Warum das Saarland ein politisches Comeback feiert

Tobias Hans
Warum ausgerechnet das Saarland gerade ein politisches Comeback feiert

Zurück im Fokus: Tobias Hans, CDU, ehemaliger Ministerpräsident des Saarlands

© dpa

Ex-Ministerpräsident Tobias Hans hat mit seiner Kritik an Friedrich Merz die Saarland-CDU in die Schlagzeilen bugsiert – und seine Heimat zurück auf die politische Landkarte gesetzt.

Manchmal produziert eine Bundestagswahl so viele Verlierer, dass einige von ihnen glatt untergehen. 2021 war so eine Wahl. Wer hatte da nicht alles verloren: Armin Laschet und die CDU, denen ein Lachen zum Verhängnis wurde. Annalena Baerbock und die Grünen, die sich so viel mehr erhofft hatten. Der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der seine letzten vier Jahre im Bundestag nun als einfacher Abgeordneter verbringt. Und viele mehr.

Da konnte man das Saarland leicht übersehen. Passiert schließlich regelmäßig.

Dabei rangiert das kleinste Flächenbundesland zweifelsfrei weit oben auf die Liste der Wahlverlierer 2021. Man könnte sogar sagen: Das Saarland ist an einem Abend auf das Niveau eines Saarlands geschrumpft. Vorher stellte es drei Bundesminister auf 984 000 Einwohner. Eine Quote von 1:328 000. Zum Vergleich: Das benachbarte Baden-Württemberg kam auf null zu elf Millionen. Und nun? Vorbei. Der Kabinettssaal ist eine saarländerfreie Zone geworden.

Peter Altmaier, Heiko Maas und Annegret Kramp-Karrenbauer, die bis dato einflussreichsten Saarländer in Berlin, haben sich aus der Politik verabschiedet. Nur dann und wann meldet sich ein gewisser Oskar Lafontaine vom Alterssitz in Merzig zu Wort, um nach der SPD nun auch die Linke zu spalten. Viel mehr war aus dem Land der Sterneköche und Porzellanmanufakturen politisch zuletzt nicht zu vernehmen.

Ein Interview wie ein Tor von Max Morlock

Das Saarland stand kurz davor, ein Fall für die beliebte stern-Rubrik “Was macht eigentlich…” zu werden – bis vor wenigen Tagen. Denn in dieser Woche erlebt das zur Maßeinheit gewordene Bundesland – ein Saarland sind 358 000 Fußballfelder – ein fulminantes politisches Comeback. Und das hat mit einem Mann zu tun, der seine politische Karriere eigentlich hinter sich hat: Tobias Hans, 45, CDU, von 2018 bis 2022 saarländischer Ministerpräsident.

Hans war, vorsichtig ausgedrückt, nicht besonders angetan davon, dass sein Parteichef Friedrich Merz im ZDF-Sommerinterview den Eindruck erweckt hatte, die CDU solle in der Kommunalpolitik ruhig mit der AfD zusammenarbeiten. “Das ist der Abschied vom Kurs der Mitte, mit dem die CDU fast 20 jahrelang erfolgreich regiert hat”, sagte Hans dem stern. “Mittlerweile muss man vor jedem Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein von der CDU gestellter Bundeskanzler solche Sorgen hervorruft.”

Das saß. Hans‘ Interview schlug ein wie das 1:0 durch Max Morlock 1953 im Spiel der bundesrepublikanischen Nationalmannschaft gegen die Fußballer des Saarlands. Nicht nur in der Berliner CDU-Parteizentrale war die Aufregung groß, auch in Saarbrücken wurden führende Christdemokraten nervös: Kann doch nicht sein, dass ein Ex-Ministerpräsident, der große Verlierer der Landtagswahl 2022, nun wieder für das Saarland spricht. Ausgerechnet. Ein Mann der sich im Wahlkampf mit einem Video von der Tankstelle selbst erledigt hatte.

Jetzt streitet die Saar-CDU

Und so schlug das Saar-Establishment zurück – gegen seinen ehemaligen Landesvorsitzenden und dessen Merz-Kritik. “Dass aus dieser Frage jetzt versucht wird, auch eine Debatte über die Kanzlerkandidatur anzuzetteln, ist das Allerletzte, was die CDU jetzt braucht”, schrieb der Generalsekretär der CDU Saar, Frank Wagner, in den sozialen Netzwerken.

“Tobias Hans spricht daher nicht für die CDU Saar, sondern handelt allein auf eigene Rechnung”, so Wagner weiter. “Das mag der eigenen Profilierung kurzfristig nutzen, ist jedoch schädlich gerade für unsere kommunale Basis. Angesichts der eigenen Bilanz wäre ohnehin eine Portion Demut angebrachter, als sich jetzt ungefragt als Ratgeber der Republik zu betätigen.”

Wow. Ein interner Zwist in der Saar-CDU als Sommerloch-Lückenfüller. Chapeau, liebe Ex-Franzosen!

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