar nicht trotz, sondern wegen dieser radikalen Töne. Kein deutsches Phänomen. Ob Frankreich, Italien oder Spanien: Rechtsextremisten haben überall in Europa Oberwasser. Was sind die europäischen Werte? Achtung der Menschenwürde. Freiheit. Gleichheit. Demokratie. Pluralismus. Solidarität. Toleranz. Rechtsstaatlichkeit. Gleichheit der Geschlechter. Religionsfreiheit. Das kleine Abc der EU. Und das soll sterben? Wer der AfD folgt, muss wissen, dass er zum Totengräber wird.”

fin
DPA
AFP

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