Ukraine-News: Frankreich erhält kein russisches Gas mehr über Pipelines

Ministerin Geywitz: “Gesetzlich verordnetes Frieren” unsinnig +++ Britischer Geheimdienst: Russische Einheit kämpft auf ukrainischer Seite +++ Die Nachrichten zu Russlands Krieg in der Ukraine im stern-Ticker.

Tag 114 des Ukraine-Krieges: Die Kämpfe dauern an. Der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Italiens Premier Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Klaus Johannis in Kiew wirkt nach. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem historischen Tag, noch nie sei sein Land seit der Unabhängigkeit so nah an die EU herangerückt. Unterdessen deutet sich an, dass der von Scholz und Macron versprochene vorgezogene Status als EU-Beitrittskandidat in den Gremien der Union auf Vorbehalte stoßen wird. Derweil dauern die Kämpfe vor allem im Donbass im Osten der Ukraine an. Dabei seien die Erfolge der russischen Armee so minimal, dass sich abzeichne, dass Russland den Krieg strategisch schon verloren habe, urteilt der britische Generalstabschef. 

10.55 Uhr: Humanitäre Lage im Osten der Ukraine “extrem alarmierend”

Die humanitäre Lage im Osten der Ukraine ist laut dem UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) “extrem alarmierend”. Wie das Büro mitteilt, verschlechtert sich die Lage im gesamten Land und besonders im Donbass “schnell”. Die  Situation in und um die umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk sei “besonders beunruhigend”. Nach Angaben der Uno gibt es in Sjewjerodonezk immer weniger Zugang zu sauberem Wasser, Nahrungsmitteln, sanitären Anlagen und Strom. Die Kampfhandlungen nähmen zu, der Krieg bedeute “enorme Verluste für Zivilisten und Helfer”. Trotz der großen Schwierigkeiten, zu den Menschen in den Konfliktgebieten zu gelangen, seien inzwischen 8,8 Millionen Menschen von den Hilfsorganisationen erreicht worden, erklärte das Büro.

10.40 Uhr: Russische Einheit kämpft laut britischem Geheimdienst auf ukrainischer Seite

Nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes kämpft eine aus Russen rekrutierte Einheit auf ukrainischer Seite. Das vermeldet das britische Verteidigungsministerium in einem Geheimdienst-Update. Diese “Freiheit-für-Russland-Legion” habe mit großer Sicherheit gemeinsam mit dem ukrainischen Militär an Kampfhandlungen teilgenommen, heißt es. 

Außerdem sei die Ablehnung des Kriegs in der russischen Gesellschaft größer als es veröffentlichte Umfragen nahelegten, nach denen die Mehrheit der Russen den Überfall auf das Nachbarland unterstützen. Die Skepsis an dem Krieg sei besonders groß in Kreisen der Wirtschaftselite und der Oligarchen. So legten Ausreiseanträge nahe, dass 15.000 Dollar-Millionäre versuchten, Russland zu verlassen, heißt es in der Mitteilung.

10.20 Uhr: Frankreich erhält kein russisches Gas mehr über Piplines – Italien erwartet deutliche Einschränkungen

Frankreich erhält kein russisches Gas mehr über Pipelines. Wie der französische Netzbetreiber GRTgaz mitteilt, ist dies bereits seit Mittwoch der Fall und zudem der “Unterbrechung des Gasflusses zwischen Frankreich und Deutschland” geschuldet. Der russische Gazprom-Konzern hatte in den vergangenen Tagen seine Lieferungen in eine Reihe von EU-Staaten gedrosselt. Laut der Nachrichtenagentur AFP meldet auch der italienische Energiekonzern Eni, dass Gazprom die Gaslieferungen im Laufe des Tages um 50 Prozent kürzen wird. Die Meldungen kommen einen Tag nach der gemeinsam Reise von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Premier Mario Draghi mit Bundeskanzler Olaf Scholz nach Kiew.

9.44 Uhr: Zweidrittel der Deutschen glauben nicht an Sieg der Ukraine

Mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Bundesbürger ist nach einer neuen Umfrage für die Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union innerhalb der nächsten Jahre. Im ZDF-“Politbarometer” sprechen sich 60 Prozent der Befragten dafür aus. Annähernd ein Drittel (31 Prozent) lehnt es ab, das von Russland angegriffene Land in den nächsten Jahren in die EU zu holen. 

Der Umfrage zufolge bewerten 43 Prozent die deutsche Unterstützung für die Ukraine als genau richtig. Für 33 Prozent macht die Bundesregierung zu wenig, für 16 Prozent zu viel. Von einem Sieg der Ukraine gegen Russland gehen nach bald vier Monaten Krieg nur 26 Prozent aus. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) glauben trotz westlicher Unterstützung nicht daran.

9.23 Uhr: Russland arbeitet nach britischen Erkenntnissen weiter an Einkreisung von Sjewjerodonezk

Die russischen Truppen in der Ukraine haben nach Einschätzung britischer Geheimdienst-Experten ihre Bemühungen fortgesetzt, den Ring um die Stadt Sjewjerodonezk von Süden zu schließen. “In den vergangenen 24 Stunden haben russische Kräfte wahrscheinlich weiterhin versucht, auf der Popasna-Achse die Oberhand zu bekommen, von der sie den Kessel von Sjewjerodonezk vom Süden her einkreisen wollen”, heißt es in dem täglichen Update zum Ukraine-Krieg auf der Webseite des britischen Verteidigungsministeriums.

8.53 Uhr: Chemiefabrik in Sjewjerodonezk praktisch zerstört – Alle Wohnviertel unter russischer Kontrolle

Die Chemiefabrik Azot im schwer umkämpften Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk ist nach ukrainischen Angaben durch den russischen Artillerie- und Raketenbeschuss fast vollständig zerstört. Zuletzt seien durch den Beschuss ein Gebäude und das Pförtnerhaus zerstört worden. “Es gibt insgesamt auf dem Territorium des Chemiegiganten keine erhalten gebliebenen Verwaltungsgebäude mehr”, schreibt der Militärgouverneur der ostukrainischen Region Luhansk, Serhij Hajdaj, auf seinem Telegram-Kanal. Die Kämpfe um die Stadt würden aber weiter gehen.

Ähnlich Aussagen macht der Generalstab in seinem Lagebericht: “Die Kämpfe um die völlige Kontrolle über Sjewjerodonezk halten an”, heißt es da. Der Gegner verlege weitere Raketenartillerie in das Gebiet. Generalstab und Hajdaj melden übereinstimmend die Abwehr eines Bodenangriffs auf den Sjewjerodonezker Vorort Solote. Die russischen Truppen haben inzwischen alle Wohnviertel in Sjewjerodonezk eingenommen, die ukrainischen Verteidiger haben sich in der Industriezone rund um das Chemiewerk verschanzt. Evakuierungsversuche von Zivilisten, die ebenfalls in der Anlage ausharren sollen, sind bislang gescheitert. 

8.48 Uhr: Röttgen nennt Rückendeckung für Ukraine unzureichend – Land brauche Waffen zum Überleben

Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen hält die Rückendeckung für einen EU-Beitritt der Ukraine angesichts eines russischen “Zerstörungskrieges” für unzureichend. Die Ukraine brauche zum Überleben Waffen, so Röttgen im ZDF-Morgenmagazin. “Und die werden von Deutschland verweigert. Das ist die Politik der Bundesregierung.” Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz deutsche Waffenlieferungen gestern als sehr hilfreich bezeichnet.

8.36 Uhr: Scholz nach Ukraine-Besuch wieder in Polen

Der Aufenthalt von Bundeskanzler Olaf Scholz in der Ukraine ist beendet. Scholz ist mit einem Zug zurück ins polnische Przemysl gefahren und dort jetzt eingetroffen. Von Polen aus war er Mittwochabend zu seinem Besuch in Kiew aufgebrochen. Begleitet wurde er dabei vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi. In Kiew kamen sie an der Seite des rumänischen Staatschefs Klaus Iohannis mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammen.

6.26 Uhr: Britischer Generalstabschef meint, “Russland ist dabei zu scheitern”

Nach Einschätzung des britischen Generalstabschefs Tony Radakin hat Russland den Krieg gegen die Ukraine bereits jetzt “strategisch verloren”. Der Angriff auf das Nachbarland sei ein “entsetzlicher Fehler Russlands” gewesen, so Radakin in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Press Association (PA). Mit seinem Krieg gegen die Ukraine habe Russland die Nato gestärkt und Finnland und Schweden dazu gebracht, einen Aufnahmeantrag bei dem Militärbündnis zu stellen. Es sei zwar möglich, dass Kreml-Chef Wladimir Putin in den kommenden Wochen “taktische Erfolge” in der Ukraine erzielen werde, sagt Radakin. Allerdings habe Putin ein Viertel der Stärke seiner Armee für “winzige” Geländegewinne geopfert. “Die russische Maschinerie wird zerrieben und sie gewinnt dabei täglich ein paar – zwei, drei, fünf – Kilometer.” 50.000 russische Soldaten seien getötet oder verletzt worden. “Russland ist dabei zu scheitern.”

5.48 Uhr: Städte- und Gemeindebund fordert Absenkung der Temperaturgarantie für Wohnungen

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verlangt Änderungen von rechtlichen Rahmenbedingungen, um als Konsequenz aus gedrosselten russischen Gaslieferungen die Einsparung von Energie zu erleichtern. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg weist in der “Rheinischen Post” darauf hin, dass Vermieter verpflichtet seien, eine Temperatur von 20 bis 24 Grad zu gewährleisten. “Das muss geändert werden. Auch eine Wohnung mit 18 oder 19 Grad kann noch gut bewohnt werden und dieses vergleichsweise kleine Opfer sollten alle mittragen können”, so Landsberg. Wenn die Lage sich weiter zuspitze, was nicht auszuschließen sei, sollten in den Kommunen “konkrete Einsparpläne” entwickelt werden, fordert Landsberg. Konkret nennt er etwa die Absenkung der Temperaturen in den Verwaltungsgebäuden, die Reduzierung der Temperatur in Schwimmbädern, möglicherweise auch die zeitweise Schließung einzelner Einrichtungen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat sich gegen eine Absenkung der Mindesttemperatur unter 20 Grad ausgesprochen.

5.30 Uhr: Putin macht Westen für Wirtschaftskrise verantwortlich

Trotz beispielloser westlicher Sanktionen gegen Russland sieht Kremlchef Wladimir Putin die Rohstoffgroßmacht auf einem Erfolgskurs. Die 20er-Jahre sollten zu einer Zeit der “Festigung der wirtschaftlichen Souveränität für Russland” werden, schreibt Putin in einem Grußwort an die Teilnehmer des 25. St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum. An diesem Freitag will der russische Präsident dort erklären, wie es angesichts der Sanktionen, die der Westen wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine verhängt hat, weitergehen soll. Jahrelange Fehler der westlichen Staaten in der Wirtschaftspolitik und die unrechtmäßigen Sanktionen haben zu einer Welle der globalen Inflation geführt, zur Zerstörung gewohnter Liefer- und Produktionsketten und zu einem starken Anstieg der Armut und zum Defizit bei Lebensmitteln”, schiebt Putin ungeachtet seines Überfalls auf die Ukraine den Schwarzen Peter den westlichen Staaten zu.

5.17 Uhr: EU-Kommission nimmt Stellung zu Beitrittskandidatur der Ukraine

Die EU-Kommission veröffentlicht am Nachmittag ihre Stellungnahme zur Beitrittskandidatur der Ukraine. In Brüssel wird mit einem Kandidatenstatus unter Auflagen gerechnet. Ein positives Signal könnte es auch an das Nachbarland Moldau geben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte den EU-Beitritt seines Landes wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar beantragt. Die Kommissionsempfehlung ist Grundlage für die Beratungen der europäischen Staats- und Regierungschefs auf dem Brüsseler EU-Gipfel kommende Woche. Polen und andere osteuropäische Länder dringen auf eine rasche Aufnahme der Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich bei seiner Kiew-Reise “für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine” aus.

3.30 Uhr: Bauministerin Geywitz: “Gesetzlich verordnetes Frieren” unsinnig

In der Debatte um mögliche Gasengpässe in Deutschland hat sich Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) gegen niedrigere Mindesttemperaturen für Wohnungen ausgesprochen. “Gesetzlich verordnetes Frieren halte ich für unsinnig”, so Geywitz zur Deutschen Presse-Agentur. Damit vor dem Hintergrund des russischen Kriegs in der Ukraine Gas möglichst in großem Umfang gespart werden kann, hatte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, auch die Absenkung von Vorgaben zum Heizen vorgeschlagen. Vermieter sollten die Heizungsanlage während der Heizperiode nicht mehr auf mindestens 20 bis 22 Grad hochstellen müssen, sondern die Vorgaben könnten zeitweise sinken, so Müllers Vorschlag. Geywitz erwidert: “In der Rechtsprechung sind 20 Grad Minimum festgelegt.” Alles darunter könne sogar gesundheitsgefährdend sein und sei auch gebäudetechnisch zu kurz gedacht.

0.00 Uhr: Ukraine droht mit Zerstörung der Krim-Brücke

In ihrem Abwehrkampf gegen Russland sieht die Ukraine auch die wichtige russische Brücke auf die Halbinsel Krim als militärisches Ziel. Als eine Art Drohgebärde hat der ukrainische Militärgeheimdienst eine angeblich offizielle russische Baubeschreibung der Brücke mit Details der Konstruktion veröffentlicht. Die Echtheit des knapp 300 Seiten langen Dokuments ist nicht sofort zu überprüfen. Tags zuvor hatte der ukrainische General Dmytro Martschenko bereits gesagt, wenn die Ukraine die dafür notwendigen Waffen erhalte, sei die Zerstörung der Brücke “Ziel Nr. 1”. Schließlich rolle der russische Nachschub über die Brücke auf die Krim und von dort weiter in den Süden der Ukraine. Die mit Milliardenaufwand gebaute, 18 Kilometer Brücke über die Meerenge von Kertsch verbindet seit 2018 das russische Festland und die vier Jahre zuvor annektierte Halbinsel.

dho
DPA
AFP

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