UN-Konferenz in Glasgow: Die wichtigsten Fragen rund ums Klima



FAQ

Stand: 31.10.2021 04:24 Uhr

Woher wissen wir überhaupt von der Klimaerwärmung – und davon, dass sie menschengemacht ist? Was wird auf dem Klimagipfel entschieden? Und was wird Klimaneutralität kosten? Ein Grundlagen-Überblick.

Was ist das Wetter, was das Klima?

Wenn man das Wetter 30 Jahre lang beobachtet, die wichtigsten Daten aufschreibt und Mittelwerte daraus macht, dann hat man ziemlich gut das Klima einer Region oder eben der Erde beschrieben. Das ist etwas anderes als das aktuelle Wetter an einem bestimmten Ort.

Über solche Zeiträume gleichen sich die Wetter- und auch die Jahresschwankungen zwischen kalten und warmen, nassen und trockenen Jahren aus. Deshalb ist es auch einfacher, das Klima in 20 Jahren zu beschreiben als das Wetter in 20 Tagen vorherzusagen. Wie das nämlich an einem genauen Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt aussehen wird, ist unmöglich zu berechnen. Aber wie sich die Durchschnittstemperatur über eine längere Zeit entwickelt, ist durchaus kalkulierbar.

Das Ergebnis allerdings bleibt davon abhängig, was die Menschheit in der Zwischenzeit tut: Weiter wie bisher oder Klimaschutz? Deshalb gibt es auch keine “Klimavorhersagen”, sondern unterschiedliche “Klimaprojektionen”.

Was ist der Klimawandel?

Das Klima hat sich im Lauf der Erdgeschichte schon immer verändert. Es hat Zeiten gegeben, in denen sogar die Pole eisfrei waren und andere, in denen halb Europa von einer dicken Eisschicht bedeckt war. Aber diese Änderungen waren natürlichen Ursprungs und sie sind deutlich langsamer gekommen und gegangen, als das, was wir momentan erleben.

Die natürlichen Schwankungen sind ziemlich gut bekannt: Man kann sie aus Erdproben, Eisbohrkernen und uralten Bäumen ablesen. Seit wir in großem Ausmaß Kohle, Öl und Gas verbrennen und Wälder abholzen, sind die durchschnittlichen Temperaturen um 1,2 Grad gestiegen.

Was ist der Treibhaus-Effekt?

Die Erdatmosphäre besteht im Wesentlichen aus Stickstoff und Sauerstoff. Aber einige Gase, die nur in kleinen Mengen vorkommen, haben eine große Wirkung: Sie sorgen dafür, dass die Energie von der Sonne nicht wieder in den Weltraum zurückgestrahlt wird. Für die Menschen ist das – in der richtigen Menge – gut: Denn sonst wäre es viel zu kalt zum Leben auf diesem Planeten.

Wir haben die Menge der Gase, die die Rückstrahlung verhindern, aber drastisch verändert: Seit Beginn der Industrialisierung hat die Menschheit 1,6 Billionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (abgekürzt CO2) freigesetzt, indem sie wenigen Jahrzehnten Kohlenstoff verbrannt hat, den die Natur in Jahrmillionen eingelagert hat – denn Kohle, Öl und Gas sind nichts anderes als die Überreste uralter Wälder und Tierherden. Dadurch ist der CO2-Anteil in der Luft um 50 Prozent gestiegen, der Methan-Anteil um 150 Prozent. Das sind gewaltige Veränderungen, die weitergehen – und das immer schneller. Dadurch wird immer mehr von der Sonnenenergie in der Atmosphäre zurückgehalten und wie in einem Treibhaus erhitzen sich Luft, Erde und Wasser.

Woher wissen wir, dass das menschengemacht ist?

Die natürlichen Schwankungen im Klima sind ziemlich gut bekannt. Unterschiede in der Sonnenkraft, Vulkanausbrüche, Veränderungen in der Erdumlaufbahn kann man nachvollziehen. Und dann sieht man: Nichts davon erklärt auch nur annähernd, warum wir jetzt gerade so einen steilen Temperaturanstieg haben. Erst wenn man die CO2- und Methangehalte in der Atmosphäre dazu nimmt, die menschengemachten Faktoren also, geht die Rechnung auf. Der deutsche Physiker Klaus Hasselmann hat diese Erkenntnis und die nötigen Berechnungen dazu erstmals 1979 vorgestellt. Er hat dafür gerade den Nobelpreis in Physik erhalten.  

Welche anderen Treibhausgase gibt es?

CO2 ist für zwei Drittel des menschengemachten Treibhauseffekts verantwortlich – eine starke Drosselung des CO2-Ausstoßes bleibt deshalb entscheidend für alle Anstrengungen zum Klimaschutz. Danach folgen Methan (16 Prozent), Lachgas (sechs Prozent) und ein gutes Dutzend weiterer chlor- und fluorhaltiger künstlicher Gase, die zusammen elf Prozent ausmachen.

Vor allem die Methan-Konzentration hat große Auswirkungen auf das Klima, denn das Gas ist pro Kilogramm 25 bis 80 Mal so klimaschädlich wie CO2 – zugleich wird es aber sehr viel schneller abgebaut: Während Kohlendioxid jahrtausendelang in der Atmosphäre bleibt, ist Methan durchschnittlich zwölf Jahren verschwunden. Eine Eindämmung des Ausstoßes würde also bald spürbare Erfolge bringen – und ist auch deshalb so wichtig, weil die Methan-Konzentration derzeit noch stärker ansteigt als die des CO2: Das liegt zum einen an der immer größeren Zahl an Rindern und anderen Wiederkäuern, die seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts weltweit um 50 Prozent zugenommen hat. Aber wahrscheinlich viel mehr noch an Erdöl- und Gas-Förderung und dem Transport dieser Rohstoffe. Erdgas enthält nämlich Methan – und Satellitenauswertungen zeigen, dass sehr viel davon an den Bohrlöchern oder durch Lecks in den Pipelines in die Luft entweicht. Die Internationale Energieagentur IEA sagt, dass 70 Prozent dieser Entweichungen sehr schnell und vergleichsweise einfach abgedichtet oder aufgefangen werden könnten.

Welche Folgen des Klimawandels spürt man schon?

Schon jetzt ist es 1,2 Grad wärmer als vor der Industrialisierung. In Deutschland ist die bodennahe Luft nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes heute im Schnitt sogar 2 Grad wärmer als um 1900 herum. Das hat messbare Folgen bei uns. Die Zahl der Hitzetage (mit mehr als 30 Grad Celsius) hat sich etwa verdoppelt. Es bildet sich weniger Grundwasser neu. Das Wasser an der Küste steht rund 20 Zentimeter höher als vor etwa 100 Jahren – und der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt sich zunehmend. Auch bei Dürren und Überschwemmungen gibt es zumindest plausible Hinweise, dass sie schon zugenommen haben.

Andere Regionen dieser Welt sind viel stärker betroffen als wir. Die Eiskappen in der Arktis und auf den Gebirgen schmelzen bereits. Auch die Ozeane leiden. Sie nehmen bislang noch 20 bis 30 Prozent des menschengemachten zusätzlichen CO2 auf, das steigert aber ihren chemischen Säuregrad – zusammen mit dem wärmeren Wasser ein großes Problem für Korallen und andere Lebewesen im Ozean.

Wozu wird der Klimawandel noch führen?

Das hängt vor allem davon ab, wie viel CO2 und andere Klimagase wir in die Luft blasen. Bei der derzeitigen Entwicklung würde die Welt selbst dann um 2,7 Grad wärmer, wenn alle Länder ihre Klimaschutz-Versprechen einhalten. Das führt zu mehr Extremwetter-Ereignissen, heftigeren Stürme und mehr und längeren Dürren. Ein Sonderbericht des Weltklimarates zeigt schon bei einer Erhöhung um 2 Grad regelmäßige Preisschocks durch unsichere Nahrungsmittelversorgung, denn Missernten drohen zuzunehmen.

Der Temperaturanstieg führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels von bis zu einem Meter am Ende dieses Jahrhunderts. Das klingt vielleicht nach wenig – aber 680 Millionen Menschen leben in der Nähe von Küsten und auf kleinen Inseln. Sie sind davon direkt bedroht. Zudem sind in den vergangenen 50 Jahren schon die Hälfte der küstennahen Feuchtgebiete verschwunden. Etwa Mangrovenwälder, die ihrerseits wiederum die Küsten schützen. Außerdem versalzt das steigende Meerwasser in vielen Fällen die Grundwasservorkommen, die lebenswichtig für die Bevölkerung sind. Hitzewellen verbunden mit Trockenheit und Flächenbränden werden immer mehr Gebiete unbewohnbar machen.

Warum gibt es 1,5- und 2-Grad-Ziele?

Je schneller und höher die Durchschnittstemperatur auf der Erde steigt, desto drastischere Folgen hat das. Aber wahrscheinlich steigen die Schäden nicht gleichmäßig an. Es gibt oft eher eine Art Schwelle, einen sogenannten Kipp-Punkt, bei dem eine bestimmte Entwicklung nicht mehr gestoppt werden kann.

In der Arktis etwa taut das Eis auf dem Meer. Mit dem Aggregatszustand verändert sich die Farbe – von hellem Eis und Schnee zu dunklem Wasser. Das nimmt mehr Sonnenenergie auf und strahlt weniger davon zurück in den Weltraum. Mehr Wärme am Boden lässt noch mehr Eis schmelzen. Ab einem gewissen Punkt kann der Ozean nicht mehr so viel Wärme aufnehmen wie bisher – dann steigt die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre sehr schnell an und die Entwicklung kann nicht mehr umgekehrt werden.

Ein anderer Kipp-Punkt droht durch die tauenden Permafrostböden in Sibirien erreicht zu werden, die beim Abtauen große Mengen in der Erde liegender Gase freiwerden lassen.

Wissenschaftler haben lange Zeit einen Anstieg von 2 Grad für gerade noch vertretbar gehalten, um solche Effekte zu vermeiden. Im jüngsten Bericht des Weltklimarates aber steht, dass der Übergang zwischen “hohem” und “sehr hohem” Risiko für die Arktis, die Korallenriffe und andere gefährdete Ökosysteme wohl schon zwischen einem Anstieg von 1,5 Grad und 2,0 Grad Celsius liegt. Deshalb sollte alles getan werden, um die Temperaturerhöhung möglichst niedrig zu halten.

Was ist das Paris-Abkommen zum Klimaschutz?

Streng genommen ist es kein Abkommen, sondern eine “Übereinkunft”. Darin haben sich fast 200 Unterzeichnerstaaten inklusive der EU verpflichtet, die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dazu legen die derzeit 192 Mitgliedsstaaten nationale Klimaschutzpläne vor – die sogenannten “national determined contributions” (NDCs). Diese Beiträge werden alle fünf Jahre auf den Tisch gelegt und man schaut gemeinsam, ob sie ausreichen, das gemeinsam vereinbarte Ziel zu erreichen.

Ist das nicht der Fall, sollen die Staaten nachbessern – ein “Nachschärf-Mechanismus” (Ratcheting) greift. Außerdem sollen die Entwicklungs- und Schwellenländer bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützt werden. Dazu hatten die Industriestaaten schon in Kopenhagen 2009 zugesagt, dass sie ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Investitionen mobilisieren wollen. Diese Zusage halten sie derzeit nicht ein, hat gerade ein Bericht festgestellt. Nach 2023 könnten die jährlichen Mittel dann aber über dieser Grenze liegen.

Was tun Regierungen für den Klimaschutz?

Alle Staaten haben sich in Paris verpflichtet, nationale Pläne (NDCs) vorzulegen, in denen sie beschreiben, welchen Beitrag sie zum 2-Grad-Ziel leisten wollen. Darin steht auch, wie sie sich den bereits unvermeidlichen Folgen des Klimawandels anpassen wollen. Bei den Industriestaaten läuft das auf konkrete Minderungsziele für Klimagase hinaus. Sie haben auch die größte historische Verpflichtung zum Klimaschutz, weil sie die längste Zeit buchstäblich den meisten Dreck gemacht haben.

Die EU will bis 2030 ihre Emissionen um 55 Prozent senken (gemessen an 1990). Die USA haben unter Präsident Joe Biden angekündigt, sie um 50 bis 52 Prozent zu reduzieren – allerdings gemessen am höheren Stand von 2005. China hat immerhin verkündet, den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen vor 2030 erreichen zu wollen; danach sollen sie sinken.

Wichtiger als das pure Ziel ist natürlich die konkrete Politik, die dahin führt. Deutschland etwa wurde gerade wieder im Projektionsbericht des Umweltbundesamtes bescheinigt, dass die bestehenden Gesetze und Anreizmechanismen nicht ausreichen, um das angestrebte Ziel zu erreichen: Statt der angestrebten 65 Prozent Minderung werde dadurch bis 2030 nur 49 Prozent erreicht.

Reichen die gemeinsamen Anstrengungen aus?

Nein, das tun sie nicht. Das UN-Klimasekretariat hat die neuesten Klimaschutz-Zusagen der Staaten zusammengefasst. Das Ergebnis: Auch damit wird der Ausstoß an Treibhausgasen 2030 um 16 Prozent über dem Stand von 2010 liegen. Der Weltklimarat IPCC sieht die Welt selbst dann auf einem Kurs Richtung 2,7 Grad Temperaturerhöhung, wenn alle Zusagen unter dem Paris-Abkommen eingehalten werden.

Wollte man tatsächlich mit einiger Wahrscheinlichkeit das 1,5 Grad-Limit einhalten, müssten die globalen Emissionen bis 2030 um 25 Prozent sinken. Diese Werte werden von anderen Studien bestätigt. Der Verbund “climateactiontracker” sieht allerdings Hoffnung, dass unter 2,2 Grad noch zu schaffen wären, wenn alle Staaten zumindest ihre Ankündigungen wahrmachten, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt klimaneutral wirtschaften wollen.

Was kostet das die Welt?

Da werden große Zahlen gehandelt: Allein in Deutschland soll die Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts Investitionen von fünf Billionen Euro erforderlich machen. Aber in diese Summen wird vieles mit eingerechnet, das ohnehin gebaut werden muss – etwa Straßen und Stromleitungen. Der wirklich klimabedingte Mehrbedarf liegt bei etwa einem Siebtel dieser Summe, hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau errechnet. Und: Investitionen sind etwas anderes als Kosten, denn mit ihnen werden dauerhafte Werte geschaffen.

So ist es auch mit den internationalen Aufwendungen: Bei den vor zehn Jahren zugesagten jährlichen 100 Milliarden US-Dollar für ärmere Staaten geht es auch hauptsächlich um Investitionen, die den Firmen aus den Industriestaaten wiederum Geld bringen. Und die Summe klingt zwar ungeheuerlich, aber sie entspricht ziemlich genau dem, was die USA alleine jährlich für den Truppeneinsatz in Afghanistan aufgewandt haben.

Wie sieht klimaneutrale Energieversorgung aus?

Sonnenkraft, Wind, Erdwärme und Wasserkraft stehen uns nach menschlichem Ermessen praktisch unendlich zur Verfügung. Auch Biomasse ist mit Abstrichen nachhaltig zu erzeugen. Das sind die Energiequellen, die in einer klimaneutralen Welt genutzt werden. Derzeit machen diese erneuerbaren Energien knapp die Hälfte des Stromverbrauchs aus – aber nur knapp 20 Prozent des gesamten Bruttoendenergieverbrauchs, in dem Benzin, Heizöl, Gas etc. einkalkuliert sind. EU-weit liegt der Anteil etwa auf deutschem Niveau, weltweit ist er aber deutlich geringer: 14 Prozent – und davon ist das meiste schlicht Brennholz.           

Das heißt, dass sehr viel mehr Windräder, Solaranlagen, Geothermiekraftwerke etc. gebaut werden müssen. China investiert seit Jahren mehr Geld in diese Stromquellen als in alle anderen. Strom wird zunehmend fossile Energien ersetzen – und damit wird mehr Strom gebraucht. Weil Wind und Sonne nicht kontinuierlich gleichmäßig zur Verfügung stehen, braucht es erheblich mehr Speichertechnologien.

Außerdem kann man mit Hilfe von erneuerbar erzeugtem Strom wiederum aus Wasser sogenannten grünen Wasserstoff herstellen – und daraus wiederum alternative Kraftstoffe wie künstliches Kerosin. Diese Energieträger sind speicherbar. Eine dritte Möglichkeit ist die Energieeinsparung. Energetisch sanierte und gedämmte Häuser etwa brauchen erheblich weniger Wärmeenergie.

Was kann der Einzelne tun?

Im Durchschnitt verursacht ein Bundesbürger 11,2 Tonnen laut Umweltbundesamt Treibhausgas-Emissionen (umgerechnet auf CO2-Werte). Das ist etwas mehr als die amtliche Statistik sagt, die von 9,5 Tonnen ausgeht – und zwar, weil auch unser gesamter Konsum eingerechnet ist. Denn wir kaufen viele Güter im Ausland, die dort mit hohem Energieaufwand – und damit Treibhausgas-Emissionen – hergestellt worden sind. An jedem Euro, den wir für Schnickschnack ausgeben, hängt auch Treibhausgas.

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