Ukraine-News: Moskau wirft Berlin “russenfeindliche Hysterie” vor

Ukrainischen Einheiten droht Blockade +++ Moskau benennt Platz vor US-Botschaft um +++ Lindner warnt vor Wirtschaftskrise +++ Die Nachrichten zu Russlands Krieg in der Ukraine im stern-Ticker.

Tag 119 des Ukraine-Krieges: Kurz vor der Entscheidung über einen möglichen Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat hat Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. Derweil gehen im Osten des Landes die Gefechte weiter, zum Teil droht die Einkesselung ukrainischer Truppen. Und: Bei den Getreideexporten aus der Ukraine könnte es bald Bewegung geben – kommende Woche sollen nach Kreml-Angaben Vertreter der Türkei nach Moskau reisen, um Gespräche über die blockierten Ausfuhren zu führen. Die wichtigsten Entwicklungen.

13.27 Uhr: Tschechien gibt fast 300 Millionen Euro für Ukraine-Flüchtlinge aus

Tschechien hat bisher umgerechnet mehr als 291 Millionen Euro ausgegeben, um den Zustrom von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zu bewältigen. Mehr als die Hälfte davon, rund 162 Millionen Euro, entfielen auf staatliche Sozialleistungen, wie das Finanzministerium in Prag nach Angaben der Agentur CTK mitteilt. Aus aktuellen Daten des Innenministeriums geht hervor, dass mehr als 380.000 Ukrainer seit Beginn der russischen Invasion vor knapp vier Monaten eine Aufenthaltserlaubnis in Tschechien erhalten haben.

13.25 Uhr: Moskau wirft Berlin “russenfeindliche Hysterie” vor

Die russische Regierung hat der Bundesregierung das Schüren von Russenfeindlichkeit vorgeworfen. Berlin gefährde “jahrzehntelange Bemühungen Russlands und Deutschlands, die Feindschaft nach dem Krieg zu überwinden”, erklärt das Außenministerium in Moskau am Mittwoch anlässlich des Gedenktags an den Angriff Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion. Deutsche Regierungsmitglieder würden mit “täglichen Angriffen russenfeindliche Hysterie schüren”.

12.58 Uhr:Ankara: Türkischer Frachter verlässt Mariupol nach Gesprächen über Getreide in Moskau

Nach türkisch-russischen Gesprächen in Moskau über die in der Ukraine blockierten Getreidevorräte hat am Mittwoch ein türkischer Frachter den ukrainischen Hafen Mariupol verlassen. “Nur wenige Stunden nach dem langen Treffen hat der türkische Frachter (Asow Concord), der seit Tagen wartete, den ukrainischen Hafen verlassen”, teilt das türkische Verteidigungsministerium mit. Es handele sich um “das erste ausländische Schiff, das den ukrainischen Hafen Mariupol” verlassen habe, seitdem dieser im Mai von den russischen Truppen unter ihre Kontrolle gebracht worden war.

12.47 Uhr: Moskau kündigt “praktische” Antwort im Kaliningrad-Streit mit EU an

Die russische Führung hat erneut die Transitbeschränkungen für die Moskau gehörende, aber zwischen den EU-Ländern Polen und Litauen liegende Ostsee-Exklave Kaliningrad kritisiert und mit “praktischen” Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Eine Antwort werde “nicht im diplomatischen, sondern im praktischen Bereich liegen”, wenn die EU ihre Restriktionen nicht aufhebe, droht die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa in einem Pressebriefing.

12.45 Uhr: Mutmaßlicher Drohnenangriff löst Feuer in russischer Raffinerie nahe Ukraine aus

Ein Feuer in einer russischen Ölraffinerie nahe der Grenze zur Ukraine ist nach Angaben der russischen Behörden mutmaßlich auf einen Drohnenangriff zurückzuführen. “Einer Version zufolge wurde das Feuer durch einen Drohnenangriff auf technische Vorrichtungen der Anlage verursacht”, erklärt der Gouverneur der Region Rostow, Wassili Golubow, im Messengerdienst Telegram. Auf dem Gelände der Nowoschachtinsk-Raffinerie seien Drohnenteile gefunden worden. Angaben zur möglichen Herkunft der Drohnen macht er nicht.

Nach Angaben des Gouverneurs konnte das Feuer gelöscht werden, alle Mitarbeiter seien in Sicherheit gebracht worden, es gebe keine Verletzten. Die Arbeit in der Raffinerie sei für die Dauer der Ermittlungen ausgesetzt worden.

Die Raffinerie liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zur von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region Luhansk in der Ostukraine entfernt.

11.24 Uhr: Litauens Parlament befasst sich mit Kaliningrad-Transitbeschränkungen

Die von Russland scharf kritisierten Transitbeschränkungen nach Kaliningrad werden Thema des Parlaments in Litauen sein. Der Ausschuss für nationale Sicherheit und Verteidigung wollte dazu in Vilnius zusammenkommen und sich mit den Leitlinien der EU-Kommission zur Umsetzung von Sanktionen befassen. “Wir werden analysieren und die Frage beantworten, ob dies eine EU-Entscheidung ist, und wir sie nur umsetzen, oder ob es etwas anderes gibt, was ich nicht glaube”, sagte der Ausschussvorsitzende Laurynas Kasciunas der Agentur BNS. 

Litauen hat seit Samstag den Bahntransit von einigen Waren über sein Territorium in das Gebiet um das frühere Königsberg verboten, die auf westlichen Sanktionslisten stehen. Russland hatte die Beschränkungen als “illegal” kritisiert und drohte Gegenmaßnahmen gegen das baltische EU- und Nato-Land an.

11.13 Uhr: Brand in Raffinerie in Südrussland nach Absturz von Drohne

Nach dem Absturz einer Drohne hat es in einer Raffinerie im Süden Russlands nahe der Grenze zur Ukraine gebrannt. “Die Feuerwehrleute haben den am Morgen aufgeflammten Brand in der Ölverarbeitungsanlage Nowoschachtinsk im Gebiet Rostow vollständig gelöscht”, teilte der örtliche Zivilschutz laut der Agentur Interfax mit. Das Feuer erfasste nur eine kleine Fläche von etwa 50 Quadratmetern und wurde nach Behördenangaben schnell unter Kontrolle gebracht. 

In sozialen Netzwerken kursierten Videos, auf denen eine Drohne zu sehen ist, die Richtung Raffinerie fliegt, dann dort abstürzt, bevor es eine größere Explosion und Flammen gibt. Der stern konnte die Authentizität des folgenden Videos verifizieren:

10.50 Uhr: Bundesregierung bestätigt Lieferung von Panzerhaubitze 2000 an Ukraine

Die Bundesregierung hat bestätigt, dass die Lieferung der sieben Panzerhaubitzen 2000 aus Bundeswehr-Beständen an die Ukraine abgeschlossen ist. In ihrer im Internet veröffentlichten Liste zur militärischen Unterstützung des Landes führte sie die Artilleriewaffen nun in der Rubrik “gelieferte letale und nicht-letale militärische Unterstützungsleistungen”. Es ist die erste Lieferung schwerer Waffen durch Deutschland an Kiew im Krieg mit Russland. Die ukrainische Regierung hatte am Dienstag über die Lieferung berichtet. Sie war von der Bundesregierung zunächst nicht bestätigt worden. 

10.20 Uhr: Westbalkan-Staaten erwägen Fernbleiben von EU-Gipfel

Die Führer der drei Westbalkan-Staaten Serbien, Albanien und Nordmazedonien erwägen ein Fernbleiben vom EU-Gipfel in dieser Woche. Neben dem EU-Kandidatenstatus für die Ukraine soll der am Donnerstag startende Gipfel auch die Beitrittsaussichten für die Westbalkanstaaten erörtern. Grund für das mögliche Fernbleiben der Drei ist die Vetodrohung des EU-Mitgliedslands Bulgarien, das seit mehr als zwei Jahren den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien blockiert. Sofia fordert als Vorbedingung für die Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien, dass darin auch Fragen der “gemeinsamen Geschichte”, der Sprache und der nationalen Identität erörtert werden. 

10.19 Uhr: Ukraine meldet heftige Bombardierungen im ostukrainischen Lyssytschansk

Die russischen Streitkräfte haben in der Nacht die ostukrainische Stadt Lyssytschansk nach ukrainischen Angaben heftig bombardiert. Sie “beschießen Lyssytschansk mit Artillerie, Raketen, Fliegerbomben, Raketenwerfern”, erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, im Online-Dienst Telegram. “Sie zerstören alles.” Russland hat die von Lyssytschansk durch einen Fluss getrennte Stadt Sjewjerodonezk nach wochenlangen heftigen Gefechten nahezu eingenommen. Zuletzt wurde vor allem in umliegenden Dörfern gekämpft, auch wenn das Stadtgebiet von Sjewjerodonezk nach ukrainischen Angaben weiterhin nicht gänzlich unter russischer Kontrolle ist.

9.57 Uhr: Moskau benennt Platz vor US-Botschaft nach “Donezker Volksrepublik”

Russland benennt den Platz vor der amerikanischen Botschaft in Moskau nach der separatistischen “Donezker Volksrepublik” (DVR) um und provoziert so neue Spannungen mit den USA. Ein entsprechender Erlass zur Umbenennung wurde von der Stadtverwaltung veröffentlicht. Der Schritt zwingt die US-Botschaft künftig bei Angabe ihrer Adresse auf die DVR zu verweisen, die Washington nicht als unabhängigen Staat anerkennt.

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9.36 Uhr: Lambsdorff hält Bedrohung im Baltikum für geringer als vor Angriff auf Ukraine

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff hält die Bedrohung der baltischen EU- und Nato-Länder durch Russland derzeit für geringer als vor Beginn des Angriffs auf die Ukraine. “So unmöglich das klingt, aber bei einer ganz nüchternen Analyse muss man feststellen, dass die militärischen Ressourcen, die normalerweise in der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte gebündelt sind, jetzt in der Ukraine im Einsatz sind”, sagte er im RBB-Sender Inforadio. Hintergrund der Debatte sind offene Drohungen Moskaus gegen Litauen wegen Einschränkungen des Güterverkehrs in die russische Exklave Kaliningrad.

8.39 Uhr: CDU-Politiker Wadephul fordert mehr Führung von Kanzler Scholz

Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Johann Wadephul (CDU), hat von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mehr Führung in der internationalen Politik gefordert. Mit seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) sei “Deutschland Führerin der freien Welt” gewesen, sagte er im ARD-“Morgenmagazin”. “Da ist für Scholz noch Luft nach oben.” Mit Blick auf den Ukraine-Krieg begrüßte Wadephul den Besuch des Kanzlers in der Ukraine, forderte zugleich aber mehr Waffenlieferungen. Um das Land überhaupt in eine Verhandlungsposition gegenüber Russland zu bringen, müsse Kiew in die Lage versetzt werden, sich militärisch zu wehren. 

8.03 Uhr: Ukrainischen Einheiten nahe Sjewjerodonezk droht Blockade

Im Kampf um das Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine droht den ukrainischen Truppen ein weiterer Rückschlag: “Der Feind versucht die volle Kontrolle über Sjewjerodonezk herzustellen und Einheiten der Verteidigungskräfte in den Ortschaften Boriwske und Woronowe zu blockieren, die Kampfhandlungen halten an”, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Boriwske und Woronowe sind zwei Vororte Sjewjerodonezks am Ostufer des Siwerskyj Donez. Im gleichen Gebiet hatten die Russen erst am Wochenende die Ortschaft Metjolkine eingenommen. In dem Ballungsraum droht ukrainischen Einheiten nach früheren Meldungen südlich der Großstadt Lyssytschansk ebenfalls eine Einschließung.

6.30 Uhr: “Der Staat kann nicht alles für alle ausgleichen”, sagt Arbeitsminister Heil

Angesichts der Preissteigerungen in Deutschland hat Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) auf Grenzen staatlicher Eingriffsmöglichkeiten hingewiesen. “Der Staat kann nicht alles für alle ausgleichen”, sagte Heil dem stern vor dem Hintergrund aktueller Forderungen nach einer Mehrwertsteuersenkung. An diesem Mittwochabend wollten die Koalitionsspitzen in Berlin darüber beraten, welche Möglichkeiten im Kampf gegen die Preissteigerungen in den kommenden Wochen ergriffen werden könnten. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und den Folgen sagte Heil: “Wir werden nicht zulassen, dass Putin unsere Gesellschaft spaltet.”

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5.04 Uhr: Ukrainische Truppen in Ostukraine von Einschließung bedroht

Im stark umkämpften ostukrainischen Gebiet Luhansk könnten ukrainische Einheiten um die Ortschaften Solote und Hirske von russischen Streitkräften eingeschlossen werden. Die russischen Truppen hätten Geländegewinne erzielt, sodass den ukrainischen Kräften dort die nördliche Straßenverbindung zu ihren anderen Einheiten um Lyssytschansk gekappt werden könnte, hieß es in einem Bericht des ukrainischen Generalstabs. Vergangene Woche war bereits die Verbindung über das westlich von Hirske gelegene Wrubiwka unter russische Kontrolle geraten.

5 Uhr: Bundesregierung hält an Abschreckung mit Atomwaffen fest

Die Bundesregierung schließt einen Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag aus. Ein solcher Schritt wäre nicht mit den Verpflichtungen vereinbar, die sich aus der Nato-Mitgliedschaft Deutschlands ergeben, geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor. “Abrüstung muss dem sicherheitspolitischen Umfeld Rechnung tragen”, teilte die Regierung mit. Der Angriff Russlands auf die Ukraine zeige die Gefahren, die von Moskau ausgingen. Zugleich betonte die Bundesregierung, dass sie das Ziel einer atomwaffenfreie Welt teile. Deutschland besitzt zwar keine Atomwaffen, allerdings sind einige US-Atomsprengköpfe in der Bundesrepublik im Rahmen der nuklearen Teilhabe stationiert. 

3.09 Uhr: Lindner warnt vor “ernstzunehmender Wirtschaftskrise”

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor einer schweren wirtschaftlichen Krise gewarnt. “Es besteht die Gefahr einer sehr ernstzunehmenden Wirtschaftskrise aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise, aufgrund der Lieferketten-Probleme, aufgrund auch der Inflation”, sagte er am Dienstagabend im ZDF-“heute journal”.

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1.35 Uhr: Selenskyj fordert neues Sanktionspaket gegen Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert wegen des Kriegs gegen sein Land weitere Sanktionen der EU gegen Russland. Ein siebtes Sanktionspaket werde so schnell wie möglich benötigt, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft. Das habe er in Gesprächen mit verschiedenen europäischen Staats- und Regierungschefs am Dienstag betont. “Russland muss den wachsenden Druck infolge des Kriegs und seiner aggressiven antieuropäischen Politik spüren”, sagte Selenskyj. Selenskyj betonte erneut die Dringlichkeit weiterer Waffenlieferungen. 

fs
DPA
AFP

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