Ukraine-News: Ukraine ermittelt bislang wegen 15.000 Kriegsverbrechen

Gazprom dreht Niederlanden den Gashahn zu +++ “Atombombe” verhindert — Orban lobt EU-Kompromiss im Streit um Ölembargo +++ Die Entwicklungen im Ukraine-Krieg im stern-Ticker.

Tag 97 der russischen Invasion in der Ukraine: Die Lage im Osten des Landes ist weiter äußerst schwierig. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Luhansk haben die Kreml-Truppen Teile der Stadt Sewerodonezk unter ihre Kontrolle gebracht. Die Stadt ist seit Monaten Ziel russischer Angriffe. Sie gilt als letzter Punkt, den das ukrainische Militär in der Region Luhansk noch kontrolliert. Im Donbass sei nun die “maximale Kampfkraft der russischen Armee” versammelt, sagt Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft. Nach Einschätzung britischer Geheimdienste muss Russland mit seiner verstärkten Offensive in Luhansk allerdings in anderen besetzen Gebieten größere Risiken akzeptieren. 

Unterdessen sind in der Ukraine zwei russische Soldaten wegen Angriffen auf Dörfer zu mehr als elf Jahren Haft verurteilt worden. Wie die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine berichtet, wurden die beiden schuldig gesprochen, beim Beschuss zweier Dörfer in der Region Charkiw gegen “die Gesetze und Gebräuche des Krieges” verstoßen zu haben.

17.10 Uhr Slowakische Präsidentin sagt Ukraine weitere Unterstützung zu

Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova verspricht dem Nachbarland Ukraine bei einem Besuch in Kiew weitere Unterstützung. In der ukrainischen Hauptstadt traf Caputova auch Präsident Wolodymyr Selenskyj und hielt eine Rede im Parlament. Auch wenn die Bilder vom Krieg in der Ukraine nach drei Monaten nicht mehr jeden Tag die Schlagzeilen dominierten, dürfe man das Leid der dortigen Bevölkerung nicht aus den Augen verlieren. Weiterhin seien Zivilisten im Osten der Ukraine zerstörerischer Gewalt ausgesetzt.

Die Slowakei unterstützt das Nachbarland unter anderem mit der Lieferung ihres Raketenabwehrsystems, für das sie nun von Nato-Partnern Ersatz bekommen soll. Waffenlieferungen. In einem ähnlichen Ringtausch bereitet sie die Übergabe ihrer Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 vor und will ihren eigenen Luftraum dafür von Polen schützen lassen. Gemessen an der Bevölkerungszahl von nur 5,5 Millionen Einwohnern ist die Slowakei auch eines der größten Aufnahmeländer für ukrainische Flüchtlinge. Bis Dienstag registrierten die slowakischen Behörden 471.292 Einreisen.

16.21 Uhr: Türkei erwartet Lawrow zu Gesprächen über Getreide-Exporte

Der russische Außenminister Sergej Lawrow wird kommende Woche in der Türkei zu Gesprächen über die derzeit in der Ukraine blockierten Getreidelieferungen erwartet. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte in einem Fernsehinterview, er werde am 8. Juni mit Lawrow über die Einrichtung eines “Sicherheitskorridors” sprechen, bei dem es auch um den Export von Weizen über das Schwarze Meer gehen solle.

Die Einrichtung eines solchen Korridors sei die “wichtigste Frage”, sagte der türkische Außenminister. In Istanbul solle ein Überwachungszentrum für den Korridor eingerichtet werden. Lawrow werde bei seinem Besuch in der Türkei von einer Militärdelegation begleitet.

16.00 Uhr: Afrikanische Union warnt vor bis zu 50 Prozent geringerer Getreideernte

Der Vorsitzende der Afrikanischen Union warnt vor massiven Ernteausfällen in Afrika. Schätzungen zufolge könne der Getreideertrag in diesem Jahr um 20 bis 50 Prozent zurückgehen, sagt der senegalesische Präsident Macky Sall laut Redemanuskript. Er war zu einem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zugeschaltet. In seiner Botschaft kritisierte er zudem gestiegene Preise für Dünger und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.

Sall betonte, dass alles getan werden müsse, um verfügbare Getreidevorräte freizusetzen und deren Transport zu gewährleisten, um das “katastrophale Szenario von Engpässen und allgemeinen Preissteigerungen zu verhindern”. Wegen des russischen Angriffs kann die Ukraine – einer der weltweit wichtigsten Weizenproduzenten – derzeit kaum Getreide exportieren.

15.56 Uhr: Lawrow sieht Westen bei Überwindung der Nahrungsmittelkrise in der Verantwortung

Der russische Außenminister Sergej Lawrow ruft den Westen auf, zu einer Lösung der weltweiten Nahrungsmittelkrise beizutragen. “Die westlichen Länder haben eine Menge künstlicher Probleme geschaffen, indem sie ihre Häfen für russische Schiffe geschlossen und die Logistik- und Finanzketten unterbrochen haben”, sagt Lawrow bei einem Besuch in Bahrain. “Sie müssen ernsthaft abwägen, was für sie wichtiger ist: PR in der Frage der Ernährungssicherheit zu machen oder konkrete Schritte zur Lösung dieses Problems zu unternehmen.”

Lawrow fordert die Ukraine außerdem auf, Seeminen aus ihren Hoheitsgewässern zu entfernen, um die sichere Durchfahrt von Schiffen durch das Schwarze und Asowsche Meer zu ermöglichen. “Wenn das Problem der Minenräumung gelöst ist, (…) werden die russischen Seestreitkräfte die ungehinderte Durchfahrt dieser Schiffe ins Mittelmeer und weiter zu ihren Bestimmungsorten sicherstellen”, sagt Lawrow.

15.20 Uhr: Ukraine ermittelt in mehr als 15.000 Fällen wegen Kriegsverbrechen

Die Ukraine ermittelt nach drei Monaten russischem Angriffskrieg bereits in mehr als 15.000 Fällen wegen Kriegsverbrechen. Insgesamt seien 80 Verdächtige in Gewahrsam, teilt Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa in Den Haag mit. Mehr als 600 Verdächtige – darunter hochrangige russische Politiker und Offiziere – seien im Visier der Behörden. “Täglich kommen 200 bis 300 neue Fälle von Kriegsverbrechen hinzu.”

In Den Haag hatten zuvor Ankläger der Ukraine, Polen, Litauen und des Internationalen Strafgerichtshofes über den Stand der Ermittlungen zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen beraten. Die Anklagevertreter gehören einem gemeinsamen Ermittlerteam an. Auch Lettland, Estland und Slowakei sind inzwischen mit von der Partie. Die Arbeit wird von der EU-Justizbehörde Eurojust koordiniert. Bei Eurojust sollen nun Beweise und Zeugenaussagen in einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Alle Teilnehmerländer sollen Zugang bekommen.

15.06 Uhr: Sjewjerodonezk laut Bürgermeister zur Hälfte von Russen erobert

Bei ihrer Offensive in der Ostukraine haben die russischen Truppen die Stadt Sjewjerodonezk nach Behördenangaben zur Hälfte erobert. “Leider teilt die Front die Stadt in zwei Hälften”, sagt Bürgermeister Olexander Stryuk. Sjewjerodonezk werde weiterhin von der ukrainischen Armee verteidigt, sagt er. “Die Stadt ist immer noch ukrainisch.”

14.22 Uhr: Deutsche Industrie nennt Ölembargo gegen Russland “außerordentlich drastisch”

Das Ölembargo der EU wird Russland aus Sicht des Bundesverbands der Deutschen Industrie hart treffen. Für den russischen Staat sei der Verkauf von Öl die wichtigste Einnahmequelle, erklärt Industriepräsident Siegfried Russwurm in Berlin. “Ein europäisches Ölembargo ist ein außerordentlich drastischer Schritt, auch wenn sich die deutschen Unternehmen seit Wochen auf diese Sanktionsmaßnahme vorbereiten.” Die deutsche Industrie unterstütze die Entscheidung der Bundesregierung und der EU für ein Embargo. “Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine braucht es unmissverständliche, zielgenaue und langfristig durchhaltbare Sanktionen, die den Aggressor stärker bestrafen als uns Europäer”, so Russwurm. Zentral sei nun, in der Ausgestaltung des Embargos innerhalb der EU Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

13.38 Uhr: Steinmeier trifft ukrainischen Parlamentspräsidenten in Berlin

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfängt Ende der Woche den ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk im Schloss Bellevue. Das Treffen am Freitagmittag ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur das erste persönliche Zusammentreffen des Bundespräsidenten mit einem ukrainischen Politiker, nachdem politische Irritationen zwischen Berlin und Kiew ausgeräumt wurden. Steinmeier freue sich sehr auf den Austausch, heißt es aus dem Bundespräsidialamt. Deutschland werde weiterhin mit ganzer Kraft solidarisch an der Seite der Ukraine stehen.

12.57 Uhr: Jeder zehnte Deutsche lehnt laut Studie Hilfe für Ukraine ab

Das eigene Sicherheitsempfinden und die Angst vor einer Ausweitung des Krieges wirken sich auf die Einstellung der Deutschen zum Vorgehen im Ukraine-Krieg aus. Je sicherer sich die Menschen fühlen, desto höher ist die Bereitschaft, schärfere Sanktionen gegen Russland zu fordern und der Ukraine schwere Waffen zu liefern. Das ist ein Ergebnis einer Studie zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland, die die Bertelsmann Stiftung jetzt in Gütersloh vorgestellt hat. Für die Studie wurden im Mai 1000 Deutsche repräsentativ befragt. 21 Prozent der Deutschen fühlen sich derzeit so sicher wie vor dem Krieg, 63 Prozent fühlen sich “etwas” unsicherer, 16 Prozent fühlen sich “sehr viel” unsicherer.

Zehn Prozent aller Befragten lehnt nicht nur jede Art von Waffenlieferungen an die Ukraine ab, sondern auch jede Unterstützung des im Februar von Russland angegriffenen Landes. In der Gruppe der stark verunsicherten Deutschen ist die Ablehnung noch größer. Hier lehnen sogar 20 Prozent jede Unterstützung für die Ukraine ab.

12.30 Uhr: Polens Regierungschef sähe Putin gern entmachtet

Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki sähe Russland Präsidenten Wladimir Putin gern aus dem Kreml entfernt. Sollten Europa und die freie Welt den Ukraine-Krieg verlieren, werde man immer von Putin bedroht und erpresst werden, sagt Morawiecki im britischen Sender Sky News am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. “Wir möchten natürlich, dass er vollständig von der Macht entfernt wird. Aber er repräsentiert eine brutale Macht, und Russland ist eine Supermacht.”

11.29 Uhr: Ukrainisches Gericht verurteilt zwei russische Soldaten wegen Angriffen auf Dörfer

In der Ukraine sind zwei russische Soldaten wegen Angriffen auf Dörfer zu mehr als elf Jahren Haft verurteilt worden. Wie die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine berichtet, wurden die beiden Soldaten Alexander Bobykin and Alexander Iwanow schuldig gesprochen, beim Beschuss zweier Dörfer in der ostukrainischen Region Charkiw gegen “die Gesetze und Gebräuche des Krieges” verstoßen zu haben. Das Gericht verhängte Haftstrafen von elf Jahren und sechs Monaten.

Die Ukraine wirft zahlreichen russischen Soldaten Kriegsverbrechen vor. Am Montag vergangener Woche war in der Ukraine der erste russische Soldat wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden. Ein Gericht in Kiew verhängte eine lebenslange Haftstrafe gegen einen 21-Jährigen, der im Nordosten der Ukraine einen 62-jährigen Zivilisten erschossen hatte. Vor Gericht hatte der Russe die Tat gestanden und um Vergebung gebeten.

11.24 Uhr: Russisches Militär meldet großen Leichenfund in Fabrik Azovstal

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben in den unterirdischen Bunkern der monatelang umkämpften Fabrik Azovstal mehr als 150 Leichen von ukrainischen Kämpfern gefunden. “In einem Container mit nicht mehr funktionierender Kühlung wurden 152 Leichen von gefallenen Kämpfern und Soldaten der ukrainischen Streitkräfte gelagert”, teilt der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau mit. Die ukrainische Führung habe bis heute keine Anfrage gestellt, die Toten zu überführen. Im Gegenteil, die russischen Truppen hätten unter den Leichen Minen entdeckt, mit denen der Container wohl auf Anweisung Kiews in die Luft gesprengt werden sollte, um Russland anzuschwärzen, behauptet Konaschenkow. Russland werde die Toten in Kürze Vertretern der Ukraine übergeben.

Die Hafenstadt Mariupol im Süden der Ukraine wurde bereits in den ersten Kriegstagen von russischen Truppen eingekreist. Infolge der Gefechte wurde die Stadt fast völlig zerstört. Die ukrainischen Verteidiger verschanzten sich nach schweren Rückzugsgefechten schließlich im Stahlwerk Azovstal, ehe sich Mitte Mai die letzten Soldaten dort ergaben.

10.01 Uhr: Gazprom dreht Niederlanden den Gashahn zu

Der russische staatliche Energieriese Gazprom hat seine Lieferungen an die Niederlande gestoppt. “Gazprom hat die Gaslieferungen an das Unternehmen GasTerra B.V. (Niederlande) eingestellt, weil diese nicht in Rubel bezahlt wurden”, teilt das Unternehmen mit. Gazprom beruft sich dabei auf das Dekret von Präsident Wladimir Putin, wonach alle Käufer russischen Gases aus dem sogenannten unfreundlichen Ausland, wozu die EU-Länder aus Sicht Moskaus zählen, ihre Zahlungen ab April auf Rubel umstellen müssen. Über diese Umstellung seien die Geschäftspartner rechtzeitig informiert worden, so Gazprom. GasTerra B.V. habe sie aber ignoriert.

2021 hatte Russland 6,67 Milliarden Kubikmeter Erdgas in die Niederlande exportiert — rund 16 Prozent des Verbrauchs dort. GasTerra hat nach eigenen Angaben den jetzigen Lieferstopp vorausgesehen und die fehlende Gasmenge schon aus anderen Quellen bezogen. Vor den Niederlanden hatte Gazprom die Lieferungen an Polen, Bulgarien und Finnland eingestellt, weil diese Länder sich ebenfalls weigerten, in Rubel zu bezahlen. Die deutschen Energieversorger beziehen nach wie vor Gas aus Russland.

9.59 Uhr: Russland erobert Teile von Sjewjerodonezk

Russische Truppen haben die Stadt Sjewjerodonezk teilweise unter ihre Kontrolle gebracht. “Die Situation ist äußerst kompliziert. Ein Teil von Sjewjerodonezk wird von den Russen kontrolliert”, schreibt der Gouverneur der Region Luhansk, Sergij Gajdaj, auf Telegram. Die russischen Soldaten könnten aber nicht ungehindert vorrücken, weil “immer noch” ukrainische Kämpfer in der Stadt seien.

Die durch einen Fluss getrennten Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk sind die letzten Städte in der Region Luhansk, die noch von der Ukraine kontrolliert werden. Sjewjerodonezk ist schon seit Wochen heftig umkämpft. Die Stadt, die vor dem Krieg 100.000 Einwohner hatte und in der nun schätzungsweise noch 15.000 Zivilisten ausharren, ist bereits schwer zerstört. Sjewjerodonezk Bürgermeister Olexander Stryuk schlug bereits wegen der humanitären und sanitären Lage Alarm. “Ständige Bombenangriffe” erschwerten vor allem die Versorgung mit Trinkwasser.

9.41 Uhr: Moskau geht britischen Geheimdiensten zufolge mit Luhansk-Offensive Risiken ein

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste muss Russland mit seiner verstärkten Offensive in der ukrainischen Region Luhansk in anderen besetzen Gebieten größere Risiken akzeptieren. Der Kreml habe in Luhansk zwar langsame, aber größere Fortschritte gemacht als in früheren Phasen des Krieges, da er seine Truppen und Waffen in einer relativ kleinen Region konzentriert habe, heißt es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Der dortige schwere Beschuss halte an, außerdem komme es in den Randgebieten der Stadt Sjewjerodonezk mutmaßlich zu Straßenkämpfen. Der Fokus auf Luhansk bedeute, aber dass Russland in anderen besetzen Gebieten seine Kontrolle riskiere. Um die Regionen Luhansk und Donezk vollständig zu besetzen, wie es Moskau wohl anstrebe, müssten die Russen zudem neben Sjewjerodonezk auch noch die wichtige Stadt Kramatorsk und die Hauptverkehrsader zwischen Dnipro und Donezk unter ihre Kontrolle bringen.

9.21 Uhr: Separatisten eignen sich Frachtschiffe in Mariupol an

Die prorussischen Separatisten im Gebiet Donezk im Osten der Ukraine beschlagnahmen mehrere Handelsschiffe, die im Hafen von Mariupol liegen. “Ein Teil der Schiffe kommt unter die Rechtshoheit der Donezker Volksrepublik”, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax Separatistenführer Denis Puschilin. Die Schiffe würden umbenannt und Teil einer neu entstehenden Handelsflotte der Republik. Das erste Schiff mit einer Ladung von 2500 Tonnen Metall sei bereits in die russische Millionenstadt Rostow-am-Don geschickt worden. Kiew wirft Moskau und den Separatisten den Diebstahl strategisch wichtiger Güter vor und spricht von “Plünderei” So sollen auch bis zu 500.000 Tonnen Getreide aus den besetzten Gebieten in der Ukraine nach Russland verfrachtet worden sein.

Mariupol war vor dem Krieg mit mehr als 400.000 Einwohnern die größte ukrainische Hafenstadt am Asowschen Meer und zugleich ein Zentrum der Stahlindustrie. Mittlerweile kontrolliert Russland die Stadt, die durch die Angriffe der Kreml-Truppen zu 90 Prozent zerstört sein soll.

8.39 Uhr: “Atombombe” verhindert — Orban lobt EU-Kompromiss im Streit um Ölembargo

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban begrüßt den EU-Kompromiss im Streit um das Ölembargo gegen Russland. “Wir haben die haarsträubendste Idee abgewehrt”, sagt Orban in einer Videobotschaft auf Facebook. “Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die besagt, dass Länder, die Öl durch Pipelines erhalten, ihre Volkswirtschaften unter den bisherigen Bedingungen weiter betreiben können.” Ein vollständiges Importverbot für russisches Öl wäre für Ungarn “untragbar” und “wie eine Atombombe” gewesen”, so der Ministerpräsident. “Aber wir haben es geschafft, das zu verhindern.”

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich bei ihrem Gipfel in Brüssel in der Nacht nach langem Widerstand aus Ungarn auf ein weitreichendes Embargo auf russische Ölimporte geeinigt. Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht der Kompromiss konkret vor, vorerst nur russische Ölimporte per Schiff zu unterbinden. Lieferungen per Pipeline sollen demnach zunächst weiterhin erlaubt sein. Insbesondere Ungarn hatte dies gefordert. Das Land deckt rund zwei Drittel seines Öl-Bedarfs über die russische Druschba-Pipeline.

8.08 Uhr: Raketenangriff auf Slowjansk fordert laut Militär Todesopfer

Die Stadt Slowjansk in der Oblast Donezk wurde nach Angaben des Chefs der Militärverwaltung von Donezk, Pawlo Kyrylenko, in der Nacht von einem Raketenschlag getroffen. Dabei seien eine Schule und sieben Wohnhäuser getroffen worden, teilt Kyrylenko mit. Seinen Angaben nach wurden drei Menschen getötet und sechs verletzt.

7.28 Uhr: Ukraine meldet russische Sturmversuche von Sjewjerodonezk

Im Osten der Ukraine gehen die Kämpfe um die frühere Großstadt Sjewjerodonezk offenbar in die entscheidende Phase. Der Feind führe “im Raum Sjewjerodonezk Sturmaktivitäten im Bereich der Ortschaften Sjewjerodonezk und Toschkiwka durch, die Kampfhandlungen halten an”, teilt der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Weitere russische Bodenangriffe gebe es im etwas weiter westlich gelegenen Raum Bachmut. Dort hätten die Kreml-Truppen die Ortschaften Solote, Komyschuwacha, Berestowe, Pokrowske und Dolomitne angegriffen. Die Attacken seien erfolglos verlaufen, würden jedoch fortgesetzt. Die Angriffe rund um Bachmut bezwecken offenbar, den letzten von der Ukraine gehaltenen Ballungsraum in der Region Luhansk/Sjewjerodonezk — Lyssytschansk, abzuschneiden und so die dort stationierten Truppen aufzureiben.

An anderen Frontabschnitten verlief die Nacht ruhiger. So meldet der ukrainische Generalstab im Raum Slowjansk, der als Zentrum der kiewtreuen Truppen im Donbass gilt, nur vereinzelte Gefechte. Der russische Angriff auf die Ortschaft Dowgenke sei abgewehrt worden. Auch beim Versuch, aus der jüngst vom russischen Militär eroberten Kleinstadt Lyman heraus neue Angriffsrouten zu erkunden, habe der Feind Verluste erlitten und sich zurückgezogen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

6.32 Uhr: Ermittler äußern sich zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine

Internationale Ermittler wollen sich heute ab 14 Uhr in Den Haag zum Stand der Untersuchungen zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine äußern. Bereits kurz nach Beginn der russischen Invasion Ende Februar hatten die Ukraine, Polen und Litauen ein gemeinsames Ermittlerteam eingerichtet, gut einen Monat später trat auch der Internationale Strafgerichtshof bei.

5.14 Uhr: Ukraine-Krieg erneut Thema bei EU-Gipfel in Brüssel 

In Brüssel geht heute der EU-Sondergipfel weiter. Themen sind unter anderem die Situation in der Ukraine, die Bemühungen zur Stärkung der Verteidigung sowie die Energie- und Ernährungssicherheit.

3.31 Uhr: Frankreich ermittelt wegen Kriegsverbrechen

Nach dem Tod eines französischen Kriegsreporters in der Ukraine ermittelt die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft wegen möglicher Kriegsverbrechen. Die Untersuchungen wurden unter anderem wegen vorsätzlichen Angriffs auf das Leben einer durch das Völkerrecht geschützten Person aufgenommen, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet. Der TV-Journalist Frédéric Leclerc-Imhoff kam gestern bei Sjewjerodonezk in der Ostukraine ums Leben, als er eine humanitäre Evakuierung begleitete. Der 32 Jahre alte Reporter wurde von einem Bombensplitter getroffen. Es war sein zweiter Einsatz in der Ukraine seit Kriegsbeginn.

2.11 Uhr: Ukraine und Russland beklagen tote Zivilisten

Im Osten der Ukraine beklagten beide Kriegsparteien weitere zivile Todesopfer. Im Gebiet Donezk seien drei Menschen durch russischen Beschuss getötet worden, teilt Gouverneur Pawlo Kyrylenko auf Telegram mit. In der Region Charkiw starb nach Angaben der Online-Zeitung “Ukrajinska Prawda” ein Mann durch russische Granaten. Die russische Seite spricht laut der Agentur Tass von zwei getöteten Zivilisten durch ukrainische Angriffe im Gebiet Donezk sowie zwei getöteten Frauen im Gebiet Luhansk. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen. Die beiden selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine sind von Moskau als unabhängige Staaten anerkannt. Ihre Einnahme zählt zu Russlands Kriegszielen.

1.05 Uhr: Scholz nennt EU-Kompromiss “einschneidende Sanktionen gegen Russland”

Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßt den EU-Kompromiss für ein Öl-Embargo gegen Russland. “Die EU ist sich einig”, twittert der SPD-Politiker. “Wir haben uns auf weitere einschneidende Sanktionen gegen Russland verständigt.” Das Embargo werde einen Großteil der russischen Öl-Importe betreffen. EU-Ratspräsident Charles Michel schreibt auf Twitter von “maximalem Druck auf Russland”, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.

0.27 Uhr: EU will Ukraine mit weiterer Milliardenhilfe stützen

Die Europäische Union will der Ukraine weitere Finanzhilfen von bis zu neun Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Mit dem Geld solle die Ukraine laufende Kosten etwa für Rentenzahlungen und den Betrieb von Krankenhäusern decken können, teilt EU-Ratspräsident Charles Michel in Brüssel mit. Unklar ist, wie viel Geld als Zuschuss und wie viel als Kredit ausgezahlt werden soll. Die EU-Kommission hatte jüngst angekündigt, eine entsprechende Maßnahme vorzuschlagen. Damals sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis, dass die Hilfe vor allem aus Krediten und teilweise auch aus Zuschüssen bestehen solle. Ukrainischen Angaben zufolge erhält das Land vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und von der Weltbank monatlich umgerechnet knapp 4,7 Milliarden Euro. Das seien die Kosten, welche der ukrainische Haushalt für Sozialausgaben infolge des Krieges benötige.

0.15 Uhr: Russische Armee laut Selenskyj mit “maximaler Kampfkraft” im Donbass

Die Lage im Osten der Ukraine bleibt nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj äußerst schwierig. Dort sei nun die “maximale Kampfkraft der russischen Armee” versammelt, sagt Selenskyj in einer Videobotschaft. Sie versuche, im Donbass immer mehr Druck auf ukrainische Soldaten auszuüben. Als wichtige Ziele der russischen Armee nennt der Präsident die Städte und Ortschaften Sjewjerodonezk, Lysytschansk, Bachmut, Slowjansk und Awdijiwka. Auch in Charkiw und in der Region Sumy im Nordosten der Ukraine habe es Beschuss gegeben.

Selenskyj geht in seiner Videoansprache auch auf die durch den Krieg drohende weltweite Getreideknappheit ein. 22 Millionen Tonnen Getreide, die bereits in der Ukraine für den Export gelagert seien, könnten aufgrund der russischen Blockade der Häfen das Land nicht verlassen, warnt er. Dadurch drohe in Ländern Afrikas, Asiens und Europas eine Hungersnot, die wiederum eine Migrationsbewegung in Gang setzen könnte. Der Präsident sieht darin die Absicht von Kremlchef Wladimir Putin, den Westen zu destabilisieren. Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Auch westliche Politiker werfen Russland vor, auf eine Hungerkrise zu spekulieren und sie als Druckmittel einzusetzen, damit der Westen die Sanktionen abschwächt. Moskau weist diese Anschuldigungen zurück.

0.02 Uhr: EU-Staaten schließen Kompromiss zu Öl-Embargo gegen Russland

Die EU-Staaten haben sich im Streit um das geplante Öl-Embargo gegen Russland auf einen Kompromiss verständigt. Mehr als zwei Drittel der russischen Öl-Lieferungen in die EU sollen von dem Einfuhrverbot betroffen sein, wie EU-Ratspräsident Charles Michel während eines Gipfeltreffens in Brüssel mitteilt. Außerdem soll die russische Sberbank aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen und drei russische TV-Sender sollen verboten werden. Michel schreibt auf Twitter von “maximalem Druck auf Russland”, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. 

Nach Angaben von Diplomaten sieht der Kompromiss konkret vor, auf Drängen Ungarns hin vorerst nur russische Öl-Lieferungen über den Seeweg zu unterbinden. Per Pipeline erfolgende Transporte sollen zunächst weiter möglich sein. Ungarn wird sich so erst einmal weiter auf dem Landweg über die riesige Druschba-Leitung mit russischem Öl versorgen können. An ihr sind auch Raffinerien in Ostdeutschland und Polen sowie in der Slowakei und Tschechien angeschlossen. Deutschland und Polen haben allerdings bereits deutlich gemacht, dass sie nicht von der Ausnahme für Pipeline-Öl profitieren wollen.

mad
DPA
AFP

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