Wacken Open Air mit 40 Jahren und gemischten Gefühlen

Festival
Ich bin 40 Jahre alt und fahre bald aufs Wacken Open Air – mit gemischten Gefühlen

Das Hardrock- und Heavy-Metal-Festival findet jedes Jahr im schleswig-holsteinischen Örtchen Wacken statt.

© Frank Molter / Picture Alliance

Unsere Redakteurin fährt in diesem Jahr zum ersten Mal auf eins der größten Heavy-Metal-Festivals der Welt: Das Wacken Open Air. Eigentlich sollte sie sich darauf freuen, doch ihre Gefühle sind durchwachsen.

Es war ein lauer Sommerabend, mein Lebensgefährte und ich verfolgten die Konzerte beim Wacken-Festival. Während mehr als 80.000 Metalfans, wie jedes Jahr, das kleine Dorf in Schleswig-Holstein beinahe abrissen, saßen wir (wieder einmal) nur in unserem Garten, vor dem Livestream. Es gefiel uns so sehr, die Musik und die Stimmung mitverfolgen zu können – sie übertrug sich auch digital – dass bei uns der Wunsch aufkam: “Komm, wir fahren einmal im Leben auf’s Wacken-Festival!”

Als dann der Tag des Ticketvorverkaufs startete, setzten wir uns ohne große Erwartungen vor den Computer und loggten uns in die Warteschleife des Ticketshops ein. In diesem Moment hat keiner von uns wirklich damit gerechnet, dass unser Vorhaben von Erfolg gekrönt sein würde, denn das Festival, das im Jahr 1989 von Thomas Jensen und Holger Hübner gegründet wurde, ist jedes Jahr ziemlich schnell ausverkauft. Nach ein paar technischen Schwierigkeiten waren wir aber drin … und der Countdown auf der Website lief rückwärts. Und tada: Ein paar Minuten später hatten wir für uns und eine gute Freundin drei Tickets ergattert. Drei von 85.000! Unsere Freude war riesig.

Das Festival findet in diesem Jahr vom 31. Juli bis 5. August statt. Doch je näher der Termin rückt, desto mehr Zweifel gesellen sich zu meiner anfänglichen Euphorie. Es sind so unfassbar viele Menschen dort: Wird mich das irgendwann überfordern? Hinzu kommt, dass ich seit Jahren nicht gecampt habe und ich mich frage, ob ich nach dieser Veranstaltung noch einen funktionierenden Rücken mein Eigen nennen werde. Dann wäre da noch die allergrößte Sorge – vor den berüchtigten Festival-Toiletten, die meist nach ein paar Tagen unbenutzbar sind. Üble Bilder und Gerüche schleichen sich da in meinen Kopf. Und wie wird das mit dem Duschen? Die Tatsache, dass ich bei dem Ticketpreis auch so viele Bands sehen möchte, wie es nur geht, sorgt letztendlich dafür, dass in mir die Sorge wächst, ob ich das alles durchhalte oder irgendwann schlapp in der Ecke liege und mich ärgere.

Wacken-Premiere: Frust und Zweifel

Und weil ich bis hierhin noch nicht genug gejammert habe, bin ich auch ernsthaft gefrustet, dass sich zu der anfänglichen Freude gerade so viele Zweifel gesellen. Eigentlich sollte ich mich doch einfach nur freuen! Da werden so viele gute Metal-Bands sein, wie zum Beispiel Megadeth, Iron Maiden, Kreator oder Doro Pesch – und eine einmalige Atmosphäre, die ich live miterleben darf. Davon schwärmen immer alle! Ich sollte mich glücklich schätzen, so viele andere Metaller und Musikliebhaber zu treffen, die ja durchweg immer als freundlichste Menschen der Musikwelt bezeichnet werden.

Auch am Rande des Festivals gibt es jedes Jahr viel zu erleben: Zum Beispiel einen Markt, auf dem es regionale Produkte zu kaufen gibt – da möchte ich auf jeden Fall mal vorbei schauen. Es gibt auch ein Freibad, welches sicher gut besucht wird, wenn die Temperaturen bis dahin noch steigen sollten. Das wichtigste für mich ist, dass ich garantiert eine großartige Zeit mit zwei Menschen verbringe, die mir viel sehr bedeuten und mit denen ich genau das alles gemeinsam erleben möchte.

Deshalb versuch ich mich nun, nicht mehr an mögliche negative Dinge zu denken, die ich wahrscheinlich eh nicht ändern kann. Sollte ich wirklich eine Pause brauchen, lege ich mich eben ins Zelt oder setze mich in den Schatten und beobachte die Festival-Besucher. Bis wir losfahren, werde ich mich mit Planung ablenken, denn es muss ja einiges mitgenommen werden. Ein bisschen kommt trotzdem der Wunsch in mir auf, mein jugendliches Ich würde sich noch einmal ein paar Tage zu mir gesellen und mir aufbauend sagen: “Hey, das wird schon!” Fakt ist nämlich, dass ich vor 20 Jahren nicht mit so vielen Zweifeln auf ein Festival gefahren wäre. Und ohne Angst um meinen Rücken.

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